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Landtag von NÖ, IV. Gesetzgebungsperiode II. Session 11. Sitzung am 25. April 1947


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Abg. ETLINGER (liest): Hoher Landtag! In den nun bereits abgeführten Sitzungen der Budgetberatung haben die Vertreter aller Parteien hier im Hohen Landtag wiederholt zu der frage des Wiederaufbaues Niederösterreichs Stellung genommen und wurde auch bereits zum wiederholten Male so ziemlich allen Ständen unseres Landes der Dank und die Anerkennung ausgesprochen, den diese in den vergangenen Monaten durch ihre Haltung, Opferbereitschaft und unbeugsamen Arbeitseinsatz sich bestimmt in überreichem Maße verdient haben. Mir dünkt, daß aber gerade einem Stand ein Übersehen zuteil wurde, der es aber sicherlich am wenigsten verdient, ungenannt zu bleiben, wenn es gilt, von Arbeitseinsatz und Opferbereitschaft zu sprechen. Das ist unsere brave und fleißige Bauernschaft Niederösterreichs! Es liegt mir vollkommen ferne, die Verdienste, die Opferbereitschaft der anderen Stände, seien es die Arbeiter oder die Vertreter des Handels und des Gewerbes, der freien Berufe zu schmälern oder gar zu bestreiten. Wir alle, die wir die Ehre haben, diesem Hohen Haus anzugehören, wissen, daß die gesamte Bevölkerung unseres engeren Heimatlandes Niederösterreich zu schwerst durch die Kriegsereignisse zu leiden hatte und doch treu und unverzagt in all der bitterschweren Zeit standgehalten hat. Es soll keine Zurücksetzung der anderen Stände sein, wenn ich im, besonderen der Opferbereitschaft und Arbeitseinsatzwilligkeit unserer Bauernschaft Niederösterreichs gedenke, sie besonders erwähne und dadurch auch besonders hervorhebe. Über 41 % der gesamten Bevölkerung Niederösterreichs gehört dem Bauernstand an fast die Hälfte der niederösterreichischen Bevölkerung vertritt jenen Stand, dem in der heutigen so schweren Zeit eine besondere Aufgabe zuteil wurde und wird. Aufgaben, von deren restlosen Lösung und Erfüllung zum nicht geringen Teil die Sicherheit und der Bestand unseres, Vaterlandes abhängt. Und nun widerfuhr gerade diesem so wichtigen Faktor in unserer Wirtschaft seit mehr als zwei Jahren die allerbitterste Schwierigkeit, erstanden ihm mitunter, schier unüberwindliche Hemmnisse. Schon vorher unter der Zeit der braunen Diktatur waren die Arbeits- und Lebensverhältnisse in der Landbevölkerung nicht leicht. Der seit langen Jahren bestehende Mangel an Arbeitskräften wurde durch die sich keiner vernünftigen Erwägung zugänglichen Einrückungsbefehle fast ins Unerträgliche gesteigert und verschärft. Die Schwierigkeit, unter denen die Landbevölkerung in einem gewissen latenten Zustand zu leiden hatte, erhob sich ins Katastrophale, als in den Frühlingstagen die geschlagene deutsche Armee plan- und regellos zurückflutete. Gerade als es galt, die Anbauarbeiten durchzuführen, als es galt, für das kommende Jahr die Aussaat durchzuführen, verging wohl kaum ein Tag, an dem jedwedes Arbeiten auf den Äckern und Feldern zur Unmöglichkeit wurde. Dort, wo es den Befreiungsarmeen gelungen war, im raschen Vorstoß vorzudrängen, unterblieb vielfach der Frühjahrsanbau zur Gänze oder wurde der bereits durchgeführte Anbau durch Kriegshandlungen zerstört und vernichtet. Unzählbares Ackerland wurde durch Bombeneinwirkung für jede Bewirtschaftung unbrauchbar gemacht, Haus und Hof durch Artilleriebeschuß oder durch die abziehenden Truppen oder andere Kriegshandlungen niedergebrannt, Pferde und Wagen weggeführt. Wer jemals die verwüsteten und eingeäscherten Orte an der Ostbahnstrecke oder an der Südbahn, im Marchfeld oder hinauf in die Horner und Mistelbacher Gegend erschaut hat, der kann sich eine Vorstellung machen, welch namenloses Leid über tausende unserer bravsten der Bauern niedergeprasselt ist. Und dieses Leid, dieser Kummer und diese Plage und Vernichtung hat nicht Schluß gefunden, als endlich ·die Kampfhandlungen vorüber waren.

Dieses von mir dem Hohen Haus aufgezeigte Leid, dieser unsagbare Kummer, die bittere Not auf diesem Gebiet unserer niederösterreichischen Bauernschaft wird noch verschärft und vergrößert, daß tausende und abertausende Angehörige des Bauernstandes noch weit von ihrer Heimat entfernt einer unbestimmten Zukunft entgegenharren. Wer all diese Schwierigkeiten richtig erkennt und beurteilt, wird umso leichter die Leistungen unserer Bauern in den letzten zwei Jahren verstehen und dementsprechend hoch einschätzen. Die niederösterreichische Bauernschaft hat in den letzten zwei Jahren nicht nur ihre ganz selbstverständliche Pflicht erfüllt, nein, darüber hinaus hat sie aus der Erkenntnis der harten Notwendigkeit, des unbeugsamen Willens, alles daranzusetzen, um mit aller Kraft und Möglichkeit dem gesamten Volk zu helfen, in geradezu vorbildlicher und beispielgebender Opferbereitschaft und Arbeitsfreudigkeit trotz aller Widerwärtigkeiten und Unbillen der Zeit ihre verpflichtenden und freiwilligen Arbeiten gelöst und ist ihnen gerecht geworden. Und dafür gebührt der Bauernschaft von Niederösterreich Dank und Anerkennung. Ich bitte das Hohe Haus, sich diesem Dank und dieser Anerkennung anschließen zu wollen.



Wenn ich heute hier im Hohen Haus als Bauernvertreter, der für die Anliegen aller Stände weitestgehendes und offenherzigstes Verständnis empfindet, im besonderen die Verdienste unserer niederösterreichischen Bauernschaft feststelle und festhalte, so kann ich anderseits nicht umhin, über bestimmte unehrliche, falsche und parteipolitisch aufgezogene Beschuldigungen und Beschimpfungen des Bauernstandes Klage und Rückweisung zu erheben. Es ist keineswegs dem guten Einvernehmen der Stände, aber auch nicht dem der Parteien vom Vorteil, wenn immer wieder in gehässigster, unanständiger und demagogischer Art und Weise die gesamte Bauernschaft für die Fehler und Vergehen einzelner Pflichtvergessener verantwortlich gemacht wird. Die Bauernschaft hat bereits aus eigenen Reihen zu wiederholten Malen darauf verwiesen, daß sie nicht gewillt ist, Standesgenossen, die sich ihrer Pflicht und Verantwortung nicht bewußt sind oder werden, weiterhin zu ertragen oder gar zu decken. Ich kann dem Hohen Haus die bestimmteste Versicherung geben, daß die Bauern Niederösterreichs bestimmt den Willen, aber auch die Möglichkeit haben, dort, wo irgend, einer aus ihren Reihen sich gegen die bestehenden Vorschriften und Gesetze wirklich vergeht, durchzugreifen und Ordnung zu schaffen. Wir wissen zu genau, daß Sonderinteressen und schädliche Einzelallüren in der Zeit schwerster Not untragbar sind. Aber genau so untragbar und schädlich ist eine volksverhetzende Pauschalverdächtigung eines Standes, nur deswegen, weil darunter das eine oder das andere unehrliche und den gesamten Stand schädigende Mitglied sich befindet. Vor kurzem wurde in Wien und Siegendorf ein ganz raffinierter Zuckerskandal durchgeführt. 47.500 kg Zucker wurden unrechtmäßig bezogen. Dieses Quantum entspricht einer halben Wochenration der Wiener Bevölkerung. Um diesen Zucker erzeugen zu können, ist die Bearbeitung von annähernd 17 ha Ackerland nötig. Wer die Kultur der Zuckerrübe kennt, kann ermessen, welch unendliche Arbeit, welcher Fleiß und Schweiß aufgebracht werden muß, um zu einem befriedigenden .Ernteergebnis zu gelangen. Ganz bestimmt mehr, als zu der Gaunerei des Zuckerskandales erforderlich war! Die näheren Berichte über diese Angelegenheit waren bisher ziemlich spärlich. Soviel wurde bekannt, daß ein Chinese, ein Prokurist und auch ein Betriebsrat bei diesem unerhörten, einzig dastehenden, wirklichen Volksverbrechen die Hände im Spiel hatten. Wem fiele, nun ein, alle Chinesen als Volksverbrecher, Wirtschaftsschädlinge und Saboteure hinzustellen? Wer würde alle Prokuristen oder gar alle Betriebsräte als solche hinstellen? Würde dies nicht eine demagogische und unehrliche Verdrehung der gegebenen Tatsachen sein? Und wenn da oder dort ein unehrlicher, schmutziger und lumpiger Direktor oder Prokurist, Betriebsrat oder Arbeiter irgend, eine Tat setzt, die wirklich einer Sabotage und einem Verbrechen gleichkommen sollte, wer würde daraus einen Schluß auf alle Angehörigen dieses Standes oder Berufes ziehen? Wir Bauern wissen um die überwiegende Anständigkeit und Lauterkeit der Arbeiter und Angestellten und ihrer Vertreter. Ist bis zum heutigen Tag in diesem Hohen Haus die überwiegende Anständigkeit des Bauernstandes unbekannt geblieben? Ist sie vor allem unbekannt in jenen Kreisen, die sich nicht genug bemühen können, den Bauern parteipolitisch in ihre Reihen zu bekommen. freilich liegt da die Sache anders, wenn einer sich einer anderen Richtung, als wie es der Bauernbund ist, zuwendet. Da kann auf einmal so ein so genannter Saboteur ein armer von Paragraphen und Vorschriften verfolgter Landwirt sein, der nur aus Not und Verzweiflung gehandelt hat! Hohes Haus, bleiben und werden wir ehrlich! Nehmen wir alle zu allem Geschehen das gleiche Maß und vergehen wiruns nicht an der Wahrheit. Das Hetzen und Verhetzen hat wahrlich niemals einem Volk Nutzen und Vorteil gebracht. Da sind wir doch alle schon draufgekommen, und ich glaube, auch die Vertreter der anderen Parteien hier in diesem Saal. Wenn nicht, dann ist es tief bedauerlich und wäre es schade um die Vergeblichkeit all der bitteren, traurigen Jahre, die wir gemeinsam in Not und Elend verbringen mußten! Im Interesse gemeinsamer Aufbauarbeit unseres Niederösterreich, aber darüber hinaus unseres gesamten Vaterlandes appelliere ich eindringlichst und aufrichtigst an die beiden Parteien von der linken Seite, künftig objektiver, aufrichtiger und sachlicher die mühevollen und unter den schwersten Verhältnissen geleisteten Arbeiten der gesamten Bauernschaft zu beurteilen und darüber in ihren Blättern zu berichten.

Hohes Haus! Es hat wohl noch selten eine Zeit gegeben, in der soviel von Freiheit geredet wurde, wo so wenig Freiheit wirklich zu verspüren war wie gerade heute! Ich will jetzt nicht über die so sehnsuchtsvoll erhoffte und immer wieder versprochene Freiheit des Vaterlandes sprechen. Ich will nicht über die Freiheit und Menschenwürde des Arbeiters in den Fabriken und Arbeitsstätten viele Worte verlieren. Wir alle wissen, daß es in der Wirklichkeit wohl ganz anders aussieht als in der Theorie. Und wenn jemand glauben sollte, daß die Bauernschaft über besondere Freiheit verfügt, der könnte sich gar rasch überzeugen, daß auch in diesem Stand davon gar wenig zu sehen ist. Das Wort vom freien Bauern auf freier Scholle ist in einem Dickicht von Verordnungen und Vorschriften, Paragraphen und Anweisungen verloren gegangen. Wir Bauern sind klug und verständig genug, um nicht zu wissen, daß die heutige Zeit und ihre Mühseligkeiten nur dann restlos gemeistert werden können, wenn allgemein gültige, Handel und Wandel leitende und lenkende Bestimmungen festgelegte Bahnen weisen. Gewiß, wir erhoffen und erstreben auch sobald als möglich wirtschaftspolitische Freiheit im Rahmen der gegebenen Möglichkeit. So wie alle freiheitsliebenden in Österreich, so wünschen wir Bauern uns ehestens die volle Freiheit unseres Handelns. Noch ist die Zeit dazu nicht gegeben und, wie bereits gesagt, können wir vernünftig und gerecht gehandhabten Vorschriften Verständnis entgegenbringen, freilich ohne daran besonderen Geschmack zu finden. Mit aller Kraft und Entschiedenheit wenden wir uns aber gegen eine Auslegung und Handhabung von Vorschriften und Gesetzen, die allein oft aus parteipolitischen, oft aus bürokratischen Erwägungen oder aus Unkenntnis getätigt werden. Der Bauer darf nicht freigut parteipolitischer Agitation werden, genau so wenig, wie engherziger, kleinlicher Paragraphenreiterei.

Ein besonderes Kapitel, das unerschöpflich ist an verschiedenen Auslegungen und Handhabungen, bildet das Bedarfsdeckungsgesetz. Das Bedarfsdeckungsgesetz, das in seiner nun sehr 'verschärften Handhabung eine ganz besondere Härte gegenüber der Bauernschaft bedeutet, ist an und für sich schon bei gerechter Auslegung der Bestimmungen auf die Dauer untragbar. Kommt noch dazu eine ungerechte Spruchpraxis der Schnellgerichte, so kann ein Urteil die Existenz einer ganzen Bauernfamilie in frage stellen. Einige Beispiele mögen das Vorgebrachte beleuchten und bestätigen.

Ein Bauer im Bezirk Scheibbs verkauft zum gesetzlichen Preis zwei Ferkel. Diese waren vorschriftsmäßig mit ordnungsmäßigem Viehpaß abgedeckt. Der Bauer wird vom Schnellgericht St. Pölten zu drei Wochen Arrest verurteilt, weil die Dringlichkeitsbescheinigung fehlte. Ich möchte feststellen, daß durch Erlaß der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs die Erbringung einer Dringlichkeitsbescheinigung nicht notwendig ist.

Ein zweiter Fall. Ein anderer Bauer verkaufte ein Paar Zugochsen in die Nachbargemeinde ebenfalls zum gesetzlich erlaubten Preis. Ebenfalls ist dieser Verkauf ordnungsgemäß mit Viehpaß abgedeckt. Auch war, weil nicht nötig, keine Dringlichkeitsbescheinigung vorhanden. Dasselbe Gericht verurteilte diesen Bauern zu zwei Wochen Arrest und zum Verfall der Kaufsumme von 2100 S.

Wieder ein anderer Bauer verkauft zum gesetzlich vorgeschriebenen Preis ein Kalb. Viehpaß ist vorhanden, Dringlichkeitsbescheinigung fehlt. Urteil des Schnellgerichtes St. Pölten drei Wochen Arrest und 2000 S Strafe.

Wieder ein anderer Bauer benötigte Saatkartoffeln und tauschte sich dieselben gegen Kleie bei einem anderen ein. Der Bedarf an Kartoffeln war dringendst, da ansonsten die Anbauarbeiten verspätet hätten durchgeführt werden müssen. Anderseits wurde die Kleie für Viehfütterung verwendet und so die Milchsteigerung gesichert. Das Schnellgericht St. Pölten findet es für gerecht, im Sinne des Bedarfsdeckungsgesetzes den Mann zu einer Arreststrafe von einem Monat zu verurteilen.

Das sind nur einige Beispiele. Ich könnte dem Hohen Haus noch mehr solcher krasser Fehlentscheidungen vorlegen. Trotzdem die Käufe vollkommen in Ordnung und nach den gesetzlichen Bestimmungen sowie nach den Vorschriften der Bezirkshauptmannschaft durchgeführt wurden, sind diese Leute empfindlichst bestraft worden.

Hat man heute nichts anderes zu tun, als Bauern, die nichts getan haben, einfach einzusperren? Oder glaubt man, daß die Bauernschaft über Geldmittel verfügt, die solche enorme Strafen erlauben? Schauen Sie sich doch einmal die Preise an, die der Bauer für seine Erzeugnisse bekommt! Für ein Ei 10, für ein Kilo Kartoffel 9 und für einen Liter Milch 32 Groschen. Man treibt mit solchen Handlungen ja zielbewußt zum Schwarzverkauf, bei dem ganz andere Preise erzielt werden.

Ich bitte den Herrn Landeshauptmann, alles daranzusetzen, damit künftig solche Fehlurteile unterbleiben und die bereits gefällten überprüft und aufgehoben werden. Das Bedarfsdeckungsgesetz ist sicherlich nicht sehr demokratisch, ist aber vor allem ungerecht, parteiisch und daher in seiner heutigen form unhaltbar. Ungerecht und parteiisch, weil es sich nur auf die Produkte und Erzeugungen der Bauernschaft bezieht. Wenn der Bauer aber anderseits lebenswichtige Materialien und Geräte, Werkzeuge und Maschinen benötigt, dann erhält er auf normalem Weg in den seltensten Fällen das Gesuchte. Wie oft kommt es vor, daß nicht ein Nagel im Haus zu finden ist, um die nötigsten Reparaturen durchführen zu können. Und dabei ist mir bekannt, daß in manchen Eisenhandlungen Nägel in nicht zu geringer Menge lagernd sind, ja sogar in Zeitungsinseraten angeboten werden. jetzt ist höchste Zeit, daß die Instandsetzung der Weidezäune durchgeführt wird. In kürzester Zeit soll das Jungvieh auf den Almen getrieben werden. Es wird unterbleiben müssen, weil die Nägel nicht erhältlich sind, die Zäune in Ordnung zu bringen. Und was das für unsere Vieh und Futterwirtschaft bedeutet, kann eben wieder nur der verstehen und ermessen, der genügend Einsicht und Klarheit, aber auch objektives Denken über diese Frage besitzt. Genau so liegen die Verhältnisse bei Beschaffung von allen anderen Eisenwaren, seien es nun Pflugscharen, Schmiedeisen, Draht und alle übrigen einschlägigen Eisenwaren ja, auf normalem Weg ist es den Bauern kaum möglich, sich die so dringend notwendigen Materialien zu beschaffen. Er muß entweder wahnsinnig hohe Preise zahlen oder aber eben einfach wieder etwas Nahrhaftes dafür liefern. Diese Zustände sind untragbar. Untragbar für die Bauernschaft, aber auch untragbar für die gesamte Wirtschaft. Bedarfsdeckungsgesetz gut, aber dann dieses Gesetz für alle Mangelwaren, die lebenswichtig und für große Teile der Bevölkerung Existenz bedeutend sind. Die Bauernschaft Niederösterreichs verlangt daher die Ausdehnung dieses Gesetzes auch auf jene Waren, die, wie gesagt, als lebenswichtig zu bezeichnen sind und nicht aus der Landwirtschaft kommen.

Über den Mangel von Arbeitskräften in der Landwirtschaft ist schon so viel gesprochen worden, daß ich wohl glaube, diese Frage im, besonderen nicht weiter erörtern zu müssen. Es wird aber auch immer viel von den vollen Fleischtöpfen der Bauern gesprochen. Man sollte doch glauben, daß nun ein Strom von Arbeitswilligen sich in die Richtung dieser Fleischtöpfe ergießt. Nun, dies ist leider nicht der Fall. 70.000 Arbeitskräfte fehlen in der Landwirtschaft. Es ist natürlich ganz unmöglich, daß dieser Kräftemangel restlos auch durch die aufopfernde Tätigkeit der Bauern und ihrer Familien aufgeholt werden kann. Es muß sich auch in der breiten Bevölkerungsmasse das Verständnis durchsetzen, dass Arbeiten am Land keineswegs eine Schande oder Herabsetzung der persönlichen Bewertung des Arbeitenden bedeutet. Die Schaffung eines modernen, weitgehenden Landarbeitergesetzes wird in nächster Zeit den Nationalrat beschäftigen. Die gesamte Bauernschaft begrüßt dieses Gesetz und ist sich dessen sicher, daß, wie auf allen anderen sozialen Gesetzgebungen, auch hier Österreich beispielgebend voranschreiten wird. Die Gediegenheit und Güte, die klare soziale. Einstellung des Gesetzesvorschlages hat auch beachtenswerter weise die Anerkennung der links stehenden Parteien gefunden. Die Landarbeiterfrage sozial, gerecht, lebensbejahend, modern und weitestgehend zu regeln, ist nicht nur Aufgabe der Bauernschaft, sondern darüber hinaus vordringlichste und vornehmste Aufgabe aller verantwortungsvollen und gewissenhaften Wirtschaftler und Politiker!

Hoher Landtag! Wenn ich in meinen bisherigen Ausführungen die Sorgen und An liegen der Bauernschaft vorgetragen habe, so will ich damit lediglich einen wahrheitsgetreuen 'Und der Wirklichkeit entsprechenden Tatsachenbericht dem Haus vorgelegt haben. Dieser Bericht würde aber auch im bescheidenen Rahmen unvollständig und lückenhaft sein, würde ich nicht imstande sein, die vorher aufgezeigte Opferfreudigkeit und Arbeitsbereitschaft der niederösterreichischen Bauern unter Beweis zu stellen.

Im nachfolgenden erlaube ich mir dem Hohen Haus die im Wirtschaftsjahr 1946/47 getätigten Ablieferungsziffern zu unterbreiten. Diese Angaben betreffen den Bezirk Scheibbs und sind genauest festgestellt worden. Bis zum Jahre 1944 wurden in den Bezirk Scheibbs jährlich 100 Waggon Kartoffeln zu je 10 t eingeführt. für das Jahr 1944 wurden diesem Bezirk an Ablieferungspflicht für Kartoffeln, 90 Waggon zu je 10 t vorgeschrieben. Abgeliefert hat der Bezirk Scheibbs im Jahre 1946 das Dreifache, nämlich 270 Waggon zu 10 t. In der Schlachtviehlieferung wird bis Ende April die Zahl von, 5107 Rinder und über 1000 Kälber erreicht sein. für die Weihnachts- und Osteraktion hat der Bezirk 749 Schweine aufgebracht und 610 kg fett. An Getreide ist die Ablieferungsvorschreibung, die mit 220 Waggon bereits um 60 Waggon höher gewesen war als in früheren Jahren, 100%ig erfüllt. Wir alle erinnern uns noch der katastrophalen Dürre im Vorjahr, die unermeßlichen Schaden verursachte. Und doch hat die Bauernschaft des Bezirkes ihre Pflicht erfüllt bis zum äußersten. Doch, wie schon eingangs erwähnt, nicht nur die selbstverständliche Pflicht ist erfüllt worden, sondern darüber hinaus haben die Bauern des Bezirkes aus freien Stücken große Mengen an Lebensmitteln aus ihren Selbstversorgerquoten aufgebracht. Die Traisental- Aktion erbrachte 9252 kg Brotgetreide, 1111 kg Mehl, 321 kg Fleisch und fett, 8164 Stück Eier und 36.810 kg Kartoffeln. Wer kann da noch von einer Sabotage sprechen, von Volksverbrechern? So wie in diesem Bezirk, so ist in allen anderen Bezirken pflichtgetreuest und opferwilligst ans Werk gegangen worden!

Aber nicht nur in der Frage der Ernährung hat die Bauernschaft des Bezirkes vollauf ihren Mann gestellt. Das für den Wiederaufbau so notwendige Holz wurde bis an die Grenze des nur Menschenmöglichen geschlägert und zum größten Teil aus dem Bezirk ausgeführt. Die nachstehenden Zahlen nehmen nur Bezug auf rein bäuerlichen Besitz. Die Staatsforste sind unberücksichtigt. Vom 1. April 1944 bis 31. Jänner 1945 wurden insgesamt über 31.000 Festmeter Holz aufgebracht. Im Jahre 1946 waren es über 45.000 Festmeter. Auch hier ersieht man die tatkräftige Einsetzung des Bauernstandes, wenn es gilt, an der Wiedererrichtung unseres Vaterlandes Hand anzulegen.



Hohes Haus! Wenn ich meinen vorgebrachten Bericht nun beende, so kann ich es nicht unterlassen, einige ernste Gedanken zum Aus, druck zu bringen und die Vertreter der anderen Parteien zu bitten, diese Gedanken beherzigen zu wollen. Wir alle sind berufen vom Vertrauen unserer Wähler, hier in diesem Hohen Haus über das Wohl und Wehe unseres Heimatlandes Niederösterreich und seiner Bevölkerung in demokratischem Denken, ehrlich und aufrichtig zu beratschlagen und schließlich die besten, dem Land und dem Volk, gedeihlichen Beschlüsse zu fassen. Wir stehen inmitten der Beratungen zu der Budgetvorlage für das laufende Jahr. Lassen wir uns hier in allem und jedem einzig und –allein leiten von dem Gedanken der Verantwortung, die uns durch den Willen unserer Wähler übertragen wurde. Lassen wir hier in diesem Hohen Haus, aber auch draußen im Land alles Verhetzende und Entzweiende weg. Wir wissen, daß nur gemeinsame Arbeit, gemeinsames Mühen, aber auch gemeinsames Miteinander gehen Erfolg bringen kann. Alles muß unterbleiben, was Ursache ist, das Volk wieder in zwei sich 'Scheel ,ansehende Gruppen zu spalten. Unterlassen Sie, meine Herren von der linken Seite, jedweden ungerechtfertigten Angriff und jedwede Verhetzung. Im gegenseitigen Vertrauen, in gegenseitiger Achtung werden wir zusammenfinden und gemeinsam arbeiten. Und das ist unsere Verpflichtung, unsere ernste und heiligste Aufgabe. Dann werden auch wir unseren Teil redlich und bestens beigetragen haben zum Wohle, zum Wiederaufbau unserer lieben engeren Heimat, unserem schönen, gottgesegneten Niederösterreich (Beifall rechts.)
Abg. WONDRAK: Hoher Landtag! Es war zu erwarten, daß dieses Kapitel des Voranschlages eine ziemlich lebhafte Diskussion auslösen wird. Es ist auch begreiflich, da die Dinge, die dieses Kapitel behandelt, heute eben wirklich alle Schichten des niederösterreichischen Volkes betreffen. Ich bin jedoch der Meinung, daß der Vortrag des Herrn Abgeordneten Etlinger in diese Diskussion, in den Rahmen dieses Kapitels nicht hineinpasst (Rufe links: Sehr richtig!), und zwar deswegen, weil ich es einfach nicht verstehe, dass man uns ermahnt, wir sollen von Verhetzungen Abstand nehmen, wo man dies von der Gegenseite verlangen könnte. Anderseits halte ich es für sehr gefährlich, daß in diesem Hohen Haus einige Urteile aufgezeigt werden, die niemand überprüfen kann, und die Justiz so aus dem Ärmel heraus angegriffen wird, wodurch leicht das Vertrauen des Volkes zur Justiz erschüttert werden könnte, ein Zustand, den keiner derjenigen wünschen kann, die dar nach streben, daß im Land Ordnung und Recht herrscht. Es ist nicht zweckmäßig, wenn man immer und immer wieder nur davon spricht, wie schwer die Lebenslage eines einzigen Standes ist. Not und Elend herrschen im ganzen Land und alle Stände haben reichlich daran zu tragen, dieses Hungerdasein überhaupt noch länger auszuhalten. Es wurde schon wiederholt betont, daß die Ernährungslage im Land eine außerordentliche Katastrophe bedeutet. Ein krisenhafter Zustand, wie es geheißen hat, ist wieder eingetreten und das ist ohne weiteres zu unterstreichen. Es kommt nun noch der Umstand dazu, dass in weiten Gebieten nun auch die Erdäpfel zu Ende gehen. Die eingelagerten Kartoffeln sind aufgegessen und wir werden in den nächsten Wochen damit rechnen müssen, daß die hungernden Menschen, die in Arbeit stehen, auch noch kommen werden, man soll ihnen wenigstens Kartoffeln geben. Dieser Zustand ist heute schon zu beobachten. In den letzten Wochen häufen sich immer mehr die Fälle, wo die Menschen zu den Bürgermeistern kommen und inständig bitten, man möge ihnen wenigstens Erdäpfel geben, weil sie das, was sie eingelagert gehabt haben, schon verzehrt haben. Wir wissen, daß das Problem der Ernährung und das der Landwirtschaft nicht damit gelöst, wird wenn man nur davon spricht, daß man produziert und abliefert. Wir sind uns der Schwierigweiten in der Landwirtschaft vollkommen bewußt. Wir kennen schon die großen Probleme, wie das Fehlen der Arbeitskräfte und der verschiedenen anderen Dinge, wie z. B. der Zugtiere, Traktoren und der notwendigsten gewerblichen Gegenstände im Bauernhaushalt. Das sind Dinge, die schon allgemein bekannt sind. Es kann aber nicht ernstlich gesagt werden, dass das Fehlen dieser Dinge so produktionshemmend wirkt, daß man immer wieder davon spricht, noch dazu angesichts der Tatsache, daß die Stadtbevölkerung leider jetzt schon zwei Jahre hindurch hungert und, wie die Dinge liegen, zur Überzeugung gelangt ist, daß dieses Hungern auch nach der dritten Ernte kein Ende finden wird. Es ist meines Erachtens nicht gut, wenn man Mitleid schindet mit den eigenen Schwierigkeiten, sondern ich glaube, wenn man von Zusammenarbeit spricht, muß man objektiv, korrekt die gesamte Situation des Landes zu beurteilen verstehen. Ich habe als Bürgermeister in einer Industriestadt die Erfahrung, daß wirklich die breiten Massen der Bevölkerung nicht in der Lage sind, sich einmal in der Woche anständig satt zu essen. Diese traurige Tatsache soll meines Erachtens aus menschlichen Motiven heraus auf das tiefste erschüttern und sie müßte den Landtag dazu zwingen, abzuwägen, wo die Not am größten ist. Es müßten alle sachlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit es uns gelingt, mindestens die Menschen zu trösten, daß die kommende Ernte hundertprozentig erfaßt und die Hungerration von 1550 Kalorien überwunden und um mindestens die Hälfte erhöht werden wird. Ich fürchte, daß mit diesem Ernährungssatz ein neuer Winter in Österreich nicht mehr ertragen werden wird. Es ist zu befürchten, daß die Arbeiter in der Industrie nicht mehr weiter können und dann das wenige, was hier noch produziert wird, uns ebenfalls fehlt, was dann die Schwierigkeiten in der Landwirtschaft wieder vergrößern wird. Wir haben früher einige Beispiele gehört, wie sich die schlechte Ernährungslage auswirkt.

Es ist unbedingt notwendig, daß man den Hohen Landtag jetzt schon aufmerksam macht, daß man sich nicht wieder in Optimismus wiegen darf, wie es zwei Sommer hindurch gegangen ist, nämlich daß man nur Anschluß am die neue Ernte zu finden braucht, um aus dem Ärgsten herauszukommen. Es hat sich gezeigt; daß dieser Optimismus falsch war und daß das Gegenteil eingetreten ist. Ich glaube, daß es notwendig ist, alles daranzusetzen und alles dazu beizutragen, daß die Landwirtschaft produzieren kann. Ich will dies heute nicht im Detail aufzählen, denn da kämen wir ins Uferlose, aber jedenfalls muß schon heute alles darangesetzt werden, dass die Produkte, die in diesem Land geerntet werden, wirMich der Industriebevölkerung zugute kommen.

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