Ana səhifə

Ein Essay über den Aussatz


Yüklə 0.97 Mb.
səhifə4/35
tarix25.06.2016
ölçüsü0.97 Mb.
1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   35

Wer könnte dieser Freund der Zeit anderer sein als der “Ewige Gott“, der eben nicht nur außerhalb der Zeit lebt, sondern in jedem seiner Geschöpfe, das heißt in allen Wesen und Dingen, und nur daß er sich in uns Allen befindet, macht ja die Welt erst lebendig. Ohne seine Anwesenheit in dir und in mir und ohne sein Innewerden in unserer Liebe wäre ja unsere Begegnung ein bloßes Fantasma und wir selber bloße Fantome gewesen. Und in dem für "Aussätzig"-Erklären des Andern ist eben die Verfehlung der Begegnung geschehen, aus Angst vor Ansteckung, also wieder aus Todesangst, die auf der anderen Seite einen verödeten Himmel nur kennt, weshalb ich weiß nicht mehr wer mit vollem Rechte gesagt hat, daß er dem Aufenthalt im Himmel den in der Hölle vorzöge, aus dem einfachen Grund, weil die Gesellschaft dort nicht so langweilig sei. Und in dem Gleichnis vom "Erreger" der Krankheit, dem "Lebens-Feind", der zu töten sei, ansonsten er es gnadenlos mit uns machen würde, gilt dasselbe wie für unsere Verdauung: der Darm weiß aus sich selber am besten, was er aufnimmt und was er ausscheidet, und genauso auch das Immun-System, es weiß besser als unser "Bewußtsein", was es zu tun und zu lassen hat, denn jedes Organ, jedes Funktionssystem im Organismus hat sein eigenes Bewußtsein. Und so gliche einer, der sich ständig bewußt um die Abtötung des Bösen bemühte, einem Zwangsneurotiker und Hypochonder, der seinem eigenen Körper nicht traute. Die Unbekümmerten aber, die das Gute und das Böse zusammen aufwachsen lassen und am Tage der Ernte es einem anderen Bewußtsein als ihrem eigenen überlassen, zu entscheiden, was das Böse war und was das Gute, die also der Empfehlung des "Herrn" gefolgt sind (Matth. 13, 24-30), die sind es, welche in Wahrheit am "Königreich der Himmel" teilhaben. Nach der maaßlosen Lehre derjenigen aber, die sich selbst "Christen" nennen, es aber nicht sind, müßten diese Sorglosen allesamt in der Hölle unaufhörlich gequält sein, was eine Projektion ihres eigenen Zustandes ist.

In beiden bisher beschriebenen Formen des "Aussatzes" konnten wir in dem Text eine andere Ebene finden, die den Titel Zora´ath Hu aus einem Verdammungsurteil in eine Auszeichnung wandelt. Und so heißt die gängige Übersetzung "und ein Haar in dem Male ist weiß und das Aussehen des Males ist tiefer als die Haut seines Fleisches geworden" (Vers 3) auf dieser anderen Ebene so: "und eine Pforte in der Berührung hat sich verwandelt zum Sohn und die Wahrnehmung der Berührung vertieft aus dem Erwachen seines Fleisches, aus dem Bewußt-Werden seiner Botschaft". Und das: "und siehe! ausgebreitet hat sich der Schorf in der Haut" bedeutet auch dies: "und siehe! ausbreiten wird sich der Zusammenschluß im Bewußtsein" (Vers 8) -- bis hin zu einer Einheit desselben, die möglich nur wird im Anschluß an das Ganze.

Für den "Aussätzigen", der seinen "Aussatz" nicht mehr als Strafe empfindet, hat auch Tame, das so genannte "Unreine" seinen Schrecken verloren, er erlebt ja in ihm den geheiligten Übergang von der siebenfachen Sieben, der Potenz dieser Welt, durch das Eine hindurch gegenwärtig in das Jenseits der Fünfzig hinein, wo das Göttliche Kind wie ein Fisch ist im Wasser, der zwar noch getötet wird, aber nur um die verborgene Kostbarkeit, die er in sich barg (den verlorenen Ring, die einzigartige Perle oder was es auch sein mag), die so lange vermißt war, zu schenken -- und die Vorahnung von der Fünfhundert, wo dieses Kind nicht mehr angreifbar ist, weil die Zewaoth es behüten. Der Freund der Zeit bleibt wie sie im Kontakt mit dem Übel der Zeit, und indem er selber zum "Unreinen" wird, zum "Ausgesetzten", zum Schlachtlamm, erlöst er die Welt, indem er den Verbindungsweg frei macht zur Allheit der Zeit, zur Gesamtheit der Welten und Wesen.

Bei der dritten Diagnose des "Aussatzes" müssen wir jetzt sorgfältiger noch unterscheiden, um zu erkennen, denn der Ausgangspunkt ist wieder derselbe wie anfangs, das heißt wir sind auf ihn zurück geworfen, daher die Wiederholung. Zuerst hieß es: Adom ki jihejäh we´Or Bessaro Sse´eth o Ssapachath o Wahäräth wehajoh we´Or Bessaro leNäga Zora´ath wehuwa äl Aharon haKohen o äl Achad miBonajo haKohanim -- "der Mensch, wenn im Erwachen seines Fleisches Vergebung geschieht oder Anschluß oder verborgener Glanz der Empfängnis und im Erwachen seines Fleisches zur Plage der Angst vor dem Übel der Zeit wird, dann soll er hinein gebracht werden zu Aharon, dem Kohen, oder zu einem seiner Söhne, den Kohanim" (Lev. 13,2). Jetzt aber heißt es: Näga Zora´ath ki thihejäh be´Adam wehuwa äl haKohen -- "die Plage der Angst vor dem Übel der Zeit, wenn sie im Menschen geschieht, dann soll er hinein gebracht werden zum Kohen" (Vers 9). Es hat sich also in der Wiederholung eine Veränderung ereignet, Aharon ist nicht mehr genannt, er der mit dem Zeichen des Einen, mit dem Prinzip des Stiers schwanger ging, der Zeugungskraft bis in die unterste Welt, ist nicht mehr da, ist schon gestorben -- aber Kohen kann nur der sein, der mit diesem Aharon verbunden ist, auch wenn er ihn nicht mehr sieht mit seinen äußeren Augen. Und mit Aharon verschwunden ist auch der Dreiklang des Heiles, denn es heißt nur noch ganz lapidar: "Das Mal des Aussatzes, wenn es im Menschen ist, so soll er zum Kohen hinein gebracht werden". Aber weil Näga Zora´ath eben nicht nur das "Mal des Aussatzes" ist oder die "Plage der Angst vor dem Übel der Zeit", sondern auch die "Berührung der Gestalt des Freundes der Zeit", so ist in diesem Verschwinden von Aharon und den drei Gnadengaben aus der Sichtbarkeit auch eine immense Erweiterung des Bereiches der Gnade geschehen. Denn selbst in der Nicht-Vergebung und im Nicht-Anschluß und in der Nicht-Empfängnis ist sie jetzt wirksam, kurzum auch ohne besondere Kennzeichen kann einer zum Heiligen und/oder Aussätzigen werden. Und jeder von uns, der den Aussatz an sich bemerkt -- beziehungsweise den Kohen in ihm, der wie sie ist, der sieht diesen Aussatz und wird berührt von der Freundesgestalt im Übel der Zeit -- ist damit schon heilig, nur ist uns dieses oft noch lang nicht bewußt, denn auch von der "Haut", dem "Bewußtsein" ist hier keine Rede, tief unbewußt und damit unwillkürlich geschieht es -- und das ist sehr gut so.

Und nun hören wir weiter: weroah haKohen wehineh Sse´eth Lewonah ba´Or -- "und es schaut der Kohen (und immerzu schaut er, der wie sie ist, als Mensch auf den Stier), und siehe da! Vergebung für ihren Sohn im Bewußtsein". Schon dadurch, daß der Kohen sieht -- und zwar als Mensch den Stier in seiner Bestimmung, bis in das Letzte das Eine zu zeugen -- ist er bereits mit Aharon verbunden, der ja mit demselben Stier schwanger war, und in seine Nachfahren hat er unsichtbar das Aläf geboren. So ist auch die erste der drei Gnadengaben wieder da, Sse´eth, die Vergebung (mit dem Aläf im Zentrum). Aber diese Vergebung hat nun einen Bezug, denn sie wird Lewonah, die "Weiße", genannt, der weibliche Vollmond, und dasselbe Wort heißt, leBenah gelesen "für ihren Sohn". Sse´eth Lewonah, die Vergebung des weiblichen Vollmonds, ist also auch die "Vergebung für ihren Sohn". Und da stellt sich natürlich die Frage, was er denn verbrochen hat, daß er der Vergebung bedarf. Wenn wir so frei sind, sie auf den Ben-Adam zu beziehen, den "Menschen-Sohn" oder den "Sohn-Mensch", also auf den, der auf den verborgenen Vater durch seine Ähnlichkeit deutet, so kommt uns auch schon eine Antwort: Indem ihn Johnannes der Täufer mit dem Lamme identifizierte und die Schuld der Welt auf ihn lud, hat er sie de facto nicht weggenommen, sondern im Gegenteil noch unendlich vergrößert. Denn seine Anhänger bildeten sich ein, nun da sie ihm ja jedwede Schuld aufbürden konnten, die unvorstellbarsten Verbrechen begehen zu müssen in der sicheren Gewißheit, er werde sie ihnen vergeben, ja er habe sie ihnen schon im voraus vergeben, denn für ihre Sünden sei er ja gestorben, und auch vor dem Äußerst Entsetzlichen schreckten sie nicht mehr zurück.

Also bedarf er dieser Vergebung, und nichts nützen würde ihm eine ihm niemals in den Sinn kommende Ausrede, das habe er nicht gewollt, er hat es im Gegenteil im Voraus gesehen und seine wahren Nachfolger gewarnt: Kai proskalesamenos ton Ochlon syn tois Mathätais autu ejipen autois -- "und indem er sie zu sich herbeirief, die Volksmenge und seine Schüler, sprach er zu ihnen -- Theleji opiso mu, aparnäsastho heauton kai arato ton Stauron autu kai akoluthejito moi -- "Wer hinter mir sein will, der sage sich los von sich selber und richte sein Kreuz auf und schließe sich mir an" (Mark. 8,34). Und damit offenbart er unmißverständlich, daß er sich selbst nie als Erlöser dieser Welt sah, sondern als Wegbereiter in eine andere. Und daß diesen Weg niemand mehr versperren kann, dafür hat er in seinem entsetzlichen Tode gesorgt. In dem griechischen Ausdruck Arato ton Stauron autu -- "er richte sein Kreuz auf, er erhöhe sein Kreuz, er nehme sein Kreuz hin" -- ist (wie in Sse´eth) noch ein doppelter Sinn mitgegeben, denn diese Aufforderung kann auch heißen: "er nehme sein Kreuz weg, er schaffe sein Kreuz fort" -- und der ganze Satz klingt auch so: "Wer in Zukunft mit mir zusammen sein will, der der verweigere sich und schaffe sein Kreuz ab und begleite mich".

Dies hat einen tieferen Sinn, denn viele Menschen sind schon so mit ihrem Kreuze verwachsen, daß ihnen die Trennung davon wie Vernichtung vorkommt. Und Jesus hat ja sein eigenes "Kreuz", seinen eigenen Marterpfahl auch nicht ertragen können, er ist zusammengebrochen unter ihm und ein anderer, ein beliebig aus der Menge heraus Gegriffener mußte dies für ihn tun. So hat er in seinem entsetzlichen Tod auch dessen völlige Unsinnigkeit offenbart, und die Kreuzigung ist wie die Abschlachtung des Lammes im Tempel nachher abgeschafft worden. Und wenn er die Schuld der Welt auf sich genommen und eine Pforte geöffnet hat, dann verschloß er zugleich damit eine andere, indem er die Sinnlosigkeit jedes stellvertretenden Opfers aufgedeckt hat. "Opfer" heißt auf hebräisch Korban, und das ist wörtlich "Annäherung, Näherkommen", und wer glaubt, daß ein anderer stellvertretend für ihn nah kommen könnte, der betrügt sich gewiß.

Darum heißt es von dem, was der Kohen nun sieht: Sse´eth Lewonah ba´Or -- "Vergebung für ihren Sohn im Erwachen". Denn im Erwachen, im Bewußt-Werden, lernen wir, die falsche von der echten Vergebung zu unterscheiden, und dieser Unterschied zeigt sich im Verhalten: der von der Pseudo-Vergebung Betroffene steht unter Zwang und ist in seiner Fantasie wie gebannt von der Sünde, der von der ächten Vergebung Gerührte aber erlebt sie für ihren Sohn, ihrem Sohne zuliebe als Vergebung des Weiblichen Vollmonds, als die Zeit, wo der Schooß am bereitesten ist für die Empfängnis, heilig in der Erhöhung, als welche Sse´eth, die Vergebung, auch zu verstehen ist. Und ächt ist sie nur, wenn der, dem vergeben wurde, danach aufgerichtet und erhöht ist, während sich umgekehrt die falsche Vergebung auch in der Lust auf die Erniedrigung zu erkennen giebt. Das ist es, was in der Aufrichtung des Kreuzes, in seiner Erhöhung gesagt wird -- aber nicht mehr jetzt als Marterpfahl für sinnlose Quälereien und Foltern und Experimente, sie führen alle zu nichts, sondern als Kosmisches Symbol der Vierheit und deren elementarste Gestalt mit der Fünf in der Mitte.

Ich glaube, daß das Kreuz noch vor dem Viereck im Bewußtsein des erwachenden Ur-Mensch erschien, aber bei weitem nicht als Todes-Gerät, sondern als Symbol der Vollständigkeit. Im Kreuze durchdringen sich zwei Dimensionen, die Vertikale und die Horizontale, und dies ist ein Gleichnis der Vereinigung der Gegensätze, auch der von Männlich und Weiblich. Das Kreuz ist ein Ausdruck der Zweiheit, und zwar der vereinigten Zweiheit, und zum Ausdruck der Vier, zur Verdoppelung des Gegensatzes, wird es durch seine äußeren Vier Punkte, deren bewußte Wahrnehmung erst nach der Wahrnehmung der Zweiheit erfolgt und den Weg in die Mitte frei macht.

Weil die Einigung des in der Zweiheit Getrennten immer und ausnahmslos fruchtbar ist und die Einigung der Horizontalen mit der Vertikalen der Hochzeit von Himmel und Erde entspricht, so kommt aus der Zweiheit des Kreuzes sogar doppelte Frucht. Denn da die Waag- und Senkrechte im Kreuz nur endlich dargestellt sind, so bedeutet es auch unsere sterbliche Seite, und es hat jede der beiden aufeinander senkrecht stehenden Geraden darin Anfang und Ende, aus der Zweiheit ist die Vierheit entstanden. (Vergleiche die Vierheit von Mann und Frau, Anima und Animus bei Carl Gustav Jung). Und schon kommt aus dieser Endlichkeit der zwei sich durchkreuzenden Linien mit ihren Vier Punkten das Fünfte hervor, der Mittelpunkt beider, und dieser steht zu den Vier Randpunkten des Kreuzes im Verhältnis von Eins und Vier, das ist exakt das Verhältnis der beiden Bäume in der Mitte des Gartens der Wonne. Von hier aus ist die schier grenzenlose Grausamkeit der Römer zu ermessen, die an dieses kosmische Kreuz lebendige Menschen fixierten und sie dann langsam absterben ließen. Eine Mutter, die mit ihren eigenen Händen ihr Kind erwürgte, wäre nicht schlimmer.

Und dieses Kreuz dann mit dem daran gehefteten Leichnam, den Crucifixus, zur Standarte im Kampf gegen das Böse zu machen, das war sogar noch ein Rückfall hinter die Ägypter zurück! Denn diese hatten doch schon aus dem Viereck als Basis das Eine als dessen Mittelpunkt erhöht in die Vertikale und so die Pyramiden erbaut, wenn sie auch noch dem Aberglauben anhingen, den mumifzierten Leichnam ihres Gottes-Sohnes da hinein legen zu müssen. Laßt uns also uns selber verneinen und unseren heimlichen Wunsch nach einem sinnlosen Tod und den Leichnam vom Kreuze entfernen, um niemals mehr ein lebendes Wesen daran zu fixieren. Und wenn uns dasselbe zugefügt wird, wenn unser Nächster uns kreuzigt, dann lassen wir es geschehen, aber möglichst nicht ohne einen unbeteiligten Gaffer mit hinein zu ziehen, denn es darf bei einem solchen Wahnsinn keine unbeteiligten Gaffer mehr geben. Und das Volk spaltet sich in zwei Teile, in die welche die Hinrichtung anordnen, sie ausführen und triumfieren, und in die welche sich weigern, sie zu begrüßen, und weinen.

Die Erhöhung, die Wegnahme, die Aufhebung und die Vergebung um ihres Sohnes willen ist ba´Or, "in der Haut, im Bewußtsein" gegeben, und nicht heißt es an dieser Stelle we´Or Bessaro -- "in der Haut seines Fleisches, im Erwachen seiner Botschaft" -- wie vorher, sondern nur noch ba´Or -- "in der Haut, im Bewußtsein". Ist dann "sein Fleisch" mitsamt "seiner Botschaft" verschwunden? Da sei Gott vor, denn dann wäre die Haut bloß noch ein Stück Leder, abgezogen dem Fleisch eines erlegten Tieres und keines Gefühles mehr fähig. Aber ich glaube vielmehr, daß durch das Verschwinden des Fleisches die Botschaft nun überallhin ausgesandt wird, selbst dorthin, wo noch niemand ihn kannte oder wo er schon längst wieder vergessen war.

Wir müssen hier noch realisieren, was Hineh (5-50-5) bedeutet, das ich bisher mit "Siehe da!" wiedergab und das hier dem Sse´eth Lewonah ba´Or voransteht (der Vergebung ihrem Sohne zulieb im Erwachen). Es ist ein ganz anderes "Sehen" als wir es kennen, denn Henah gelesen ist es die weibliche Vielfalt und das "Hier" und "Hierher". Und indem sich dreimal die Fünf zeigt, das Göttliche Kind, zweimal als ursprüngliches Fenster in eine andere Welt und in der Mitte von diesen jetzt gegenwärtig der Fisch, ergiebt sich die Sechzig, die Zahl von Ssamech, der "Wasserschlange", welche die Potenz des Menschen verkörpert, dieses Kind zu vernichten. Und so ist mit Hineh jeder Zeit die vollkommene Vergegenwärtigung da, das Hier-Sein, das nicht mehr woanders hinfliehen und vor dem "Zorne des Lammes" nicht mehr zurückweichen muß. Denn erst wenn wir dessen bewußt sind, daß wir die Potenz in uns tragen, das Göttliche Kind in uns selbst zu vernichten, werden wir wach und können die falsche von der wahren Vergebung unterscheiden und auch die wahre von der falschen Ehrfurcht.

In diesem Zusammenhang gehört ein Wort Jesu: Lego de hymin tois Philois mu, mä phobäthä apo ton Apoktejinonton to Soma, hypodejixo de hymin tina phobäthäte: phobäthäte ton meta to Apoktejinai echonta Exusian embaleji ejis Ge´ennan, nai lego hymin tuton phobäthäte -- "Euch aber, meinen Freunden, sage ich: Fürchtet nicht die, welche den Leib töten können. Ich zeige euch aber, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet euch vor dem, dem es mit dem Töten zusammen erlaubt ist, hinein zu stürzen in das Geji-Hinom, Ja ich sage euch, den sollt ihr fürchten!" (Luk.12, 4-5). Geji-Hinom ist das abschüssige Tal im Süden von Jerusalem, in dem zu Zeiten die Kinder dem Moloch geschlachtet und dargebracht wurden -- und so empfiehlt er uns hier, den zu scheuen, der bei diesem als Gottesopfer getarnten Kindermord die Regie führt. Aber diesen brauchen wir nicht außerhalb von uns selber zu fürchten, sondern in uns, denn der Äußere Mensch kann uns bestenfalls töten, schlimmstenfalls aber, wenn wir an diesem Leben so hängen, daß wir seinen verlogenen Versprechungen glauben und uns dazu verführen lassen, das Kind abzuschlachten, um Gnade in seinen Augen zu finden, und uns stürzen in das Gej-Hinom. Der Meister sagt also ganz einfach: Lieber sterben, als in das Tal jener hinein geworfen zu werden, die ihre Kinder abschlachten. Das bedeutet im Alltag zum Beispiel, eine Stelle nicht anzunehmen, und wenn sie noch so hoch dotiert sei, für deren Antritt die Erwürgung des Inneren Kindes vorausgesetzt wird.

Wer also die wahre Vergebung erfuhr, der muß sich noch im schlimmsten Verbrecher erkennen und wissen, wovon die Rede ist, wenn Geji-Hinom erwähnt wird. Und er kennt diesen Ort in sich selber, darum schrickt er vor dem Verbrecher auch nicht mehr zurück, sondern sagt zu ihm jene Worte wie einem Freund. Und Lewonah, "Weiße, Vollmondin, Weihrauch", in der hier die Vergebung als Erhöhung geschieht, trennt nicht die Farben, sondern vereint sie alle in sich, keine einzige schließt sie aus, sonst wäre sie nicht die Weiße. Sie hat auch keine Angst davor, sich zu beschmutzen, und die Maler schätzen sehr ihre Demut, da sie sich allen Farben beimischen läßt und deren Vielfalt noch erhöht. Welche verdrehte Vorstellung vom Weißen hat aber in unseren Köpfen geherrscht? Es war dieselbe wie die vom unberührbaren Reinen.
Nachdem die Erhöhung für ihren Sohn im Bewußtsein geschah, folgt der Ausdruck: weHi hofchoh Sse´or Lawan -- "und sie hat verwandelt das Tor für den Sohn". Hapach (5-80-20), diese "Verwandlung", ist immer radikal, das heißt sie geht bis in die Wurzeln, oder vielmehr sie kommt aus den Wurzeln; und in ihr wird das Erste zum Letzten und das Letzte zum Ersten, das Kleinste zum Größten und das Größte zum Kleinsten, das Schlimmste zum Besten und das Beste zum Schlimmsten undsoweiter, und wir müssen eine solch radikale Wandlung durchmachen, weil wir die extreme Verkehrtheit unserer bisherigen Wertung einsehen müssen. Aber es geht ja gar nicht allein nur um uns, sondern darum, daß wir Sse´ar, "Tor" und "Haar", Scha´ar, "Schauder", der die Frage sche´Ar auch ist: "welches Bewußtsein? welches Erwachen?" all dies und dazu noch, was ich bisher vergaß zu erwähnen, Scha´ar, "Maaß, Preis und Wert" -- auf den Sohn hin verwandeln, das heißt auf den, der in seiner Ähnlichkeit die Verborgenheit des Vaters offenbar macht. Der aber ist nicht nur der Vater der Menschen allein, sondern genauso der Vater der Tiere, deren Behaarung ihre Verwandtschaft mit uns zeigt als Tore, die zwar Schauder erregen, es aber wert sind, durchschritten zu werden. Und dann spüren wir wieder, daß wir stolz darauf sind, das Mal des Aussatzes zu tragen, weil nur in ihm die Berührung der Gestalt des Freundes der Zeit tastbar ist, des Ewigen, der es liebt, in den vorübergehenden Gestalten der Zeit zu erscheinen.

Und dann heißt es weiter: umichjath Bossar chaj baSse´eth -- "und belebend wird das Fleisch lebendig in der Vergebung". An dieser Stelle tun sich die bekannten Übersetzungen besonders schwer und hören sich ziemlich haarsträubend an, so sagt Luther zum Beispiel: "und rohes Fleisch im Geschwür ist". Michjath (40-8-10-400), das "Belebende, am Leben Erhaltende, ins Leben Rufende und Wiederbelebende", hat er "Roh" genannt und Chaj (8-10), das "Lebendige", hat er ganz weggelassen -- daß er aber Sse´eth, die "Vergebung", ein "Geschwür" nennt, das ist aus seiner ganzen Theologie zu ersehen. Nicht viel besser klingt die Übersetzung der Elberfelder Bibel: "und eine Bildung von wildem Fleisch ist in der Erhöhung". Denn Michjath, das "Belebende", eine "Bildung" zu nennen, ist nicht nur falsch, sondern auch unfreiwillig komisch, Chaj, das "Lebendige" aber als "Wild" anzusehen ist typisch für die verdrehte Auffassung des "Weißen Mannes", der hier seine tödliche Logik entlarvt, denn er hat, indem er das "Wilde" ausrotten wollte, das Lebendige ausgerottet. Die so genannte Einheits-Übersetzung will uns davon überzeugen, "daß sich an der Schwellung wildes Fleisch gebildet hat" -- sie ist sich also mit der vorigen einig, daß etwas "gebildet" sein soll, und das bedeutet für sie wiederum, daß das Lebendige "Wild" sei. Auch die Horror-Vision vom "Wilden Fleische" teilen sie beide, können aber nie auch nur leise andeuten, wie es zugegangen sein sollte, daß es dem Fleische einfiel, "wild" zu werden. Daß Sse´eth, die Vergebung, zur "Schwellung" geworden ist, verwundert uns kaum mehr, so geschwollen klingt schon das Ganze -- also pack den falschen Priester am Kragen und laß ihn beichten, an welche Ausschweifung er gedacht hat, als er vom "Wilden Fleisch" fantasierte -- und sei es nur in Bildern des Ekels, um sein eigenes Fleisch abzutöten.



Am nächsten kommt noch Martin Buber dem Text, indem er ihn so wiedergiebt: "und ein Aufleben lebenden Fleisches ist an dem Mal" -- nur daß er sich darauf zurückzieht, Sse´eth mit "Mal" zu übersetzen, wo doch die Elberfelder mit der "Erhöhung" dem Wortsinn schon näher sind, bloß daß sie alle vergaßen: diese Erhöhung ist zugleich die Vergebung! Das Beispiel zeigt besonders schön die Schwierigkeit der Übersetzung, denn die hebräischen Wörter sind so vieldeutig wie das lebendige Leben. Aber warum scheute man solange davor zurück, den Ausdruck uMichjath Bossar chaj baSse´eth zu verstehen? "Und das Aufleben des lebendigen Fleisches (geschieht) in der Vergebung, und die Wiederbelebung der lebendigen Botschaft durch die Vergebung", die immer "Wegnahme, Aufhebung, Erhöhung" auch ist. Und warum erklärt man mich, der ich dies tue, für aussätzig und unerträglich in der Gesellschaft? Ich sollte es wissen, man hat sich darauf geeinigt, den "Aussatz" als schlecht zu betrachten, ohne auf das Wort in der Thorah zu achten, und aus der Kommunikation auszuschließen, wer immer damit behaftet erschien, ohne zu hören ob und was er zu sagen hätte. Doch übersah man dabei, daß es die Gestalt des Freundes der Zeit war, die man exkommunizierte, und ausgesetzt war man nun selber dem eigenen Aussatz, denn der Kontakt zum Ewigen in der Zeit ging verloren.
Hier aber ist eine Ausgrenzung des Feindes nun nicht mehr möglich, auch nicht des als Feind erlebten Freundes der Zeit, der in jedem Anfang das Ende schon setzt, denn es heißt im Anschluß an das Aufleben des Fleisches in der Vergebung: Zo´arath Noschänäth Hi be´Or Bessaro -- "ein verjährter Aussatz ist es in der Haut seines Fleisches" -- "eine wiederholte Angst vor dem Übel der Zeit im Bewußtsein seiner Botschaft ist Er (oder Sie)" -- "die veränderte Gestalt des Freundes der Zeit im Erwachen seines Fleisches ist Er (oder Sie)." Es ist dies kein Aussatz schlechthin mehr wie noch zuvor, sondern es ist jetzt Zora´ath Noschänäth, der "wiederholte" und der "veränderte" Aussatz und auch der "verjährte", denn Noschänäth kommt von Schanah, dem "Jahr", der "Veränderung" und der "Wiederholung", Ereignissen also, die allesamt nur in der Zeit möglich sind. Und diese Wiederholung und diese Veränderung und diese Verjährung ereignen sich im Bewußtsein seiner Botschaft, das mit dem Erwachen seines Fleisches im Einklang ist. Denn wenn das Bewußtsein nicht aus dem lebendigen Fleisch kommt, ist es gespenstisch und neigt dazu, exzessiv gewalttätig und unbarmherzig zu werden, das aber ist die Botschaft des geschlagenen und getöteten Fleisches, das vergessen hat aufzuleben. Und wir erinnern daran, daß es das Fleisch des Menschen ist, die Botschaft dessen, der von sich sagt: Ich gleiche, ich bin ein Gleichnis. Das ist für sein ganzes Fleisch gültig, denn insgesamt ist es Botschaft, und wenn wir nur irgend einen kleinsten Anteil dieser Botschaft ausschließen wollten, insbesondere aber die Botschaft des gekränkten und verletzten und geschlachteten Fleisches, werden wir selber aussätzig und verbreiten noch das Verbrechen.

Wahr genommen wird die Botschaft seines Fleisches von seiner Haut, von seinem Bewußtsein, und wenn dies versäumt wird, dann kehrt es wieder, und das Verschmähte verkleidet sich in Symptome der Krankheit so lange, bis wir sie verstehen. Aber bei jeder Wiederkehr der Symptome, bei jeder Wiederholung der Botschaft des Fleisches, verändert sich etwas, und zwar entweder zur Heilung, die in der vollständigen Erkenntnis der Botschaft besteht, oder zur noch schlimmeren Krankheit, wenn das Symptom unterdrückt wird. Doch in beiden Fällen gilt die Aussage: wetim´o haKohen lo jassgiränu ki tome Hu -- "und es erkläre ihn der Kohen für unrein, nicht darf er ihn ausschließen, denn unrein ist er" -- wobei sich dieses "Er" auch auf den Kohen bezieht. Das heißt: nicht mehr kann der Aussätzige jetzt eingeliefert und ausgeschlossen werden, die Irrenanstalten, Altersheime, Gefängnisse, Krankenhäuser und Schlachthöfe giebt es hier nicht mehr, denn solange die Mechanismen der Ausgrenzung noch funktionieren, ist Zora´ath Noschänäth, der "verjährte Aussatz", nicht erreicht, und die beiden früheren Formen des Aussatzes wiederholen sich, bis die davon Befallenen nicht mehr ausgegrenzt werden können, weil ausnahmslos alle Betroffene sind -- und bis auch der Letzte hier ankommt. Und wer wie sie ist, die himmlischen Huris, führt ihn zum dritten Mal jetzt durch den Durchgang von der 49 zur 50, und er liefert dem Einen ihn aus, obwohl er, ja weil er Tame ist, denn in diesem dritten Durchgang wird der Gegensatz von "Rein" und "Unrein" aufgehoben. Und im Tode, das heißt in diesem Durchgang von der Potenz der Sieben in die darauf folgende Zahl, erfolgt immer die Heilung der Krankheit, bei dem, dessen Leiden sich verschlimmert hatte, im Tode des Leibes, und bei dem, der die Botschaft verstand und noch einmal genas, in einem geistlichen Tod, bis auch er am Ende den Weg seines unglücklichen Gefährten antritt, um ihn geheilt wieder zu finden. "Unrein" sind sie beide, denn dies ist ihr Adel, sterblich zu sein und diesen Weg gehen zu dürfen, der sie reinigt von allen Verstellungen von Rein und Unrein.

1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   35


Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©atelim.com 2016
rəhbərliyinə müraciət