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Tägliche Andachten Stephanus Edition • Seewis/Uhldingen


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11. NOVEMBER

Dann werden sich viele ... untereinander verraten.

(Matth. 24,10)

Eines der dunkelsten Merkmale der chinesischen
Kirche unter kommunistischer Herrschaft war die De-
nunziations-Bewegung. Freunde und Familienmitglie-
der kehrten sich gegeneinander und verrieten sich; jeder
versuchte nur noch, seine eigene Haut zu retten. Einer
»christlichen« Konferenz, die 1951 zusammengerufen

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wurde, wohnten 152 protestantische Führungspersön-
lichkeiten bei. Sie verlangten das Todesurteil des
Methodisten-Bischofs Chen und des Evangelisten Ku-
Jen-en. Die Kommunistische Partei war barmherziger
als die Brüder; sie verurteilte den Bischof nur zu fünf
Jahren Haft. Von Ku hat man nie mehr etwas gehört.
Wahrscheinlich ist er irgendwo in einem Gefängnis
gestorben.

Der christliche Pfarrer Lu Chih-Wei wurde während


einer öffentlichen Versammlung von seiner eigenen
Tochter angegriffen: »Ich klage meinen Vater an, denn
er ist schuld, daß ich blind war und nicht Seite an Seite
stand mit meinem Volk.« Der Vater weinte, da fuhr sie
fort: »Denkst du, du könntest mich mit deinen falschen
Tränen erpressen und mein Gewissen beunruhigen?«

Tausende von guten Christen wurden dazu verführt,


leidenschaftlich ihre Lieben zu denunzieren. Bruder
Sun, der Herausgeber des Christian Farmer, wurde
unter so großen seelischen Druck gesetzt, daß er Selbst-
mord begann. Nur wenige blieben standhaft, unter
ihnen Watchman Nee und Wang-Min-Tao.

Ihre Widerstandskraft und Standhaftigkeit in Zeiten


übermäßiger Belastungen hängt von Ihrem früheren
Christenleben ab. Als der Herr nach der Bekehrung des
Paulus dem Ananias erschien, sagte ER ihm, was einem
Neubekehrten zu lehren ist: »Ich will ihm zeigen,
wieviel er leiden muß« (Apg. 9,16). Jede christliche
Kirche, die ihre Mitglieder die Wissenschaft der Leiden
nicht lehrt, erfüllt ihre Pflicht nicht. Kasteien Sie sich
selbst. Lernen Sie zu leiden, ohne nachzugeben. Viel-
leicht kommt eine Zeit, da Sie diese Kenntnis nötig
brauchen können.

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12. NOVEMBER

Der Herr sprach zu (Abraham): ^Wandle vor mir, dann
wirst du unsträflich sein. (1. Mose 17,1)

Eine Geschichte erzählt, wie der Teufel mit einem


Freund eine Straße entlang ging. Da sah er auf der
andern Seite einen Mann sich niederbücken, etwas auf-
heben und in eine Tasche stecken. Der Teufel sagte zu
seinem Freund: »Dieser Mann hat soeben ein Stückchen
Wahrheit gefunden.«

»Welch eine Katastrophe für dich«, gab der Freund


zurück.

»O nein«, meinte der Teufel, »ich werde dafür sor-


gen, daß er zu ihrer Verbreitung eine Institution ins
Leben ruft. Das wird die Wahrheit neutralisieren.«

Wir können auf Institutionen nicht verzichten. Wenn


uns Jesus nur Seine Lehren gegeben hätte und dann ge-
storben und auferstanden wäre, ohne eine Kirche
zurückzulassen, gäbe es heute keine Jünger Jesu mehr.
Die Bibel wurde uns durch die Kirche übermittelt. Die
Kirche garantiert ihre Echtheit, erklärt ihre schwierigen
Teile, erhält die reiche Erfahrung aus den Generationen
christlichen Lebens und vermittelt Taufe und Heiliges
Abendmahl.

Wir hätten es gern, daß jeder Mensch ein Glaubens-


riese wie Abraham wäre, der allein auszog und mit Gott
wandelte, als niemand ihm glaubte, seine Familie aus-
genommen. Aber wir könnten ebensogut wünschen, daß
jeder Affe ein Mensch sei, jeder Eingeborene ein zivi-
lisiertes Genie. Die Menschen sind nun einmal ver-
schieden, und sie brauchen für ihr Glaubensleben die
Institution der Kirche.

Wir müssen uns aber auch bewußt sein, daß Institu-


tionen nicht allein die Wahrheit weitergeben, sondern

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sie auch zerstören können. Sie werden von fehlerhaften
Männern geführt. Nichts kann die Erfahrung aus erster
Hand ersetzen und die Entdeckung des Reiches in uns
selbst.

Bleiben wir deshalb der Institution treu und wandeln


wir ganz persönlich mit unserem Gott.

13. NOVEMBER



Gehorchet den Vorstehern ... denn sie wachen über
eure Seelen. (Hebr. 13,17)

Sind Sie ein Unruhestifter, einer, der an allen Predi-


gern Fehler findet, der jederzeit bereit ist, mit der
Kirche zu brechen oder eine Spaltung zu verursachen?

Jeder Prediger, jeder Kirchenführer — wie der von


Laodizea, wo Christus, anstatt das Zentrum zu sein, wie
ein Bettler vor der Türe stehen und klopfen mußte —
ist ein Stern in der rechten Hand Jesu (Off. 2,1). Es ist
Seine und der mit einem besonderen Auftrag betrauten
Auserwählten Sache, die abgeirrten Geistlichen zu er-
mahnen oder abzusetzen. Wir können uns leicht irren
und den Weizen mit dem Unkraut ausreißen. Wir
können uns selbst so sehr täuschen, daß wir glauben,
Gottes Willen zu tun, indem wir einen heiligen Mann
vom Altar wegtreiben oder sein Leben durch ständige
Kritik verbittern.

Ein Pfarrer konnte in seiner Gemeinde nichts er-


reichen, weil soviel Schlechtes über ihn geredet wurde.
Er ging. Später wurden Menschen bekehrt durch seine
früher gehaltenen Predigten. Als er noch bei ihnen war,
wußten ihn seine Gemeindeglieder nicht zu schätzen.
Als er gegangen war, bekehrte sich der Kirchenpfleger,
der ihn vorher am meisten gehaßt hatte, und er machte

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sich auf, um mit ihm zu sprechen. Die Pfarrfrau öffnete
ihm die Tür und sagte: »Er liegt im Sterben. Sie können
ihn nicht sehen. Er könnte bei ihrem Anblick so er-
schrecken, daß seine Qual noch größer wird.«

Wie schrecklich für einen Christen, die Qual eines


Sterbenden durch seinen Anblick zu vergrößern!

Dennoch betrat der Kirchenpfleger das Sterbe-


zimmer. Der sterbende Pfarrer öffnete für einen
Augenblick die Augen und sagte: »Berühre nicht
meinen Gesalbten und tue meinen Propheten kein Leid
an. Ich war ein Sünder. Was Sie mir getan haben, war
richtig. Sorgen Sie nichts, aber Sie werden andern
begegnen. Denken Sie dann an diese Worte. Der Mann,
in dem Sie Fehler sehen, kann Gottes Gesalbter sein.
Berühre nicht meinen Gesalbten und tue meinen Pro-
pheten kein Leid an.« Damit starb er.

Kein Pfarrer oder Prediger ist perfekt, weder in.


seinen Lehren noch in seinem Leben. Dennoch müssen
sie geachtet werden. Ein ungeliebter Pfarrer kann in
seiner Gemeinde nichts Gutes wirken.

14. NOVEMBER

... so wirst du und dein Haus selig. (Apg. 16,31)

Es gibt bevorzugte Heilige, deren Glauben bis zum


äußersten geprüft wird, und die Gelegenheit haben,
auch ihre Treue bis zum äußersten zu beweisen.

Im sechzehnten Jahrhundert wurde in Spanien An-


tonio Herrezuelo um seines evangelischen Glaubens wil-
len durch die Inquisition zum Tode am Pfahl verur-
teilt. Julian Hernandez hatte spanische Schriften und
reformierte Literatur in Weinkörben ins Land
geschmuggelt. Schmuggeln ist in der Kirche ein alter

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Brauch! Als er erwischt wurde, wurde Hernandez wäh-
rend drei Jahren gräßlich gefoltert, aber er verriet die,
denen er die Bibeln gegeben hatte, nicht. Herrezuelo
hatte eine solche Bibel erhalten und sich bekehrt.

Als man ihn zum Pfahl brachte, wurde er gequält von


der Tatsache, daß seine Frau, auch eine Gläubige, aus
Angst vor dem Tode widerrufen hatte. Die großzügigen
Inquisitoren hatten deshalb ihr Urteil in lebenslängliche
Haft umgewandelt. Ein einziges Wort von Antonio,
und auch er konnte dem Pfahl entgehen. Er konnte ins
Gefängnis gehen und hoffen, daß er eines Tages begna-
digt und mit seiner Frau wiedervereinigt würde.

Aber er hatte eine bessere Hoffnung: Das Ver-


sprechen Gottes, daß alle Glaubenden und ihre Familien
gerettet werden. Bis der Knebel in seinen Mund gesteckt
wurde, ermahnte er seine Frau, zu bereuen. Er glaubte,
daß das Wort Gottes — ermächtigt, die Sünder zu ret-
ten — auch mächtig genug sein würde, eine gefallene
Heilige wieder der Herde Christi zuzuführen.

Er starb, und seine Frau kam ins Gefängnis, fand dort


aber keinen Frieden. Ihr innerer Kampf dauerte acht
Jahre. Nach dieser Zeit zog sie ihren Widerruf zurück
und schleuderte den Inquisitoren die Bestätigung ihres
Glaubens ins Gesicht. Auch sie wurde verbrannt und
ging, ihrem Mann im Himmel wieder zu begegnen.

Glauben Sie an das Versprechen Gottes für alle, die


in Ihrem Hause sind.

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15. NOVEMBER

Denn ich habe euch ohne Rückhalt den ganzen Rat-
schluß Gottes verkündigt. (Apg. 20,27)

Ein Bibelverkäufer wurde brüsk zurückgewiesen, als


er eine Bibel zu verkaufen suchte. So versuchte er, der
Dame ein Neues Testament zu schenken.

Der Ehemann zog die ganze Sache ins Lächerliche:


»Wir sind verheiratet, und die Hälfte aller ihrer Besitz-
tümer gehört mir.« Er nahm ein Beil und halbierte das
Testament.

Nach ein paar Wochen fragte er seine Frau: »Wo


hast du die andere Hälfte des Buches? Ich brauche sie.
Meine Hälfte hörte auf mit der Geschichte eines ver-
lorenen Sohnes, der zu seinem Vater zurückkehrte und
etwas sagte. Ich will wissen, was das war, aber seine
Worte stehen in deiner Hälfte.«

Dieser Mann war nicht der einzige, der die Bibel in


zwei Hälften teilte. Jesus kam voll Gnade und Wahr-
heit. Viele Prediger sprechen nur von der Wahrheit und
lassen die Gnade links liegen. Andere tun das Gegenteil.

Die Bibel vereinigt immer die Vergebung der Sünden


mit der Buße.

Halbieren wir die Bibel nicht!

Wir dürfen nicht bei der Tatsache haltmachen, daß
Jesus für unsere Sünden gestorben ist. Es steht auch ge-
schrieben, daß wir unsere Leiber als ein lebendiges,
heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer hingeben sollen
(Rom. 12,1).

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16. NOVEMBER

Alle, die die Wahrheit erkannt haben. (2. Joh. 1)

Wie kann ein Mensch die Wahrheit finden? Haben


wir überhaupt die notwendigen geistigen und intellek-
tuellen Fähigkeiten, sie zu entdecken? Würden wir sie
erkennen, wenn wir ihr begegneten?

Wir sind klein. Kann man die Sonne in einem


Schmetterlingsnetz einfangen oder das Meer in einem
Fingerhut? Schicken Sie ein Kind in die Stadtbücherei
mit dem Auftrag, dort für Sie Dantes Göttliche
Komödie zu suchen. Wie soll das Kind sie erkennen?

Um die Wahrheit finden zu können, muß ich zuerst


genau definieren, was Wahrheit wirklich ist. Um zu
wissen, welche der vielen Definitionen der Wahrheit
richtig ist, und welche Behauptung, absolute Wahrheit
in Religion, Politik oder Moral zu sein, wirklich zu-
trifft, muß ich zuerst feststellen, woran sich die Wahr-
heit erkennen läßt. Wem die Wahrheit nicht schon im
voraus bekannt ist, wird diese nie finden.

Wir bewegen uns in einem Circulus vitiosus (Zirkel-


schluß, bei dem das zu Beweisende in der Voraussetzung
enthalten ist). Die Wahrheit kann nicht gefunden wer-
den. Die Geschichte des menschlichen Denkens ist eine
Grabstätte wissenschaftlicher und anderer Behauptun-
gen, von deren Wahrheit die Menschheit überzeugt war,
die sich aber später als falsch erwiesen. Eine Wahrheit,
die sich von meiner eigenen Persönlichkeit trennen läßt,
die ich annehmen oder lassen kann, gibt es nicht. Die
Wahrheit kann nur ein »Ich« sein. Deshalb sagte Jesus:
»Ich bin die Wahrheit« (Joh. 14,6). Der Wahrheits-
grundsatz des reinen Menschen kann nie derjenige eines
andern sein.

Wahrheit ist die Art einer Jesus-ähnlichen Persön-

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lichkeit. Je mehr ich Jesus ähnlich bin, desto mehr


Wahrheit wohnt in mir; eine Wahrheit, die ich nicht
suchen muß. Sie ist mein Charakter. In der Suche nach
Wahrheit gibt es keine andere Antwort.

Gott macht nicht nur andere Menschen aus uns; ER


identifiziert sich selbst mit uns.

17. NOVEMBER



Sie haben überwunden durch des Lammes Blut und
durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben
nicht geliebt bis an den Tod. (Offbg. 12,11)

Perpetua war um ihres Glaubens willen in einem


Burgverlies eingesperrt. Sie hätte entkommen können,
wenn sie den Erlöser verleugnet hätte. Ihr alter Vater
flehte sie an, das zu tun. Sie sagte zu ihm: »Vater, siehst
du diesen kleinen Krug hier?«

»Ja.«

»Könnte er etwas anderes sein als ein Krug?«

»Nein«, mußte der Vater zugeben.

Da sagte Perpetua: »So könnte auch ich nichts


anderes sein als was ich bin, eine Christin.«

Sie blieb standhaft, als ihr Vater sie anflehte, sich


seiner grauen Haare zu erbarmen und ihn nicht dem
Zorn der Menschen auszuliefern, weil er eine im Ge-
fängnis schmachtende Verbrecherin zur Tochter habe.
Schmerzlich erinnerte er sie auch an ihr kleines Kind.
Aber Perpetua ließ sich nicht erschüttern, denn sie
konnte nichts anderes sein als eine Christin.

Ihr ungläubiger Vater wurde vor ihren Augen ge-


geißelt, und ihr eigenes Kind wurde ihr weggenommen.
Aber sie blieb das einzige, das sie sein konnte.

Als man sie den wilden Tieren vorwarf, verlor sie ihr

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Kleid. Sofort versuchte sie, ihre Beine zu bedecken. Ihre


Blöße beschäftigte sie mehr, als die vor ihr liegenden
Leiden. Das war ihre letzte Handlung, bevor sie den
Märtyrertod starb.

Christen, bleibt, was Ihr seid! Ihr könnt nichts ande-


res sein!

18. NOVEMBER



Stellet euch nicht dieser Welt gleich. (Rom. 12,2)

Ein Christ kann nicht vorsichtig genug sein in bezug


auf die öffentlichen Anlässe, die er besucht, die Fern-
sehprogramme, die er sich ansieht und die Bücher, die er
liest. Tertullian, ein großer christlicher Lehrer des
dritten Jahrhunderts, berichtete von einer christlichen
Dame, die einer unschicklichen Vorführung beiwohnte
und in der Folge besessen war. Als der böse Geist ausge-
trieben wurde, wurden ihm Vorhaltungen gemacht,
weil er gewagt hatte, eine Gläubige anzugreifen. Er ant-
wortete mit großer Bestimmtheit: »Ich fand sie in
meinem Gebiet.«

Ich gebe zu, daß viele Theaterstücke, Filme usw. an


sich unschuldig und unterhaltsam sind. Viele sind sogar
ausgezeichnet. Die Erklärung ist aber einfach. Niemand
verdünnt Gift mit Galle. Das verfluchte Ding wird in
Herrlichkeiten versteckt, die gut gewürzt und von
angenehmem Geschmack sind. Aber seien Sie vorsichtig,
wenn Sie zu einer Vorstellung gehen wollen, auch wenn
sie harmlos zu sein scheint.

Die Freude der Christen, ihr Hochzeitsessen, steht


noch aus. Wir müssen nicht versuchen, hastig alle nur
möglichen Vergnügungen des Lebens an uns zu raffen.
Wir können so wenig Gemeinschaft haben mit der Welt

403


und ihren Lüsten wie sie mit uns Gemeinschaft hat im
Lob und in der Anbetung Gottes.

Der Herr hat gesagt: »Ihr werdet weinen und heulen,


aber die Welt wird sich freuen« (Joh. 16,20). Wir
wollen über die herrschende Ungerechtigkeit klagen,
während die Welt sich freut, damit wir fröhlich sein
können am Tage des Herrn.

Niemand kann die Freuden beider Leben haben.


Suchen Sie nicht täglich begierig nach möglichst vielen
gebotenen Unterhaltungen. Nehmen Sie vielmehr
täglich Ihr Kreuz auf sich und folgen Sie IHM nach.

19. NOVEMBER

. .. kam der Bräutigam, und die, welche bereit waren,
gingen mit ihm hinein zur Hochzeit. (Matth. 25,10)

Wir heutigen Menschen, die wir vierhundert Jahre


nach der Reformation leben, können nur schwer das
Denken der Christen im Mittelalter verstehen.

Im dreizehnten Jahrhundert hätte niemand die


Worte eines damals lebenden Mönchs bekämpft: »Alle
dürfen der Familie Christi beitreten, die das Blut des
Erlösers und die Milch der Heiligen Jungfrau, seiner
Mutter, richtig anwenden. Ja, das anbetungswürdige
Blut, das die Märtyrer ermutigt, ihre Qualen stillt, und
die jungfräuliche Milch, die unsern bittern Kelch
versüßt, indem sie den Zorn Gottes besänftigt.«

Die Bibel war damals fast ganz unbekannt. Sie sagt


uns nur von der reinigenden Kraft des Blutes Jesu. Die
rettende Kraft von Marias Milch ist nur eine mensch-
liche Fantasie.

Zu allen Zeiten liebten es die Menschen, auch nied-


rigere weibliche Heilige zu verehren. Vielleicht ist man

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in dieser Beziehung oft zu weit gegangen, aber viele
dieser Frauen waren wirklich herrliche Persönlichkeiten.

Die Wartburg, die heute nur noch als Ort berühmt


ist, wo Luther das N. T. übersetzt hat, war auch die
Stätte, wo die Heilige Elisabeth von Ungarn erzogen
wurde und wo sie betete. Sie hatte ein Krankenhaus er-
richtet, das bei den Toren zur Burg immer noch zu se-
hen ist, damit sie in aller Pracht ihres königlichen Stan-
des nie des Elends der Armen vergessen möchte.

Ihre letzten Worte waren: »Nun ist der Augenblick


gekommen, da Gott seine Freundin zum Hochzeitsfest
ruft. Der Bräutigam sucht seine Braut. Still. Still.«

Das war an einem 19. November.

20. NOVEMBER

(damit die Männer) durch den Wandel ihrer Frauen
ohne Wort gewonnen werden. (1. Petr. 3,1)

Rabbi Meir war an einem Sabbat zur Synagoge ge-


gangen. Während er sich dort aufhielt, waren seine
beiden kleinen Jungen auf einen Baum geklettert, hin-
untergefallen und tot aufgefunden worden. Seine Frau
Beruria hob die Leichen auf, trug sie in ein Zimmer im
oberen Stock ihres Hauses und bedeckte sie mit einem
Leintuch. Dann ging sie hinunter und richtete den Tisch
für ihren Mann.

Als er aus dem Bethaus kam, sagte er die vorgeschrie-


benen Gebete, setzte sich an den Tisch und fragte nach
den Kindern. Seine Frau gab ihm ausweichende Ant-
worten. Später sprach sie: »Vor etlicher Zeit kam eine
Nachbarin zu mir und gab mir ein Pfand, damit ich es
bewahre. Es waren zwei kostbare Perlen von großer
Schönheit. Ich hatte meine Freude an ihnen, als wären

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sie mein. Heute, als du im Bethaus warst, ist die Nach-
barin gekommen und hat ihr Pfand zurückverlangt.
Soll ich es ihr wiedergeben?«

Streng rügte der Rabbi: »Welch eine Frage! Wie


kannst du zögern, an vertrautes Gut zurückzugeben?«

Da nahm die Frau ihn bei der Hand und führte ihn in


die Schlafkammer. Sie hob die Decke vom Bett. Da
lagen die Knaben still und schön und waren beide tot.
Der Rabbi schrie laut auf und warf sich über seine
Söhne. Sie aber sprach: »Hier sind die Perlen. Hast du
nicht gesagt, ich soll das Pfand zurückgeben? Als sie bei
uns waren, haben sie uns mit tiefer Freude erfüllt. Nun
wollen wir sie voller Dankbarkeit ihrem Besitzer
zurückgeben.«

Da sprach der Rabbi: »Gesegnet ist der Mann, der ein


weises Weib besitzt. Der Herr hat es gegeben, der Herr
hat es genommen; der Name des Herrn sei gelobt.«

So wollen auch wir unsere Verluste annehmen.

21. NOVEMBER

Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. (2. Kor. 9,7)

Ein Christ sagte zu einem Glaubensbruder: »Jeden


Sonntag lege ich den Betrag für mein Kirchenopfer auf
die Seite. Wenn ich verhindert bin, am Gottesdienst teil-
zunehmen, gebe ich das Geld meiner Frau, damit sie es
mitnimmt, oder ich behalte es auf bis zum nächstenmal.
Dann lege ich es zum Zehnten der nächsten Woche. Wie
hältst du es in dieser Beziehung?«

Der Bruder antwortete: »Bevor ich zur Kirche gehe,


knie ich mit meiner Familie nieder und danke Gott für
das Vorrecht, in einem freien Lande wohnen und un-
gehindert zum Gottesdienst gehen zu dürfen. Ich danke

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IHM für den Pfarrer, für die missionarische Tätigkeit
unserer Gemeinde und für alle andern Dinge. Dann ent-
scheide ich, wieviel ich vor dem Altar niederlegen kann.

Nach einiger Zeit trafen sich die beiden Männer


wieder. Der erste sagte: »Ich habe deine Methode aus-
probiert. Sie ist herrlich. Nachdem ich gebetet und Gott
für alle Gaben gedankt habe, bevor ich entscheide,
wieviel ich der Kirche geben will, merke ich immer, daß
die beiseitegelegte Summe viel zu klein ist, in Anbe-
tracht des Guten, das mir zuteil wird. So habe ich meine
Gaben ständig vergrößert. Meine Segnungen sind ent-
sprechend größer geworden. Ich finde eine außer-
ordentliche Freude im Geben und bin glücklicher als je
zuvor.«

Geben Sie aufs Geratewohl oder unter Gottes


Leitung?

22. NOVEMBER



Ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern (das Ge-
setz) zu erfüllen. (Matth. 5,17)

Shun Shauk, der frühere Präsident der japanischen


Bibelgesellschaft, hat die folgende Geschichte erzählt.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde den ameri-


kanischen Soldaten in dem Dorf Shinmanbuke auf der
Insel Okinawa ein herzliches Willkommen bereitet. Die
Häuser und Straßen dieses Dörfchens waren sauber, und
die Einwohner sahen glücklicher aus als andere Japa-
ner. Dieser Unterschied kam daher, daß vor dreißig
Jahren ein amerikanischer Missionar durch diese Ort-
schaft gezogen war. Er konnte nicht lange bleiben, aber
er sprach einige Worte mit den Leuten und ließ ihnen
eine Bibel zurück.

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Zwei Brüder, Shosei und Mogon, begannen, nach
diesem Buch zu leben, obwohl sie keinerlei Gemein-
schaft mit andern Christen hatten. Sie hatten durch die
Bibel den Erlöser gefunden und hielten seine Vorschrif-
ten. Sie waren Zeugnisse für andere. Dann wurde der
eine Bruder Bürgermeister des Ortes, der andere Lehrer.
In der Schule wurde täglich in der Bibel gelesen, und die
Amtshandlungen stimmten mit den biblischen Geboten
überein.

Der amerikanische Armeegeistliche konnte sehen,


daß die dreißig Jahre alte Bibel viel benützt worden
war und das Leben eines ganzen Dorfes verwandelt
hatte.

Liegt Ihre Bibel oft auf dem Bücherfach? Hat sie Ihr


Leben verwandelt? Haben Sie sich entschlossen, täglich
von ihr zu lernen und unverzüglich praktisch anzu-
wenden, was Sie darin lesen? Bringen Sie ihre Lehren in
Schulen, Fabriken und Gemeinde zur Anwendung?
Wenn Sie bis jetzt Ihre Bibel nicht weise benützt haben,
lernen Sie nun von diesen japanischen Brüdern.

23. NOVEMBER



Heute, so ihr seine Stimme höret, so verstocket euer
Herz nicht. (Ps.95,7+8)

Ein junger Mann sagte zu seiner Mutter: »Ich kann


die Bibel nicht akzeptieren. Sie enthält so viele Dinge,
die ich einfach nicht schlucken kann, weil darin kein
Sinn zu liegen scheint.«

Die Mutter antwortete: »Als du im Krieg warst,


schriebst du mir einmal: >Deine Briefe beschreiben
eine Situation, die mir unverständlich ist. Ich bin na-
türlich jetzt drei Jahre von zu Hause weg gewesen. Viel-

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leicht könnte ich dich verstehen, wenn ich bei dir
wäre.<«

In dem Maß, wie die Bibel für uns unverständlich ist,


zeigt sich, wie weit entfernt wir von unserer himm-
lischen Heimat sind, deren Gedanken in dieser Schrift
ausgedrückt werden. Kehren wir zurück zu unserem
Elternhaus, und wir werden verstehen.

Tun Sie es aber sofort.

Der griechische Tyrann Archacus war auf dem Weg
zu einem Bankett, als ihm jemand einen Brief
aushändigte mit der Aufschrift: »Sehr wichtig.«

Er antwortete: »Wichtige Dinge wollen wir ruhen


lassen bis morgen.«

Kurz darauf, als er betrunken war, durchstieß das


Messer seines Mörders sein Herz. Sein Blut durch-
tränkte den Brief, der eine Warnung vor dem geplanten
Anschlag auf ihn enthielt.

Böse Mächte strengen sich an, uns so weit und lange


wie möglich vom Haus unseres himmlischen Vaters
fernzuhalten, damit unsere Gedanken befangen bleiben
vom irdischen Tod, der am Ende auf uns alle wartet.

Beachten Sie die Warnung. Kehren Sie zurück.

24. NOVEMBER

Herr, lehre uns beten. (Luk. 11,1)

Als ich ein junger Christ war, wurde mir gesagt, daß,


wenn man während einer Trockenheit zu einer Gebets-
versammlung geht, wo um Regen gebetet werden soll,
man einen Regenschirm mitnehmen muß. Das ist der
Beweis, daß man Glauben hat. So wurde ich in meiner
Jugend gelehrt.

Später las ich im Talmud, daß der jüdische Hohe-

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priester, wenn er einmal im Jahr ins Allerheiligste ging,


seine Bitten immer mit den Worten schloß: »Herr,
erhöre nicht die Bitten der Wanderer.«

Jeder Wanderer wünscht sich für den Tag seiner


Wanderschaft schönes Wetter. Wie würde die Welt
wohl aussehen, wenn Gott den Regen schicken oder
zurückhalten würde, je nachdem, ob wir einen Regen-
schirm mit uns genommen haben oder nicht?

Ich ziehe die Einstellung jenes Vikars vor, der, als er


gebeten wurde, um Regen zu bitten, antwortete: »Nicht,
solange der Wind aus dieser Richtung weht.«

Unser Herr sagte: »Der Wind weht, woher er will.«


Es gibt natürliche Gesetze, die die Natur regieren. Um
anderes Wetter zu bitten, als es durch die Wettervorher-
sage angekündigt wurde, weil dies besser mit Ihren
Plänen übereinstimmen würde, ist genau so falsch wie
zu beten, daß zwei und zwei nicht vier geben soll.

Das große Gebet der Christen ist: »Dein Wille ge-


schehe.« Elia konnte den Regen herbeibringen. Jesus
konnte die Stürme stillen. Wollen Sie sie imitieren? Sie
können es nicht von Ihrem Standpunkt aus. Zuerst
müssen Sie eine kraftvolle, geisterfüllte Persönlichkeit
werden, die Gottes Willen über das Wetter kennt. Sie
müssen Dinge wissen, die den Meteorologen unbekannt
sind.

25. NOVEMBER



Ich habe deinen Namen offenbart den Menschen, die du
mir von der Welt gegeben hast. ü°h' 17,6)

Im Jahre 627 war der Mönch Paulinus am Hofe von


König Edwin von Nordumbrien und versuchte, den
Herrscher zum Christentum zu bekehren. Der König

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war aber unschlüssig, bis einer seiner Krieger sprach:
»Das gegenwärtige Leben auf dieser Erde, o König,
scheint mir, im Vergleich mit der Zeit, die uns nicht
bekannt ist, wie der schnelle Flug eines Sperlings durch
diese Halle, in der du mit deinen Höflingen zur Win-
terszeit beim Abendessen sitzest. Der Raum ist warm,
die Feuer brennen hell, aber draußen toben die winter-
lichen Schneestürme. Der Sperling fliegt bei der einen
Tür hinein und bei der andern unverzüglich wieder
hinaus; während er drinnen ist, ist er vor den winter-
lichen Angriffen gesichert; aber nach diesem kurzen
Aufenthalt in angenehmem Klima verschwindet er
augenblicklich wieder aus unserer Sicht. Aus dem
Winter kommend, fliegt er wieder in den Winter. So er-
scheint das Leben eines Menschen für eine kleine Zeit;
aber was darauf folgen wird oder was vorausgegangen
ist — davon wissen wir gar nichts. Wenn uns also diese
neue Lehre etwas Gewisses bringen kann, scheint es mir
richtig, sie zu befolgen.«

Die neue Lehre, die Lehre von Christus, beantwortet


dieses Fragen. Jesus hat uns den Namen des Vaters
offenbart (Joh. 17, 6). Diesen Namen zu kennen, öffnet
einer Seele alle Türen hier und in Ewigkeit. Durch die
ganze alte Literatur der verschiedensten Völker setzt
sich beharrlich der Glaube durch, daß, sobald der
Mensch den wirklichen Namen einer Sache kennt, er
auch die dieser Sache innewohnenden Kräfte unter
Kontrolle hat. Dieser Gedanke ist richtig. Wenn wir
eine chemische Formel kennen, den letzten Namen einer
Sache, können wir damit in der Praxis tätig sein.

Durch Jesus wissen wir, daß Gott die Liebe ist.


Gottes Liebe ist der Schlüssel zur Lösung dieses Rätsels.

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26. NOVEMBER

Es war still. (Hiob 4,16)

Ein Student ging zu einem berühmten Weisen und


sagte: »Meister, belehre mich über Gott.« Der Weise
schwieg.

Wieder sagte der Student: »Belehre mich über Gott!«;


doch wieder schwieg der Weise.

Als der Student zum drittenmal fragte, sagte der


Weise: »Ich habe dich über Gott belehrt. Ich schweige.«

Gott in Worte zu fassen ist, wie zu versuchen, Wellen


mit einem Fischernetz zu fangen.

Worte sind aus der menschlichen Notwendigkeit ent-


standen, sich untereinander zu verständigen in bezug
auf Jagd, Produktion und menschliche Beziehungen.
Wir können ohne sie nicht auskommen. Wir müssen uns
aber bewußt bleiben, daß es eine falsche Bedeutung
haben kann, wenn wir menschliche Worte auf Gott
anwenden, indem wir ihn »Meister, Vater, Liebe«
nennen. Ein Meister kann auch ein Ausnützer sein.
Luther hatte große Schwierigkeiten, das Unser Vater zu
beten, denn er wollte Gott nicht Vater nennen. Sein
menschlicher Vater war sehr hart und streng gewesen.
Liebe? Ich liebe Apfelkuchen und meinen Hund. Habe
ich nun dasselbe Gefühl in bezug auf Gott? Als Living-
stone den Eingeborenen erklären wollte, daß Gott Liebe
ist, konnte er das nicht tun, denn in ihrer Sprache exi-
stierte dieses Wort nicht. Er fand aber heraus, was bei
diesen Wilden am meisten geschätzt wurde: Der Arm
eines Menschen, nachdem er geräuchert worden war.
Das nannten sie »unboy«. So hielt er seine berühmte
Predigt über »Gott, den besten unboy«. Er wurde des-
wegen scharf kritisiert. Aber er tat nur, was der Apostel
Johannes vor ihm getan hatte: er nannte Gott Liebe.

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Liebe ist ein menschliches Gefühl. Würde jemand
glauben, Gott sei ein Gefühl? Aber weil sie das Höchste
ist, das der Mensch kennt, wandte Johannes diesen Aus-
druck auf Gott an, so wie Livingstone Gott »unboy«
nannte.

Was Gott schlußendlich wirklich ist, werden Sie


wissen, wenn Sie stillschweigen.

27. NOVEMBER



Da es aber Gott wohlgefiel. .. daß er seinen Sohn
offenbarte in mir. (Gal. 1; 15,16)

Wie kann ein Mensch den Sohn Gottes in sich selbst


entdecken? Wie kann er Gottes Bild, nach dem er ge-
schaffen ist, das aber von Sünde entstellt ist, in sich
sehen? Es gibt keinen Weg dazu. Ein Schauspieler spielt
den Othello. Vielleicht hat er nie vorher Gelegenheit
gehabt, eifersüchtig zu sein und kennt dieses Gefühl gar
nicht. Er versucht nun, die Rolle einer seiner eigenen
Natur fremden Persönlichkeit zu spielen: den Prototyp
(Inbegriff) des eifersüchtigen Mannes. Die dargestellte
Person des Othello kann aber nie den Charakter des
Schauspielers verändern. Er kann jederzeit aufhören,
diese Rolle zu spielen.

Jeder von uns ist zuerst das, was er ist. Als zweites


nimmt er verschiedene Lebenseinstellungen ein: die-
jenige einer Person, die mit der Sünde spielt, dann die-
jenige eines verhärteten Sünders und schließlich die-
jenige eines bereuenden Sünders. Keine dieser Rollen
entscheidet, was ich sein sollte. Das fundamentale »Ich«
entscheidet, welche Rolle es spielen will.

Die Veränderung beginnt damit, daß ich den von mir


gespielten Othello nicht mehr ernst nehme. Desdemona

413


berührt mich gar nicht wirklich, und ich weiß, daß ich
sie auch gar nie getötet habe — die ganze Szene ist ein
Spiel. Dann wird meine wirkliche Persönlichkeit, der
Sohn Gottes in mir, in seiner ganzen Schönheit er-
scheinen. Der alte Mensch, der Schauspieler, wird ver-
schwinden.

Im Gleichnis vom verlorenen Sohn wird beschrieben,


wie der Sohn »in sich schlug« (Luk. 15,17). Jede Rück-
kehr zu Gott ist eine Rückkehr zu meinem eigenen Ich.

28. NOVEMBER



Weinet mit den Weinenden. (Rom. 12,15)

Ein Christ wurde von einem Messerstecher ernstlich


verwundet. Der Täter wurde gefaßt und von der
Polizei ins Spital geführt, um dort mit dem Opfer kon-
frontiert zu werden. Die Polizisten versicherten dem
Verletzten: »Dieser Mann wird seine gerechte Bestra-
fung erhalten. Er wird im Gefängnis sitzen.«

Der Christ erwiderte: »Welche Ehre für mich, ihn


nun zu treffen. Christus sagt, daß jeder, der im Ge-
fängnis sitzt, sein kleiner Bruder ist.« Er verbeugte sich
vor dem Verbrecher und starb.

Beugen Sie sich vor jedem Leidenden, auch wenn er


leidet, weil er Ihnen Unrecht getan hat. Jesus, der Mann
der Leiden, hat Mitleid mit allen Leidenden.

Im Talmud steht: »Wenn ein ungerechter Mensch


einen Gerechten verfolgt, ist Gott auf der Seite des ver-
folgten Gerechten. Wenn ein Ungerechter einen andern
Ungerechten verfolgt, ist Gott auf der Seite des verfolg-
ten Ungerechten. Wenn ein Gerechter einen Ungerech-
ten verfolgt, ist Gott auch dann auf Seiten des Verfolg-
ten.«

414


Bleiben Sie immer auf der Seite des Hungrigen, selbst
wenn er hungert, weil er faul ist. Bleiben Sie auf der
Seite des Durstigen — auch wenn es seine Schuld ist,
daß er nicht tief genug gegraben hat. Bleiben Sie auf der
Seite der Nackten — selbst wenn sie im Leichtsinn ihre
Kleider verspielt haben. Bleiben Sie auf der Seite der
Kranken — auch wenn sie ihre Gesundheit durch Laster
zerstört haben. Bleiben Sie auf der Seite der Gefangenen
— auch wenn es sich um Verbrecher handelt, nur
dürfen Sie sie nicht ihren Opfern vorziehen, denn auch
diese wurden unschuldig verfolgt.

29. NOVEMBER



Verkaufet, was ihr habt, und gebet Almosen.

(Luk. 12,33)

Der reiche Mann im Gleichnis war in feine Leinwand
gekleidet. Gemäß Offenbarung 19 ist diese das Symbol
für die Gerechtigkeit der Heiligen*. Dieser Mann sah
also nach seiner äußeren Erscheinung wie ein Gerechter
aus; er war es aber nicht, denn er war hart gegenüber
den Armen.

Alle Christen der industrialisierten Länder sind in


Gefahr, die gleiche Sünde zu begehen. Entwicklungs-
länder erhalten nur 15 Prozent des Endverkaufspreises
aller ihrer Produkte. Bei den Bananen erhalten die
Produzentennationen nur elf Prozent pro Dollar, der
ihnen von den reichen Ländern bezahlt wird. Immer
noch existiert die Kolonialvorstellung, wonach die
armen Länder billige Rohmaterialien und tropische
Nahrungsmittel an die reichen Industrieländer liefern
müssen. Zwischen 1963 und 1971 verlor Sri Lanka
(Ceylon) 45 Millionen Dollars auf dem Tee-Export

415


nach Großbritannien infolge der sinkenden Preise.
Dieser Betrag ist zweimal so hoch wie die englische Ent-
wicklungshilfe an dieses Land.

Bei den unterentwickelten Ländern selbst gibt es ge-


nausoviel Ungerechtigkeiten. Die reichsten zehn Pro-
zent der Bevölkerung dieser Länder beziehen etwa
40 Prozent des Gesamteinkommens, während die ärm-
sten 40 Prozent etwa 12 Prozent des Einkommens er-
halten.

Der einzelne Christ muß sich im Verbrauch zurück-


halten. Für jeden Christen, gleich welches Einkommen
er haben mag, ist es normal, für sich und seine Familie
nicht mehr auszugeben, als ein durchschnittlicher Bür-
ger seines Landes verbrauchen kann. Alles was darüber
ist, ist Luxus.

Ambrosius schrieb: »Wenn dein Bruder hungert,


während du die Möglichkeit hast, ihm zu helfen, bist du
ein Dieb; wenn er Hungers stirbt, bist du ein Mörder.«

30. NOVEMBER

... denn solcher (Kindlein) ist das Himmelreich.

(Matth. 19,14)

Es ist ein außerordentlich trauriger Augenblick, wenn
Eltern entdecken müssen, daß ihr Kind zurückgeblieben
ist. Für sie gebe ich die folgende wahre Geschichte aus
dem Buch von Fritz Rienecker »Das Schönste kommt
noch« (Verlag Sonne und Schild, Wuppertal) wieder.

»Etwa zwanzig Jahre lang wurde in einer Anstalt ein


Mädchen namens Käthe gepflegt. Es war von Geburt an
vollständig verblödet und hatte nie ein Wort sprechen
gelernt. Stumpf vegetierte Käthe dahin. Abwechselnd
stierte sie bewegungslos stundenlang vor sich hin oder

416


befand sich stundenlang in zappelnder Bewegung. Sie
aß und trank, sie schlief, stieß auch einmal einen Schrei
aus. Andere Lebensregungen hatten wir an ihr in den
langen Jahren nie wahrgenommen. An allem, was in
ihrer Umgebung vor sich ging, schien sie nicht den
geringsten Anteil zu nehmen. Auch körperlich wurde
das Mädchen immer elender. Ein Bein mußte ihr abge-
nommen werden, und das Siechtum wurde immer
stärker. Schon längst wünschten wir, daß Gott dem
armseligen Leben ein Ende mache. Da rief mich eines
Morgens unser Doktor an und bat mich, mit ihm gleich
einmal zu Käthe zu gehen, die im Sterben liege. Als wir
in die Nähe des Sterbezimmers kamen, fragten wir uns,
wer wohl der Käthe in ihrem Zimmer die Sterbelieder
singe. Als wir dann ins Zimmer traten, trauten wir
unseren Augen und Ohren nicht. Die von Geburt an
völlig verblödete Käthe, die nie ein Wort gesprochen
hatte, sang sich selbst die Sterbelieder. Vor allen Dingen
sang sie immer wieder: Wo findet die Seele die Heimat,
die Ruh... Etwa eine halbe Stunde lang sang sie mit
selig verklärtem Gesicht und ging dann sanft und still
heim.«

Es hatte also nur so ausgesehen, als könnte Käthe


nichts aufnehmen. Vom medizinischen Standpunkt aus
gesehen ist dieser Fall ein Rätsel. Gott hat den Schleier
einmal gelüftet, um die Eltern behinderter Kinder zu
ermutigen. Der Herr macht keine Fehler. ER, der sich
um die Sperlinge kümmert, hat auch dafür gesorgt, daß
die geistig Zurückgebliebenen einen Platz im Himmel
haben.

417


1. DEZEMBER

Da bildete Gott der Herr den Menschen aus Erde.

(1. Mose 2,7)

Der Mensch wurde ganz einfach aus Erde geformt
(auf hebräisch eretz, wovon das deutsche Erde stammt).
Er ist aus einem Erdkloß gemacht. Das hebräische Wort
dafür ist adamah, das bezeichnet eine ganz außer-
ordentlich gute Erde. In 1. Mose 2,9 steht das Wort
adamah; so wird die Erde im Paradies genannt. Es gibt
auch Wüsten und steinigen Boden. Gott aber nahm die
beste Erde, die Erde, in der die Bäume des Paradieses,
sogar der Baum des Lebens, wuchsen, um den Menschen
daraus zu bilden. Die Möglichkeiten der Menschen sind
also unermeßlich.

Dann blies Gott »lebendigen Odem in seine Nase«.


Das Hebräische kennt von dem Won »Leben« keine
Einzahl, das Wort haiim bedeutet Leben in der Mehr-
zahl.

Wenn Sie also auf Hebräisch ein den Glauben ver-


leugnendes Buch des Inhalts »der Mensch hat nur ein
Leben« schreiben wollten, könnten Sie das nicht tun,
denn es ließe sich in dieser Sprache einfach nicht
ausdrücken. Gott stattete die Menschen mit vielfältigen
Leben aus: mit leiblichem und geistigem, mit irdischem
und himmlischem Leben.

Der Mensch muß etwas Außergewöhnliches sein,


denn von ihm wird gesagt, er sei nur »wenig niedriger
denn Gott« (Ps. 8,6). Im Hebräischen heißt es: Du hast
ihn ein wenig niedriger denn Gott (Elohim) gemacht.
Nach leiblichen Ausmaßen ist der Mensch im Uni-
versum nur ein allerwinzigstes Stäubchen. Wer aber
kann seine Größe ermessen? Blaise Pascal schrieb: »Ein
Hauch, ein Tröpfchen Wasser kann einen Menschen

418


töten. Aber selbst wenn das Universum ihn umbringen
würde, ist der Mensch immer noch größer als das
Universum — denn er weiß, daß er stirbt; dieses aber,
ahnt nicht, daß es ihn tötet.«

Besinnen Sie sich auf Ihre Größe und danken Sie


Gott, der sie Ihnen geschenkt hat.

2. DEZEMBER

... damit meine Freude in euch sei. (Joh. 15,11)

Es wird von einem Mann erzählt, der unter Schwer-


mut litt und deshalb einen Psychiater aufsuchte. Dieser
riet ihm, viel zu reisen. Der Patient antwortete: »Ich
reise ständig umher, aber es hilft nichts.«

»Ein Glas Wein, in fröhlicher Gesellschaft getrunken,


könnte Wunder wirken«, schlug der Arzt vor.

»Ich trinke ganze Fässer voll Alkohol, aber das hilft


auch nichts.« Da hatte der Arzt eine Idee: »Zur Zeit ist
ein unvergleichlicher Clown in unserer Stadt. Wenn die
Leute seine Spaße hören und seine Possen sehen, können
sie sich vor Lachen kaum mehr halten. Gehen Sie heute
abend dorthin.«

Der Patient sagte: »Ich bin dieser Clown. Ich kann


jedermann erfreuen, nur mich selbst nicht. Und die
Freude derer, die mir zusehen, ist schnell wieder ver-
flogen.«

Alle Freuden dieser Welt sind illusorisch, weil wir in


der Tiefe unseres Herzens wissen, daß sie nur Aus-
flüchte vor der Tatsache sind, daß wir alle sterben
müssen, daß wir mit Schuld beladene Menschen sind.
Wenn wir lachen, wissen wir, daß wir andere weinen
machen. Nur Gott gibt wirkliche Freude. In der Aufer-
stehung Christi hat ER gezeigt, daß ER alle unsere Sün-

419


den vergeben hat. Jesus der Herr »ist um unserer Sün-
den willen dahingegeben und um unserer Gerechtigkeit
willen auferweckt« (Rom. 4,25).

Die Auferstehung Jesu ist das Pfand, daß auch wir


auferstehen werden, denn wir gehören IHM. Wir haben
eine innere Freude, die auch fortbesteht unabhängig von
den äußeren Verhältnissen.

3. DEZEMBER



Die Werke des Fleisches, welche sind: Unzucht,
Unkeuschheit, Ausschweifung. (Gal. 5,19)

An einem Studententreffen wurde ein Geistlicher


gefragt: »Warum ist der voreheliche Geschlechts-
verkehr unrecht? Jedermann probiert vier oder fünf
Anzüge an, bevor er sich einen kauft. Warum wollte ich
den Geschlechtsverkehr nicht mit vier oder fünf Mäd-
chen ausprobieren, bevor ich eines heirate?«

Der Geistliche antwortete: »In Ihrer Beurteilung der


Sache ist ein Fehler. Gemäß Ihrer Argumentation darf
auch ein Mädchen vier oder fünf Männer ausprobieren,
bevor sie sich einen zum Ehemann nimmt. So erstehen
Sie sich schließlich einen gebrauchten Anzug statt einen
neuen.«

Vorehelicher Geschlechtsverkehr ist keine Vorbe-


reitung auf die Ehe. Sollte Diebstahl die Vorbereitung
zu einem ehrlichen Leben sein? Wie kann der sexuelle
Besitz eines Menschen, ohne Liebe, jemanden vorbe-
reiten auf ein Leben, das auf dem höchsten Gefühl der
Zuneigung zwischen zwei Menschen verschiedenen Ge-
schlechts gegründet sein soll?

Heute werden viele sexuelle Sünden begangen. Auch


sie können vergeben werden, wie alle andern Sünden.

420


Jesaja sagte: »Aber er (der Messias) ist um unserer
Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen
zerschlagen« (53,5); darin sind auch die sexuellen Sün-
den eingeschlossen. Wenn uns aber vergeben worden ist,
wollen wir nicht wieder damit weiterfahren. Der Preis
für außereheliche Affären ist viel zu hoch.

Denken wir nur an das Los der Kinder, die — ohne


sicheres Heim — verlassen aufwachsen müssen. Denken
Sie an den Kummer, den Sie Ihren Eltern machen und
den Eltern Ihres Partners.

Um sexueller Sünde zu entgehen, müssen wir geist-


liche Hygiene üben. Seien Sie wählerisch in bezug auf
die Bücher, die Sie lesen, die Filme, die Sie sich ansehen.
Füllen Sie Ihre Tage bis zum Rande mit dem Dienst für
den HERRN und Ihre Mitmenschen.

4. DEZEMBER



Denn wir sind Glieder seines Leibes. (Eph. 5,30)

Weil wir Glieder seines Leibes sind, müssen wir heute


seine Mission eifrig weiterführen.

Vor einigen Jahren erlitt ein junger, aktiver Sportler


einen Tauchunfall, durch den er vom Nacken an ab-
wärts gänzlich gelähmt blieb. Sein Verstand gab seinen
Gliedern Zeichen und Signale, sich wieder am aktiven
Sport zu beteiligen — wie sein jugendliches Herz es
sich so sehnlichst wünschte —, aber seine Arme und
Beine blieben leblos und lahm an den Rollstuhl
gefesselt.

Noch viel tragischer und herzbrechender ist der Ge-


danke, daß Christus an der Wegseite der Menschheit
steht, mit Seinem herrlichen Geist Seinen Gliedern
Signale zusendet, Liebe und Barmherzigkeit zu üben —

421


und diese Glieder bleiben aus Furcht und Nachlässigkeit
still und gelähmt.

In früheren Zeiten hat ER Gelähmte geheilt. Heute


hat die gleiche Krankheit Seinen Körper — die
Kirche— hilflos gemacht. Ohne Aufschub wollen wir
alle Befehle, die Sein Geist uns gibt, ausführen und stets
daran denken, daß wir Seine Glieder sind.

5. DEZEMBER



Um seinet- (Cbristi-)willen habe ich alles eingebüßt und
halte es für Unrat. (Phil. 3,8)

Man kann leicht erkennen, ob ein Mensch Christ ist,


wenn er alles — was er hat — Geld, Ehre, Gesundheit
usw., verliert. Er muß dies alles als Unrat ansehen-
Wer ärgert sich, wenn er Unrat loswerden muß, der
doch die Luft um ihn herum mit Gestank verpestet hat?

Leider sind diese biblischen Worte, die für Paulus


absolute Wirklichkeit bedeuteten, für die meisten von
uns nur leeres Geschwätz. Sogar die Kirchen versuchen,
Unrat anzuhäufen. Zur Zeit der Reformation wurden
Angriffe darauf gestartet, aber sie schlugen alle fehl.
Franz von Assisi und Joachim von Fiore, beides
Gründer von religiösen Orden der absoluten Armut,
legten ihre führende Rolle nieder als sie sahen, daß sie
mit ihren Ideen keinen Erfolg hatten.

Geld, Ehrgeiz und Bindungen an Geschöpfe sind


Gottes große Konkurrenten. Bei den meisten Menschen
verliert Gott diesen Wettstreit.

Ein Prinz brüstete sich einst vor einer Gesellschaft


mit seinen großen Reichtümern. Ein anwesender
Pfarrer fragte ihn: »Ihre Hoheit, würden Sie bitte diese
Nadel akzeptieren und mir in der Ewigkeit wieder-
geben?«

422


Der Prinz gab zurück: »Wie können Sie mit einem
solchen Ansinnen zu mir kommen? Ich kann doch nichts
mitnehmen.«

»Das stimmt«, sagte der Pfarrer, »wir brüsten uns


mit dem, was uns gar nicht gehört und was heute schon
wieder verloren sein kann, anstatt daß wir ewige Werte
sammeln würden.«

In Indien wurde folgende Inschrift gefunden: »Jesus,


gelobt sei Sein Name, hat gesagt: >Diese Welt ist eine
Brücke. Überquere sie, aber baue kein Haus darauf. <«

Sterben Sie den Dingen dieser Welt, bevor Sie ster-


ben. Halten Sie alles wirklich für Unrat, damit Sie
Christus gewinnen.

6. DEZEMBER



Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz.

(Rom. 5,5)

Eine islamische Legende erzählt, wie Jesus einst
durch die Straßen von Nazareth ging und die Menge
ihn beschimpfte. ER ging still seines Weges und betete
dabei für jeden, der IHN beleidigte.

Jemand fragte IHN, wie ER das fertigbringen könne,


und ER antwortete: »Ich gebe diesen Leuten das einzige,
das ich in meinem Beutel habe.«

Wenn Sie eine mit Milch gefüllte Flasche zerschlagen,


wird kein Essig verschüttet werden, weil der Inhalt des
Gefäßes kein Essig war.

Wie können haßerfüllte, rachsüchtige Worte aus eines


Christen Herzen fließen? Der Christ hat nicht zwischen
verschiedenen Meinungen zu wählen. Er erfüllt nicht
das Gebot der Liebe, weil Christus es befohlen hat.
Wenn er hassen möchte, so könnte er es doch nicht, denn

423


Gott hat sein Herz erneuert.

Die ersten Jünger fragten den Herrn: »Rabbi, wo


bist du zur Herberge?« Er sagte zu ihnen: »Kommt und
sehet.« Sie kamen und sahen's und blieben den Tag bei
ihm(Joh. 1,38 + 39).

ER konnte sie nicht zu seiner irdischen Wohnstätte


mitnehmen. ER hatte keine. Er wohnt überall dort, wo
die Liebe herrscht, sei es in einer armseligen Hütte oder
in einem Palast. Jesus nahm die Fragenden mit sich zu
ein paar solchen Häusern. Sie verstanden IHN und
wurden seine Apostel.

7. DEZEMBER

. . . daß zuerst in Antiochien die Jünger Christen ge-
nannt wurden. (Apg. 11,26)

Es wird erzählt, daß einst in der Nähe der ameri-


kanischen Küste einige Wale dahinschwammen und
darüber philosophierten, was sie nun wirklich seien. Da
hörten sie einige Kinder rufen: »Schaut, Wale!« Nun
waren die Riesen des Meeres glücklich. Sie kannten
ihren Namen und nahmen an, daß sie deshalb auch
wußten, was sie seien.

Auf die gleiche Art haben auch einige Menschen von


Leuten am Ufer den Namen »Christen« erhalten und
sind nun fälschlicherweise der Ansicht, damit sei auch
ihre innere Wirklichkeit geklärt. Dem ist aber nicht so.
Der Herr sagt: »Dabei wird jedermann erkennen, daß
ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt«
(Joh. 13, 35) — und nicht an einem bestimmten Namen.

In den italienischen Alpen haben die Bauern die


Gewohnheit, in der Weihnachtsnacht die Türe weit
offen zu lassen, den Ofen zu heizen und ein Mahl auf

424


dem Tisch bereit zu halten; dies für den Fall, daß die
Heilige Familie auf ihrer Flucht vor Hemdes bei ihnen
vorbeikommen und Unterkunft suchen sollte.

Die Ostjaks, ein Mongolenstamm im äußersten


Sibirien, dem Ort der Deportationen unter den Zaren
und den Bolschewiken, stellen immer ein wenig Eß-
waren vor die Türe, bevor sie sich schlafen legen, für
den Fall, daß ein flüchtiger Häftling vorbeikommen
würde.

Wir sind, was wir sind, und nicht was wir genannt


werden. Jesus und die Heilige Familie sind auf dieser
Welt immer auf der Flucht. Kümmern wir uns um ihre
Notdurft? Was wir tun zeigt, was wir sind.

8. DEZEMBER



Der Herr ist freundlich. (Ps. 100,5)

Eines der ältesten Probleme der Welt ist die Frage,


warum es so viel Leid gibt unter der Menschheit, wenn
doch Gott die Welt regiert.

Die Antwort ist einfacher, als wir uns vorstellen.


Gott ist gut, nicht nur gegenüber den Guten, sondern
auch gegenüber den Undankbaren und Bösen (Luk. 6,
35). Nur eine alles umfassende Güte ist wirklich gut.
Den Bösen erzeigte Güte schafft normalerweise in ihnen
keine Umwandlung, sondern ermutigt sie vielmehr, in
ihrer Schlechtigkeit fortzufahren. Gottes Güte und
Freundlichkeit ist geduldig und langmütig, und das
wird von denen, die böse sind, ausgenützt, um neue Ver-
brechen zu begehen. Gott war sogar mit Hitler und
Stalin geduldig, und ER ließ sie während Jahrzehnten
gewähren. Während dieser Zeit brachten sie Millionen
Menschen um.

Damit die Welt gut werden kann, müßte Gott auf-

425

hören, gegen die Bösen gut zu sein. Wer von uns würde


es wagen, Gott vorzuschreiben: »Höre auf, gegen die
Sünder gut zu sein!«, wenn wir doch genau wissen, daß
auch wir in unseren Herzen böse sind?

Vom irdischen Standpunkt aus, mit unserem mensch-


lichen Verstand, gibt es keine Lösung für das Problem
des Bösen. Aber Gott hat Vorkehrungen getroffen. ER
ist nicht nur gut, ER weiß auch, wie ER sich rächen
wird. ER hält den Tag der Vergeltung in Bereitschaft.
Überlassen wir das Philosophieren Gott — ER hat einen
besseren Verstand als wir alle zusammen —, und fliehen
wir mit aller Kraft vor dem Tag des Zorns.

9. DEZEMBER



Und Henoch wandelte mit Gott. (1. Mose 5,22)

Fürchten Sie sich nicht, einem Mann nachzufolgen,


der von der Kirche zurückgewiesen wird. Viele Heilige
wurden durch die Kirche zu Märtyrern, und später hat
man sie dann heiliggesprochen. Wenn sich zu Lebzeiten
solcher Heiliger jemand den kirchlichen Würdenträgern
entgegengestellt hätte, hätte er der Sache Christi mehr
gedient, als indem er blindlings den Ansichten der
Kirche folgte.

Durch die Kirche wurde Jeanne d'Arc verbrannt.


Celestin V. starb im Gefängnis. Man vermutet, daß er
dort durch seinen Nachfolger, Papst Bonifatius VIIL,
ermordet wurde. Johannes vom Kreuz wurde als Ver-
rückter behandelt. Hus starb am Pfahl, als Ketzer ver-
dammt. Tausende erlitten dasselbe Schicksal.

Unsere Haltung gegenüber der Kirche muß zwei-


seitig sein. Wer Gott zu seinem Vater hat, hat die
Kirche als Mutter; er schuldet ihr deshalb Gehorsam

426


und Liebe. Aber auch eine Mutter kann wahnsinnig
werden. Die Kirche ist nicht nur eine göttliche Insti-
tution; sie besteht gleichzeitig aus Menschen, die in
ihrem Namen schwere Sünden begehen können. Auch
große Kirchenfürsten sind von dieser Möglichkeit nicht
ausgeschlossen. Deshalb hat der Gehorsam gegenüber
der Kirche seine Grenzen, die der normale Verstand
und der Heilige Geist Ihnen zeigen wird.

Das größte Ideal für jeden Christen ist es, wie


Henoch mit Gott zu wandeln. Persönlicher Kontakt
mit IHM ist die beste Garantie gegen Irrtum.

10. DEZEMBER



Mose aber sprach zu dem Herrn: Ach Herr, ich bin kein
beredter Mann. (2. Mose 4,10)

Warum erwählte Gott einen Mann mit langsamer


Sprache und schwerer Zunge zu seinem Boten? Rabbi
Mohliver von Byalystok erklärt, daß ein beredter,
zungenfertiger Mann sich mit Pharao in lange Dis-
kussionen eingelassen und mit dessen Ratgebern des
langen und breiten die psychologischen und sozialen
Aspekte der Sklaverei erörtert hätte. Er hätte über den
Wert der Selbständigkeit, die Schönheit der mono-
theistischen Religion, die unschätzbare Tradition, die
die Juden von ihren Vorfahren übernommen haben,
und anderes mehr gesprochen. Er hätte sich in seine
eigene Redegewandtheit verliebt. Mehr und mehr Zwie-
gespräche wären entstanden, so wie stets endlos und
sinnlos über die verschiedenen Religionen diskutiert
wird. Das Resultat für die Juden aber wäre gleich Null
gewesen.

Weil Mose stotterte und nur wenige Worte mühelos

427

aussprechen konnte, kam er geradewegs auf den Kern


der Sache zu sprechen und sagte zu Pharao: »Laß mein
Volk ziehen.« Auch heute braucht Gott solche Leute.

Es ist, als ob die ganze Bibel von Menschen geschrie-


ben worden sei, die mit dem Sprechen Mühe hatten. Sie
waren einsilbig.

In Joh. 3,16, dem zentralen Vers der Bibel, stehen


sechzehn einsilbige Wörter und nur 12 mit zwei und
mehr Silben.

Nicht die Redegewandtheit ist in einem Buch ent-


scheidend, sondern ob es uns in das Herz der Wahrheit
führt.

11. DEZEMBER



Nachdem Gott vorzeiten zu vielen Malen und auf vie-
lerlei Weise . . . geredet hat. (Hebr. 1,1)

Die Buddhisten Japans erzählen sich eine Legende.


Darnach erreichte vor vier Ewigkeiten ein König
namens Amida die Vollkommenheit eines Buddhas. Er
weigerte sich aber, das wohlverdiente Nirwana zu
betreten, bevor alle andern Menschen auch hineinge-
kommen waren. Es ist nun der allgemeine Glaube, daß
Menschen, die wegen ihrer vielen Sünden und Ver-
fehlungen nicht dorthin gelangen können, dank diesem
Opfer das ersehnte Ziel dennoch erreichen, nur müssen
sie den heiligen Spruch sagen: »Namu Amida Buddha
Butsu«
(Ich vertraue Amida Buddha gänzlich).

Gott hat solche Legenden, die die Hoffnungen vieler


Nationen widerspiegeln, inspiriert. Er hat jetzt diese
Hoffnung in Jesus zu einer Wirklichkeit gemacht. Der
Name Jesus (auf hebräisch Jeshua) bedeutet Erlöser.
Die Bibel versichert uns wiederholt, daß jeder, der

428


diesen Namen anruft, gerettet werden wird. Gott weiß,
daß wir in Sünden empfangen und geboren sind, daß
wir uns mit unsern eigenen Anstrengungen nicht retten
können. Das Opfer Jesu auf Golgatha rettet Sünder,
wenn sie IHN anrufen, denn auch der Ruf ihres
Herzens ist von Seiner Liebe ins Leben gerufen worden.
Erwarten Sie keine Antwort, wenn Sie rufen. Ihr Ruf
ist bereits die Antwort.

In einem Konzert geht es nicht um zwei Dinge: den


Pianisten und das Piano — sondern vielmehr um ein
einziges Erlebnis, den Pianisten am Piano. So enthält
auch der Glaube nicht zwei Seiten, den Sünder, der ruft,
und Gott, der antwortet. Durch sein Erbarmen konnten
Sie IHN anrufen; es ist bereits das Zeichen, daß Sie
angenommen sind. Glauben Sie das, und Sie werden
leben.

Beten Sie auch für die Buddhisten, damit sie den


einzigen Namen kennenlernen, in dem Errettung ist.

12. DEZEMBER



Richtet nicht. (Matth. 7,1)

Ein japanischer Christ, Endo Shisaku, erzählt von


einem japanischen Missionar, der während der großen
Verfolgungszeit im achtzehnten Jahrhundert lebte. Als
er gefangengenommen wurde, erduldete er alle Foltern
mit unbeugsamem Mut und verleugnete seinen Glauben
nicht. Tief in seinem Herzen aber war er tief verstört,
weil Gott schwieg und nicht auf seine Gebete ant-
wortete. Schließlich bat er Jesus, seine Qualen doch
wenigstens etwas zu lindern, aber wieder erhielt er
keine Antwort.

Eines Tages kam die große Entscheidung. Er wurde

429

vor die Wahl gestellt, entweder zusehen zu müssen, wie


Dutzende seiner Mitchristen vor seinen Augen getötet
wurden, oder ihre Freilassung zu erringen. Die andern
mußten nicht widerrufen, aber er selbst mußte öffent-
lich seinen Glauben aufgeben, indem er auf ein Bild von
Jesus mit Füßen trat. Aus Liebe zu seinen Brüdern
wählte er die zweite Möglichkeit. Im Augenblick, als er
auf das Bild trat, hörte er zum ersten Mal Jesus zu sich
sprechen. ER ermutigte ihn, seine Brüder zu retten.

Einer von Jesu Wesenszügen ist die Bereitwilligkeit,


sich in jedem Zeitalter verwunden zu lassen, damit
andere errettet werden. Als sich Pilatus bereit erklärte,
entweder Jesus oder Barabbas freizulassen, wünschte
Jesus die Freiheit des letzteren. So zog ER es bestimmt
auch vor, daß Sein Bild getreten wurde von den Füßen
eines Pfarrers und dafür unschuldige Gläubige nicht
sterben mußten.

Im geheimen blieb Rodrigo ein Christ und brachte


sogar die, die ihn verraten hätten, noch zu Jesus.

Die biblische Lösung ist einfach. Sie heißt, alles zu


ertragen und nie den Herrn zu verraten. Andererseits
aber bringt das Leben auch seine ganz bestimmten
Schwierigkeiten mit sich, und da ist es nicht immer
leicht, die richtige Wahl zu treffen.

Wir wollen in unseren Gebeten voller Liebe der


Führer der offiziellen Kirchen in den kommunistischen
Ländern gedenken. Meistens werden sie als Verräter
bezeichnet, weil sie mit den gottesleugnerischen Re-
gierungen zusammenarbeiten. Viele von ihnen tun es
mit dem Gedanken, dadurch die Kirche und ihre Herde
retten zu können. Gott versteht sie und ist reich an Er-
barmen. Wir wollen es auch sein.

430


13. DEZEMBER

... daß ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, ein-


mütig und einhellig seid. (Phil. 2,2)

Das griechische Wort für Frieden — eirene — heißt


wörtlich: wieder miteinander sprechen. Menschen ver-
stehen sich nicht, weil sie sich nicht aussprechen. Sie
machen zwar viel Lärm, wenn sie beisammen sind, und
nennen das dann eine Diskussion. Sie verändern ihren
Gesichtsausdruck und denken, daß sie sich nun ver-
stehen. Sogar innerhalb unserer Familien und unseres
Freundeskreises bleiben wir uns fremd. Wir leben jahr-
zehntelang zusammen ohne einen normalen Austausch
von Zielen und Gedanken. Wir nützen einander aus zu
unsern eigenen Vorteilen. Wir lieben nicht und werden
nicht geliebt, wir bleiben allein. Die Menschen kennen
die Wege des Friedens nicht.

Sie bestehen darin, daß wir aufhören, mit Worten zu


lärmen und statt dessen beginnen, zu begreifen. So habe
ich sinngemäß das hebräische Wort ledaber, »sprechen«,
übersetzt. Als Wortstamm enthält es davary das heißt
nicht nur Wort, sondern auch Ding, Wirklichkeit,
Ursache. Ein Hebräer soll nicht nur in Worten
sprechen, sondern damit auch Wirklichkeit vermitteln.
Das Wort »wissen« ist im Hebräischen dasselbe wie
»Geschlechtsverkehr«. Auch im griechischen Wort
gnosis sind beide Bedeutungen enthalten. Nur durch
intime Gemeinschaft können wir wissen; durch eine
liebevolle Vereinigung, in der aus zwei Personen eine
Einheit wird. So teilt man sich einander nicht mehr nur
in Worten mit, sondern ebensosehr mit der Wärme der
Gemeinschaft brennender Herzen. In solchen Augen-
blicken gibt es keine Möglichkeit des Zanks.

Im Hohelied Salomos bittet die Braut: »Er küsse

431

mich mit dem Kusse seines Mundes« (1, 2). Niemand


kann sich zanken, wenn sein Mund mit Küssen bedeckt
wird.

Suchen Sie die echte Begegnung mit Ihrem Bruder,


Ihrer Schwester und mit Ihren Mitmenschen. Lassen Sie
es nicht bei einem bloßen Austausch von Worten blei-
ben, sondern suchen Sie eine wirkliche Verschmelzung.
Dann werden wir das Gebot erfüllt haben: »Liebet
einander, wie ich euch geliebt habe.« Jesus ließ es nicht
dabei bewenden, uns diese Worte zu sagen. ER, der
Sohn Gottes, wurde selbst Mensch.

14. DEZEMBER



Auf daß er alles erfüllte. (Eph. 4,10)

Die gesegnete Armelle Nicolas war eine ungebildete


Bauernfrau, die im siebzehnten Jahrhundert in Frank-
reich lebte. Sie sagte: »Gott hat mich zu dem einzigen
Zweck ins Leben gesandt, daß ich IHN liebe. Durch
Seine Gnade habe ich IHN so sehr geliebt, daß ich
IHN nicht mehr auf menschliche Art lieben kann. Es
ist Zeit, daß ich nun zu IHM gehe, damit ich IHN
lieben kann, wie es die Heiligen im Himmel tun.«

Sie erreichte diesen hohen Stand, indem die Gegen-


wart des Herrn für sie ständige Wirklichkeit war.

Sie aß jedes bißchen Nahrung, das von andern als


ungenießbar erachtet wurde, und freute sich, daß sie die
besseren Dinge den andern überlassen konnte. Wenn sie
das Essen für ihre Herrin zubereitete, dachte sie an
Jesus, als die Nahrung ihrer Seele. Wenn sie einen
Hund getreulich seinem Herrn folgen sah, beschloß sie
bei sich, dasselbe zu tun. Wenn sie die geduldigen Schafe
auf der Weide betrachtete, die sich still scheren und

432


schlachten ließen, erinnerte sie sich daran, daß Jesus das
Lamm Gottes ist und dieselbe Haltung eingenommen
hat. Wenn sie sah, wie die Hühner ihre Küken unter
ihre Flügel nahmen, verglich sie sich damit und dachte
daran, daß Jesus sie unter dem Schatten seiner Flügel
bergen wollte. Wenn eine herrliche Blume sie entzückte,
dachte sie an die Worte, mit denen der Herr sich selbst
beschreibt: »Ich bin eine Blume zu Saron und eine Rose
im Tal (Hohelied 2,1). Der Fisch im Meer erinnerte sie
an den Ozean seiner Güte.

Für sie waren alle Dinge Sinnbilder der himmlischen


Wirklichkeiten. Dadurch wurde sie zu einer reifen
Heiligen.

15. DEZEMBER



Sei nicht allzu gerecht. (Pred. 7,16)

Der Apostel Petrus vergoß zwar Tränen, nachdem er


Jesus verleugnet hatte. Als er den auferstandenen Herrn
wieder traf, bat er IHN aber nicht um Verzeihung.
Judas Reue war ganz anders. Er bekannte vor den
Priestern, daß er unschuldiges Blut verkauft hatte.
Petrus war nicht zu der Magd zurückgegangen, vor der
er Jesus verleugnet hatte, um die Sache in Ordnung zu
bringen. Judas gab das für den Verrat erhaltene Geld
wieder zurück. Wie wenige sind zu solcher Wieder-
gutmachung bereit!

Entgegen aller menschlichen Logik empfing Petrus


Vergebung und wurde ein Fürst unter den Aposteln.
Judas hatte viel mehr getan, als nur ein wenig zu
weinen, aber er ging ohne Vergebung weg und beging
Selbstmord.

Das ist immer das Schicksal derer, die allzu gerecht

433

sind, die ihre Reue übertreiben und Werke der Wieder-


gutmachung anhäufen, anstatt sich einfach auf das
Opfer Christi zu verlassen, das nicht nur die Sünden
vergibt, sondern auch die dadurch entstandenen
Schäden heilt.

Im 3. Buch Mose wird für Sünde gegenüber einem


Mitmenschen das Wort asham gebraucht. Die Wieder-
gutmachung, die ein Dieb dem Eigentümer leisten
mußte, wurde ebenfalls asham genannt. In der großen
Prophezeiung in Jesaja 53 wird Jesus asham genannt.
ER ist nicht nur das Opfer für unsere Sünden, sondern
auch der EINE, der wiedergutmachen kann. ER kann
aus jeder Träne, die ein Mensch um unseretwillen
weinen mußte, eine Perle machen. ER kann denen, die
wir getötet haben, neues Leben geben; ER kann denen,
die wir ihrer irdischen Besitztümer beraubt haben,
himmlische Güter geben. Wühlen Sie nicht zu sehr in
Ihrer Vergangenheit herum — nicht einmal um der
Wiedergutmachung willen —, wenn Sie es nicht leichten
Herzens und zuversichtlich tun können. Machen Sie
sich den Weg der Heiligung nicht zu schwer.

Judas tat dies und versagte. Petrus grübelte nicht zu


lange über seine Sünden und siegte. Er vergoß Tränen
der Reue, traf den auferstandenen Herrn und sah, daß
ER immer noch sein Freund war, und damit war die ver-
gangene Sünde abgetan. Sie belastete ihn nicht mehr.

16. DEZEMBER



Es wäre ihm besser, daß er nie geboren wäre.

(Matth. 26,24)

Wäre es auch für Sie besser, wenn Sie nie geboren
wären? Nehmen wir an, die Seele hätte schon früher,

434


vor unserem Leben auf dieser Erde, in einer andern
Sphäre existiert. Nehmen wir an, ich hätte im voraus
um alle Sünden, die ich in diesem Leben begehen würde,
gewußt und um die ganze Kette von Leiden und
Kummer, die sie nach sich ziehen. Ich hätte auch um
allen Kummer gewußt, der auf dieser Welt mein Los ist
und um die Möglichkeit eines ewigen Lebens in der
Hölle. Wenn ich dann die Wahl gehabt hätte, ich hätte
mich geweigert, geboren zu werden. Jesus sagte von
Judas: »Es wäre ihm besser, daß er nie geboren wäre.«
Hat Judas eine Wahl gehabt?

Wir gehören dem Herrn, der die absolute Macht


besitzt. ER nimmt von niemandem Ratschläge an. Wir
wurden geboren, ohne vorher gefragt zu werden. Wir
leben eine Zeitspanne, deren Länge wir nicht bestimmen
können. Wir bestimmen auch nicht eine mögliche Stim-
mung, die uns zum Selbstmord verleiten kann. Ob es
uns gefällt oder nicht: wir werden gerichtet werden.
Anstatt mit diesem Herrn zu rechten, wollen wir uns
lieber vorbereiten auf die Begegnung mit IHM.

Es gibt für die Ewigkeit keine andere Vorbereitung


als der Glaube an das Blut Jesu Christi. Jesus sagte, als
Judas anwesend war: »Das ist mein Blut, das für euch
vergossen ward.« Auch Judas hätte an dem unauflös-
baren Bund dieses Blutes Anteil haben dürfen. Jesus
schämt sich nicht, Sünder seine Brüder zu nennen. ER
hätte sich auch nicht geschämt, den Judas Bruder zu
nennen. ER hatte ihn seinen Freund genannt.

Nur wenn wir dieses Leben als Vorspiel zum ewigen


Leben im Paradies betrachten, wird unser Geborensein
zur richtigen Wahl. Wir können also doch wählen! Wir
können uns für die Wiedergeburt entschließen. Sage ich
dazu ja, stimmt meine Entscheidung mit Gottes Ent-
schluß überein, daß ich Sein Erwählter sein soll.

435


17. DEZEMBER

Aber dem Herrn gefiel es ... ihn zu schlagen.
(Jes. 53,10)

Thérèse von Lisieux hatte ihren Platz bei den Abend-


gebeten vor einer Schwester, die unter einem nervösen
Leiden litt. Sie machte ständig kleine Geräusche, als ob
zwei Muscheln aneinander gerieben würden. Dieser
gleichmäßige Ton irritierte Thérèse ungemein. Aber sie
tadelte die Schuldige nie, nicht einmal mit einem Blick.
Irgend etwas sagte ihr, daß es richtig sei, um der Liebe
Gottes willen mit dieser Störung fertigzuwerden und
die Schwester nicht in Verlegenheit zu bringen. Aber sie
konnte das störende Geräusch nicht überhören. Beim
angestrengten Versuch, sich trotzdem ins Gebet zu ver-
senken, rann ihr der Schweiß über das Gesicht — aber
umsonst.

Dann kam Thérèse auf die Idee, dieses Geräusch zu


lieben. Anstatt mit äußerster Kraft zu versuchen, es zu
überhören, zwang sie sich, aufmerksam darauf zu
lauschen, als ob es sich um himmlische Musik handelte
und ihr Gebet darin bestehe, diese Musik dem Herrn
dazubringen.

Es ist falsch zu versuchen, unseren Ängsten und


Ärgernissen zu entrinnen durch vage Hoffnungen oder
durch Streit mit den Störenfrieden. Ertragen Sie Ihre
Kümmernisse nicht nur; lernen Sie, sie zu lieben und
zu akzeptieren. Als Gott Abraham den Befehl gab, IHM
seinen Sohn zu opfern, gab er ihm auch die zusätzliche
Freude eines drei Tage langen Weges zu einem besonde-
ren Altar. So hatte Abraham gut Zeit, sich zu freuen,
daß Gott von ihm ein solch besonderes, seinem Herzen
teures Opfer annehmen wollte. Er hätte das Holz für
das Feuer auf einem Esel transportieren können. Aber

436


Isaak wollte es selbst auf den Berg hinauf tragen. Große
Opfer sollten nicht mit Geduld, sondern mit Freude
gebracht werden.

Weil es notwendig war, daß Sein Sohn für die Sünden


dieser Welt am Kreuz starb, opferte IHN der himm-
lische Vater nicht unwillig, sondern »es gefiel ihm, ihn
zu schlagen«.

Übernehmen auch Sie diese Haltung gegenüber allem,


was Sie in Ihrem Leben stört, und Sie werden glücklich
sein.

18. DEZEMBER



Wer nun mich bekennet vor den Menschen, den will ich
auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.

(Matth. 10,32)

In Kambodscha fand in einer Kirche eine Gebetsver-
sammlung statt. Da umstellten kommunistische Sol-
daten das Gebäude, und einige traten ein. Sie nahmen
die Bilder von Christus von den Wänden, legten sie auf
die Türschwelle und befahlen: »Jeder, der hinausgeht,
spuckt auf ein Bild und verleugnet Jesus. Wer es nicht
tut, wird erschossen.«

Was hätten Sie getan? Einige hatten Entschuldigun-


gen bereit. Einer hatte eine geliebte Braut, die er bald
heiraten sollte. Ein anderer mußte sich um einen betag-
ten Vater kümmern. Auf einen dritten warteten zu
Hause kleine Kinder. Sie wußten, daß Jesus voller
Vergebung und Verständnis ist. Er weiß, daß diese
Leute unter drohendem Zwang handelten. Also spuck-
ten sie und retteten damit ihr Leben.

Dann kam ein sechzehnjähriges Mädchen an die


Reihe. Sie entschuldigte sich nicht. Die Gewehre waren

437


auf sie gerichtet, und sie konnte wählen zwischen ster-
ben oder auf das Bildnis Jesu spucken. Sie kniete nieder,
küßte das Bild und wischte die Spucke der anderen weg.
Sie liebte Jesus. Tot brach sie über dem Bild ihres
Bräutigams zusammen.

Seelen wie dieses Mädchen sind das Lächeln der


Menschheit. Jesus nennt sich selbst: »Blume zu Saron,
Rose im Tal.« (Hohelied 2, 1). ER erwartet, daß Seine
Kinder Herzen haben, die so rein sind wie die Lilien.
ER wertet solche Reinheit hoch.

Herden gesunder und schöner Schafe kommen aus


der richtigen Zucht. Einem Hirten sagte der Herr:
»Weide meine Lämmer.« Wir wollen unserer Jugend
solch herrliche Beispiele der Liebe bis in den Tod vor
Augen halten.

19. DEZEMBER



Nicht ohne Blut. (Hebr. 9,7)

Die religiösen Juden stehen vor einem Dilemma. Das


Gesetz Mose hält fest, daß Sünden nur durch das
wiedergutmachende Blut eines unschuldigen Opfers
getilgt werden können. Weil aber der Tempel zerstört
ist, gibt es in der jüdischen Religion keine Opfer mehr.
Die Rabbiner lehren deshalb, daß das tägliche Lesen
eines Abschnittes aus dem 3. Buch Mose über die Tier-
opferung von Gott als tatsächliches Opfer angesehen
werde.

Ein Christ betrat einen Laden eines Juden und sagte


dem Besitzer, er müsse Jesus annehmen, weil die Juden
doch keine Opfer mehr hätten. Der Jude gab zurück:
»Sie sind falsch informiert. Unsere tägliche Lesung der
Schrift wird von Gott akzeptiert und zählt so viel wie

438


das Blut der Lämmer in alten Zeiten.«

Der Christ sagte: »Gut, wir wollen nicht mehr über


religiöse Dinge streiten, ich muß einige Sachen kaufen
bei Ihnen.« Er wählte ein Dutzend Hemden, einige
Schuhe, Krawatten und andere Dinge. Dann bat er um
eine Rechnung, die ihm auch ausgestellt wurde. Er be-
gann sie zu lesen : »Hemden kosten soviel, Schuhe soviel
usw., alles zusammen 400,— DM.« Dann sagte er auf
Wiedersehen und verließ den Laden.

Laut rufend rannte der Jude hinter ihm her: »Herr,


Sie haben vergessen zu bezahlen.«

Der Christ gab zurück: »Habe ich nicht die Rechnung


gelesen?«

»Ja, schon, aber Sie haben mir kein Geld gegeben.«

Da sagte der Christ: »Nun, ich habe nur den Rat
Ihrer Rabbiner befolgt. Danach ist das Lesen der Rech-
nung soviel wie deren Bezahlung.«

In dieser Beziehung denken nicht nur die Juden


falsch. Es gibt auch Christen, die glauben, das Sprechen
des Vaterunsers (Unservaters) sei soviel wie Gott als
Vater annehmen, und Jesus Retter nennen sei gleichbe-
deutend wie IHN wirklich als Retter annehmen.

Suchen Sie nach der Wirklichkeit, geben Sie sich nicht


mit leeren Formeln zufrieden.

20. DEZEMBER



(Jesus sagt) Liebet eure Feinde. (Matth. 5,44)

Fünfhundert Jahre bevor Jesus lebte, sagt Sophokles


in »Antigone«: »Ich bin nicht hier um zu hassen, son-
dern um zu lieben.« Auch das Alte Testament lehrt die
Nächstenliebe. Aber Jesus zeigte uns die Liebe auf ihrer
höchsten Höhe: er lehrt uns, auch unsere Feinde zu
lieben.

439


Ilse Blumenthal-Weiß war eine Jüdin, deren Mann in
einer Gaskammer umkam. Ihr Sohn wurde ebenfalls
getötet, und sie selbst war in einem Konzentrationslager.
Dort schrieb sie ein Gedicht, in welchem sie sagt: »Ich
kann nicht hassen. Sie schlagen mich, sie treten mich mit
Füßen. Ich kann nicht hassen. Sie bewerfen mich mit
Steinen. Ich kann nicht hassen. Ich kann nur bitterlich
weinen.«

Es ist eine der höchsten menschlichen Errungenschaf-


ten, sich der Gefühle des Hasses zu enthalten. Gott aber
gibt uns mehr: die Kraft, die Feinde zu lieben.

Nächstenliebe heißt nicht, daß jegliche Begegnung


mit dem Bösen vermieden wird. Jesus stritt sich mit den
Händlern im Tempel und mit den Pharisäern. Er ver-
langt auch von uns nicht, daß wir unsern Feinden
schmeicheln und sie umarmen. Auch ER fiel Kaiphas
nicht um den Hals, aber ER wollte auch mit dessen
bösen Taten nichts zu tun haben. Den Feind zu lieben
heißt, ihn besser zu verstehen, als er es selbst kann. Er
ist blind vor Haß. Wir aber haben eine unvoreinge-
nommene Einstellung ihm gegenüber. Den Feind zu
lieben heißt auch, daß wir zur Selbstverteidigung nicht
dieselben Methoden anwenden müssen wie er es tut. Ihn
zu lieben heißt, daß wir, wie Jesus, seine Schuld auf uns
selbst nehmen, daß wir seine Sünde als unsere eigene
betrachten und versuchen, sie durch Güte ihm und
seinen Opfern gegenüber wieder gutzumachen.

Wenn wir uns das Beispiel Christi vor Augen halten,


können wir das tun durch die Kraft des Heiligen
Geistes.

440


21. DEZEMBER

Wir rühmen uns auch der Trübsale. (Rom. 5,3)

Thérèse von Lisieux half bei der großen Wäsche im


Kloster mit. Die Nonne, die ihr gegenüber arbeitete,
spritzte ihr jedesmal, wenn sie ein nasses Wäschestück
aufhob, schmutziges Wasser ins Gesicht.

Thereses erster Impuls war, zurücktreten und sich das


Gesicht abzuwischen, um der Schwester zu bedeuten,
daß sie etwas falsch mache. Dann durchzuckte sie ein
Gedanke: »Du bist dumm, nicht anzunehmen, was du
umsonst haben kannst.« So beschloß sie, ihren Ärger zu
verbergen und statt dessen die schmutzige Besprinkelung
gern zu haben. Schließlich wurde sie ihr so lieb, daß sie
auch an andern Tagen zurückkam, um sie zu erhalten.

Jesaja hat die schrecklichen Leiden Jesu voraus-


gesagt. Wir würden es als normal ansehen, wenn Jesus
das Lesen dieses Buches und das Nachdenken darüber
vermieden hätte. Aber im Gegenteil: dieser Teil der
Schrift war seine Lieblingslektüre. Jesaja ist der einzige
Schreiber, der von Jesus gelobt wird: »Wohl fein hat
Jesaja von euch geweissagt« (Matth. 15,7). Heißen Sie
das am meisten gefürchtete Böse willkommen; sehen Sie
den Schwierigkeiten gerade ins Gesicht. Dann werden
Sie nicht mehr von ihnen verfolgt werden.

Ein russischer Christ wurde gefragt: »Wie konnten


Sie die Folterungen ertragen?« Er antwortete: »Seit
meiner Bekehrung habe ich mir täglich vorgestellt, wie
es sein würde, wenn ich gefoltert würde, denn ich wußte
immer, daß dies eines Tages auf mich zukommen
würde. Als es dann soweit war, zerbrach ich nicht
daran. Ich war vorbereitet.«

Wer immer die Füße des gekreuzigten Christus um-


faßt, umfaßt auch den Stamm des Kreuzes. Wer immer

441


IHM nachfolgen will, muß täglich sein Kreuz auf sich
nehmen. Erwarten Sie Ihr Kreuz voller Freude; es wird
eine Quelle des Segens sein.

Gerade als Abraham bereit war, sein größtes Opfer


zu bringen, gab ihm Gott die herrliche Verheißung:
»... daß ich deinen Samen segnen und mehren will wie
die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des
Meeres« (1. Mose 22,17).

22. DEZEMBER



So ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen.

(Rom. 5,12)

In der Sankt-Lorenz-Kirche in Nürnberg steht eine
Statue, die die »Frau der Welt« genannt wird. Sie hat
ein herrliches Gesicht und ist mit viel Schmuck geziert.
So sieht sie von der einen Seite aus. Von der andern
Seite bietet sich dem Beschauer ein gänzlich anderes
Bild: ein Skelett, auf dem Schlangen kriechen.

Der heilige Franz von Sales gab einer Christin, die als


Hofdame am französischen Königshof verpflichtet
war, sich auf Gesellschaften kostbar gekleidet zu
zeigen, den Rat, die Eitelkeit folgendermaßen zu be-
kämpfen: vor jedem Anlaß sollte sie sich einige Augen-
blicke still vor den Spiegel stellen und sich ihr Aussehen
als Skelett vorstellen.

Das sind zwar keine angenehmen Gedanken, aber es


gibt nichts das sicherer ist als unser Tod. Ein Beerdi-
gungsinstitut ist die krisensicherste Unternehmung. Es
ist kindisch, den Gedanken an den Tod fliehen zu
wollen.

Jesus wußte, daß ER sterben würde, aber ER konnte


dem Tod Trotz bieten. Er sagte: »Brecht diesen Tempel

442


ab, und am dritten Tage will ich ihn aufrichten« (Joh.
2,19). Auch Paulus ließ sich nicht einschüchtern: »Denn
wir wissen, daß wir, wenn unsere irdische Zeltwohnung
abgebrochen sein wird, einen Bau haben, den Gott
bereitet hat« (2. Kor. 5,1).

Es ist leicht, das ewige Leben zu erhalten. Jesus sagt


in Joh. 5,24: »Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Wer
mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat,
der hat das ewige Leben.«

Glauben Sie jetzt an den Herrn Jesus, und Sie dürfen


die Gewißheit haben, daß der Tod nicht das Letzte ist.
Er ist nur der Eingang zu einem herrlicheren Leben.

23. DEZEMBER



Indem er Knechtsgestalt annahm. (Phil. 2,7)

Mitleiden heißt wörtlich: mit dem Mitmenschen


leiden. Reiche und hochgestellte Menschen, aber auch
Menschen der Mittelschicht müssen lernen, die Welt
auch von den untern Schichten aus zu sehen. Wer gut-
gestellt ist, feiert an Weihnachten ein großes Fest, ohne
den Sinn erfaßt zu haben.

Jesus kam auf diese Erde, um selbst zu erfahren wie es


ist, wenn man vom Himmel enttäuscht wird: wenn man
hungrig ist und es kein Manna regnet; wenn die einzige
Unterkunft ein Stall ist, obwohl man kein Ochse ist;
wenn man gekreuzigt wird, und unter dem Kreuz wird
gespielt und gewürfelt; wenn man zu Gott schreit und
keine Antwort erhält.

Könnten nicht auch die Menschen der mittleren und


oberen Klassen solche Erfahrungen sammeln? Warum
sollten sie nicht ein paar Wochen lang hungern, wie es
ihre Brüder ohne eigene Schuld in Mali und Bangladesh
tun müssen?

443


Jesus sagte, daß auch ein Dieb in das Himmelreich
hineingehen dürfe; ein Schwarzer aber oder ein schlecht
gekleideter Mensch darf den Garten eines Reichen nicht
betreten. Der Dieb darf mit den Engeln spielen; das
arme Kind aber darf nicht mit dem Kind des Reichen
in Berührung kommen.

Der Hund darf mit seiner Herrin auf dem Sofa


liegen; der Diener aber, der den ganzen Tag im Garten
gearbeitet hat oder das Dienstmädchen mit den ge-
schwollenen Füßen, sie dürfen sich nicht setzen.

Ich weiß, es gibt viele Argumente, die dagegen spre-


chen, gegen die Armen allzu mild zu sein, da es ihnen
schaden könnte. Die Frage ist aber nicht, welche Argu-
mente die Reichen vorzubringen haben, sondern wie
diese Dinge von unten aussehen, vom Standpunkt der
sechzig Prozent der Menschheit aus, die hungern oder
unterernährt sind.

Jesus lehrte uns den Armen zu geben und sie nicht


in angemessener Distanz von uns zu halten. Wir sollen
vielmehr die »Armen, die Krüppel, die Lahmen, die
Blinden« (Luk. 14,13) zu uns ins Haus einladen, wenn
wir ein Fest machen. ER hat auch Sie, Sünder, einge-
laden, in den Himmel zu kommen.

24. DEZEMBER



Meine Kinder, um die ich abermals Geburtsschmerzen
leide, bis Christus in euch Gestalt gewinne.

(Gal. 4,19)

Jesus kam ganz sicher nicht am 25. Dezember auf die
Welt. Im Dezember ist es in der Umgebung Jerusalems
des Nachts bitter kalt, und deshalb war es nicht üblich,
daß in dieser Jahreszeit die jüdischen Hirten ihre Her-

444


den auf dem Felde ließen.

Die Bibel sagt uns nicht, an welchem Datum Jesus


Mensch wurde. Während des Römischen Reiches war
der 25. Dezember ein Fastnachtsfest zu Ehren der Son-
ne. Die Christen nützten das aus und feierten bei dieser
Gelegenheit die Geburt ihres Erlösers, weil so die Ver-
folger mehr Schwierigkeiten hatten, sie zu entdecken.
Für die ersten Christen war dieses Fest aber nicht nur
ein Gedenktag der leiblichen Geburt Jesu — die an
irgendeinem Tag der Geschichte geschehen war —, sie
feierten auch das täglich neue Wunder der Geburt Jesu
in den Herzen derer, die IHN als Erlöser annahmen.

Jesus kam in einem Stall auf die Welt und wurde in


eine Krippe gelegt. Es war nicht recht, daß die Hirten,
von denen jeder mindestens ein Hüttlein besaß, und die
Weisen mit ihren bequem ausgestatteten Häusern und
Palästen es zuließen, daß der neugeborene König in
Seiner armseligen Unterkunft bleiben mußte. Sie hätten
IHN zu sich in ihre Heime nehmen müssen. Jesus gehört
nicht in eine Krippe, und noch viel weniger an ein
Kreuz. ER ist auch nicht glücklich, wenn ER im Him-
mel bleiben muß. Der Platz, nach dem ER sich sehnt, ist
unser Herz; dort will ER sein.

Der Augenblick, da ER in meinem Herz geboren wird


und ich für IHN zu einer Maria werde, ist das wirkli-
che Weihnachtsfest. Jesus wünscht sich immer wieder
Mütter. »Denn wer den Willen tut meines Vaters im
Himmel, der ist mein Bruder, Schwester und Mutter«
(Matth. 12, 50).

In diesem Sinn wollen wir Weihnachten feiern.

445

25. DEZEMBER



Uns ist ein Kind geboren. (Jes. 9,5 [6])

Im hebräischen Originaltext fährt der Prophet mit


dieser Weissagung über das Kommen des Erlösers fort:
»Ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf
seiner Schulter; und er heißt Wunderbar, Rat, helden-
mütiger Gott« {El Ghibor).

Es war ganz bestimmt ein heldenmütiger Entschluß,


den Himmel und die Welt der Engel zu verlassen; in
einem Stall geboren zu werden und von frühester
Kindheit an in Lebensgefahr zu schweben; ein Leben
der Sorgen, das schließlich am Kreuz enden würde, zu
führen zur Rettung einer Menschheit, die diesem Opfer
nicht einmal Dankbarkeit entgegenbringt. Unser Herr
aber wußte, daß schlußendlich dank diesem Opfer das
Gute triumphieren würde, und deshalb nahm ER es auf
sich.

Weihnachten ist der Gedenktag für diesen helden-


mütigen Gott.

Der hervorstechendste Zug seiner Nachfolger ist


deshalb Heldenmut. Oberflächlichkeit und Lauheit
gehören nicht zum Christentum.

Ein bekannter Prediger hatte einen Trinker als Vater


und eine gottesfürchtige Mutter. Sie lehrte ihn von
frühester Kindheit an bestimmte geistliche Übungen.
Sie ließ ihn ein Glas Wein, Spielkarten, Würfel, por-
nographische Zeitschriften, Geld und eine Fotografie
von ihm selbst auf den Boden legen. Dann ließ sie ihn
darauf herumstampfen indem er laut rief: »Nein,
nein!«, und wieder »nein, nie!« Dann sagte er zu sich
selbst: »Ich gehöre einem heldenmütigen Gott, und ich
werde immer nein sagen zu den Versuchungen der
Sünde.«

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Wir wollen uns stets an die Geburt des göttlichen
Helden erinnern und die bequemen Wege vermeiden.
Wir wollen die Entscheidung treffen, die jeder Held der
Geschichte gemacht hat: »Gewinnen oder vergehen,
niemals aber nachgeben.«

26. DEZEMBER



Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst.

(Matth. 16,24)

Ein zwölfjähriger Knabe wurde gefragt, was er
werden wolle. »Missionar in Afrika«, gab er zur Ant-
wort.

»Warum?«


»Weil ich dann Löwen jagen kann.«

Viele von uns haben dieselbe Einstellung. Wir wollen


Christen sein. Warum? Weil wir dann im Himmel einen
besseren Platz haben werden.

Das richtige Motiv für einen guten Christen ist die


Bereitschaft, ein schwereres Stück des Kreuzes auf sich
zu nehmen. Der wiedergeborene Mensch möchte ein
besserer Christ sein, damit in Zukunft, wenn er durch
Kummer und Leid gehen muß, seine erste Frage nicht
sein wird »wie kann ich da herauskommen«, sondern
»wie kann ich in dieser besonderen Situation dem Reich
des HERRN nützlich sein?« Keine unserer Leiden treffen
uns zufällig. Sie sind alle von einem liebenden Gott
vorherbestimmt. Das Schiff mit den Jüngern geriet in
einen Sturm (Matth. 8,23—27). Der Herr wollte ihnen
zeigen, wie sie damit fertigwerden könnten, denn in
Zukunft würden sie noch manchen erleben.

ER weckt Sie frühzeitig auf, wenn Sie in Gefahr sind,


unterzugehen. Bis dahin aber, leiden Sie still und ar-

447


beiten und kämpfen Sie eifrig. Dafür sind Sie ein Christ
geworden, nicht nur um den Himmel zu genießen.

Missionare werden nicht nach Afrika gesandt, um


den Nervenkitzel einer Löwenjagd zu erleben.

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