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Tägliche Andachten Stephanus Edition • Seewis/Uhldingen


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Scheinheilige und Vipern. Aber einige sind geliebte
Jünger, während ER auch von dem wilden Tier weiß,
vom Roten Drachen und der erwählten Taube. Die
Liebe tut nichts Unschickliches, das heißt nichts, ohne
dieses Schema im Auge zu behalten.

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Wir müssen alle Menschen lieben, aber ich kann den
Schaf-Typus nicht gleich behandeln wie den Wolf-
Typus. Ich werde dem Scheinheiligen anders gegen-
überstehen als dem geliebten Jünger; es wird ein Unter-
schied sein in meiner Begegnung mit dem Tyrannen
oder mit seinem Opfer. Wehe dem Hirten, der keinen
Unterschied machen würde in seinem Benehmen gegen-
über seinen Schafen, seinen Hunden oder den Wölfen.
Liebe zeigt sich nicht in gleicher Weise einem guten oder
einem schlechten Ehemann, einem gehorsamen oder un-
gehorsamen Kind gegenüber. Der Ausdruck der Liebe
entspricht der gegebenen Situation.

Nehmen wir an, einige Gangster greifen einen un-


schuldigen Mann an. Ich liebe zwar auch die Gangster,
aber ich würde doch versuchen, dem Opfer zu helfen,
wenn nötig sogar mit einer Schußwaffe. Jede andere
Einstellung wäre unschicklich oder »aschemon«, weil
ich nicht in Betracht ziehen würde, daß die Angreifer
nach dem Schema der Welt eine andere Haltung als ich
einnehmen. Das gleiche gilt auch für unsere Einstellung
gegenüber denen, die der Kirche schaden oder nützen,
oder gegenüber denen, die unser Land verteidigen oder
angreifen.

Liebe tut nichts Unschickliches. Liebe ist mannig-


faltig und richtet sich nach der Stellung, die jeder
einzelne Mensch im Schema einnimmt.

23. MAI


Halt, laßt sehen ... (Matth. 27,49)

Gegenüber dem Leiden herrscht eine unüberwind-


liche Gleichgültigkeit, Gefühllosigkeit und Apathie.
Eine große Menge wohnte auf Golgatha der Kreuzi-

180


gung von drei Männern bei. Diese Leute hörten mit
ihren eigenen Ohren die Schreie der Gepeinigten, als
ihnen die Nägel durch Hände und Füße getrieben
wurden. Ganz sicher war ihnen bewußt, daß einer
dieser Männer der Mensch über alle Menschen war,
sonst hätte er nicht für seine Peiniger bitten können,
und sonst hätte er sich, mitten in seinen schrecklichen
Schmerzen, nicht um den Mit-Gekreuzigten gekümmert
und ihm geholfen, den Weg zu Gott zu finden. Und nun
schreit dieser Jesus wie in Verzweiflung: »Mein Gott,
mein Gott, warum hast du mich verlassen?«

Wie reagierte die Menge auf diesen Aufschrei? Sie


sagten zueinander: »Halt, laßt sehen. ..«. Es kam
ihnen überhaupt nicht in den Sinn, seine Leiden ein
wenig zu mildern, indem sie ihm etwas Wasser oder ein
mitleidiges Wort gegönnt hätten. »Halt, laßt sehen, ob
Elia kommt, um ihn zu retten.«

Elia ist nicht nur der Name des alttestamentlichen


Propheten. Er ist auf hebräisch auch eine Kurzfassung
des Ausdruckes »Jehova ist mein Gott«. In diesem Sinne
kann jeder ein Elia sein. In diesem Sinne sagte der Herr,
Johannes der Täufer sei Elia. Jedem Menschen muß
Jehova sein Gott sein. Wenn der mitleidende Gott
Jehova Herr unseres Lebens ist, können wir nie gleich-
gültig bleiben, wenn Unschuldige leiden.

Wer wirklich ohne Gott lebt, stellt sich auf den


Standpunkt »halt, laßt sehen«. Solche Menschen wohn-
ten der Kreuzigung auf Golgatha bei und wurden von
diesem Geschehnis nicht beeindruckt. Solche Menschen
werden auch heute nicht beeindruckt von den Leiden in
dieser Welt. Sie kümmern sich nicht darum, ob die
kleinen Brüder Jesu hungrig oder gefangen sind. Wir
überlassen sie dem Gericht Gottes.

Auch bei Gottes Auserwählten muß noch viel


Apathie und Trägheit überwunden werden. Versinken

181


Sie nicht in Gleichgültigkeit: helfen Sie, wenn Sie helfen
können!

24. MAI


Er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.

(Luk. 6,35)

Es ist eine der größten Schönheiten der Bibel, daß
zwei bestimme Abschnitte nicht darin vorkommen.

Als erstes steht nirgends, daß Jesus jemanden gefragt


hätte: »Welche Sünden hast du begangen? Wie viele?
Unter welchen Umständen? Mit wem? Sind deine
Sünden unbedeutend, kleine Vergehen oder große Ver-
brechen?« Statt dessen erzählt uns die Bibel, wie Jesus
zu den einzelnen Menschen ging und sagte: »Freue dich,
Sohn; freue dich, Tochter, deine Sünden sind vergeben«
— ohne nachzuforschen, worin diese Sünden bestanden.
ER fragt auch Sie nicht nach Ihrer Vergangenheit.

Als zweites steht nirgends, daß jemand sich bei Jesus


entschuldigt, oder sogar Seine Vergebung erbeten hätte.
Nach dem letzten Abendmahl flohen alle Jünger außer
Johannes; Petrus verleugnete seinen Meister sogar. Als
dann der auferstandene Herr wieder zu ihnen kam,
wäre es doch nett gewesen, wenn sie gesagt hätten, es
täte ihnen leid. Sie sagten nichts dergleichen. Warum
nicht? Wer immer in Jesu Angesicht schaut, sieht darin
so viel Liebe und Verständnis, daß er zum vornherein
weiß: es ist alles vergeben. Christus wünscht meine Ret-
tung noch brennender als ich selbst. Mehr als ich will
ER, daß ich in den Himmel kommen soll. Ein Mensch
muß sehr schnell laufen, wenn er vor Gottes Segnungen
weglaufen will.

Verlassen Sie sich auf diese zwei Abschnitte, die nicht

182

in der Bibel stehen. Glauben Sie, daß ER Ihnen Ihre


Sünden nicht mehr vorhält und daß es Sein größtes
Verlangen ist, Ihnen zu vergeben.

25. MAI


Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht. (1. Petr. 2,9)

König Lear sagte, daß die Menschen bei der Geburt


weinen, weil sie nun auch auf der Bühne der Wahn-
sinnigen handeln müssen. Er hat recht. Er selbst war ein
Dummkopf, denn er übergab vorzeitig all seinen Besitz
seinen Kindern. Er hätte wissen müssen, daß auch sie in
Schuld geboren und in Sünden empfangen sind (Ps.
51,7).

Diese Welt ist verrückt. Sie sprach schlecht vom


besten Menschen, ja nannte IHN einen Teufel. Es
stimmt, was Hamlet sagte: »Sei klar wie Eis und rein
wie Schnee — du wirst der Verleumdung doch nicht
entgehen.«

Othello nannte die reine Desdemona eine Hure.

Julia benahm sich wie eine Verrückte. Sie war vier-
zehnjährig und hatte das Recht, geliebt zu werden.
Aber sie ließ die Weisheit außer acht. Sie machte aus
Romeo ein Idol und vergötterte ihn. Es ist unsinnig,
einen geliebten Menschen zu idealisieren. Hätte sie nur
ein Jahr länger gelebt, hätte sie ihre Ansichten mög-
licherweise geändert.

Hamlet sagte zu Ophelia: »Heirate einen Narren.


Weise Männer wissen zu gut, was für Ungeheuer Frauen
aus ihnen machen können.«

Jago sagte von Cassius: »Wenn ich ihm nur einen


Becher Wein aufdrängen kann, ist er so voll von Streit-

183


sucht und Hader wie das Hündchen meiner jungen
Frau.«

Alkoholverkäufer drängen uns manchen Becher voll


auf. Die Welt ist betrunken.

Wie gut, daß Jesus uns sagte, daß wir nicht von dieser


Welt sind. Wir sind in der Welt, aber nur als Fremde
und Pilger. Wir haben keinen Anteil an ihren Verrückt-
heiten.

26. MAI


Wenn es irgendeine Tugend und wenn es irgendein Lob
gibt, dem denket nach!
(Phil. 4,8)

Als Kleopas und sein Freund zu dem Dorf Emmaus


wanderten, gesellte sich Jesus zu ihnen. Aber ER war
verändert, sie erkannten IHN nicht. Kleopas fragte
IHN: »Bist du der einzige, der in Jerusalem weilt und
nicht erfahren hat, was daselbst in diesen Tagen ge-
schehen ist?« (Luk. 24,18 + 19).

Jesus zeigte sein Interesse. In den letzten Tagen war


in Jerusalem so viel geschehen. Zwei Verbrecher waren
gekreuzigt worden. Ging wohl einer von Jesu Jüngern
zu den gramgebeugten Müttern, um sie zu trösten? Bat
wohl einer Pilatus um die Leichname dieser Diebe,
damit sie nicht an den Kreuzen gelassen und von den
Raben gefressen würden? Einer der Verbrecher war ein
Glaubensbruder geworden! Die Jünger hätten min-
destens für ein ordentliches Begräbnis sorgen müssen.
Und wie steht es um die Urteilsvollstrecker? Ihre
Schlechtigkeit war offen zutage getreten. Sie brauchten
dringend die Erlösung. Hatte wohl einer der Jünger
ihnen soviel Liebe entgegengebracht, daß er ihnen den
Weg zur Vergebung wies?

184


Drei Tage waren vergangen. Was war alles geschehen
während dieser Zeit? Familien mögen zerbrochen sein,
Menschen verletzt, auch Todesfälle wird es gegeben
haben. Einige haben vielleicht Verbrechen begangen.
Andere haben neue Hymnen zum Lobe Jehovas ge-
dichtet. Mütter haben sich um ihre Kinder gekümmert,
und andere haben dafür gesorgt, daß Brot zum Essen da
war. Es geschieht viel in drei Tagen. »Was sind das für
Reden, die ihr wechselt?« fragt Jesus. ER interessiert
sich für alle Aspekte des menschlichen Lebens — für
Tugenden und Sünden, Freuden und Leiden. ER möchte
alles mit uns teilen.

Obwohl die Jünger über alle Geschehnisse zu Jerusa-


lem sprachen, beschäftigte sie im Grunde ihres Herzens
nur eines: was mit Jesus geschehen war, dem Menschen,
den sie liebten.

Viele Christen beschäftigen sich nur mit ihrer eige-


nen, ganz persönlichen Beziehung zu dem auferstan-
denen Herrn, der ihnen hier und im ewigen Leben den
Frieden geben kann. Aber Christus ist das Leben, das
Leben um uns herum. IHN sehen wir in unseren Brü-
dern, in den hungrigen und durstigen, nackten, kran-
ken und unterdrückten Menschen. IHM begegnen wir,
sooft wir einem Kind Gottes begegnen.

27. MAI


Einige jedoch zweifelten. Matth. 28,17

Der Zweifel hat auch eine positive Seite. Wo wäre die


Wissenschaft heute, wenn Kopernikus nicht die allge-
mein akzeptierte Theorie, die Erde sei der Mittelpunkt
des Universums, angezweifelt hätte? Oder wenn Ein-
stein nicht gezweifelt hätte an der absoluten Gültigkeit

185


der Theorie von Euklid und auch an der Lehre von
Newton? Was wäre die Religion heute, wenn Abraham
nicht gezweifelt hätte an der Götterreligion seiner
Väter — oder wenn die Apostel nicht das Urteil der
Hohenpriester angezweifelt hätten, die behaupteten,
Jesus sei ein Gotteslästerer?

Zweifel ist erlaubt und nötig. Es liegt mehr Weisheit


in ehrlichem Zweifel als in einigen scheinbaren Gewiß-
heiten. Viele religiöse Menschen, die so überzeugt sind,
im Himmel einen Platz für sich reserviert zu haben,
werden verloren gehen. Sogar gewisse Priester werden
bei seiner Wiederkunft zu dem Herrn sagen: »Herr,
Herr, haben wir nicht in deinem Namen als Propheten
geredet und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben
und in deinem Namen viele Machttaten vollbracht?«
Und Jesus wird ihnen antworten: »Ich habe euch nie ge-
kannt; weichet von mir, ihr Übeltäter!« (Matth. 7,
22 + 23).

Anstatt darauf zu beharren, daß Sie Gott kennen,


wenn Sie nur eine vage Vorstellung von IHM haben,
sollten Sie ein Suchender sein. Suchende sind sicher. Der
große christliche Lehrer Augustinus schrieb: »Ich würde
DICH nicht suchen, wenn ich DICH im Grunde
meines Herzens nicht schon gefunden hätte.« Ehrlicher
Zweifel ist nichts anderes als die Suche nach der Wahr-
heit. Es ist die Sehnsucht des Geistes. »Wie der Hirsch
schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, o
Gott, zu dir!« (Ps. 42,1). Der Hirsch schreit nicht nach
Predigten und Büchern über Wasser. Er will keine Dis-
kussionen über die Art des Durstlöschens. Die edelsten
Absichten, die poetischsten Verse über die kühle Frische
des Wassers helfen einem durstigen Menschen nichts;
auch gelehrte Abhandlungen über die Zusammen-
setzung und die Chemie des Wassers sind nutzlos. Er
möchte WASSER.

So geht es dem Menschen, der Gott sucht.

186

Die Menschen weinen Ströme von Tränen, wenn sie


ihren Reichtum oder ein Kind verloren haben. Wie
mancher hat schon auch nur ein kleines Tränlein ver-
gossen, weil er Gott nicht finden konnte? Wie mancher
kann wirklich von Herzen die Worte des Psalmisten
nachsprechen: »Meine Seele dürstet nach Gott, nach
dem lebendigen Gott... Meine Tränen sind meine
Speise Tag und Nacht.« (Ps. 42,3—4).

28. MAI


Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner
Stärke! (Eph. 6,10)

In den Vereinigten Staaten leiden ungefähr zehn


Prozent der Elementarschüler an Legasthenie, der Un-
fähigkeit, zusammenhängend zu lesen oder zu
schreiben. In andern zivilisierten Ländern sieht es
ähnlich aus. Achtzig Prozent der amerikanischen Ge-
fängnisinsassen sind Legastheniker. Diese Veranlagung
wird zum Teil vererbt und äußert sich darin, daß die
damit Behafteten Buchstaben und Zahlen nicht richtig
auseinanderhalten können; sie verwechseln zum
Beispiel b mit d oder geben die Zahlenreihe 2—3—4
mit 3—2—4 wieder.

Kinder und Jugendliche, die sich auf längere Zeit den


schulischen Anforderungen nicht gewachsen fühlen,
reagieren oft mit pflichtvergessenem, aufrührerischem
Betragen.

Aber es muß nicht so sein. Nelson Rockefeller, der


frühere Vizepräsident der Vereinigten Staaten, sagt,
daß auch er sein Leben lang mit dieser Schwierigkeit zu
kämpfen hatte. »Ich verwechsle die Wörter beim Lesen
und sehe die Zahlen verkehrt. Ich denke sie sogar

187


verkehrt, das ist das Schlimmste.« Er hat die Recht-
schreibung nie beherrschen gelernt, aber er hat gelernt,
mit diesem Hindernis fertig zu werden. Auch Edison
war ein Legastheniker; das hinderte ihn aber nicht
daran, ein großer Erfinder zu werden. General Patton
konnte als Zwölfjähriger noch keine Druckschrift lesen,
und auch Präsident Wilson litt an Legasthenie. Ebenso
Albert Einstein, der als Physiker weltbekannt ist.

Kinder sollten mit zwei wichtigen Medikamenten ge-


nährt werden: den Vitaminen M und R, die leider in
der Ernährung vieler heutiger Kinder fehlen. M und R
bedeuten Moral und Religion. Unsere Kinder müssen
gelehrt werden, daß sie eine moralische Verpflichtung
haben nicht zu versagen; das heißt, sie sollen aus ihrem
Leben etwas Nützliches machen. Zweitens müssen sie
lernen, daß es den Einen gibt, der ihnen hilft, dieses und
andere Hindernisse zu überwinden.

Auch Sie können Ihre Hindernisse überwinden.

29. MAI

Du hast ihn (den Menschen) wenig niedriger gemacht
als Engel. Ps. 8,6

Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse,


pflegte sich damit zu brüsten, daß er es fertiggebracht
habe, »den Menschen zu entthronen«. Der Mensch
wurde schon zu Urzeiten als die Krone der Schöpfung
angesehen. Dann kam Kopernikus und bewies, daß die
Erde, die Wohnstätte des Menschen, nicht der Mittel-
punkt des Universums ist, wie bis dahin angenommen
wurde. Unsere Sonne ist nur eine unter Milliarden von
Himmelskörpern, die meistens viel größer sind.
Kopernikus war ein gläubiger Christ und blieb es auch

188


nach seiner Entdeckung. Andere aber kamen zum
Schluß, der Mensch habe kein Recht, sich als ein Wesen
von besonderem Wert zu betrachten, nachdem die Erde,
gemessen am Universum, von so geringer Wichtigkeit
sei. Man sagt, Darwin habe bewiesen, daß der Mensch
sogar auf der Erde nichts Besonderes ist; daß man je-
denfalls nicht annehmen dürfte, Gott habe ihn ge-
schaffen, um einen Freund zu haben, jemanden, dem ER
sich mitteilen könnte. Nach Darwins Hypothese ist der
Mensch lediglich das Resultat einer zufälligen Evo-
lution, wie es die Gorillas und Schimpansen sind. Das
war der zweite Schlag gegen die Überlegenheit des
Menschen.

Wenn wir wirklich nur zufällig entstanden sind, aus


Materie und nicht aus Geist, wenn wir tierisch, ge-
schlechtlich und gefräßig sind — woher kommt dann
unsere Auflehnung gegen diese Theorien? Affen und
Stiere lehnen sich nicht gegen ihre Art auf. Die kleinen
Ameisen ärgern sich nicht, weil sie keine Elefanten sind.
Woher kommt denn des Menschen Selbstsicherheit,
seine Überzeugung, daß er Gottes geliebte Schöpfung
ist, von allen andern Geschöpfen verschieden und ihnen
überlegen? Woher kommt die Stimme des Gewissens
und die Sehnsucht nach geistigen Höhen?

»Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde«


(1. Mose 1,27). Von keiner andern Kreatur des
Universums wird etwas Ähnliches gesagt. »... mit Ehre
und Hoheit kröntest du ihn« (Ps. 8,6). Der Mensch ist
die Krone der Schöpfung. Als Gott Fleisch wurde,
wurde er ein Mensch auf unserer Erde. »Denn ein Kind
ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben... und er
heißt: Wunder-Rat, Kraft-Held, Ewig-Vater... (Jes.9,6).

Glauben Sie an Ihre einmalige, herrliche Berufung


und erfüllen Sie sie. In Ihnen soll Gottes Bild gesehen
werden. Lassen Sie Ihr Licht scheinen, damit die
Menschen den Vater ehren und preisen.

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30. MAI

Siebe, sieben reiche Jahre werden kommen in ganz
Ägyptenland. (1. Mose 41,29)

Warum kam dieser außerordentliche Segen über


Ägypten? Warum sollte es große Fülle haben und vor
kommenden Hunger jähren gewarnt werden? Es gibt
drei Gründe dafür, die zugleich das Geheimnis für jede
erfolgreiche christliche Arbeit sind:

1. Der Pharao jener Zeit war durch und durch


König. Er benahm sich nicht nur wie ein König, wenn er
wach war. Sogar sein Unterbewußtsein war erfüllt mit
der Sorge für seine Untertanen, so daß er sogar im
Schlaf davon träumte.

Jeder Christ ist ein König. Luther sagt: »Ein Christ


ist vollkommen frei und Herr über alles, er ist nichts
und niemandem Untertan.« Aber ein Christ ist ein liebe-
voller König. Deshalb fügt Luther bei: »Ein Christ ist
ein treuer Diener allen, jedermann untenan.«

Ein Christ bemüht sich nicht nur, Seelen zu gewinnen;


er ist nicht zuerst für das äußere Wohl der Kirche da.
Sein Christsein hat sein Unterbewußtsein durchdrun-
gen. Er ist ganz einfach ein Seelengewinner, ein Mensch,
der zuerst für das Reich Gottes da ist.

  1. Pharao, der gute Träume hatte, begegnete einem
    andern Träumer, Joseph. Er tat sich mit ihm zusammen.
    Tun Sie dasselbe.

  2. Pharao war gänzlich vorurteilslos. Man hatte ihm
    geraten, einen Fremden an seinen Hof zu rufen, einen
    Menschen mit einer andern Hautfarbe und einer, wie es
    Pharao vorkommen mußte, befremdenden Religion.
    Einen Menschen, der einen, zudem unsichtbaren Gott
    anbetete; einen Häftling mit einem schlechten Ruf. Er
    war ins Gefängnis geworfen worden, weil er, gemäß

190

Urteilsspruch, eine hochstehende Dame vergewaltigen


wollte.

Aber für Pharao war jeder Mensch zuerst ganz


einfach ein Mensch. Jedermann konnte zum Wohl des
Landes eingesetzt werden. Ein Mann, der gestern etwas
Schlechtes getan hatte, konnte morgen eine gute Tat be-
gehen. Und wer konnte denn bezeugen, daß die
Anklage gegen Joseph der Wahrheit entsprach? Skla-
venhalter wie Potiphar warfen ihre Sklaven oft ohne
Gerichtsverfahren ins Gefängnis.

Die Erfüllung dieser Bedingungen gewährte Ägypten


große Fülle und Notvorrat für sich selbst und die Nach-
barn in Hungerzeiten. Auch Sie werden gewinnen,
wenn Sie sich diese Qualitäten aneignen.

31. MAI


Es ist alles ganz eitel (nichtig)! (Pred. 1,2)

Als Korinth von Philipp II. von Mazedonien (* 382,


t 336) belagert wurde, beteiligte sich groß und klein
an der Verteidigung der Stadt. Einige reparierten die
Stadtmauern, andere warfen Speere und schössen
Pfeile. Auch der Philosoph Diogenes wurde aktiv. Er
rollte sein Faß die Straße hinauf und hinunter. Als man
ihn fragte, wozu er das tue, antwortete er: »Ich will
nicht der einzige Müßige unter so vielen Arbeitenden
sein.«

»Aber die andern machen sich nützlich für die Stadt,


das ist doch bei dir nicht der Fall«, hielt man ihm vor.

Aber Diogenes rollte sein Faß unbeirrt weiter. Er be-


trachtete die Tätigkeit der andern als ebenso sinnlos wie
seine eigene. Korinth und auch das mazedonische Reich
würden vergehen, wer immer auch in diesem speziellen

191


Kampf den Sieg davontragen würde. Die Soldaten
beider Lager würden früher oder später sterben — die
Sieger und die Besiegten. Wer würde sich nach wenigen
Jahrhunderten noch um die Einzelheiten dieses Krieges
kümmern? Gibt es heute noch einen einzigen Menschen,
der den Namen eines der Kämpfenden kennen würde?
Die Stadtbewohner beschäftigten sich mit Dingen, die,
aus der Perspektive der Ewigkeit gesehen, ebenso
sinnlos waren wie das Hin- und Herrollen des Fasses.

In dieser Welt ist alles vergänglich außer einer un-


verrückbar feststehenden Tatsache: Christus, der
Ewige, starb für uns auf Golgatha. Alle Arbeiten und
Aufgaben werden schlußendlich nutzlos sein. Das
Kreuz Christi rettet Sünder und läßt sie teilhaben an
der Ewigkeit, die der Sohn Gottes besitzt.

Johannes Chrysostomos sagte in bezug auf das Kreuz


Christi: »Das Kreuz ist der Wille des Vaters, die Ehre
des Sohnes, die Freude des Geistes, das Juwel der Engel,
die Gewißheit der Gläubigen, der Jubel des Paulus.«

Ärgern Sie sich nicht über jene, die ihre Zeit mit Ver-


gnügungen hinbringen. Auch Ihre ernsthafte Arbeit,
auf die Sie so stolz sind, bringt für die Ewigkeit keine
besseren Resultate. Dienen Sie Christus, dem gekreuzig-
ten und auferstandenen Herrn. Das ist die einzige
Arbeit, die nicht nichtig ist.

l.JUNI


Nun habe ich vor mich fordern lassen die Klugen und
Weisen, daß sie mir diese Schrift lesen und anzeigen
sollen, was sie bedeutet; und sie können mir nicht sagen,
was solches bedeutet. (Dan. 5,15)

Als König Belsazar für seine Großen und ihre Frauen


ein glänzendes Fest veranstaltete, erschien eine

192


Botschaft in aramäischer Sprache an der Wand. Er-
schreckt und ernüchtert befahl er seine Weisen zu sich,
damit sie ihm die Bedeutung dieses außergewöhnlichen
Ereignisses erklärten. Aber keiner konnte das Geschrie-
bene auslegen. Da rief er Daniel und beklagte sich bei
ihm, daß keiner seiner Gelehrten aramäisch verstand,
die Sprache der Juden. Die Kriegsgefangenen aus Israel
waren in Babylon zu einer wichtigen Minderheit gewor-
den. Aus ihren Reihen kam der Premierminister des
Reiches und andere politische Führer. Aber keiner der
Weisen hatte es für nötig gefunden, die Sprache,
Religion oder Mentalität dieser Juden kennenzulernen.
Babylons Feinde, die Meder und Perser, stahlen sich
heimlich in die Stadt, während der König und seine
Großen sich vergnügten. In dieser gleichen Nacht
wurde König Belsazar ermordet, und sein großes Reich
fiel in andere Hände. Seine Weisen besaßen keine
Weisheit. Sie kannten die drohende Gefahr nicht und
konnten deshalb den König nicht warnen.

Wir sehen heute, wie sich diese tragische Unwissen-


heit der Ratgeber wiederholt. Die modernen Weisen —
viele davon sind kirchliche Würdenträger — sind klug
genug, sich selbst hohe Stellungen zu beschaffen und
alle damit verbundenen Vorteile und Ehren zu genie-
ßen. Aber ihnen fehlt das Verständnis für die Men-
schen, die sie zu Christus führen sollten; auch erken-
nen sie die zerstörenden Kräfte, die die Kirche bedro-
hen, nicht. Die heutigen Weisen, die geistlichen Führer,
scheinen die große Gefahr nicht zu sehen, die der ag-
gressive Islam, der Kommunismus und die weitver-
breitete Weltlichkeit für die Christenheit bedeuten.

Die Warnung an König üelsazar wurde von einer


Hand an die Wand geschrieben. Die Warnung an die
freie Welt wird mit Blut geschrieben, und doch können
unsere weisen Männer sie nicht lesen.

193


2. JUNI

... und alle Brüder, die bei mir sind. (Gal. 1,2)

Paulus hatte beschlossen, einen Lehrbrief an die
Kirche in Galatien zu schreiben. Was er niederschrieb,
war das ewige Wort Gottes, das zur Erbauung aller
Christen bis an das Ende der'Welt dienen sollte.

Bei einer solchen Aufgabe kann man nicht seine


eigene Meinung darlegen. Man vereinigt sich mit allen
Brüdern. Es gibt einen allgemeingültigen Glauben, der
den Heiligen einmal gegeben wurde: der Glaube, an den
sich alle Brüder überall und immer halten. Nur in der
Gemeinschaft mit allen Heiligen wird man befähigt, die
ewige Wahrheit weiterzugeben. Deshalb schrieb Paulus
seinen Brief an die Galater in Gemeinschaft mit allen
seinen Brüdern, die mit ihm waren.

Der Eine, auf den sich Paulus am meisten stützte, war


sein Bruder Jesus. In IHN setzen wir alle unser Ver-
trauen.

Christus, unser Bruder und HERR, hat viele Engel.


Auch sie sind unsere Brüder.

Auch die verherrlichten Heiligen sind mit uns.

Auf dem Berg der Verklärung sprach Jesus mit Mose
und Elia. Er bat Seine Jünger, niemandem davon zu er-
zählen. Kein Mensch würde als Besonderheit von einem
andern sagen: »Er hat eine Nase«. Es ist natürlich, daß
man eine Nase hat. Wir neigen dazu, das Übernatür-
liche zu überbewerten. Aber Jesus wollte, daß wir uns
ständig der Verbindung mit den uns in die Herrlichkeit
vorangegangenen Heiligen bewußt sind.

Wir sind gegen den Spiritismus, gegen die Beschwö-


rung der Toten; wir wollen ihre Nähe nicht fühlen.
Aber wir glauben, daß die Heiligen, die zu Jesus ge-
gangen sind, nicht weit entfernt sind.

194


Die Bibel sagt: »Weil wir eine so große Wolke von
Zeugen um uns haben« (Hebr. 12,1). In der Biographie
von Johannes Chrysostomos, dem größten christlichen
Prediger aller Zeiten, wird erzählt, daß ein Gläubiger,
der bei ihm war, als er seine Predigten niederschrieb,
Paulus und Johannes neben ihm stehen sah, die ihm Ge-
danken zuflüsterten. Wer wie ein Kind geworden ist,
kann diese Geschichte glauben. Es wird nicht viel über
solche Erfahrungen gesprochen", denn viel Geschwätz
würde beweisen, daß wir nicht an das Wunder als an
das Normale in einem Christenleben glauben, daß wir
bezweifeln, daß die Gemeinschaft mit den Heiligen eine
alltägliche Erfahrung ist.

Wir wollen unsere Briefe mit allen Brüdern, die bei


uns sind, schreiben.

3. JUNI


£5 war ein reicher Mann, der hatte ... (Luk. 16,1)

Ein Mann hatte ... (Luk. 15,11)

Die Bibel ist die Offenbarung Gottes. Offenbarung


ist ein Wort lateinischen Ursprungs und hat zwei Be-
deutungen. Es enthüllt unbekannte Dinge, und es ver-
hüllt andere Dinge mit einem Schleier.

Von Anfang an wurde uns das Wort Gottes


griechisch übermittelt, in einer andern Sprache also als
der, die Jesus sprach. Wir haben Seine Worte im
Schleier der Übersetzungen, die niemals haargenau den
Inhalt des Originals weitergeben können. Selbst das
Hebräische des Alten Testaments verschleiert die Ge-
danken Gottes, indem es sie in die armselige menschliche
Sprache verpackt. Der Zweck der Bibel ist, in uns die
Sehnsucht nach dem gesegneten Zustand zu wecken, als

195


der Schöpfer noch nicht von Seiner Schöpfung getrennt
war, als sich die Menschen einander noch nicht in unzu-
länglichen Worten, die die höchsten Gedanken doch
nicht ausdrücken können, mitteilen mußten. Als es noch
war, wie es am Ende der Zeiten wieder sein wird.

Jesus sprach aramäisch, den Dialekt der hebräischen


Sprache. Weder im Aramäischen noch im Hebräischen
existiert das Wort »haben«; Jesus sprach es nie aus. Er
sagte nie von etwas, er »habe« es. Er konnte deshalb
gelassen bleiben, als die Soldaten IHN auszogen, um
IHN zu geißeln. Sie nahmen IHM nur die Kleider, von
denen ER nie gesagt hatte, »ich habe sie«. ER hatte auch
nie gesagt, »ich habe einen Leib«. Der Leib, den sie
folterten, gehörte nicht IHM. Er besaß nichts. Jesus
hatte Seinen Körper als ein lebendiges Opfer Seinem
Vater dargebracht, bevor die Menschen IHN töteten.

ER lehrte Seine ersten Jünger diese Denkart. »Auch


nicht einer sagte von seinen Gütern, daß sie sein wären«
(Apg. 4,32). Alles gehört Gott, und wir sind die Ver-
walter seines Eigentums. Es steht IHM frei, uns zu jeder
Zeit etwas wegzunehmen: materielle Güter, Gesund-
heit, ein geliebtes Kind, der gute Name, einen Freund,
Ehre. Diese Dinge sind uns nur anvertraut. Wenn sie
uns weggenommen werden, verlieren wir nichts, denn
sie haben uns nie gehört. Darin liegt eine der Freuden
eines christlichen Lebens begründet. Alle Christen sind
Habenichtse und begehren nichts zu besitzen. Wer hat,
sorgt sich um mögliche Verluste. Uns ist das nicht
möglich. Unser Leben ist voll heiterer Gelassenheit.

196


4. JUNI

So bist du nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber
Kind, dann auch Erbe durch Gott.
(Gal. 4,7)

Seit der Entdeckung der Gene (Erbfaktoren — DNA)


wissen wir mehr über die Vererbung. Wir wissen, welch
unwiderstehliche Kräfte zum Guten und zum Bösen
durch die Vererbung von unseren Ahnen auf uns über-
tragen werden.

Es gibt auch eine Vererbung des Geistes. Gott ist in


Wahrheit unser Vater; das himmlische Jerusalem ist
unsere Mutter. Wir erben von Gott nicht nur Sein Reich,
sondern auch Seinen Charakter. Der göttliche Same be-
findet sich in uns (1. Joh. 3,9).

Die Kinder englisch sprechender Eltern sprechen


auch selbst Englisch; die Kinder der Rumänen sprechen
Rumänisch. Gottes Kinder sprechen die Worte Gottes.
In seinem ersten Brief sagt Petrus (4,11): »Wenn je-
mand redet, so rede er es als Gottes Aussprüche«. Wenn
ein Mensch ein Erbe Gottes ist, sollen seine gesproche-
nen und geschriebenen Worte Aussprüche Gottes sein.
Ist das nicht der Fall, sollte er weder sprechen noch
schreiben.

Auch wir sollten wie Paulus sagen können: »... wie


einen Engel Gottes habt ihr mich aufgenommen, ja wie
Christus Jesus.« (Gal. 4,14). So sollen wir jeden, der die
Worte Gottes spricht, bei uns aufnehmen.

Eine Schwester aus Schweden hat geschrieben, daß


ihr ein Engel erschienen sei und ihr gedankt habe,
nachdem sie ein christliches Buch fertig übersetzt hatte.
Viele Christen werden das belächeln. Aber ich würde
meine Zeit nicht mit dem Christentum verschwenden,
wenn ich nicht wenigstens an das glauben würde, was
auf der ersten Seite des Neuen Testaments geschrieben

197


steht. Dort wird uns erzählt, daß Engel den Menschen
erscheinen. Wenn wir im Namen Gottes sprechen,
werden uns Engel und Gläubige zustimmen.

5. JUNI

Jesus sagt; Machet zu Jüngern alle Völker.

(Matth. 28,19)

Ein Mann steht an einer Wegseite und die ganze Be-
völkerung Chinas schreitet an ihm vorbei, ein Mensch
pro Sekunde. Er muß mehr als zwanzig Jahre da stehen
bleiben, bis der letzte dieser Prozession an ihm vorüber-
gegangen ist. Alle diese Menschen werden von der
strengen Lenin-Doktrin beherrscht. Unter anderem hat
Lenin auch geschrieben: »Alles, was zur Vernichtung
der alten, ausbeuterischen Gesellschaft notwendig ist, ist
moralisch gut.« Nach seiner Auffassung gehört auch die
Religion dazu und muß vernichtet werden.

Aber auch in China gibt es Christen und sie fürchten


sich nicht vor dem Tod, denn er ist der Weg in die Arme
des himmlischen Bräutigams, der sie mit dem heiligen
Kuß empfangen wird. Aus der Provinz Hunan kam ein
bemerkenswerter Bericht. Ein Geistlicher wurde von
den Kommunisten gehängt, aber sie verließen die Richt-
stätte zu früh. Die Brüder konnten ihn herunterholen,
und er lebt immer noch. Der Gerettete erzählte später,
daß er nur an eines denken konnte, als das Seil um
seinen Hals gelegt wurde und man ihn am Baum
hinaufzog: an den Herrn Jesus, wie ER ans Kreuz ge-
hängt wurde.

Beten auch Sie für das große chinesische Volk und


alle seine Gläubigen. Gott liebt die Chinesen sehr. Er
hat so viele gemacht — 800 Millionen.

198


6. JUNI

Tut wohl denen, die euch hassen. (Luk. 6,27)

Der heilige Patrick beginnt seine Beichte mit den


Worten: »Ich, Patrick, ein Sünder; der ungebärdigste
und kleinste unter allen Gläubigen.« Im vierten Jahr-
hundert wurde er, ein Engländer, von den Iren geraubt
und versklavt. Nackt und hungrig mußte er in der
Folge die Schafe seiner Beherrscher hüten. Aber gerade
ihre Grausamkeit entfachte in dem jungen Christen eine
kindische Liebe zu seinen Unterdrückern.

Schließlich aber konnte er entfliehen. Als er sich


wieder als freier Mann in England befand, hatte er
einen Traum. Ein Mann kam mit einem Brief auf ihn zu
und Patrick las: »Die Stimme der Iren.« Und dann
hörte er irische Stimmen, die weinend riefen: »Wir
flehen dich an, heiliger Jüngling, komm wieder zu uns
zurück und wohne bei uns.«

Für einen entlaufenen Sklaven konnte es den Tod be-


deuten, wenn er wieder in die Hände seiner ehemaligen
Herren fiel. Aber in Patrick lebte die Liebe, deshalb be-
deutete ihm die Gefahr nichts. Er beichtete einem Geist-
lichen einige grobe Verfehlungen, die er begangen hatte.
Seine Sünde wurde in der Öffentlichkeit bekannt und
die Kirche weigerte sich, Patrick in ihrem Auftrag nach
Irland zu senden. So kehrte er auf eigene Verantwor-
tung dorthin zurück und führte seine früheren Sklaven-
halter zu Christus.

Auch wir wollen Verfolger zu unserem Erlöser


bringen. Überlegen Sie sich, wer Ihnen am meisten Un-
recht zugefügt hat. Es ist Ehrensache, gerade diesen
Menschen zur Bekehrung zu führen.

199


7. JUNI

Geh ... in dein Kämmerlein. (Matth. 6,6)

Die Lehrer der Philosophie haben der Menschheit


seltsame Ratschläge gegeben. Marcus Aurelius schrieb:
»Die Menschen suchen Zurückgezogenheit in Dörfern,
an Stränden, in den Bergen ... Das ist vulgär, denn
jedermann kann sich jederzeit in sich selbst zurück-
ziehen. Nirgends findet der Mensch mehr Ruhe und
stille Zurückgezogenheit als in seiner eigenen Seele.«
Sicher kann man inmitten größtem Lärm in sich selbst
Ruhe finden, aber es braucht dazu einer gewaltigen An-
strengung.

Warum nicht dem Vorbild und der Lehre unseres


Meisters folgen, der sich in die Wüste oder die Berge
zurückzog um zu beten? Und wenn das nicht möglich
ist, warum sich nicht die Stille eines abgeschlossenen
Zimmers zunutze machen?

Der Lärm des technischen Zeitalters ist mitbeteiligt


am Komplott gegen die geistige Welt. Radio und Fern-
sehen lassen uns, mit vielen anderen Dingen, mit Sicher-
heit nie zur Ruhe kommen. Verliebte und Freunde
haben die Kunst verlernt, schweigend nebeneinander zu
sitzen oder miteinander zu gehen. Gut achtzig Prozent
all der geschriebenen und gesprochenen Worte sind
sinnlos.

Die Hebräer, denen sich Gott zuerst offenbarte,


haben in ihrer Sprache kein Wort für »das Wort«.
Durch sie wurde uns das Wort Gottes übermittelt, aber
auf hebräisch kann man das nicht sagen. Anstelle von
Wort sagen sie »davar«, was soviel bedeutet wie »die
wirkliche Sache«. Wir wollen nur das sagen und hören
was Wirklichkeit und nicht nutzloses Geschwätz ist.

Auf hebräisch heißt es am Anfang des Johannes-

200

Evangeliums: »Am Anfang war die wirkliche Sache


(davar), und die wirkliche Sache war mit Gott und die
wirkliche Sache war Gott.«

Anstatt unsere Zeit mit nutzlosem Geschwätz über


Dinge, auf die es nicht ankommt, zu verschwenden,
wollen wir noch viel mehr Zeit in unseren Kämmerlein
zubringen, im stillen Zwiegespräch mit Gott.

8. JUNI


Wahrlich ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche:
Hebe dich und wirf dich ins Meer! und zweifelte nicht
in seinem Herzen, sondern glaubte, daß es geschehen
würde, was er sagt, so wird's geschehen. (Mark. 11,23)

Jesus sagte diese Worte auf dem Weg von Jerusalem


nach Bethanien. Die Gegend ist dort ganz flach. Es gibt
keinen Berg. Als ER sagte »dieser Berg«, konnte ER auf
nichts, das ein Hindernis auf dem Weg gewesen wäre,
hinweisen.

Die Berge der Hindernisse und Schwierigkeiten be-


stehen alle in unserer Einbildung. Wir haben Verspre-
chungen: »Nichts soll euch schaden« (Luk. 10,19) und
»denen die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten
dienen« (Rom. 8,28). Dinge und Ereignisse können
unsere Seelen nicht berühren; sie bleiben vor der Türe.
Was uns quält, sind unsere eigenen Meinungen und
unsere Einstellung gegenüber Personen und Ereignissen.
Aber darüber haben wir Macht. Wir können sie in das
Meer werfen.

Die Umstände, unter denen der Herr diese Worte


sprach, zeigen, daß er nicht materielle Berge meinte.
Wie würde wohl die Welt aussehen, wenn jeder der
Millionen Jünger Jesu nach eigenem Gutdünken Berge

201


nach rechts oder links versetzen könnte? Jeder einzelne
würde doch seine besondere Meinung haben, wo die
Berge hingehören. Jesus sprach von geistlichen Wirk-
lichkeiten, als er uns lehrte, Berge zu versetzen.

Lassen Sie die Ereignisse ruhig kommen. Lassen Sie


Ihre Mitmenschen mit Ihnen umgehen wie sie wollen.
Geben Sie keinem Ereignis die Bedeutung eines Berges
auf Ihrem Lebensweg. Zwei und zwei gibt vier. Früchte
enthalten Saft, — und Menschen benehmen sich manch-
mal schlecht. Ereignisse können unangenehm sein. Aber
alle Dinge müssen für mich zum Guten mitwirken.
Schwierigkeiten auf meinem Weg zum Himmel gehören
in die Welt der Einbildung. Ich kann sie wegwerfen.

9. JUNI


Simon .. . antwortete: Meister, wir haben die ganze
Nacht hindurch gearbeitet und nichts gefangen; aber
auf dein Wort will ich das Netz auswerfen. (Luk. 5,5)

Im Jahr 1847 ging William Chalmers Burns als Mis-


sionar nach China. Nach sieben Jahren schrieb er: »Ich
weiß von keiner einzigen Seele, daß sie durch mich zu
Jesus gekommen wäre.« Der Herr ließ ihn durch die
Schule der Ausdauer gehen.

Im Mittleren Osten kann man heute noch sehen, wie


Fischer ihre Netze auf die gleiche primitive Art aus-
werfen wie vor 2000 Jahren. Es ist eine harte Arbeit.
Wären wir wohl auch bereit gewesen, unsere Netze
nochmals auszuwerfen, nach einer ganzen Nacht ver-
geblicher Arbeit? Die Vernunft und der Wunsch nach
Ruhe sprachen dagegen; aber die Jünger hielten sich an
das herrliche Wörtchen »dennoch«. Simon Petrus warf
die Netze erneut aus — und er ruhte nicht einmal nach

202


dem wunderbaren, aber sicher ermüdenden erfolg-
reichen Fischzug. Er und seine Kollegen brachten die
Schiffe ans Land — und dann gingen sie nicht zu Bett:
sie folgten IHM nach (Luk. 5,11).

Das Wichtigste, das wir uns immer vor Augen halten


müssen, ist, daß wir an unserem Arbeitsplatz bleiben
sollen, wieviel traurige Erfahrungen und unbefrie-
digende Resultate wir auch erleben mögen. Erzbischof
Fenelon schrieb: »Wenn man nicht durch den Geist des
Glaubens angehalten würde weiterzuarbeiten, auch
ohne Früchte der Arbeit zu sehen, wäre man leicht ent-
mutigt, denn man erreicht so wenig, in bezug auf die
Gewinnung anderer und auf die Besserung seiner
selbst.«

Ich bin Leiter einer weltweiten Mission. Ich wurde


zu Christus geführt durch einen Zimmermann,
Wölfkes, der jahrelang darum gebetet hatte, daß er
nicht sterben möge, bevor er einen Juden zu Christus
geführt habe. Gott erhörte sein Gebet und er durfte
zwei, meine Frau und mich, zum Glauben führen. Auch
wir brachten ein paar Juden zu unserem Erlöser, und
diese wiederum gewannen andere. Das Ergebnis kann
heute an den hebräisch-christlichen Gemeinden in
vielen Städten Israels ersehen werden. Viele dieser
Gläubigen kommen aus Wölfkes Heimat, Rumänien.

Als ich einst die Geschichte meiner Bekehrung in


einem rumänischen Dorf erzählte, bemerkte ich, wie ein
sehr alter Mann weinte. Am Schluß der Versammlung
sagte er mir: »Gott hat mich gebraucht, um diesen Zim-
mermann zu Christus zu führen. Ich hatte geglaubt, ich
hätte mein Leben lang umsonst gearbeitet. Jetzt habe
ich von Ihnen gehört, daß ich der Großvater im
Glauben vieler gläubiger Juden bin!«

Bleiben auch Sie auf Ihrem Posten, dennoch ...!

203

10. JUNI


Ich lebe; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in
mir. (Gal. 2,20)

Die Beziehung zwischen Jesus und einer gläubigen


Seele ist einmalig und kann mit Worten kaum beschrie-
ben werden, denn es gibt nichts, das ihr gleichkommen
würde. Wenn ein Mensch eine Bluttransfusion erhält,
wird das Blut eines anderen zu seinem eigenen. Wenn er
unverzüglich nach der Transfusion verletzt wird, so
fließt sein eigenes, und nicht des Gebers Blut. Bei einer
Herztransplantation wird das eingepflanzte Organ
zum Herz des Lebenden, es gehört nicht mehr der
Leiche, der es entnommen ist. So ist es mit Jesus und
einer gläubigen Seele. Bei einer Transfusion oder Trans-
plantation findet ein Wechsel der Persönlichkeit statt.

Luther sagt es so: »Der Vater sagt zu Christus: »Du


wirst Petrus, der verleugnet; Saulus, der verfolgt;
Judas, der verrät; Magdalena, die sündigt. Das Gesetz
sieht Jesus bedeckt mit allen diesen Übertretungen und
verurteilt Ihn zum Tode.« »Jesus ist der schlimmste
Mörder, Dieb, Lügner und Ehebrecher, den die Mensch-
heit je gekannt hat. Nicht in dem Sinn, daß ER diese
Sünden begangen hätte, aber ER hat sie sich zu eigen
gemacht.« ER wurde zu meiner sündigen Person, und
dafür gibt ER mir seine Persönlichkeit. In seiner Ausle-
gung des Galaterbriefes drückt es Luther sogar so ge-
wagt aus: »Der Christ ist Christus.«

Luther steht dabei auf biblischem Grund. Alle großen


Lehrer des Christentums haben dasselbe gelehrt. Igna-
tius schrieb: »Christus ist unser unzertrennliches
Wesen.« Thomas von Aquin sagte, die Christen und
Christus seien »quasi eine geheimnisvolle Person.« Der
schottische Katechismus (Craig) lehrt: »Christus ist

204


nicht eigentlich eine andere Person als Seine Gläubigen.«
Jesus wurde geboren, um gekreuzigt zu werden. ER
wird auch heute noch gekreuzigt in den Personen Seiner
Jünger. Was sie erdulden, sind Seine Leiden.

11. JUNI


Herr, lehre uns beten (Luk. 11,1)

Franz von Assisi betete:

O HERR, mache mich zum Werkzeug

deines Friedens,

daß ich Liebe übe da, wo man sich haßt;

daß ich verzeihe da, wo man sich beleidigt;

daß ich verbinde da, wo Streit ist;

daß ich Hoffnung erwecke, wo Verzweiflung quält;

daß ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert;

daß ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.

Ach Herr, laß du mich trachten, nicht daß ich

getröstet werde,

sondern daß ich tröste;

nicht daß ich verstanden werde,

sondern daß ich verstehe;

nicht daß ich geliebt werde, sondern daß ich liebe.

Denn wer da hingibt, der empfängt;

wer sich selbst vergißt, der findet;

wer verzeiht, dem wird verziehen;

und wer da stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.

Warum handeln die meisten von uns nicht nach
diesen Leitsätzen? Weil wir ein Ich haben. In der eng-
lischen Sprache wird fast alles klein, und nur das Wört-
chen ich mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben.

205


Weil ich ein Ich bin, kann mir viel Unangenehmes, das
mich unglücklich und unliebenswert macht, geschehen.
Kann Ihnen aber etwas Böses begegnen, wenn Sie kein
Ich haben?

Deshalb sagt der Herr »wer mir nachfolgen will, der


verleugne sich selbst«, das heißt, der verleugne sein Ich.
Ich werde nur gerettet werden, wenn es kein Ich mehr
gibt, das gerettet werden muß.

12. JUNI


Eins aber ist not... (Luk. 10,42)

Am meisten beklagen sich die Menschen darüber, daß


sie keine Zeit haben. Sicher kommt das daher, weil sie
wie Martha so viele Dinge tun müssen. Nie hätte man
Maria sagen hören, sie habe keine Zeit. Sie brauchte nur
eines: sie wollte DEM zuhören, Den sie liebte und das
tun, was ER ihr gebot.

ER befiehlt uns nie zwei Dinge zur gleichen Zeit. Für


jeden Augenblick unseres Lebens gibt es eine Aufgabe,
und während ich diese erfülle, habe ich keinen anderen
Auftrag. Gläubige haben deshalb immer Zeit.

Ein junger Evangelist kam in ein Dorf und erstaunte


jeden durch sein gewaltiges Predigen. Die Kunde
von ihm sprach sich rasch herum und am nächsten
Sonntag versammelten sich alle Dorfbewohner in der
Kirche. Er hielt wieder die gleiche Predigt wie am
ersten Sonntag und ebenso eine Woche später, als sich
auch noch Leute aus den Nachbardörfern eingefunden
hatten. Als auch am vierten Sonntag die gleiche Predigt
zu hören war, sagten die Kirchenvorsteher zueinander:
»Er muß ein Schwindler sein, der nur gerade diese eine
Predigt auswendig gelernt hat.« Sie stellten den

206


Prediger und fragten ihn: »Können Sie keine andere
Predigt halten?«

Er antwortete: »Ich habe nicht gesehen, daß meine


Worte Gehör gefunden hätten; weshalb sollte ich also
etwas anderes sagen?«

Warum lesen wir so viele Zeitungen und hören uns


ständig die neuesten Nachrichten an? Warum kümmern
wir uns nicht vielmehr um ein Geschehen in unserer
unmittelbaren Nähe und bieten unsere Hilfe an?
Warum lesen wir so viele Bücher, wenn wir doch nichts
von dem Guten, das darin steht, in die Tat umsetzen?
Warum führen wir soviel Telefongespräche, wenn wir
uns doch nicht die Zeit nehmen, teilnehmend, auf-
merksam und liebevoll gegen die Gesprächspartner zu
sein?

Wie wenig sagte und tat unser Herr! In den sechzehn


Kapiteln des Markus-Evangeliums ist das Wichtigste
zusammengefaßt. Aber jede einzelne Handlung, jedes
Wort, war pures, geläutertes Gold. Prüfen Sie einmal
Ihre Worte und Handlungen. Sie werden sehen, die
meisten sind unnütz. Halten Sie sie im Zaum und Sie
werden Zeit und Gelassenheit finden.

Prüfen Sie jeden Abend Ihr Gewissen. Überdenken


Sie den Tag und fragen Sie sich Schritt für Schritt,
welche Dinge notwendig gewesen sind. Vermeiden sie
nutzlose Gedanken und Taten.

13. JUNI


Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht,
Gottes Kinder zu werden. (Joh.1,12)

Als Napoleon einst eine Parade abritt, scheute sein


Pferd. Ein Infanteriesoldat sah, daß sein Kaiser in Ge-

207


fahr war, abgeworfen zu werden. Er setzte sein eigenes
Leben aufs Spiel, indem er in die Zügel griff und mit
seiner eigenen Kraft das wildgewordene Tier zum Still-
stehen zwang. Napoleon sagte: »Danke, Hauptmann.«

Der neugebackene Hauptmann begriff sofort und


begab sich unverzüglich in die Offiziersmesse. Er setzte
sich und begann, die andern Offiziere als Gleichge-
stellte anzusprechen.

»Was fällt dir ein?« wurde er empört gefragt.

»Was denn? Ich bin Hauptmann«, entgegnete er.

Aber die andern spotteten ihn aus: »Du, ein Haupt-


mann? Du hast ja keine Abzeichen, geschweige denn
eine Ausbildung oder Kompanie, die du befehlen
könntest.«

Aber er blieb unbeirrt: »Gewiß habe ich noch nichts


von all diesen Dingen. Dennoch bin ich Hauptmann;
Napoleon ernannte mich dazu.«

Kein Kind Gottes darf enttäuscht sein, wenn es noch


nicht das Benehmen eines Heiligen hat; wenn es die not-
wendigen Kenntnisse nicht besitzt oder wenn es von
den Mitgläubigen nicht anerkannt wird. Wenn der Kö-
nig der Könige einen Menschen »Kind Gottes« nennt, so
ist das genug.

Er, der Ihnen diesen Namen gegeben hat, wird Sie


durch das Auf und Ab Ihres Lebens führen, sogar durch
den Tod bis zur Erfüllung Ihrer hohen Berufung.
Glauben Sie, daß Sie ein Kind Gottes sind. Der Rest
kommt von selbst.

208


14. JUNI

Welches nun auch uns selig macht in der Taufe.

(1. Petr. 3,21 [L])

Johannes Chrysostomos sagte: »Wenn wir nicht kör-,
perlich wären, würde Gott uns die geistlichen Dinge
ohne materielle Form, in ihrer ganzen Einfachheit
geben. Aber weil unsere Seelen in Körpern wohnen, gibt
ER uns die geistlichen Gaben in Form von sichtbaren
Dingen.« Er sprach über die Sakramente, ohne die kein
christliches Leben möglich ist.

Augustinus schrieb: »Man kann die Menschen nicht


im Namen einer richtigen oder falschen Religion ver-
sammeln, wenn man sie nicht vereinigt zum gemein-
samen Gebrauch sichtbarer Zeichen oder Sakramente.«

Die Taufe, das heilige Abendmahl, das Auflegen der


Hände — sie sind alle sichtbare Zeichen einer unsicht-
baren Gnade, die uns gegeben ist.

Ein billiger Ring erhält neuen Wert, wenn er von


einem Bräutigam überreicht wird. Dasselbe gilt für
jedes Stückchen Metall, das durch die Aufprägung eines
Staatsstempels zu einer Münze gemacht wird. So ist es
auch mit dem Wasser der Taufe: es wird zu einem
Symbol für die Reinigung der Sünden. Und im heiligen
Abendmahl erhält das Brot und der Wein den Wert des
Leibes und Blutes unseres Herrn.

Es ist falsch, sich beim Einnehmen des heiligen


Abendmahls umzusehen, um feststellen zu können, ob
jemand da ist, der es unwürdig einnimmt. Prüfen Sie
sich selbst! Jedermann nimmt es auf eigene Verant-
wortung ein. Zögern Sie auch nicht, es aus der Hand
eines Pastors anzunehmen, dessen Lebensführung Ihnen
als unheilig bekannt ist. Der Wert eines Sakramentes
hängt nicht von dem ab, der es austeilt; sowenig wie der

209


Wert eines Liebesbriefes vom Charakter des Briefträ-
gers abhängt.

Denken Sie nicht, daß die Sakramente selbst Ihnen


helfen werden. Sie stärken uns auf unserem Weg zum
Himmel nur, wenn wir sie im Glauben annehmen.

Wenn Sie zu diesen Dingen die richtige Einstellung


haben, werden sie zur echten Nahrung für Ihre Seele
werden.

15. JUNI


Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu
Johannes, daß er sieb von ihm taufen ließe.

(Matth. 3,13)

Der Heilige Ignatius sagte, Jesus habe sich taufen
lassen, um die Wasser zu reinigen. Die meisten Theo-
logen lehren, daß ER es tat, um den Sündern sein Er-
barmen zu zeigen. Fühlte Jesus sich als Sünder? Wollte
ER gereinigt werden?

Von den Genen (Erbfaktoren), die IHM durch Seine


Mutter Maria übermittelt wurden, erbte Jesus physische
Charakteranlagen vieler Vorfahren, die alle Sünder
waren. Siebzig Prozent der Charaktereigenschaften
eines Menschen sind ererbt. Wenn nun Jesus Gott ist,
der im umfassendsten Sinn des Wortes Mensch gewor-
den ist, so fiel auch ER unter das Gesetz der Vererbung.
Als Mensch konnte ER beeinflußt werden. »... da ER
erzogen war« (Luk. 4,16); Seine Lehrer und alle
Menschen um Ihn herum waren Sünder. ER wurde ver-
sucht, wie wir auch; ER besaß Instinkte und Impulse
wie wir. Seine Kenntnisse als Mensch waren begrenzt.
Um die Demütigen zu retten, mußte ER die Händler
und Pharisäer schlagen.

210


ER beging nie eine Sünde. Aber alle Sünden, die
gegen IHN begangen worden waren, fühlte ER als
Seine eigenen; angefangen bei Seiner eigenen, IHM
auferlegten Vererbung; dem Töten der kleinen Kinder
in Bethlehem und so fort. Die kummervolle Last derer,
die gesündigt hatten, drückte IHN als Seine eigene. Nie
hat sich jemand so schuldig gefühlt wie ER. Weil ER
alle unsere Sünden auf sich genommen hat, wurde ER
zum größten Verbrecher aller Zeiten. Das Schuldgefühl
ist im Unschuldigsten am mächtigsten. Paulus nannte
sich selbst den größten unter den Sündern.

Wir würden sagen, die größten Sünder waren


Kaiphas, Pilatus und Judas. Der gänzlich Unschuldige
fühlte den Paroxysmus (Höhepunkt) der Schuld.

Deshalb fühlte ER sich gedrungen, sich taufen zu


lassen.

Sonnen Sie sich nicht in der Unschuld, die Ihnen


durch Jesus zugesichert ist. Gerade weil Sie weißer
geworden sind als Schnee, können Sie die Sünden aller
andern zu Ihren eigenen machen.

16. JUNI


Denn ein jeglicher wird seine Last tragen. (Gal. 6,5)

Ein Bischof betrieb Hurerei. Niemand wußte davon.


Aber er bekannte seine Schuld vor der ganzen
Gemeinde. Vor dem Altar legte er sein Amt nieder und
sagte: »Ich kann nicht länger euer Bischof sein.« Alle
weinten und riefen: »Deine Sünde sei die unsrige, nur
behalte dein Amt.«

Da legte er sich auf den Boden in der Kirche, gerade


vor dem Portal, und sagte: »Wer hinausgeht ohne auf
mich zu treten, wird kein Teil haben am Reiche

211


Gottes.« Die Menge gehorchte ihm. Als der letzte auf
ihn getreten war, sprach eine Stimme vom Himmel:
»Um seiner großen Demut willen, habe ich seine Sünden
vergeben.«

Das geschah im vierten Jahrhundert. Zu jener Zeit


war die Christenheit eine Versammlung von Heiligen.
Heute würde ich keinem Kirchenvorsteher oder -Mit-
arbeiter anraten, dem Beispiel jenes Bischofs zu folgen.

Ich kenne die Geschichte einer sowjetischen Glau-


bensheldin. Sie war im Gefängnis, weil sie Kindern von
Christus erzählt hatte. Bei den Befragungen vor Gericht
hatte sie sich als sehr tapfer gezeigt. Dann befand sie
sich in einer Zelle zusammen mit einer Mitchristin, zu
der sie immer mit großer Achtung aufgeblickt hatte.
Diese bekannte ihr eine verborgene Sünde und dadurch
verlor unsere tapfere Christin ihren Glauben. Sie hatte
nicht erwartet, daß ein gläubiger Mitchrist eine so
schwerwiegende Sünde begehen könnte. Sie trat aus der
Kirche aus und heiratete einen Kommunisten.

Es kann vorkommen, daß das Bekennen einer Sünde


einen Mitchristen verletzen kann. Bekennen Sie Ihre
Sünden dem HERRN, tragen Sie Ihre Bürde zu IHM.

Passen Sie aber auf, daß Ihre Brüder und Schwestern


Sie als Sünder ansehen, geben Sie sich nicht als Heiligen
aus. Dann wird Ihnen Gott Ihre Sünden um Ihrer
Demut willen vergeben.

212


17. JUNI

Wenn ich nun zu dem Gottlosen sage: Du Gottloser
mußt des Todes sterben, und du sagst ihm solches nicht,
daß sich der Gottlose warnen lasse vor seinem Wesen, so
wird wohl der Gottlose um seines gottlosen Wesens
willen sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand
fordern.
(Hes. 33,8)

An einem stürmischen Wintertag erlitt ein Schiff


nahe beim Ufer des Michigansees Schiffbruch. Einem
guten Schwimmer gelang es, zehn Personen zu retten,
einen nach dem andern. Seine Kameraden hatten unter-
dessen am Ufer ein Feuer entfacht, wo der erschöpfte
Retter sich aufwärmen konnte. Dabei erblickte er
weitere Schiffbrüchige, die mit den Wellen kämpften,
und er machte sich bereit, sich wieder in die Fluten zu
stürzen.

Seine Freunde warnten ihn: »Du bist viel zu


erschöpft. Auch du wirst ertrinken.«

»Ich kann nicht zusehen, wie Menschen zugrunde


gehen«, war seine Antwort. Er nahm alle seine Kräfte
zusammen und rettete fünf weitere.

Nun hatte er sein Äußerstes hergegeben. Mit Mühe


mußte er selbst von seinen Freunden ans Land gezogen
werden.

Ausgepumpt lag er neben dem Feuer, da sah er, wie


zwei Männer krampfhaft versuchten, sich mit einem
Brett über Wasser zu halten. »Ich muß auch diese
retten«, rief er. »Das ist Wahnsinn, du wirst Selbstmord
begehen«, beschworen ihn seine Freunde.

Aber er hörte nicht auf sie, sondern rettete auch diese


beiden Schiffbrüchigen.

Nun hatten ihn seine letzten Kräfte verlassen, aber er


quälte sich mit bitteren Selbstvorwürfen. Im Fieber-

213


delirium rief er immer wieder aus: »Wie soll ich vor
Gott bestehen können, wenn ich nur siebzehn gerettet
habe? Hätte ich nicht mindestens noch einen Menschen
retten können?«

Wir sind verantwortlich für das Blut jedes Menschen,


dessen leibliches oder geistiges Leben wir hätten retten
können, es aber unterlassen haben. Sind wir nicht alle
Mörder?

Als Philip Neri sah, wie ein Verbrecher zum Galgen


geführt wurde, rief er aus: »Ohne die Gnade Gottes
würde auch ich verdienen, an seinem Platz zu sein.«

18. JUNI


Gotty der da gern gibt jedermann. (Jak- 1,5)

In seinem wertvollen Buch »Die Kraft und die


Herrlichkeit« läßt Graham Greene einen Leutnant zu
der Hauptperson seines Werkes, einem armen Priester,
sagen: »Ich begreife nicht, wie ein Mensch Ihrer Art an
das alles glauben kann. Bei den Indianern verstehe ich's.
Wenn diese das erste Mal elektrisches Licht sehen, glau-
ben sie schon, daß es ein Wunder sei.«

Der Priester entgegnete: »Wenn Sie aber sehen


könnten, wie ein Mensch vom Tode aufersteht, Sie
würden auch daran glauben. Oh, es ist komisch, nicht?
Nicht etwa, daß keine Wunder geschähen — die Leute
gebrauchen nur ein anderes Wort dafür. Sehen Sie sich
die Herren Doktoren an einem Totenbett an. Er atmet
nicht mehr, sein Puls stockt, sein Herz schlägt nicht; er
ist tot. Dann gibt ihm jemand das Leben zurück, und
alle — wie sagt man doch — behalten sich ihr Urteil
vor. Sie sagen nicht, es sei ein Wunder, weil das Wort
ihnen nicht gefällt. Aber es geschieht immer wieder,

214


wohl weil Gott über der Welt ist, und so erklären sie:
Wunder gibt es keine, wir haben nur unsere Begriffe
über das Leben verändert. Wir wissen jetzt, daß man
ohne Pulsschlag leben kann, ohne Atem, ohne das
Klopfen des Herzens. Und sie prägen ein neues Wort,
um diesen Zustand zu erklären, und die Wissenschaft
hat wieder ein Wunder entlarvt. Man kommt nicht um
sie herum.«

Wir sehen die Wunder Gottes im Tagewerk der


Ärzte, Ingenieure, Techniker, Psychiater, Erfinder,
Bauern und Fabrikarbeiter: sie strengen sich an, damit
unser irdisches Leben verbessert und erleichtert wird.
Sie sind Werkzeuge. Der Geber, der Vollbringer der
Wunder, ist Gott.

19. JUNI


Ihr könnt nicht Gott dienen und dem

Mammon. (Matth. 6,24)

Ein Christ hatte von Gott große Gaben erhalten. Sein


heiliger Lebenswandel war berühmt. Sein Ruhm kam
auch dem Kaiser zu Ohren und er rief ihn zu sich, um
sich seine Lehren anzuhören. Er war davon tief be-
eindruckt und gab ihm Gold, das der Gläubige auch
annahm.

Er kehrte in seine Heimat zurück und kaufte sich


Land und Häuser. Wie es in der Vergangenheit oft vor-
gekommen war, brachten die Leute nach einiger Zeit
einen von Dämonen Bessessenen zu ihm. Der Christ
befahl dem Dämonen: »Verlasse den Menschen!«

Der Dämon grollte: »Ich gehorche dir nicht.«

So etwas war noch nie dagewesen, und der über-

215


raschte Gläubige fragte: »Weshalb gehorchst du mir
nicht?«

Der Dämon gab zur Antowrt: »Du hast aufgehört,


nur für Gott dazusein, nun bist du geworden wie wir.
Deshalb gehorche ich dir nicht.«

Eine reiche Kirche ist machtlos im Kampf gegen den


Teufel. Dasselbe gilt für einen reichen Christen. Ein
Christ kann zwar große Reichtümer verwalten, aber
nur unter der Bedingung, daß sie nicht sein Eigentum
sind, sondern Gott gehören, der sie ihm gegeben hat
durch die Gabe der Vermehrung und zum Gebrauch zu
Seiner Ehre.

Sobald Sie Ihre Güter als Ihr Eigentum betrachten,


fallen Sie unter den von unserem Herrn ausgesproche-
nen Fluch: »Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein
Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes
komme« (Matth. 19,24).

Denken Sie eingehend über diese Dinge nach, wie


Sie mit dem, was Sie als Ihr Geld betrachten, umgehen.

20. JUNI


Laß es jetzt also sein. (Matth. 3,15)

Wir wissen, was Jesus sagte, als ER zwölfjährig war.


Über die folgenden achtzehn Jahre Seines Lebens
schweigen die Evangelien. Sie sprechen erst wieder von
IHM, als ER dreißig Jahre alt war. Und dann war Sein
erstes Wort: »Laß es jetzt also sein.«

Johannes der Täufer konnte nicht verstehen, daß er


den Retter taufen sollte, wie er so viele Sünder getauft
hatte. Aber Jesus sagte: »Laß es jetzt also sein.«

»Lasset die Kinder« zum Gottesdienst kommen, auch


wenn sie vielleicht stören. (Matth. 19,14) »Lasset das
Unkraut und den Weizen miteinander wachsen bis zur

216


Ernte« (Matth. 13,30). Sie sind blinde Führer von Blin-
den«.

Wir würden hinzugefügt haben : »Erlaube ihnen


nicht, damit fortzufahren.«

Jesus sagte: »Lasset sie« (Matth. 15,14).

Ein Mann wollte einen Feigenbaum umhauen lassen,
weil er keine Frucht trug. Doch der Weingärtner — der
im Gleichnis für Jesus steht — antwortete:

»Laß ihn noch dieses Jahr« (Luk. 13,8).

Lassen Sie Menschen und Dinge in Ruhe.

Anstatt uns zu sorgen über das Böse, das andere tun,


wollen wir von den Bienen lernen. Sie kümmern sich um
niemanden und speisen die Menschen mit Honig. Wir
wollen dasselbe tun.

21. JUNI


Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.

(1. Mose 1,2)

Augustinus schrieb: »Wenn uns befohlen worden
wäre, für den Heiligen Geist einen Tempel aus Holz
und Steinen zu bauen, hätten wir einen klaren Beweis
für die Göttlichkeit des Heiligen Geistes, denn die An-
betung gebührt allein Gott. Aber nun haben wir einen
noch klareren Beweis in der Tatsache, daß wir nicht
einen Tempel bauen, sondern ein Tempel sein sollen für
IHN.«

Der Heilige Geist muß Gott sein, wenn die einzige


Sünde, die nicht vergeben wird, die Sünde gegen IHN
ist.

Das Wesentliche im Leben eines Gläubigen, ist die


Gegenwart des Heiligen Geistes. Juden, die sich nach
Samaria begaben, setzten ihr Leben aufs Spiel, denn sie

217


wurden von den Samaritern bitter gehaßt. Dessenunge-
achtet riskierten Petrus und Johannes ihr Leben, aus
dem einzigen Grund, weil auch die dortigen Gläubigen
den Heiligen Geist empfangen sollten.

Ohne den Heiligen Geist sind alle religiösen Unter-


nehmungen so sinnlos wie das Licht für einen Blinden,
oder Musik für den Tauben. Christus ließ sich taufen,
weil er wußte, daß nachher der Heilige Geist auf IHN
kommen würde. Das muß auch unser Ziel bei jeder reli-
giösen Aktivität sein.

»Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist


nicht sein« (Rom. 8,9). Auf der andern Seite aber gibt
es keine Verdammung für die, die in Christus sind und
nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geiste wan-
deln (Rom. 8,1).

22. JUNI


Amen. (Off. 22,21)

Nachdem Jesus getauft war, wünschte ER, daß der


Heilige Geist auf IHN komme. Und der Heilige Geist
kam.

Wenn Sie im Gebet von Gott eine Gabe erbitten,


hören Sie nicht auf zu beten, bis Sie eine innere Er-
fahrung machen; bis Sie das Erbetene auf sich nieder-
kommen sehen in einer scheinbar materiellen Form und
aus Gottes Mund die Zustimmung zu Ihrem Verlangen
erhalten.

Das ist der Sinn des Wortes Amen. Sie haben mit


Gott gesprochen, aber Gott lebt in Ihnen und benützt
Ihren Mund, um auf Ihr Gebet zu antworten. »Amen«
ist seine Zustimmung zu dem, was Sie erbeten haben.

Ein Mädchen hörte den Arzt zu seinem Vater sagen:

218

»Es gibt keine Hoffnung mehr für Ihre Frau.« Das


Kind ging ins Nebenzimmer, kniete nieder und betete
für die Genesung der Mutter.

Dann sagte es mit verstellter Stimme: »Ja Mary, ich


will sie bestimmt gesund machen.«

Mit seiner normalen Stimme sagte das Kind: »Danke,


lieber Gott.«

Dann ging es zu seinem Vater zurück und sagte:


»Gott hat mir soeben versprochen, daß ER Mutter ge-
sund machen wird.«

Die Mutter wurde gesund. Das bedeutet es, wenn wir


Amen sagen. Es ist Gottes Siegel der Zustimmung —
durch unsere Lippen ausgesprochen — daß unsere Für-
bitte angenommen worden ist.

Auf jedes Gebet sollte ein Amen folgen.

23. JUNI

So gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen.

(Matth. 3,15)

Kein Gebot zwang einen Juden, sich taufen zu lassen.
Jesus sagt, daß es uns gebührt auch Dinge zu tun, die
nicht geboten sind, um alle Gerechtigkeit zu erfüllen.

Gott hat uns kein Gebot gegeben, das uns verbietet zu


rauchen oder Schmuck zu tragen (wozu hätte er sonst
die Smaragde und Rubine gemacht?), zum Friseur zu
gehen oder stundenlang fernzusehen. Es gibt kein Gebot
Gottes, das Zärtlichkeit oder den Genuß von Drogen
verbietet. Gerechtigkeit wird nicht erfüllt durch den
Gehorsam gegenüber den Geboten, sondern indem wir
uns die einfache Frage stellen: »Würde Jesus das tun;
würde es IHM gefallen?«

Wenn Sie einen Menschen mit Staub bewerfen,

219

verletzen Sie ihn nicht. Er leidet auch nicht, wenn Sie


Wasser über ihn gießen, oder ihn mit Stroh über-
schütten. Aber aus Erde, Stroh und Wasser zusammen
kann man Ziegel herstellen. Wenn Sie einem Menschen
einen solchen an den Kopf werfen, können Sie ihm
damit den Schädel spalten.

So gibt es viele kleine Dinge, die an sich harmlos sind.


Aber wenn sie sich in unserem Leben ansammeln,
werden sie zu einem Schwergewicht, das unsere Seele
zerstören kann. »Die Füchse, die kleinen, verderben
den Weinberg.« (Hohelied 2,15).

In dem Gesetz Gottes gibt es kein Gebot, das befiehlt


die kleinen Füchse zu bekämpfen, aber der Besitzer des
Weinberges tut es zu seinem eigenen Besten. Es ist zu
Ihrem eigenen Besten, wenn Sie gewisse Gewohnheiten
bekämpfen. Auch wenn jede an sich nur geringfügige
Bedeutung hat, erhalten sie alle zusammen ein Gewicht,
das Ihr geistliches Leben zu hemmen vermag.

24. JUNI


Er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabschweben.

(Matth. 3,16)

Die Taube ist sanft und freundlich gegenüber
Menschen — wie der Heilige Geist, und sie ist deshalb
das geeignete Symbol für Christus. Sie haben auch noch
etwas anderes gemeinsam:

Um Tauben beobachten zu können, muß man ruhig


und sehr aufmerksam sein. Diese kleinen Geschöpfe der
Natur zeigen ihre Lebensart keinen lärmigen Menschen.
Wer sie kennenlernen will, muß die Eigenschaft ent-
wickeln, zu beobachten, ohne selbst gesehen zu werden,
zu lauschen, ohne gehört zu werden.

220


Dasselbe gilt für den Geist. Man muß ruhig und
stille vor IHM sein (Habakuk 2,20). Der Heilige Geist
gibt sich anders, wenn ER sich beobachtet fühlt, als
wenn ER sich ungezwungen geben kann.

Im ersteren Fall ist er vorsichtig besorgt, wie seine


Taten wohl ausgelegt werden. Der Herr sagt von den
Juden: »Ich will sie zerstreuen, ihr Gedächtnis tilgen
unter den Menschen... wenn sie dann nicht sagen
würden: Unsere Macht ist hoch; und der Herr hat nicht
solches alles getan.« (5. Mose 32,26 + 27)

Der Heilige Geist weiß, daß Seine Feinde IHN beob-


achten, und ER sagt von sich selbst, ER fürchte, falsch
verstanden zu werden. Deshalb handelt er nicht, so wie
ER normalerweise handeln würde. Der Herr sagt: »Um
des umherstehenden Volkes willen habe ich es gesagt«
(Joh. 11,42). »Um zu erfahren, was Jesus gesagt hätte,
wenn IHN die Herumstehenden nicht beeinflußt hät-
ten, müssen wir still und zurückgezogen beiseitestehen.

Wenn er von Feinden, Anklägern oder Neugierigen


beobachtet wird, benimmt sich der Heilige Geist wie die
Taube, nicht ungezwungen.

Bleiben Sie still, mischen Sie sich nicht ein und lassen


Sie den Heiligen Geist tun, was IHM gefällt.

25. JUNI


Daß ihr ... etliche aber mit Furcht selig machet.

(Judas 23 (L)

Wenn Sie einen Ertrinkenden sehen, werfen Sie ihm
ein Rettungsseil zu und versuchen, ihn aus dem Wasser
zu ziehen. Wenn er aber zu schwer für Sie ist, müssen
Sie Ihre Bemühungen aufgeben. Sonst werden am Ende
auch Sie noch ins Wasser gezogen und anstelle von

221


einem, gehen zwei Menschen zugrunde.

Auch der Weg der Bemühungen, Menschen für die


Ewigkeit zu retten, ist voll von Gefahren. Die Anstren-
gung so manchen jungen Mannes, ein Mädchen zu
retten, endete damit, daß beide der Sünde anheim
fielen.

Viele Missionare sind in asiatische Länder gereist, um


den Menschen dort von Jesus zu erzählen. Einige von
ihnen sind statt dessen zum Buddhismus übergetreten
oder vermischten das Christentum mit den fremden Re-
ligionen. Missionsgesellschaften wurden gegründet, um
in fremden Nationen das Evangelium zu verkünden —
und dann waren diese Menschen so beschäftigt mit den
finanziellen und geschäftlichen Belangen ihrer Institu-
tion, daß Christus aus ihren Leben verschwand.

Christen sind in die Slums gezogen, an die Stätten der


Armut, um die Liebe Christi dorthin zu bringen — und
sie sind selbst angesteckt worden von dem dort herr-
schenden Geist der Rebellion und sind nun Mitglieder
revolutionärer Organisationen. Wenn Sie mit einem
weltlichen Menschen über geistliche Dinge sprechen,
besteht immer die Gefahr, daß er Ihr Gespräch auf
weltliche Bahnen lenken könnte.

Wie wollen Sie die Seelen anderer retten, wenn Sie


nicht sorgfältig darauf bedacht sind, Ihre eigene Seele
unbefleckt zu erhalten? Verlassen Sie die Burg Ihrer
herzlichen Gemeinschaft mit dem HERRN nur selten,
und nur nach intensiver Vorbereitung im Gebet.

Seien Sie vorsichtig gegenüber jedem Unternehmen


des Feindes. Vermeiden Sie Kämpfe, die für Sie zu ge-
fährlich sind. Leichtfertigkeit ist nicht Mut. Retten Sie
einige mit Furcht.

222


26. JUNI

Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde
trägt. (Joh. 1,29)

Wenn Sie Ihr Kind mit einer Mark zum Bäcker


schicken um etwas Bestimmtes zu kaufen, und der
Bäcker verlangt dafür zwei Mark, können Sie Ihr
Kind nicht strafen, weil es Ihren Befehl nicht ausge-
führt hat. Ein Lehrer kann von einem Primarschüler
nicht erwarten, daß er komplizierte Algebraaufgaben
löst.

Genauso verlangt auch Gott nicht von uns, daß wir


unsere Seelen retten. Wir haben gar nicht die Fähigkeit,
das zu tun. Wir sind nicht schuldig, weil wir uns nicht
gerettet haben. Unsere Schuld besteht allein darin, daß
wir nicht zu Jesus kommen, der die unvorstellbare
Macht hat, die ganze Welt zu retten. Wenn aber die
ganze Welt, warum dann nicht auch mich?

Augustinus schrieb: »Wenn es in der ganzen Welt nur


einen Sünder gegeben hätte, hätte Jesus voll Freude für
ihn dasselbe Opfer gebracht, das ER für die ganze Welt
brachte.«

Jesus hat nie verlangt, daß Sie für sich selbst tun


müßten, was Sie gar nicht tun können. Überlassen Sie
Ihre Seele IHM. ER wird das Werk tun.

Als Leonardo da Vinci die Szene malte, wo Johannes


der Täufer ausruft: »Siehe, das ist Gottes Lamm,
welches der Welt Sünde trägt« gab er Johannes die
Augen eines Trinkers. Er ging sogar in seiner Dar-
stellung soweit, daß einige glaubten, er habe Bacchus,
den Gott des Weines, dargestellt.

Johannes der Täufer muß vor Freude trunken ge-


wesen sein, als er entdeckte, daß der Erlöser erschienen
war.

223


Wenden Sie sich an Jesus um Befreiung von allen
Ihren Sünden.

27. JUNI


Kann von Nazareth Gutes kommen? (J°h. 1,46)

Nazareth war eine Stadt mit einem schlechten Ruf.


Aber Nathanael, der die Worte unseres Textes aus-
gesprochen hat, machte sich einer äußerst zerstörenden
Sünde schuldig: der Verachtung gegenüber einer ganzen
Gruppe von Menschen.. Jede Menschengruppe enthält
aber eine Anzahl Personen mit gänzlich verschiedenen
Charakteranlagen und Eigenschaften.

Ein lutherischer Pastor gestand mir: »Ich habe einen


gefühlsmäßigen Komplex gegenüber Baptisten und
Pfingstlern.« Er erkannte nicht, daß er mir mit diesem
Geständnis eine schwerwiegendere Sünde bekannt
hatte, als wenn er gesagt hätte: »Ich habe viele Jahre in
Ehebruch gelebt.« Seine Aufgabe war es, seine Vorur-
teile unverzüglich aufzugeben; denn wir müssen
jegliche Sünde verlassen.

Jedes Vorurteil schließt den davon beherrschten


Menschen von jeder Möglichkeit des richtigen Denkens
aus.

Viele wollen Jesus nicht annehmen, weil er ein Jude


war; andere lehnen ihn ab, weil er ein Weißer war.

Die Pharisäer konnten nicht zugeben, daß ein


Prophet aus Galiläa stammen könnte. (Joh. 7,52)

Andere störte seine Zugehörigkeit zu einer niedrigen


Gesellschaftsschicht. Sie spotteten: »Ist dieser nicht
eines Zimmermanns Sohn?« (Matth. 13,55)

Viele fragen sich, ob echt und wertvoll sein kann, was


von einer Kirche kommt, über die so viele schlechte

224


Dinge gesagt werden.

Gott ist der Vater aller Menschen. In allen Gruppen


ist etwas Gutes zu finden.

Im großen und ganzen hatten sich die Moabiter ge-


genüber dem jüdischen Volk schlecht benommen. Aber
von ihnen stammte Ruth ab, eine der heiligen Frauen
der Bibel.

Die Samariter hatten sich von der wahren Religion


abgewandt, aber Jesus erzählt uns von einem guten
Samariter.

Fliehen Sie alle Vorurteile gegenüber Rassen,


Nationen und Denominationen. Beurteilen Sie jeden
einzelnen Menschen nach seinen eigenen Verdiensten.

28. JUNI


Achte einer den andern höher als sich selbst.

(Philipp. 2,3)

Als der heilige Antonius in seiner Zelle betete, hörte
er eine Stimme sagen: »Antonius, du bist noch nicht so
weit wie dieser Gerber.« Sofort machte sich Antonius
auf den Weg, um von dem Gerber die Wege der Heili-
gung zu lernen.

Der Gerber verbeugte sich verwirrt, weil er eines so


hohen Besuchs für würdig erachtet wurde.

Antonius fragte ihn: »Welchen christlichen Übungen


unterziehst du dich?«

Er antwortete: »Wenn ich morgens erwache, sage


ich mir, daß alle Einwohner meiner Stadt besser sind als
ich. Sie gefallen Gott. Ich bin der größte Sünder und
verdiene Bestrafung.«

Die Sünden der andern sind nicht unsere Sache. Wer


bin ich, daß ich richten dürfte? Nur der Stolz richtet

225


und verdammt die Mitmenschen.

Ein Mann kam zu seinem Pastor und fragte ihn:


»Was soll ich tun? Ich komme in große Anfechtungen
durch meinen Stolz.«

Der Pastor antwortete ihm: »Akzeptieren Sie ihn. Sie


haben allen Grund stolz zu sein, da Sie doch Himmel
und Erde erschaffen haben.«

Der junge Mann verstand nicht.

Da entließ ihn der Pastor mit den Worten: »Wenn
der Eine, der die Welt gemacht hat, in Demut zu uns
kam, warum sollten dann Sie, die Sie Staub und Asche
sind, stolz sein? Wo sind Ihre Werke, Sie unglückseliger
Mensch?«

29. JUNI


Und wir auch Christus gekannt haben nach dem
Fleischt kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so.

(2. Kor. 5,16)

Augustinus schrieb: »Das Antlitz Jesu, das ER trug,
als ER im Fleische wandelte, wird von den Menschen in
mannigfaltiger Form widergespiegelt. Es ist uns nicht
bekannt, wie das Gesicht Jesu wirklich aussah.«

Von Skulpturen und den Prägungen auf alten


Münzen wissen wir genau, wie Julius Cäsar und die
Herrscher zur Zeit Jesu, Oktavius Augustus und Tibe-
rius, ausgesehen haben. Wir wissen aber nicht, wie der
König der Könige ausgesehen hat. Gottes Vorhersehung
hat das so angeordnet, und zwar, weil die Cäsaren nur
historische Persönlichkeiten sind. Jesus aber ist Gott,
der Ewige, der für kurze Zeit ins Zeitliche herabge-
stiegen ist. Wir sollten mit einer Erscheinung nicht ein
bestimmtes Gesicht verbinden, das die besonderen Züge

226


irgendeines Alters, Geschlechts, Klimas oder einer Rasse
trägt.

Jesus lebt in vielen Menschen: einige sind Bettler,


andere Könige; einige sind weiß, andere schwarz, rot
oder gelb; es sind Kinder dabei und alte Menschen;
Heilige und solche, die erst beginnen, sich zu heiligen;
solche, die schlimme Sünden auf sich geladen haben, die
sie nun bereuen. Wir müssen lernen, in ihnen allen Jesus
zu sehen.

Deshalb wehrten sich auch so viele Kirchen gegen die


Einführung von Ikonen, Gottesbildern. Wer sich von
Jesus ein ganz bestimmtes Bild macht, vermag ihn nicht
mehr zu erkennen in den Bedürftigen, die neben ihm
leben.

30. JUNI


Das ist das Gesetz, wenn ein Mensch ... stirbt.

(4. Mose 19,14)

Fünf Missionare, die zu den Auka-Indianern in
Ecuador gingen, wurden an einem einzigen Tag getötet.
Ihre Frauen nahmen die Nachricht mit Gefaßtheit ent-
gegen. Es gehört zur Regel eines Christenlebens, für den
Glauben zu sterben. Niemand akzeptiert ein Gesetz als
Gesetz Gottes, wenn er nicht bereit ist, dafür zu sterben.

Nicht jedermann hat das Vorrecht, als Märtyrer


sterben zu dürfen — aber jeder Christ muß sterben vor
seinem Tod. Er muß tot sein für die Welt und ihre Ge-
setze und Sünden, bevor er stirbt.

Makarios wurde gefragt: »Was heißt das eigentlich,


für die Welt tot sein?«

Er antwortete: »Gehe auf einen Friedhof, rühme und


preise einige der dort Begrabenen und verfluche die

227


anderen. Dann komm und berichte, was sich ereignet
hat.«

Der Mann ging und tat, was ihm Makarios befohlen


hatte; dann kam er zurück und sagte: »Niemand hat
mir auch nur mit einem Wort geantwortet.« »So geh',
und tue dasselbe«, antwortete ihm Makarios.

Die fünf Märtyrer trugen Gewehre bei sich, als sie


starben. Sie hätten ihr Leben verteidigen können, aber
sie wollten lieber sterben, als die Indianer erschießen.
Sie waren gestorben, bevor sie starben. Wie könnte eine
Leiche jemanden erschießen? Sie lebten nur für Gott.

Das Blut der Märtyrer war die Saat. Nun wurde


auch schon einer der Auka-Indianer zum Märtyrer, als
er versuchte, einem anderen Stamm das Evangelium zu
bringen.

Wir wollen regelmäßig beten für die vielen Men-


schen, die immer noch im Steinzeitalter und unberührt
von jeder Zivilisation leben.

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