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Landtag von NÖ, IV. Gesetzgebungsperiode II. Session 11. Sitzung am 25. April 1947


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Die Elementarversicherung ist ebenfalls eine solche Notwendigkeit. Es ist jetzt zwar, wie ich gehört habe, eine allgemeine Hagelversicherung geschaffen worden, nachdem diese aber keine Zwangsversicherung ist, ist es immer so, daß die Leute in den gefährdeten Gebieten die Versicherung abschließen, wo aber diese Gefahr nicht so groß ist, wird eine Versicherung nicht abgeschlossen, weshalb die Prämien höher werden. Es müßte also hier eine Regelung von Landes wegen getroffen werden, die eine Erleichterung bedeutet und die Auswurzung der einzelnen Wirtschaftsbesitzer verhindert.

Ich habe im vorigen Jahr auch einen Antrag wegen Verbesserung des Wahlrechtes in die Bauernkammer eingebracht. Vielleicht nehmen wir uns einmal im Wirtschaftsausschuß oder Verfassungsausschuß Zeit, wenigstens im Winter, wenn nicht schon früher, und setzen wir uns zusammen, wo es schön warm ist, denn Kohle werden wir hoffentlich nächstes Jahr schon haben, und reden wir einmal davon, warum der, der nur 1 ½ Joch Grund hat und stark an der Scholle hängt, jetzt kein Wahlrecht haben soll, weil er nebenbei noch ein Eisenbahner oder Gewerbetreibender ist, während der Großgrundbesitzer das Wahlrecht hat, auch wenn er seinen Grund und Boden nicht selbst bearbeitet. Eine Demokratisierung ist also hier gewiß am Platz, denn wenn er schon mitzahlen muß, soll er auch mitreden können.

Nun einiges über das Genossenschaftswesen. Im Genossenschaftsgesetz ist eine Bestimmung drinnen, die aus dem Jahre 1873 stammt und nach welcher der Vorstand die Aufnahme eines Mitgliedes ohne Angabe von Gründen ablehnen kann. Ich bin selber in einer solchen Lagerhausgenossenschaft. Ich habe mich selbst gleichsam hineingetaucht, denn gern haben sie mich nicht aufgenommen (Beifall links), und jetzt sehe ich, wie es dort zugeht. Da heißt es: Warum lehnen wir den ab? Antwort: Der hat zu wenig Grund. Wir haben es auch in der Heimatgemeinde des Herrn Bundesministers Kraus erlebt, daß man nahezu hundert Leuten, die vor ihrer Aufnahme als Mitglieder die Genossenschaftsbeiträge gezahlt 'haben, diese wieder zurückgeschickt hat. Die Großen, die dort beisammen gesessen sind, sind nämlich darauf gekommen, wenn die Hundert einmal zu wählen anfangen, dann bekommen wir einen Vorstand von lauter Kleinen. Einzelne können ja geduldet werden, sagt man, aber nicht so viele. Das ist aber für unsere Landwirtschaft und für unsere Genossenschaftsbewegung von großem Schaden. Es gehört also auch hier eine Demokratisierung.

Ein weiteres Kapitel sind die Landwirtschaftskammern. Wir haben neun Bundesländer; in jedem Land besteht eine Landwirtschaftskammer, nur die Wiener sind mit der Errichtung dieser Kammer noch nicht fertig, denn da machen (zu der rechten Seite des Hauses gewendet) Ihre Leute Schwierigkeiten. Die Landwirtschaftskammern zusammen haben aber keinen Kopf. Wir haben wohl eine Bundeshandelskammer und eine Arbeiterkammer, aber kein Forum über die Landwirtschaftskammern. Wir haben zwar die so genannte Präsidentenkonferenz, die jetzt 30.000 bis 40.000 S kostet, die die Steuerzahler aufbringen müssen. Auch da wollen Sie wieder allein sein und uns nicht hineinlassen. So etwas ist aber in der Demokratie nicht möglich. Wir haben zwar einen Vizepräsidenten in Niederösterreich, im Burgenland und in Kärnten, aber die Präsidentenkonferenz bedeutet nichts als eine ganz lose Zusammenkunft der Kammerpräsidenten, die miteinander beraten. Wir Sozialisten im Parlament haben keinen Zweifel darüber gelassen, daß von dieser Präsidentenkonferenz begutachtete Gesetze nicht zur Kenntnis genommen werden. Wir werden dafür sorgen, daß eine demokratische Präsidentenkonferenz oder eine Bundeslandwirtschaftskammer zustande kommt. Wenn einmal ein Hecht im Karpfenteich drinnen ist, dann wird sich etwas rühren (Beifall links), denn sonst versulzt alles.

Ich möchte zum Schluß noch sagen, daß ich mich bemüht habe, in kurzer Form einiges vom Vorjahr in Erinnerung zu bringen und die großen Schwierigkeiten aufzuzeigen, die in puncdo Ernährung jetzt bestehen.. Wegen des Saatgutmangels hoffe ich, daß jetzt der Hohe Landtag zustimmen wird, daß wir die Landesregierung auffordern, alles zu veranlassen, daß das Versäumte nachgeholt und der Landwirtschaft das gegeben wird, was sie notwendig braucht. (Lebhafter Beifall links.)
Abg. BACHINGER: Hohes Haus! Die beiden Vorredner haben schon in erschöpfenden Berichten darauf hingewiesen, wie notwendig das Kapitel Landeskultur ist. Ich will mich nicht des längeren darüber auslassen, sondern bei dieser Gelegenheit nur das anführen, was unbedingt notwendig ist.

In das Kapitel Landeskultur fallen auch die landwirtschaftlichen Schulen. In diesen Schulen soll der junge Bauer alles das erlernen können, was er braucht, um in dieser schweren Zeit bestehen zu können. Es ist schon wiederholt darauf hingewiesen worden, was unsere Jugend in der vergangenen Zeit körperlich und geistig mitmachen mußte. Es ist also in der jetzigen Zeit gewiß am Platze, daß man unserer Jugend alles das gibt, was sie für ihr zukünftiges Leben braucht. In den landwirtschaftlichen Schulen hat man einjährige Lehrgänge eingeführt, um es der breiten Masse der bäuerlichen jugend zu ermöglichen, diese Schulen auch tatsächlich zu besuchen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ganz besonders darauf hinweisen, daß man auch auf die halbjährigen Winterschulen nicht verzichten soll, denn diese geben dem Bauern die Möglichkeit, seinen Sohn hinzuschicken, weil er ihn ja die einjährige Schule oft nicht besuchen lassen kann, da er ihn in den Sommermonaten infolge des Arbeitenmangels in der Wirtschaft selbst braucht.

In Gießhübl bei Amstetten haben wir eine solche einjährige Schule und es wäre auch dort die Möglichkeit, in halbjährigen Winterkursen einen theoretischen Unterricht zu erteilen. In der Praxis könnten die jungen Bauern dann im Elternhaus, bei der Ernte, beim Heuschnitt usw. ausüben, was sie in diesen Winterkursen theoretisch gelernt haben. Herr Abg. Glaninger hat erwähnt, daß in der landwirtschaftlichen Schule seines Bezirkes der Direktor und die Lehrer im Jahre 1945 das Weite gesucht haben und daß die Schule deshalb nach Kriegsende sehr schwer heimgesucht worden ist. Ich möchte an dieser Stelle dem Herrn Direktor Werner von der Schule in Gießhübl den herzlichen und aufrichtigen Dank dafür aussprechen, daß er in der schweren Zeit, als die SS. sich zurückgezogen hat und die Besatzungstruppen eingezogen sind, in der Schule verblieben ist. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass der Viehstand in dieser Schule bis auf 90% erhalten geblieben ist und daß die einzelnen Gebäude keinen Schaden erlitten haben. Im vorigen Jahr wurde dort ein Lazarett für kranke Frauen eingerichtet. Sie haben dort Hilfe bekommen, so daß sie wieder gesund entlassen werden konnten. Jetzt ist diese Schule wieder frei gemacht worden und wenn dort ein halbjähriger Kurs eingerichtet wird, wird davon unsere Bevölkerung einen Vorteil haben. Die Bauernschaft hat bestimmt ein Anrecht darauf, daß in dieser schweren Zeit des Arbeitermangels Gelegenheit gegeben ist, in dieser Schule einen entsprechenden Nachwuchs heranzubilden.

In der Presse wird heute wiederholt von dem Kraftwerk Ybbs- Persenbeug geschrieben. Ich bitte mich nicht mißzuverstehen, ich bin natürlich nicht gegen dieses Werk, da durch dieses die Möglichkeit gegeben ist, die so genannte weiße Kohle zu erzeugen, damit wir die schwarze Kohle nicht vom Ausland einführen müssen. Dieses Kraftwerk Ybbs- Persenbeug soll bekanntlich eine Jahresenergie von 800 Millionen bis 1 Milliarde Kilowattstunden liefern, wie wir es bei den seinerzeitigen Vorbesprechungen im Energieministerium gehört haben. Durch dieses Kraftwerk wird es möglich sein, billigen Strom zu liefern, wovon die Bevölkerung besondere Vorteile haben wird. Wenn man ein solches Werk baut, das Österreich Vorteile bringen wird, dann soll man über die armen Teufel, die durch den Bau betroffen sind, nicht hinweg gehen und ihnen wenigstens das geben, was ihnen gebührt. Es handelt sich da nicht um Großgrundbesitzer, sondern der größte Teil der Betroffenen sind kleine Besitzer, und zwar hauptsächlich in meinem Bauernkammergebiet, im Bezirk Amstetten. Es sind dies die kleinen Grundbesitzer in den Gemeinden Ardagger, Kollmitzberg und gegen Wallsee hinauf. Es handelt sich da durchwegs um erstklassigen Boden, der ausgezeichnet zu bearbeiten ist, weil er eben ist. Im vorigen Herbst, als nach der großen Trockenheit in den Sommermonaten die Donau aus den Ufern getreten ist, haben diese kleinen Leute wieder großen Schaden erlitten. Unter solchen Verhältnissen darf man sich nicht wundern, wenn die Leute nicht in der Lage sind, die Kartoffeln abzuliefern, da diese durch die Überschwemmung zugrunde gegangen sind. In den nächsten Monaten, wenn die wasserrechtlichen Verhandlungen stattfinden, wird Gelegenheit sein, darauf hinzuwirken, daß, wenn dieses Werk, welches für ganz Österreich von so großem Nutzen sein soll, errichtet wird, dies nicht auf Kosten der dortigen Bevölkerung geschieht. Ich hoffe, daß man bei den wasserrechtlichen Verhandlungen auch dafür das notwendige Verständnis aufbringen wird. In den nächsten Wochen wird übrigens auch Gelegenheit sein, daß die in Betracht kommenden Donaugemeinden eine Flurgenossenschaft gründen, welcher die einzelnen Gemeinden als Mitglieder angehören, deren Vertreter zu den wasserrechtlichen Verhandlungen bei gezogen werden sollen.

Im alten Projekt war das Stauwerk mit 9 m vorgesehen, nach dem jetzigen ist eine Stauung von 10 72 m vorgesehen. Damals ist die Stauung nur bis Ardagger gegangen, jetzt reicht sie wesentlich weiter hinaus, was wegen der Mehrerzeugung von Kilowattstunden notwendig sein muß. Da es sich da aber ausschließlich um sandigen Boden handelt und daher bei Donauhochwasser das Wasser durchdringt, wird es notwendig sein, auf der Seite des Flußbettes einen separaten Kanal zu ziehen, damit dieses Gebiet einer Drainage zugeführt werden kann. Ich möchte daher bitten, wenn Gelegenheit dazu ist, diesen Standpunkt zu vertreten und armen Betroffenen die notwendige Hilfe angedeihen zu lassen. (Beifall rechts.)
Landesrat Abg. GENNER: Die Politik der Täuschung und Selbsttäuschung wirkt sich auf keinem anderen Gebiet so verhängnisvoll aus, wie auf dem des Ernährungswesens. Diese Politik ist eine der Ursachen dafür, daß wir uns, von kleinen und vorüber gehenden Besserungen abgesehen, in einer ständigen Ernährungskrise befinden, durch die Gesundheit und Arbeitskraft eines großen Teiles des Volkes, vor allem der Arbeiterschaft, langsam untergraben wird. Es ist zu befürchten, dass die Folgen dieser Schädigung der Volksgesundheit noch lange andauern werden.

Auch in der letzten Zeit ist wieder einmal die beruhigende Versicherung abgegeben worden, daß wir über den Berg sind, die Lebensmittel für die nächste Versorgungsperiode gesichert sind usw. Die Hausfrauen allerdings wissen es besser, wie es um die Sicherung der Ernährung bestellt ist. In Wien stehen die Fleischaufrufe auf dem Papier, in Niederösterreich sollen die Fleischrationen auf die Hälfte gekürzt und durch Hülsenfrüchte ersetzt werden, die wir allerdings noch nicht haben. Vor einigen Tagen war eine Konferenz der Landeshauptmänner und es wurde eine Unterkommission, bestehend aus dem Landwirtschaftsminister, dem Ernährungsminister und den Landesernährungsreferenten, gebildet, die dafür sorgen soll, daß die ausständigen Fleischmengen von den Bundesländern bis Mitte Mai nachgeliefert werden. In der Tat sind aber die Viehanlieferungen wieder beträchtlich zurückgegangen. Die Folge ist, dass Fleisch wohl in die Kalorien eingerechnet, aber nicht ausgegeben wird.

Die Voraussetzung für eine geregelte Fleischversorgung ist eine einheitliche Ernährungswirtschaft in ganz Österreich. Aus Niederösterreich sind 17.000 Tonnen Getreide in andere Bundesländer gebracht worden. Bald nach der Ernte ist Getreide aus Niederösterreich nach Salzburg befördert worden. Gegen einen Getreideausgleich ist selbstverständlich nichts einzuwenden, aber es muß gleichzeitig ein Viehausgleich durchgeführt werden. Davon ist bis heute trotz allen Versprechungen keine Rede. Der Herr Landeshauptmann hat selbst einmal darüber Klage geführt, daß die Viehaufstockung in Niederösterreich gefährdet ist, während es in den westlichen Bundesländern einen Viehüberschuß gibt.

Die Viehaufbringung versagt auch deswegen, weil die Großaufkäufer, denen praktisch die Aufbringung übertragen ist, kein Interesse an der Aufbringung haben, wenn sie nicht mit einem guten Geschäft verbunden ist. Um ihnen dieses Geschäft zu sichern, wurde ein Ausgleichsfonds von 500.000 S im Februar geschaffen. Als dieser Ausgleichsfonds aufgezehrt war, ist die Viehanlieferung sofort zurückgegangen. Nun spekulieren sie auf eine Erhöhung der Viehpreise, bei denen vor allem sie den größten Gewinn einheimsen wollen. So wird durch das Spekulantentum, das in Österreich die Wirtschaft beherrscht, die Volksernährung gefährdet.

Auch die Bauern werden durch das Spekulantentum schwer geschädigt. Zu Spekulationszwecken werden UNRRA - Maschinen zurückbehalten und den Bauern vorenthalten. Diese Maschinen sind vom Landwirtschaftsministerium von der UNRRA. angefordert und ihr Preis ist selbstverständlich in den gesamten Betrag, der von der UNRRA. für Österreich aufgewendet worden ist, eingerechnet worden.

Die Bauern werden aber auch auf andere Weise geschädigt. Der kleine Bauer, der eine Kuh abliefern muß, die er zum Einspannen braucht, erleidet, wenn er eine solche Kuh abliefern muß, einen schweren Schaden, der geradezu seine Existenz bedroht. Dazu kommt, daß die Großbauern weit besser mit Futtermittel versorgt sind als die kleinen Bauern. Es wäre also nur gerecht, wenn die Großbauern bei der Viehablieferung weit schärfer als die Kleinbauern herangezogen würden.

Immer wieder kommen Klagen vom Land, daß die kleinen Bauern kein Saatgut, vor allem keine Gerste und keinen Hafer, erhalten haben. Die kleinen Bauern mußten gemäß der gesetzlichen Vorschrift 40% der Gerste abliefern. Dennoch sind die Ablieferungsrückstände bei Gerste und Hafer groß. Das kommt daher, daß die Großgrundbesitzer, wie auch aus dem Bericht des Getreidewirtschaftsverbandes hervorgeht, diese Ablieferung sabotiert haben. So wurden dem Großbetrieb Wunschek – Dreher bei Schwechat ebenfalls 40% der Ernte zur Ablieferung vorgeschrieben. Er hat aber nicht ein Kilogramm abgeliefert. Wie ich erfahren habe, redet sich nun die Güterdirektion darauf aus, daß sie nur Saatzuchtgerste besitze. Aber dann hätte sie trotzdem diese 40% liefern müssen, zumal da viele Kleinbauern keine Gerste haben. Manche Großbetriebe haben auch wein Getreide abgeliefert mit der Begründung, daß sie nur Saatgutgetreide haben. Auch das wurde in Berichten des Getreidewirtschaftsverbandes zugegeben.

Über die Aufbringung des Notopfers gibt es noch keinen abschließenden offiziellen Bericht. Es steht aber jetzt schon fest, daß in den Gebieten, in denen es vor allem kleine und mittlere Bauern gibt, das Notopfer zur Gänze aufgebracht worden ist.

Auch bei Getreide wollen die Großaufkäufer und Verteiler ein gutes Geschäft auf Kosten der Bauern und Verbraucher machen. Wenn der Großaufkäufer, was oft der Fall ist, gleichzeitig auch der Großverteiler ist, kann er sich 25 Groschen Aufkäuferspanne, 1,80 S Verteilerspanne und 20 Groschen Mengenabschlag, das sind insgesamt 2,25 S für 100 kg verrechnen. Auf diese Weise hat ein Wiener Großeinkäufer, der auch Verteiler ist, in Zusammenarbeit mit einer Großmühle in fünf Monaten 106.000 S für sich gebucht. Die Getreidelieferungen hat er nie zu Gesicht bekommen. Er hat lediglich den Getreideverkauf gebucht und Fakturen ausgestellt. In anderen Ländern, z. B. in der Tschechoslowakei, wird planmäßig dafür gesorgt, den Weg vom Produzenten zum Verbraucher abzukürzen und durch die Ausschaltung der Zwischengewinne dem Bauern höhere Preise und dem Verbraucher erträgliche Preise zu sichern. Bei uns wird planmäßig das Spekulantentum immer wieder eingeschaltet und bevorzugt, zum Schaden der Bauern und Verbraucher.

Dabei gibt es eine Unzahl von Ämtern und Behörden und auch noch die Wirtschaftsverbände, die sich irgendwie mit der Ernährung befassen. Die Tätigkeit der Wirtschaftsverbände soll nach dem Gesetz in einigen Monaten beendet sein. Die Kontrolle der Wirtschaftsverbände ist durch die neuen Bestimmungen über die Zusammensetzung der Ausschüsse, die zu je einem Drittel aus Vertretern der Produzenten, des Handels und der Konsumenten bestehen sollen - früher gab es einen Ausschuß, der je zur Hälfte aus Vertretern der Produzenten und Konsumenten bestand - verschlechtert worden. Aber auch diese verschlechterten Ausschüsse funktionieren noch gar nicht. Außer dem Getreidewirtschaftsverband hat noch kein einziger Verband den neuen Ausschuß einberufen, so daß in den übrigen Verbänden völlig kontrollos gewirtschaftet wird. Dabei scheint es Bestrebungen zu geben, die Tätigkeit -der Wirtschaftsverbände, die sich allgemein verhaßt gemacht haben, auch über die frist, die ihnen nach der letzten Verlängerung gesetzt ist, auf irgendeine Weise zu verlängern.

Die Not in Österreich nimmt kein Ende, sie breitet sich aus, von den Industrieorten in die Dörfer, wo auch die kleinen und mittleren Bauern unter der ganzen Mißwirtschaft immer mehr leiden. Die einzigen Nutznießer dieser Mißwirtschaft sind die Spekulanten und großen Schleichhändler, zu deren Bekämpfung so gut wie nichts geschieht.

Großgrundbesitzer, Großhändler und Großaufkäufer sabotieren die Ernährung. In Österreich wird im Gegensatz zu anderen Ländern das Ziel verfolgt, das Spekulantentum zu schützen und den Großgrundbesitz in die Höhe zu bringen und ihm neue Profite zuzuschanzen. Aber auch in Österreich ist, wie in anderen Ländern, die Bodenreform, wie gerade die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, eine Notwendigkeit zur Sicherung der Ernährung.

Im burgenländischen Landtag haben alle drei Parteien einen gemeinsamen Beschluß gefaßt, mit dem die Bundesregierung und das Parlament aufgefordert werden, die Vorarbeiten für die Durchführung der Bodenreform zu beschleunigen. Auch in Niederösterreich ist die Bodenreform äußerst dringlich geworden, deshalb beantragen wir, daß auch der Niederösterreichische Landtag in einer gemeinsamen Resolution die Durchführung der Bodenreform von der Regierung und dem Parlament verlangt. Die Bauern und Landarbeiter, aber auch die Arbeiter in den Industriegebieten, die die Bedeutung der Bodenreform erkannt haben, würden einen solchen Beschluß freudig begrüßen.

Viele und große Anstrengungen werden notwendig sein, um die Ernährung des Volkes in den nächsten Monaten und auch im kommenden Jahre zu sichern. Niemand kann behaupten, daß bis jetzt ernsthafte Anstrengungen gemacht worden sind. Die Schwierigkeiten, die es gibt und die noch kommen werden, können ohne Zweifel überwunden werden, wenn man endlich einmal aufhört, fortzuwursteln und die Dinge treiben zu lassen, wenn man die wirtschaftlichen und politischen Tatsachen sieht und verantwortungsbewußt, unter Heranziehung aller demokratischen Kräfte, planmäßig die Hindernisse abbaut und nicht nach den Interessen der Großhändler und Großgrundbesitzer, sondern einzig und allein entsprechend den Interessen des Volkes in Stadt und Dorf handelt.


Abg. REIF: Hohes Haus! Die Not der Zeit wird uns zur Ausnützung aller Möglichkeiten zwingen, die geeignet sind, unseren Lebensunterhalt zu verbessern. Eine solche Möglichkeit ist die initiative Ausnützung unseres heimatlichen Grund und Bodens und die initiativste Ausnützung unseres Bodens ist die Obstbaumzucht, der Obstbau. Wir sind in der glücklichen Lage, ein Klima und Bodenverhältnisse zu haben, welche sich eben ganz besonders für den Obstbau eignen, und es ist unsere Aufgabe, diesen Vorzug auch wirklich auszunützen. Wie sieht es mit unserem Obstbau derzeit aus? Wir wissen ganz genau, wie es im letzten und im vorletzten Jahr mit der Obstversorgung ausgesehen hat. Es war nicht einmal möglich, den Kindern das notwendigste Obst zukommen zu lassen, in einem Land, das 12 Millionen Obstbäume hat! Das heißt, auf jeden Einwohner, und ich rechne Wien dazu, kommen vier Obstbäume und diese vier Obstbäume waren nicht imstande, jedem Einwohner Obst zu verschaffen, ganz abgesehen davon, daß, wie wir wissen, auch in Niederösterreich selbst in manchen Gegenden es nicht möglich war, den Kindern Obst zu geben. Woher mag das wohl kommen? Ein großer Teil dieser gezählten 12 Millionen Obstbäume ist nicht wert, daß sie auf ihren Platz stehen, weil sie eben keinen Ertrag liefern. Große Gebiete, wo Obstbäume Platz hätten, sind noch da, die aber vollständig unausgenützt sind und für andere Zwecke gar keine Verwendung finden können; selbst wenn die Grundbesitzer die Absicht hätten, diesem Mangel abzuhelfen, sind sie nicht in der Lage, sich Obstbäume zu verschaffen, weil es Obstbäume nicht zu kaufen gibt. Die geringen Mengen, die die Baumschulen noch aus dem Krieg gerettet haben, sind nur ein Tropfen auf einen heißen Stein. Wenn der Herr Präsident Mentasti uns mitgeteilt hat, daß im vergangenen Jahr ungefähr 160.000 Obstbäume zu haben waren, so scheint die Anzahl sehr hoch zu sein. Wenn wir aber bedenken, daß die 12 Millionen Obstbäume, die wir haben, eine ungefähre 25jährige Lebensdauer haben, dann brauchen wir jedes Jahr das Vierfache von dem, was geliefert wurde, um nur den jährlichen Abgang allein zu decken. Mit dem also, was im vergangenen Jahr zu haben war, können wir noch lange nicht aufbauen. Wir haben nicht nur den Krieg hinter uns, der so viel zerstört hat, sondern wir haben auch zwei Katastrophenwinter hinter uns, die eine Menge Obstbäume, besonders Zwetschkenbäume vernichtet haben; zum Teil sind die Obstbäume vollständig zugrunde gegangen, größtenteils aber kranken sie dahin und man sieht heute schon wirklich selten wüchsige, gesunde Obstbäume als Folge dieser fürchterlichen Winterkälte. Ein Nachpflanzen war nicht möglich. Ein großer Teil der Obstbäume trägt nicht, weil seinerzeit Sorten aus den Baumschulen geliefert wurden, die sich für unsere Gegend nicht geeignet haben. Sie sind hingesetzt worden, sind groß geworden und der Besitzer wartet mit einer Engelsgeduld, die einer besseren Sache würdig wäre, von Jahr zu Jahr auf die Obsternte, die sich nicht einstellen will. Es wäre Aufgabe des Landes, hier ganz großzügig einzugreifen. Ich erinnere mich an eine Aktion, die nach dem ersten Krieg in der Wachau durchgeführt wurde. Dort hat es eine Menge Mostobstbäume gegeben; man ist daran gegangen, sie zu veredeln und der Erfolg war ganz wunderbar. Der Ertrag tritt nach zwei bis drei Jahren ein und der Bauer erntet nicht, nur die gleiche Menge, sondern auch wertvolles Obst, das er nicht nur zum Pressen verwenden kann, sondern das er unter verhältnismäßig viel besseren Umständen absetzen kann. Er kann ruhig auch seinen Most weiter erzeugen, denn auch unter den Edelobstarten gibt es ganz ausgezeichnete Mostsorten.

Eine zweite Erscheinung, die sehr traurig ist, ist der trostlose Zustand der meisten Obstbäume. Es müßte irgend etwas geschehen, um den Besitzern dieser Bäume klar zu machen, daß Bäume nicht nur gepflanzt werden dürfen, um sie stehen und verkümmern zu lassen, sondern daß sie auch eine Pflege brauchen. Der Obstbaum braucht auch eine Düngung und da sieht es ziemlich trostlos aus. Ich weiß ganz genau, daß die Bauern sagen, wir brauchen unseren Dünger für die Felder, für die Obstbäume bleibt uns kein Dünger über. Aber die Verwendung des Düngers für die Obstbäume macht sich reichlich bezahlt und da möchte ich auf etwas hinweisen, was eigentlich uns allen am Herzen liegen soll. Der Kollege Bachinger hat gesagt, daß wir bisher versäumt haben, aus der Donau die Wasserkraft herauszuholen. Wir haben aber auch etwas anderes versäumt; wir führen nämlich in die Donau etwas hinein, was wir brauchen könnten. Es ist eine Schande, daß der Inhalt der Kanäle einer Zweimillionenstadt in einer Zeit, wo es kaum möglich ist, den notwendigen Dünger aufzutreiben, ungenützt in die Donau fließt und es gibt kaum mehr eine Weltstadt, die es sich leisten kann und die es sich leistet, diesen Inhalt unausgenützt davon schwimmen zu lassen. Die Gemeinde Wien selber wird vielleicht als Stadt weniger Interesse daran haben. Das Land Niederösterreich müßte aber alles daransetzen, damit dieses nutzvolle Gut nicht unausgenützt Verloren geht. Da müsste wirklich meiner Meinung nach etwas Großzügiges geschehen. Nun weiß ich genau, dass mit den Ratschlägen, die wir da geben und die vielleicht in der Zeitung stehen werden, nichts getan ist. Wir müssen dafür sorgen, daß eine gewisse PIanmäßigkeit in dem Aufbau unserer Obstanlagen eintritt. Was kann nun vom Land aus geschehen? Wir hatten früher im Land Niederösterreich Versuchsanlagen, eine in Amstetten und eine in Korneuburg. Die Auswirkung der Tätigkeit dieser Anlagen können wir heute noch genau beobachten. Wir wissen, daß der Bezirk Amstetten unser größtes Obsthaugebiet geworden ist und es ist eine Freude, zur Blütezeit durch diesen Bezirk zu fahren. Beide Anstalten sind nun leider verschwunden. Es ist meiner Meinung nach höchste Zeit, daß solche Versuchsanstalten in den verschiedenen Obstbaugebieten Niederösterreichs wieder errichtet werden. Unsere Gebiete sind derart verschiedenartig, daß solche Obstversuchsanlagen in besonders bevorzugten Gebieten nicht ausreichen. Wir müssen eine solche Versuchsanstalt jedenfalls oben im Waldviertel haben. Es müßte solche Versuchsanstalten aber auch im gebirgigen Gebiet geben, denn es ist nicht wahr, daß sich diese Gebiete nicht für den Obstbau eignen. Mit dem, was man aus den Obstbaumschulen im Tullner Feld oder Marchfeld bezieht, kann man natürlich im Waldviertel und in den südlichen, gebirgigen Teilen unseres Landes keinen Obstbau betreiben, aber auch für diese Gebiete gibt es ganz vorzügliche Sorten, die den Obstbau auch in diesen Gebieten noch zu einem lohnenden Erwerb machen würden. Diese Verhältnisse zu prüfen wird Aufgabe dieser Anstalten sein. Es wird notwendig sein, Bodenuntersuchungen zu machen, um festzustellen, welche Sorten, Unterlagen und Baumarten überhaupt sich für das betreffende Gebiet eignen. Wir brauchen uns nur die Kremser Gegend ansehen, was war dort vor 30 Jahren für ein Obstbau? Kaum nennenswert! Heute haben Sie dort herrlich blühende Obstanlagen, die jedes Jahr neue und reiche Ernte bringen. Wir haben z. B. amerikanische Äpfel eingeführt zu einem ganz unglaublichen Preis. Es wird mit der Zeit sicherlich möglich sein, unsere Mitbewohner zu überzeugen, daß wir imstande sind, viel bessere Äpfel auf den Markt zu bringen, als diese amerikanischen Äpfel, die wohl sehr schön aussehen, aber sich geschmacklich gar nicht mit unseren Edeläpfeln, die bei uns wachsen, vergleichen lassen. Meiner Meinung nach werden wir hinsichtlich des Getreidebaues bestimmt nicht mit den weiten Ebenen Amerikas konkurrieren können, aber in Bezug auf Obst werden wir immer und für alle Zeiten infolge unserer klimatischen Vorzüge jede Konkurrenz aushalten. Wir haben es daher nicht notwendig, Obst einzuführen, sondern wir werden in der Lage sein, unser Obst als wertvolles Kompensationsobjekt ins Ausland zu bringen und damit Güter einzutauschen, die wir einführen müssen, weil wir sie in der Menge, die wir brauchen, auf eigenem Grund und Boden nicht erzeugen können. Das ist der Hauptgrund, warum wir eine großzügige Aktion in der Beziehung des Obstbaues ins Leben rufen sollen. Der Herr Kollege Mentasti hat uns erzählt, daß man Vorsorge getroffen hat, den Baumschulen durch Einführung von Obstunterlagen die Möglichkeit zu geben, ihre Baumschulbestände wieder aufzufrischen. Ich war in der Kammer drüben und habe gesehen, was da eingeführt wurde. Es ist unglaublich, wie hoch die Preise sind. Daß man da mit unseren Stopppreisen nicht auskommt, ist klar. Diese Unterlagen müssen wieder zurückgehen, weil sie ganz einfach dürr und unbrauchbar sind und dabei noch einen Preis haben, der die Veredlungen, die damit erzeugt werden können, von Haus aus gewaltig verteuern würde. Wir müssen uns soviel als möglich und wo wir können vom Ausland unabhängig machen. Ich habe nie begriffen, warum hei uns immer und immer wieder Obstunterlagen eingeführt wurden. Wir selber sind imstande, diese Obstunterlagen zu produzieren und wir müssen den Landwirten begreiflich machen, daß es überhaupt keinen Zweig der Landwirtschaft gibt, der einen so großen Reinertrag bringen kann, wie gerade diese Obstunterlagen. Selbst wenn wir die billigen Preise in Rechnung stellen würden, kämen auf den Quadratmeter Erträge heraus, die geradezu fabelhaft sind. Wir brauchen vor allem entsprechende Unterlagen für jene Sorten, die sich für uns eignen. Jeder, der sich mit Obstbau beschäftigt, weiß ganz genau, wie viel von der richtigen Unterlage für einen ertragreichen Obstbau abhängt. Man hat früher nie gewußt, warum tragen von zwei Bäumen der gleichen Sorte, wenn sie nebeneinander stehen, der eine reichlich, der andere nichts. Wir wissen jetzt, daß die Unterlage die Ursache ist. In einer so wichtigen Angelegenheit müßten wir daher alles daransetzen, diese Unterlagen selbst zu erzeugen, um uns vom Ausland unabhängig zu machen. Das hat meiner Meinung nach keine besonderen Schwierigkeiten und das wäre eine der Aufgaben der zu gründenden Versuchsanstalten in den verschiedenen Gebieten. Ein Hindernis, das einer solch großzügigen Ausgestaltung des Obstbaues entgegensteht, ist die Interesselosigkeit der Landwirte. Der Obstbau ist immer und immer wieder nur so nebenbei behandelt worden, denn der Bauer sagt, dazu hätte er keine Zeit, dazu fehle ihm der Platz und dergleichen. Es wird heute von den Landwirten mit Recht immer und immer wieder über den Mangel an Grund und Boden geklagt, ein Bodenhunger sondergleichen macht sich geltend, aber gerade der Obstbau ist es, der imstande ist, auch auf kleinen Besitztümern seinen Mann wirklich zu ernähren. Ich kann Ihnen sagen, daß gerade in der Wiener Umgebung Leute sind, die nur ein paar Joch Grund haben und die durch einen intensiven Obstbau ein auskömmliches Leben führen können, aber nicht nur jetzt, wo die Leute herauskommen und die paar Kilogramm Obst, die sie bekommen, gut bezahlen, sondern auch zu einer Zeit, wo es den Landwirten im großen und ganzen nicht sehr gut gegangen ist. Auch damals haben unsere Obstbauern ein sehr schönes und einträgliches Einkommen gehabt. Da heißt es also natürlich nicht rückständig sein. (3. Präsident übernimmt den Vorsitz.) Wenn wir z. B. sehen, daß in Niederösterreich Riesenanlagen von Ribisel sind, bei denen die eine Staude 10 bis 15 kg und eine andere 4 bis 5 kg abwirft, und wenn es bei Höflein einen Mann gibt, der eine große Anlage Stachelbeeren hat und der pro Staude – das wurde von der Landwirtschaftskammer amtlich geprüft - 11 ½ kg Durchschnittsertrag geerntet hat, so sieht man, daß hier Möglichkeiten sind, die nicht nur einem einzelnen gelingen, sondern jedem gelingen können, der sich wirklich damit befaßt und der seine Zeit und seine Arbeit darauf verwendet. Dazu ist es aber auch notwendig, daß wir das Wissen über diese Dinge verbreiten und allgemein machen.

Wir haben für alle Wissensgebiete eigene Schulen, nur gerade für den Obstbau gibt es eigentlich, wenn man es ganz genau nimmt, keine. Die Schule in Klosterneuburg, die eine Bundesschule ist, ist eine Weinbauschule, obwohl sie sich offiziell Wein- und Obstbauschule nennt. In Wirklichkeit ist sie eine Weinbauschule, in der der Obstbau nur so nebenbei unterrichtet wird. Auf der Hochschule wird im Obstbau fast gar nichts gemacht, weil sich für den Obstbau keine Hörer interessieren. Deswegen wird es Aufgabe des Landes sein, auch Obstbauschulen zu errichten, in denen für die Zukunft tüchtige Pomologen erzogen werden. Unsere Alten sind ausgestorben, Nachwuchs gibt es keinen und es ist unsere Aufgabe und unsere Pflicht, für einen solchen Nachwuchs zu sorgen. Ich bin fest überzeugt, wenn es uns gelingt, alle Möglichkeiten, die uns unser Heimatland auf diesem Gebiet bietet, auszunützen, dann haben wir für unsere Heimat viel geleistet. Es gibt nicht viele Vorzüge, die uns in derart reichem Maß zur Verfügung stehen, wie gerade die für unseren Obstbau besonders klimatisch geeigneten Verhältnisse. Dies zu erkennen und auszunützen ist unsere Aufgabe. (Beifall links.)

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