Ana səhifə

Tägliche Andachten Stephanus Edition • Seewis/Uhldingen


Yüklə 1.58 Mb.
səhifə14/26
tarix25.06.2016
ölçüsü1.58 Mb.
1   ...   10   11   12   13   14   15   16   17   ...   26
l.JULI

Da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben.

(Hebr. 12,1)

Wir wollen von den großen Heiligen lernen. Jean de
la Salle ist der Vater der modernen Pädagogik. Er
gründete die ersten freien Mittelschulen und Lehrer-
seminarien in Frankreich. Weil er viel liebte, tat er viel.
Er sagte: »Ich kann nicht an die vielen Kinder denken,
die verkommen, ohne daß mir die Tränen kommen.«
Wir sind erschüttert über so viele Kleinigkeiten unseres
persönlichen Lebens — aber wie viele von uns würden
Tränen vergießen um der Unwissenden willen?

Weil de la Salle diese Last nicht untätig ertragen

228

konnte, verteilte er seine vielen Güter unter die Armen


und wurde ein armer Lehrer der Armen. Ich vergleiche
seine Einstellung mit derjenigen der Lehrer, die trotz
hoher Löhne immer noch unzufrieden sind und streiken,
um noch mehr Geld zu erhalten. Sie sind lebendige Bei-
spiele der Selbstsucht für ihre Studenten. Der Schaden,
den ihre Habgier in den Gemütern der Jugendlichen an-
richtet, kann mit allem Guten, das sie in ihrem Unter-
richt weitergeben, nicht wiedergutgemacht werden.

De la Salle mußte von Mitchristen und stellenlosen


Lehrern viel leiden.

Pacificus von San Severinos ganzes Wesen wurde be-


herrscht von den Worten Jesu, daß die Ernte groß sei
und der Arbeiter wenige. Er sagte: »Die Welt braucht
Apostel und nicht Doktoren der Theologie.« Er hatte
beschlossen, ein solcher zu werden und sich vorgenom-
men, als Missionar zu den Heiden zu gehen. Aber Gott
hatte für ihn ein anderes Apostelamt bereit: das der
Leiden. Seine Füße schwollen so sehr an, daß er den von
ihm so sehr geliebten Menschen nicht mehr seelsorger-
licher Berater sein konnte. Dann erblindete er. Seine
Seele war aufgewühlt von Anfechtungen. Freunde be-
leidigten ihn, indem sie ihn einen von Gott Verfluchten
nannten. Seine Leiden hatte sie auf diese Gedanken
gebracht.

Aber er ertrug alle diese Leiden in der festen Gewiß-


heit, daß in allen Dingen nicht sein eigener, sondern
Gottes Wille getan werden müße. Noch drei Jahrhun-
derte nach seinem Tode kamen durch ihn Menschen
zum Glauben. Durch sein Beispiel, wie er voller Liebe
alle seine Qualen ertrug, wurden viel mehr Menschen
gerettet, als wenn er den Heiden gepredigt hätte.

Wir wollen lernen, selbstlos zu sein und uns unter


Gottes Willen zu beugen.

229


2. JULI

Suchet, so werdet ihr finden. (Matth. 7,7)

Im täglichen Leben finden wir Jesus im Gebet.


Theresa von Avila schrieb: »Der Teufel weiß, daß er
die Seele verloren hat, die beständig bleibt im Gebet.
Beten heißt aber nichts anderes, als in herzlicher
Freundschaft, in stetigem, von Herz zu Herzen gehen-
dem Gespräch zu bleiben mit IHM, der uns liebt.«

Das ist etwas ganz anderes, als gewohnheitsmäßig


morgens und abends und vor den Mahlzeiten ein Gebet
aufzusagen. Wer nur betet, wenn er auf den Knien liegt,
betet wenig und ungenügend. Wir müssen den ganzen
Tag über in Verbindung bleiben mit Jesus: durch kurze
Gebete und Nachdenken über alles, was uns begegnet.
Denken Sie stets daran, daß Gott in allen Umständen
zugegen ist. Besprechen Sie mit IHM, Ihrem besten
Freund, was Sie in jeder Situation tun sollen. Danken
Sie IHM auch für alles.

In »The Imitation of Christ« lesen wir: »Wenn ein


Mensch Jesus nicht sucht, fügt er sich mehr Schaden zu
als es die ganze Welt und alle seine Feinde je tun
könnten.« Wir sind aufgebracht, wenn man uns belei-
digt hat; wir entsetzen uns über Kriegskatastrophen
oder Revolutionen, die durch schlechte Menschen ins-
zeniert worden sind — und realisieren nicht, daß unser
größter Feind unser eigenes Ich ist.

Einem Mann mißlang alles, was er unternahm. Ein


unsichtbarer Feind durchkreuzte alle seine Pläne. Eines
Abends lag er auf dem Ruhebett und grübelte über alle
seine Fehlschläge nach. Da sah er, wie sich von hinter
dem Vorhang eine Hand ausstreckte, um ihn zu
erwürgen. Er sagte sich: »Nun werde ich meinem Feind
Auge in Auge gegenüberstehen. Ich bin stark, nun wird

230


es mir gelingen, ihn zu überwältigen.« Mit einer raschen
Bewegung riß er den Vorhang zur Seite und sah den
Feind: sich selbst; seine Gleichgültigkeit Jesus
gegenüber.

3. JULI

Bei Gott aber sind alle Dinge möglich. (Matth. 19,26)

Als ich ein kleines Kind war, dachte ich nicht über


Gott nach. Man hatte mich gelehrt, es gebe ein all-
mächtiges Wesen. Das war alles, was ich wußte. Als ich
ungefähr acht Jahre alt war, spottete ein anderes Kind
in meiner Gegenwart über Gott: »Wenn er allmächtig
ist, kann er dann ein Gewicht machen, das er nicht
heben kann? Wenn ja, ist er nicht allmächtig, wenn nein
— auch nicht.«

Mir gefiel diese Verhöhnung des Allmächtigen, und


fortan glaubte ich nicht mehr an IHN.

Als ich siebenundzwanzig war, las ich das Neue


Testament und stellte fest, daß Gott ein Gewicht ge-
macht hat, das ER nicht heben kann. ER schuf aus sich
ein kleines Kind, das nur ein paar Pfund wog. ER
konnte sich selbst nicht aufheben. Die Jungfrau Maria
hob Gott auf; sie nahm IHN aus der Krippe und legte
IHN an ihre Brust, um IHN zu nähren. Sie wusch IHM
die Ohren, weil ER zu klein war, es selbst zu tun. Das
Kleid, das ER sich beim Klettern auf die Bäume zerris-
sen hatte, wurde von Seiner heiligen Mutter geflickt. ER
konnte es nicht selbst tun, ER konnte nicht nähen.

Gott hatte ein Gewicht gemacht, das ER nicht heben


konnte. ER wurde in die Welt geboren als Menschen-
sohn, und ER gab sich ganz in die Hände der Menschen.
Sie verspotteten IHN; sie kreuzigten IHN. Das einzig

231


wirkliche Subjekt war zu einem einfachen Objekt ge-
worden. Das Volk um IHN herum verlachte Seine
Machtlosigkeit. ER konnte nicht vom Kreuz herab-
steigen. Dann wurde ER noch mehr Objekt: ER war
eine Leiche. Wenn Joseph von Arimathia nicht für Sein
Begräbnis gesorgt hätte, hätten die Geier Sein Fleisch ge-
fressen.

Nachdem ER ein Gewicht gemacht hatte, das ER


nicht heben konnte, bewies Gott Seine Allmacht, indem
ER das Unaufhebbare aufhob. Jesus auferstand in Kraft
und fuhr auf zum Himmel. Nun ist ER aufgehoben von
der Erde und zieht alle Menschen zu sich hin.

Was ich als Kind gedacht hatte, war falsch gewesen.


Gott IST allmächtig. ER kann ein Gewicht machen, das
ER nicht aufheben kann, und doch kann an Seiner All-
macht nicht gerüttelt werden.

4. JULI


Ihn hungerte. (Matth. 21,18)

Eine Milliarde Menschen leiden Hunger. Wir sehen


eine Zahl vor uns, aber jede dieser Zahlen ist ein
Mensch. Täglich sterben Zehntausende von Menschen
an Unterernährung und Hunger. 9 900 von ihnen haben
noch nie von Jesus gehört. Die Menschen der zivili-
sierten Nationen nehmen fünfmal so viel Nahrung zu
sich wie es brauchen würde, um die Hungernden zu ret-
ten. In gewissen Gegenden Afrikas sterben 25 Prozent
der Kinder vor ihrem ersten Geburtstag. Ihre Über-
lebenschance ist vierzigmal geringer als in den USA
oder Australien. Unter den Hungernden befinden sich
auch die Kinder der Tausende von christlichen Märty-
rern in kommunistischen Lagern.

232


Der christliche Philosoph Aristides schrieb im Jahr
125 an Kaiser Hadrian: »Bei den Christen ist es so: wer
hat, gibt dem, der nicht hat, ohne Groll und ohne sich
dessen zu rühmen ... Wenn sie in ihrer Mitte Armut
finden und haben selbst nichts, das sie weitergeben
könnten, so fasten sie zwei oder drei Tage, damit es
ihnen möglich wird, den Bedürftigen das Notwendige
zu geben.«

Fasten Sie. Verzichten Sie. Am Tage des Gerichts


wird der Herr zu Ihnen sagen: »Ich war hungrig, und
ihr habt mir zu essen gegeben« (Matth. 25,35).

5. JULI

Von dem, der dir das Deine nimmt, fordere es nicht
zurück! (Luk. 6,30)

Ein Christ überraschte Einbrecher auf frischer Tat.


Er sagte zu ihnen: »Beeilt euch und verschwindet, bevor
die Polizei kommt. Ich will euch auch helfen, die Sachen
in das Auto zu laden. Weil sie mir gehören, müßt ihr sie
stehlen — also ist es meine Schuld. Ich bin ein Christ,
und man hat mich gelehrt, daß ich auf Erden keine
Güter sammeln soll. Unser Herr hat uns gewarnt, daß
Diebe sie stehlen können. Es war mein Fehler, mich
nicht auf meinen Vater zu verlassen, der für meine Be-
dürfnisse sorgen wird. Bitte vergebt mir, daß ich euch
ein so schlechtes Beispiel gegeben habe.«

Die Diebe horchten auf und begannen, Fragen zu


stellen. Schließlich bestahlen sie den Mann nicht,
sondern bekehrten sich. Aber auch der Christ hatte eine
Lektion gelernt.

»Denn eine Wurzel aller bösen Dinge ist die Geld-


gier« (1. Tim. 6,10). Für Christen muß Geld vollständig

233


unwichtig sein; sie müssen es verachten.

Eine alte Legende erzählt, daß Christus einst seine


Jünger lehrte:

»Hütet euch vor dem Geld.« Sie fragten ihn:


»Warum?« Er antwortete:

»Weil es oft unredlich erworben ist.«

Die Jünger fragten wieder: »Wenn es nun aber
ehrlich verdient ist?« Jesus sagte: »Hütet euch sogar
dann davor, denn beim Ausgeben versündigen sich die
meisten Menschen.«

Zum drittenmal fragten die Jünger: »Wenn nun aber


das Geld ehrlich erworben und weise ausgegeben wird?«

Der Herr sagte: »Sogar dann hütet euch vor dem


Geld, denn es befleckt immer.«

6. JULI


Nathanael erwiderte ihm: Rabbi, du bist der Sohn
Gottes. (Joh. 1,49)

Im Islam und in der jüdischen Religion wird Jesus als


großer Prophet akzeptiert, aber diese Glaubensge-
meinschaften weigern sich, IHN als Gottes Sohn anzu-
beten. Wir sind es ihnen schuldig, sie in dieser Sache
aufzukären.

Im Hebräischen werden wenig Eigenschaftswörter


verwendet. So würde kein Hebräer sagen »ein ge-
schwätziger Mensch« sondern »Ish dvarim — ein
Mensch der Worte«. Der einzige Ausdruck für »gött-
lich« ist »Sohn Gottes«. Im Aramäischen, der Sprache,
die unser Herr gebrauchte, werden die Eigenschafts-
wörter noch viel weniger angewendet. Deshalb finden
wir in der Bibel so ungewöhnliche Ausdrücke wie
»Kinder des Lichtes« anstatt »erleuchtet« und »Sohn

234


des Verderbens« anstelle von »verloren«.

Wir müssen den Juden und Mohammedanern er-


klären, daß wir nicht glauben, daß Jesus im gewöhn-
lichen, üblichen Sinn des Wortes der Sohn Gottes ist.
Gott hat keine Frau, die Kinder empfängt. Aber die
Hebräer des ersten Jahrhunderts hatten ganz einfach
keinen andern Ausdruck, um die Verwandtschaft
Christi mit den Menschen und seine substantielle Ein-
heit mit Gott, seinem Vater, auszusagen. Deshalb
nannten sie ihn »Sohn Gottes«.

Die moderne Wissenschaft gibt uns eine neue Vor-


stellung davon, was Sohn Gottes bedeutet. Wir sprechen
von der Familie der radioaktiven Elemente und von
radioaktiver Filiation, d. h. Abstammung. Die Emana-
tion (Ausströmen) von Elektronen verwandelt Uranium
I in Uranium II, dann in Ionium usw.

Wir können verschiedene Gleichnisse verwenden, um


den Ausdruck »Sohn Gottes« zu veranschaulichen.
Sicher ist, daß Christus Gott ist.

Die Alten sagten: »Aut Deus, aut homo non bonus«.


Entweder er war Gott, oder er war kein guter Mensch.

Berühmte Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts


versuchen uns zu überzeugen, daß Jesus nur ein Mensch
war. Aber was für ein Mensch muß er gewesen sein,
wenn noch nach 2000 Jahren größte Anstrengungen
notwendig sind, um die Menschheit zu überzeugen, daß
er nur Mensch war! Er ist der menschgewordene Gott,
zu dem wir volles Vertrauen haben dürfen.

235


7. JULI

Wer einen Gerechten aufnimmt, weil er ein Gerechter
ist, wird den Lohn eines Gerechten empfangen.

(Matth. 10,41)

Makarios von Korinth wurde in den östlichen
Ländern als Heiliger angesehen; nicht weil er selbst den
Märtyrertod starb, sondern weil er die Menschen auf
das Martyrium vorbereitete. Er ermutigte die, welche
die Arena der Märtyrer betreten mußten, und zündete
so in ihren Herzen die Flamme der Liebe zu Christus an
und das Verlangen, für IHN zu leiden.

So wie die Krone der Gerechtigkeit bereitliegt für die


Märtyrer — weil sie wie Paulus ihren Lauf vollendet
und den Glauben behalten haben —, so liegt sie auch
bereit für alle Mitbrüder der Märtyrer, für ihre Mit-
kämpfer und Helfer.

Es gibt auch in unserer heutigen Zeit Märtyrer: in der


kommunistischen Welt, unter der Herrschaft des Islams
und in heidnischen Ländern. Viele Christen, darunter
bekannte Führerpersönlichkeiten, schließen mit den
Verfolgungsmächten einen Kompromiß und sympa-
thisieren mit jenen, die es vorziehen, vor der Statue
Cäsars Weihrauch zu opfern, anstatt für den Glauben
zu sterben — wie es viele Christen der ersten Jahr-
hunderte auch taten. Zu jenen Zeiten nannte man die,
die vor Götter opferten, »lapsi«, das heißt Abtrünnige.
Heute nennt man sie »Weise«. Und die heutigen
Menschen, die, erfüllt mit dem Heiligen Geist, Gefäng-
nis und Tod wählen, nennt man »betrunken von Wein«,
wie es den Aposteln an Pfingsten passierte.

Wir wollen auf der Seite derer stehen, die in Gefäng-


nissen schmachten und um ihres Glaubens willen zum
Tode verurteilt werden. Wir wollen für sie beten und

236


ihnen helfen. Dann werden wir wie sie eine Krone
erhalten.

8. JULI


Du bist der König von Israel! (Joh. 1»49)

Es könnte so aussehen, als ob der Name, den Natha-


nael Jesus hier gibt, »König von Israel«, jedes Interesse
nicht-jüdischer Menschen an diesem Manne auslö-
schen müßte. Was kümmert z. B. einen Europäer oder
Amerikaner ein Zulu-König, der vor 2000 Jahren ge-
lebt haben mag?

Den Juden wurde ein König geboren, und weise


Männer kamen von weither, um ihn anzubeten, als er
noch ein kleines Kind war. Und heute, nach zwanzig
Jahrhunderten, beugen sich immer noch Menschen aller
Rassen und Nationen vor ihm.

Es muß etwas ganz Besonderes an den Juden sein,


daß ihr König so bedeutend ist. Paulus schreibt: »Die da
sind von Israel, welchen gehört die Sohnschaft (Kind-
schaft) und Herrlichkeit und der Bund und das Gesetz
und der Gottesdienst und die Verheißungen; welcher
auch sind die Väter, und aus welchen Christus her-
kommt nach dem Fleisch, der da ist Gott über alles,
gelobt in Ewigkeit. Amen« (Rom. 9,4 + 5).

Die Nazis waren konsequent, als sie das Christentum,


weil jüdischen Ursprungs, verwarfen. Sie verstanden
die Verbundenheit zwischen Kirche und Juden besser
als viele Christen.

Außerhalb der Kirche kann Israel nichts Bleibendes


vollbringen. Und ohne Israel kann die Kirche nicht
triumphieren. Nur durch die Annahme Christi wird
Leben aus den Toten entstehen (Rom. 11,15).

237


Ein Blick in die Weltgeschichte enthüllt Israels Rolle
als auserwähltes Volk. Der große Kampf ist entbrannt
zwischen denen, die an den Juden Jesus glauben und
den andern, die dem Juden Marx nachfolgen. In der
Wissenschaft ist das Universum geprägt vom Namen
eines andern Juden: Einstein.

Es ist die Aufgabe eines jeden Christen, für die Be-


kehrung der Juden und den Frieden in Israel zu beten
und zu arbeiten. Wir alle müssen unsere Energie für die
Erreichung dieses Ziels einsetzen.

9. JULI


Folge du mir nach! (Joh. 21,22)

Heilige sind ganz besondere Männer und Frauen,


jeder und jede auf eigene Art. Man kann zu ihrer Beur-
teilung nicht gewöhnliche Maßstäbe anwenden.

Johannes vom Kreuz konnte keinerlei handwerkliche


Arbeit verrichten, weil seine Gedanken so sehr von Gott
beansprucht waren, daß er keinen Hammer und keine
Schere in seinen Händen auch nur beachtete. Joseph
von Copertino verlor sich so sehr in Gott, daß er sich
kneifen mußte, um sich in der gewöhnlichen Welt wie-
der zurechtfinden zu können. Was immer von ihm
verlangt wurde, machte er verkehrt, weil sein Geist sich
übermäßig stark mit überirdischen Dingen befaßte.

Aber nicht alle Heiligen sind so. Elisabeth von


Ungarn war eine Heilige, aber sie bemerkte die Nöte
der Ärmsten der Armen — obwohl sie eine Königin
war. Sie war ein heiliger Mensch; der Mensch Elisabeth,
der seine besten Charakteranlagen zu voller Blüte
brachte, indem sie alles aufgab, damit die ideale
Elisabeth leben könne.

238


Wie von Jesus selbst, nahm man auch von vielen
Heiligen an, sie seien Psychopathen. Aber sie waren
vielmehr »Theopathen« — Leidende für Gott. Sie waren
der Welt gestorben, bevor sie den Tod erlitten.

Einige Heilige waren Kämpfer wie Jeanne d'Arc.


Andere lebten asketisch bis zum äußersten. Aber
Thérèse von Lisieux sagte: »Wenn mein Essen gut
schmeckt, danke ich Gott dafür. Schmeckt es schlecht,
so nehme ich es an als Demütigung. Ja zu sagen zu jeder
Demütigung — das ist der sicherste Weg zur Heilig-
keit.«

Bemühen Sie sich, Ihre Berufung herauszufinden, Ihr


ideales Ich, Ihr persönliches Lebensziel, wofür Sie vor
Grundlegung der Welt erwählt worden sind. Folgen Sie
dann Jesus nach auf diesem ganz persönlichen Weg,
auch wenn dieser auf andere befremdend wirken
mag.

10. JULI


Gedenket der Gefangenen als Mitgefangene.

(Hebr. 13,3 [Elberfeld])

Ein russischer Christ wurde um seines Glaubens wil-
len zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Er ließ eine
Frau und neun hungrige Kinder zurück. Die Mission
»Hilfsaktion Märtyrerkirche« half der Familie mit
einer kleinen Geldsumme und erhielt von der Frau die
folgende erstaunliche Antwort:

»Gelobt sei der Herr, daß er auch uns erwählt hat,


ein kleines Stückchen seines Kreuzes zu tragen.« (Wir
beklagen viele Kleinigkeiten als unerträgliche Kreuzes-
lasten. Für diese Frau war ein eingesperrter Mann und
neun hungrige Kinder, die sie ohne Einkommensquelle

239


ernähren mußte, ein kleines Stückchen Kreuz.) »Wir
essen unser Brot mit Tränen, aber wir preisen den
Herrn für alles. Ich danke Ihnen mit Tränen, daß der
Herr Ihnen das Herz aufgetan hat, auch über die große
Distanz hinweg. Die Liebe hat einen langen Arm, und
sie hat ihn zu uns ausgestreckt.« (Als Paulus in 1. Kor.
13 die Eigenschaften der Liebe aufzählte, vergaß er zu
erwähnen, daß sie einen langen Arm hat.)

»Als wir allein zurückblieben, sagten böse Menschen,


wir würden nun nichts mehr haben, um davon zu leben.
Aber gelobt sei Gott, er sorgt für uns, wie er für Elia,
Daniel und alle, die IHM dienten, gesorgt hat... Gott
hat mir neun Kinder gegeben, die nun alle darauf
warten, daß ihr Vater wieder nach Hause kommt. Aber
ihr Vater hat sein Leben Christus hingegeben und hat
seine Kinder verlassen, um für seinen Glauben zu leiden
— für den Glauben, den Gott den Heiligen schenkt.«

Die Apostelgeschichte ist das einzige Buch der Bibel,


das im Original unvermittelt mitten im Satz abbricht.
Es ist ein unvollendetes Buch. Das Heldentum der
ersten Christen geht weiter, bis zum heutigen Tag.

In unseren Gebeten wollen wir immer auch an unsere


Brüder denken, die für ihren Glauben in Gefängnissen
schmachten. Aber auch ihre Familien wollen wir nicht
vergessen.

11. JULI


Wir... werden in Sein Bild verwandelt von Herrlich-
keit zu Herrlichkeit. (2. Kor. 3,18)

Die Philosophie hat uns zwei Grundsätze überliefert,


die sich zu widersprechen scheinen, sich aber tatsächlich
ergänzen. Der erste ist »Omne quod recipitur, per

240


modum recipientis recipitur« — »Was immer wir über-
nehmen, erhalten wir als Empfangende«. Daher kommt
die Verschiedenheit der Religionen und Meinungen über
alles.

Wir nehmen die gleiche Wirklichkeit wahr, aber wir


erfassen sie so, wie es sich mit unserer unterschiedlichen
Herkunft, den Erbanlagen, Charakteren, Kräften und
der Intelligenz vereinbaren läßt. Wir sehen Gott nie so,
wie ER ist, sondern so, wie wir IHN mit unseren Veran-
lagungen erfassen können.

Dieser Grundsatz gilt sogar für Gott selbst. ER weiß


alles von uns, wie es vom Blickpunkt eines göttlichen
Wesens aus aussieht. Aber das war nicht genügend für
eine gerechte Beurteilung. Deshalb wurde der Sohn
Gottes der Mensch Jesus. Nun erfuhr ER von Seinem
eigenen Fleisch Armut, Unterdrückung, Sorge, Auf-
lehnung, Qual, Versuchung. Als ER zum Himmel auf-
fuhr, bereicherte Christus die Gottheit mit einer neuen
Erfahrung, mit einer neuen Dimension: mit der mensch-
lichen Erfahrung.

Deshalb steht im Hohelied 3,11: »Gehet heraus und


schauet an den König in der Krone, mit der seine
Mutter ihn krönte am Tag seiner Hochzeit, am Tag
seiner Herzensfreude.«

Aus den vergangenen Ewigkeiten besaß Christus die


Krone der göttlichen Herrlichkeit. Maria gab IHM eine
weitere Krone: als Gott Mensch zu sein. Sie schenkte
IHM die Möglichkeit, sich mit der menschlichen Natur
und mit menschlicher Erfahrung zu vereinigen.

Der zweite Grundsatz iat: »Anima quodam modo fit


omnia« —»die Seele hat die Fähigkeit, irgendwie alles
zu werden.« Sie kann sich identifizieren mit dem, was
sie liebt, was sie versteht und was sie sehnlichst wünscht.

Christen kennen ihre Grenzen. Sie wissen, daß ihr


Geist im Käfig ihrer Persönlichkeit leben muß, aber sie
sehnen sich, Gott endlich so zu sehen, wie ER ist. Unsere

241

1   ...   10   11   12   13   14   15   16   17   ...   26


Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©atelim.com 2016
rəhbərliyinə müraciət