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Landtag von NÖ, IV. Gesetzgebungsperiode II. Session 11. Sitzung am 25. April 1947


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Das mußte einmal gesagt werden, um die Dinge ins richtige Licht zu rücken. Für den unverschämt Fordernden, wie den unverschämt Bietenden haben wir kein Verständnis. Wie den Produzenten gedankt werden soll für ihre Pflichterfüllung, so auch den Konsumenten für die Tapferkeit und den Heroismus, mit dem sie die Schwere dieser Tage auf sich nehmen. Danken will ich zum Schluß allen Beamten des Ernährungsdienstes im Lande wie in den einzelnen Bezirken für ihre oft unter den schwierigsten Verhältnissen geleistete Arbeit.

An die Parteien des Hohen Hauses richte ich die Bitte, sie mögen dahin wirken, daß die Bauernschaft gerecht behandelt wird und gerechte Preise für ihre Produkte erhält. Wenn ihr der Bezug der erforderlichen Bedarfsgegenstände - Maschinen, Geräte, Zugmaschinen sowie Schuhe und Kleider -- erleichtert wird, wird das Tauschgeschäft ein natürliches Ende finden. Es müssen aber der Landwirtschaft auch in Zeiten der Not die entsprechenden Arbeitskräfte bereitgestellt werden, um sie in die Lage zu versetzen, ihrer Aufgabe als Nährstand vollständig gerecht zu werden.

Hohes Haus! Ich habe Ihnen damit über die Aufbringung und Verteilung der Lebensmittel und über die Mengen der gebrauchten Lebensmittel einen kurzen Bericht gegeben.

Ich möchte von dieser Stelle aus den so vielfach angegriffenen Wirtschaftsverbänden für ihre mühevolle Arbeit den herzlichsten Dank zum Ausdruck bringen. Es wird nicht leicht einen zweiten Mann in diesem Hohen Haus geben, der die Arbeit der Wirtschaftsverbändeso zu schätzen weiß wie ich. Ich bin mir voll und ganz bewußt, daß die Wirtschaftsverbände es waren, welche die Aufbringung durchgeführt haben. In Niederrösterreich liegen die Dinge anders als in den anderen Bundesländern.

Nach dem Zusammenbruch wurde in Österreich eine Bundesregierung geschaffen, die kein anderes Bundesland zu verwalten hatte als Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Später kam noch das Mühlviertel dazu. Alle anderen Bundesländer haben sich um die Anordnungen der Regierung weniger gekümmert und sie haben die Aufbringung in ihre eigene Hand genommen. Bei uns in Niederösterreich wurde aber die Aufbringung dem Ackerbauminister und die Verteilung dem Ernährungsminister zugewiesen und der Ernährungsreferent des Landes hat nicht die Möglichkeit, in die Aufbringung Einsicht zu erhalten. Es ist mir nur im Wege der Wirtschaftsverbände gelungen, auch in die Erfassung wirksam einzugreifen. Erst jetzt stellt sich auf Grund des Gesetzes, das im Nationalrat beschlossen worden ist, heraus, daß wir die Ablieferung unserer gesamten Aufbringung der landwirtschaftlichen Produkte in die Hand bekommen. Ich möchte als Referent für die Landwirtschaft an Sie die Bitte richten, mitzuhelfen, daß der Bauer das bekommt, was er dringend braucht. Wir wissen alle, was sich da draußen im Lande tut der Bauer bekommt nichts zugewiesen und es gibt Menschen in der Stadt, die Hunger haben, die aber Textilien, Schuhe und Werkzeuge abzugeben haben und die daher zu den Bauern hinausgehen und sich für diese Sachen landwirtschaftliche Produkte eintauschen, die uns aber dann bei der Ablieferung entgehen.

Ich möchte daher auch bitten, dahin zu wirken, daß die Bauern in erster Linie gerechte Preise für ihre Produkte bekommen, und in zweiter Linie mit Schuhen, Kleidern und landwirtschaftlichen Artikeln, die sie zur Erhaltung ihrer Wirtschaft und zur Förderung der Produktion brauchen, bedacht werden. Dann bin ich hundertprozentig überzeugt, daß die Bauernschaft restlos oder wenigstens zum größten Teil ihre Pflicht gegenüber der Allgemeinheit erfüllt. Wir Bauern haben kein Verständnis für Saboteure und Schleichhändler und wir werden alles Mögliche tun und veranlassen, um diese Herrschaften dorthin zu bringen, wohin sie gehören, weil der anständige Bauer sich nicht mit einem Saboteur oder Schleichhändler auf die gleiche Stufe stellen läßt. (Beifall rechts.)

Zum Schluß möchte ich noch einmal bitten, alles daranzusetzen, daß dem Bauern zu seinem Recht verholfen wird, dann ist mir auch um die Ernährung im Jahre 1948 nicht bange. (Lebhafter, lang anhaltender Beifall rechts.)


3. PRÄSIDENT: Die Rednerliste ist erschöpft, der Herr Berichterstatter hat das Schlußwort.
Berichterstatter Abg. KUCHNER: Ich bitte, das Kapitel VI, "Landeskultur", anzunehmen, und zwar mit der Abänderung zu Titel 2, § 16, "Stipendien für begabte Schüler (neue Zweckbestimmung)" 70.000 S, so daß die Endsumme zu Kapitel VI, Ausgaben im Sachaufwand, sich von 3,739.300S um 70.000 S auf 3,809.300 S erhöht; demnach erhöht sich auch die Gesamtausgabe zu Kapitel VI von 4,130.500 S um 70.000 S auf 4,200.500 S. Die Einnahmen betragen 746:100 S, somit ergibt sich eine Nettoausgabensumme von 3,454.400 S.

Ich bitte um die Zustimmung.


3. PRÄSIDENT (Abstimmung über Kapitel VI, "Landeskultur", in Erfordernis und Bedeckung mit dem Antrag des Finanzausschusses): Angenommen.

Weiter bitte ich den zu diesem Kapitel gestellten Resolutionsantrag des Herrn Abgeordneten Glaninger anzunehmen, welcher Iautet (liest):

"Die Landesregierung wird aufgefordert, alle Arbeiten in der Be- und Entwässerung sowie Kommassierung, Seilwegbauten, Almverbesserung und Güterwege vordringlich zu behandeln.

Die betreffenden Referate mögen angewiesen werden, solche Arbeiten unverzüglich in Angriff zu nehmen."


3. PRÄSIDENT (Abstimmung über den Resolutionsantrag des Abg. Glaninger): Angenommen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14 Uhr 10 Minuten.

Fünf Minuten vor Wiederaufnahme der Sitzung findet eine kurze Sitzung des Fürsorgeausschusses im Prälatensaal statt.

(Unterbrechung der Sitzung um 13 Uhr 15 Minuten.)
PRÄSIDENT (um 14 Uhr 25 Min.): Ich nehme die Sitzung wieder auf und ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abg. Kuchner, zu Kapitel VII, Wirtschaftsförderung, zu berichten.
Berichterstatter Abg. KUCHNER: Zu Kapitel VII, Wirtschaftsförderung, möchte ich nur den Antrag des ..Finanzausschusses erwähnen, der eine Erhöhung bei Titel 2, "Förderung der gewerblichen Wirtschaft", von 200.000 S um 400.000 S auf den Betrag von 600.000 S vorsieht, so daß die Ausgabensumme bei diesem Kapitel 1,932.100 S beträgt. Da die Einnahmensumme 1,000.100 S ist, ergibt sich bei diesem Kapitel eine Nettoausgabe von 932.000 S.

Ich bitte den Herrn Präsidenten, die Verhandlung zu diesem Kapitel einzuleiten.


Abg. GÖTZL: Hohes Haus! Als Vertreter von Handel und Gewerbe ist es meine Pflicht, dem Hohen Haus die dringendsten Erfordernisse und Nöte unseres Standes sowie vor allem Vorschläge zur Behebung derselben aufzuzeigen und vorzutragen. Ich will mich nicht in Klagegesängen ergehen, denn wir haben alle zusammen Sieben Jahre Krieg und seine verheerenden Folgen verspürt. Ich will nur mit ganz wenigen Daten die Schäden aufzeigen, welche Handel und Gewerbe durch den Krieg erlitten haben. Im Bezirk Hainfeld Lilienfeld sind in den Orten Traisen, Rohrbach, Annaberg und Lilienfeld 21 Häuser total ausgebombt und ausgebrannt. Im gleichen Bezirk fielen 20 Geschäfte dien Flammen zum Opfer. Im Bezirk Wiener Neustadt wurde neben den Kriegsschäden an den Häusern an Warenverlusten beim Handel allein ein Betrag von 2,984.421 S festgestellt. Nimmt man nun alle Orte der 22 Bezirkshauptmannschaften des Landes Niederösterreich zusammen, so kann man ermessen, welche, enorme Summen herauskommen, die Handel und Gewerbe an Betriebsmitteln, Werkstätten und Lokalen und anderen Vermögenswerten verloren haben. Gerade der Kleinhandel und das Kleingewerbe arbeiten heute infolge des Zusammenbruches ihrer Finanzen mit Defizit. Die geringen Warenzuteilungen, bedingt durch die Warenknappheit, und die erhöhten Erfordernisse für Gehälter, soziale Zuwendungen usw. machen es dem selbständig Erwerbenden nicht mehr möglich, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Es ist so, dass viele Betriebe heute tatsächlich nur mehr von der Substanz zehren, und diese ist selbstverständlich sehr beschränkt, da bekanntlich 60% des Bargeldes gesperrt und die restlichen 40% zu wenig sind, um damit das Aluslangen zu finden. Wenn wir dies alles sowie das Missverhältnis bei den Verdienstmöglichkeiten bedenken, dann muß ich schon sagen, daß unbedingt eine großzügige Aktion ins Leben .gerufen werden muß, um dem Handel und Gewerbe wieder auf die Beine zu helfen.

Man kann heute wohl als Gewerbetreibender einen Kredit bekommen, wenn man ein Haus oder eine Betriebsstätte hat, aber was machen diejenigen Leute, die vor dem Nichts stehen, weil ihre Häuser zerbombt sind? Es ist daran gedacht, durch eine großzügige Aktion vom Land und von der Kammer aus wenigstens teilweise diese Betriebe wieder behelfsmäßig aufzurichten. Es ist unmöglich, daß sich heute ein Geschäftsmann allein behelfen kann. Während bei der Landwirtschaft verschiedene Fonds für Unterstützungen vorhanden sind, sind beim Handel und Gewerbe solche Fonds nicht vorhanden. Früher hat der Handel überall Kredit bekommen, weil er imstande war, die Verzinsung selbst aufzubringen. Heute aber, wo der Handel oder der von Bomben beschädigte Geschäftsmann kein Aktivum hat und ausgeplündert worden ist, muß er trachten, von staatlichen Stellen oder irgendwelchen anderen befugten Stellen Subventionen oder Kredite zu bekommen. Das Wichtigste, was Handel und Gewerbe benötigen, sind Kredite. Diese sollen dazu dienen, den Betrieb wieder soweit instand zusetzen, daß der Betriebsinhaber sein Geschäft wiederaufbauen kann. Ich denke mir das so, daß das Land eine fünfjährige Verzinsung oder Sicherstellung übernimmt und in gar argen Fällen, wo gar nichts vorhanden ist, sogar Subventionen gibt.

Es kann ein Geschäftsmann ja auch auf ideelle Werte hin Kredite bekommen, d. h, auf Grund seines Kundenstockes oder auf Grund seiner 20- oder 40jährigen Tätigkeit auf ·einem Platz oder auf Grund dessen, daß er einen derartigen Ruf genießt, daß man sagen kann, dieser Mann ist imstande, sein Geschäft wieder aufzubauen und den Kredit zurückzuzahlen. Wie ich schon erwähnt habe, muß er aber unbedingt beim Neuaufbau seines Betriebes unterstützt werden. Die Landesregierung ist nun diesbezüglich entgegengekommen und hat im Budget Beträge ausgeworfen, die wohl ganz ansehnlich erscheinen, aber auf Grund der Schäden doch viel zu gering sind. Es ist nämlich zu bedenken, daß es unbedingt notwendig ist, Handel und Gewerbe wieder in Schwung zu bringen, damit sie durch die Gewährung von Finanzkrediten wieder als Steuerzahler in Frage kommen. Ich meine also, daß diese Sache rasch in Angriff zu nehmen ist, und zwar so, daß auf kurzem Wege irgendwie, vielleicht durch die berufsständische Kammer, die Leute angewiesen 'werden, Gesuche zu machen und daß durch eine kleine Kommission, die aus Vertretern des Berufsstandes und der Landesregierung zusammengesetzt ist, diese Gesuche' überprüft werden. Auf diese Weise kann den Leuten rasche Hilfe gebracht werden. Alles, was jetzt rasch geschieht, ist doppelt geschehen. Es sind derart krasse Fälle aufzuweisen, die zeigen, daß Leute, die 30 bis 40 Jahre im Geschäft gestanden sind, heute vor dem Nichts stehen. Keine Bank gibt ihnen einen Kredit, denn auf Trümmerhaufen kann man nichts aufbauen. Außergewöhnliche Verhältnisse und Zeiten erfordern auch außergewöhnliche Maßnahmen. Ich möchte daher nochmals einen Appell richten, man möge sich mit dieser Kreditaktion näher befassen und es möge der Landtag und die –gewerblichen Kammern in gemeinsamer Arbeit diesen wichtigen Komplex von Fragen überprüfen und den richtigen Weg weisen. Ich bin überzeugt, dass sich die beiden Institutionen, Landesregierung und Kammer, sich in der Unterstützungsaktion ergänzen werden und die aufgezeigten Notstände in der Wirtschaft nicht nur werden lindern helfen, sondern auch diesen staatserhaltenden Zweig der Wirtschaft in wenigen Jahren wieder in die Lage setzen werden, das zu sein, was er durch seine jahrzehntelange Bewährung im Staatsgefüge stets war, nämlich ein Organ zur Bereitstellung der Verbrauchsgüter für die Bewohner des Landes Niederösterreich.

Ich möchte daran anschließend auch noch über die neuen Kontrollmaßnahmen sprechen, welche sich manchmal in unliebsamer Weise in Niederösterreich bemerkbar gemacht haben. Es schaut da oft so aus, wie es seinerzeit bei einem Naziüberfallkommando der Fall war. Junge Beamte bekommen den Auftrag, von Geschäft zu Geschäft zu gehen und nach Waren zu suchen, die mehr oder weniger nicht mehr da sind. Es sind Fälle vorgekommen, wo man selbst in Privatwohnungen eingedrungen ist und ein Paar Glacehandschuhe, die der betreffenden Frau gehört haben, mitgenommen hat. Das sind unhaltbare Zustände; auf diese Art und Weise wird der Kaufmann sozusagen als vogelfrei erklärt. Ich glaube, nach sieben Jahren schwerer Bedrängnis und nach all den Ereignissen, welche dieser Berufsstand mitgemacht hat, ist eine Generalverdächtigung und eine Mißachtung der Rechte des Privateigentums oder der Hausherrenrechte nicht am Platz. Wenn man solche Berichte hört, kann man nur sagen, diese Kommissionen sind nicht nur gefürchtet, sondern auch verachtet. Wenn schon Kontrollen sein müssen, so sollen sie anständig und der Verwaltung gemäß richtig und vornehm geführt werden, denn man muß wissen, in einem kleineren Ort am Lande draußen, kann es, wenn zwei Gendarmen mit einem Beamten kommen, passieren, daß ein Aufruhr entsteht und man sagt: "Schaut den Kaufmann an, da müssen sie etwas finden." Ich möchte das nur zur Illustration sagen. Wir lehnen selbstverständlich jede Sabotage der Wirtschaft ab und wir wollen es nur mit anständigen Kollegen zu tun haben. Gott sei Dank ist in Niederösterreich verhältnismäßig noch nicht viel vorgekommen. Es sollen diese Worte nur eine kleine Bitte sein, daß man für Handel und Gewerbe in Niederösterreich etwas übrig haben soll. (Beifall rechts.)


Abg. NIMETZ: Hohes Haus! Die gewerbliche Wirtschaft hat während des Krieges schweren Schaden gelitten, einerseits durch die Bombenschäden, anderseits durch Materialmangel und durch die Einziehung der selbständigen Meister zum Militär und zu Rüstungsarbeiten. Dadurch konnte dem Nachwuchs in der gewerblichen Wirtschaft nicht die notwendige Sorge zugewendet werden. Die Meister fehlen an allen Ecken und Enden, es fehlt uns der Nachwuchs und das macht sich beim Wiederaufbau im Handel und Gewerbe selbstverständlich nachteilig bemerkbar. Der Zustand in der gewerblichen Wirtschaft ist beinahe untragbar; die allergrößte Schwierigkeit liegt in der Beschaffung des Materials. Dieses fehlt an allen Ecken und Enden. Sämtliche Gewerbe und Branchen klagen über Materialmangel und es klingt geradezu wie ein Hohn, wenn man in den Zeitungen lesen muß, welch geringe Mengen Materialien, wie Leder, Nägel usw. die Schuhmacher zugewiesen bekommen. Noch viel schlimmer ist die Situation bei der Bekleidungsindustrie. Von der Zuweisung an Stoffen, Textilien und der gleichen ist keine Rede.

Im Baugewerbe wirkt sich der Materialmangel dadurch furchtbar aus, daß vor allem Stahl und Eisen fehlt sowie Ziegel, sowohl Dach- wie Mauerziegel, Zement usw. also Materialien, ohne die das Baugewerbe überhaupt nicht arbeiten kann. Zur Herstellung dieser wichtigen Rohmaterialien fehlt wieder die Kohle. Die Kohle ist ja das Urprodukt für sämtliche gewerbliche Erfordernisse. Es wäre daher Aufgabe des Landes, dafür Sorge zu tragen und alles zu tun, um die zur Herstellung dieser Materialien notwendige Kohle bereitzustellen. Da das Gewerbe Güter produziert, welche der Allgemeinheit und dem Wiederaufbau zugute kommen, wäre es zu rechtfertigen, wenn man das Gewerbe ·auch bei der Beschaffung von Maschinen unterstützt und ihm für die Wiederinstandsetzung der Werkstätten Baumaterialien bevorzugt zuweist.

Helfen wir den Gewerbetreibenden, helfen wir der gewerblichen Wirtschaft, dann fördern wir auch den Wiederaufbau im Lande Niederösterreich (Beifall links).
Abg. ENDL: Sehr verehrte Damen und Herren! Hoher Landtag! Wirtschaftsförderung soll für Niederösterreich kein Schlagwort sein. Wir haben von den Vorrednern gehört, dass sie beantragen, daß wir unsere Gewerbe durch Zuteilung von Materalien und von Gütern, die die Wirtschaft notwendig hat, fördern sollen. Das ist unbedingt notwendig, denn nur dadurch können wir zu einer Wirtschaftsförderung kommen. Hiezu ist aber auch unbedingt notwendig, den schleppenden Bürokratismus auszumerzen und ihm an den Leib zu rücken. Es ist weiter unbedingt notwendig, den Instanzenzug zu verkürzen, um so der gewerblichen Wirtschaft rasch die Hilfe angedeihen zu lassen, die sie unbedingt notwendig hat.

In der gewerblichen Wirtschaft nimmt die Fremdenverkehrsindustrie eine Schlüsselstellung ein. Die Fremdenindustrie im Lande Niederösterreich hat gegenüber den westlichen Bundesländern einen derartigen Niederbruch erlitten, daß dieser als katastrophal zu bezeichnen ist. Ich will nur zwei Ziffern nennen vor dem Jahre 1938 haben wir in 7800 Betrieben, wie in Hotels, Pensionen, Privathäusern und Gasthöfen, rund 91.000 Fremdenbetten gehabt. Jetzt haben wir nach einer vorsichtigen Schätzung, wenn ich die Privatbetten abziehe, nur mehr 8000 Betten zur Verfügung, es fehlen uns also rund 80.000 Betten in Niederösterreich. Wenn nun in einem Mittelbetrieb jedes einzelne Bett mit 1000 bis 1200 S und in einem großen Luxusbetrieb mit 1500 S bewertet wird, so ergibt das einen enormen Verlust, den die Fremdenindustrie in Niederösterreich erlitten hat. Es ist notwendig, dass wir ganz besonders bei den kleinen Unternehmen, bei den Wirten, die Privatintiative fördern, denn nur durch diese Förderung wird es möglich sein, in absehbarer Zeit doch 10.000 bis 12.000 Betten mehr zur Verfügung zu erhalten. Die kleinen Wirte haben in der Ausstattung ihrer Betriebe verschiedene Sorgen. Es ist vor allem notwendig, daß sie bei den Baumaterialzuteilungen bevorzugt behandelt werden. Es sind Umänderungen innerhalb der Gebäude sowie Modernisierungen notwendig, denn man soll auch dem Fortschritt huldigen und den Betrieb, wenn schon etwas aufgewendet wird, zu modernisieren trachten.



Die größte Sorge besteht beim Textilsektor. Es gibt keine Wäsche, keine Matratzen, kein Roßhaar. Außerdem, fehlt Porzellan, Glas und die verschiedenen anderen Bestandteile, die die Fremdenindustrie benötigt. Ich führe dies deshalb an, weil ich als alter niederösterreichischer, noch immer tätiger gewerblicher Arbeiter in der Hotelindustrie weiß, daß die Berufskollegen, die da in Niederösterreich draußen stehen, sehr schwere Sorgen haben. Diese Kollegen wieder in ihre Betriebe einzustellen, ist eine meiner größten Bemühungen. Wir hatten früher in Niederösterreich 9000 Lohnempfänger im Hotel- Gast- und Schankgewerbe und wenn wir auch nur einen Bruchteil derselben wieder einstellen wollen, dann müssen wir vorerst darangehen, die Betriebe wieder einzurichten, damit sie in die Lage kommen, Arbeiter einzustellen. Wir können nicht annehmen, daß die geschulten Kräfte, die drei bis vier Sprachen sprechen, etwa in das Baugewerbe hinüberwechseln, weil in der Fremdenindustrie für den Nachwuchs keine Plattform da ist. In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, daß in Niederösterreich die Verantwortlichen der Innung und der Gewerkschaften sich zusammengefunden haben, um eine Gemeinschaft zu bilden und die Nachwuchsfrage zu regeln. Wir wollen den Nachwuchs von unten herauf, nicht von oben herunter fördern, wie das in manchen Bundesländern geschieht, die Akademien schaffen und nur Direktoren züchten wollen. Diese Schulen sind nichts anderes als ganz gewöhnliche Unternehmungen, die auf den Erwerb von Geld und nicht auf Erziehung ausgehen. Wir wollen die Schulung auf gesetzlicher Basis durchführen. West- PennsyIvanien hat uns ersucht, den Lehrplan unserer neu aufgebauten Berufsschule in Waldegg zu senden, da sie diesen Lehrplan in ihren Schulen aufnehmen wollen. Sehen Sie, solches Interesse hat das Land Niederösterreich als Fremdenverkehrsland im Ausland Schon im Ausland hat man also gehört, daß wir seit Monaten dabei sind, den Fremdenverkehr und die Nachwuchsfrage zu fördern und dabei den richtigen Weg einschlagen. Ich bitte daher den Hohen Landtag, uns zu unterstützen, daß der Fremdenverkehr angekurbelt wird. Wir werden wohl in den nächsten Jahren nicht auf einen internationalen Fremdenverkehr wie früher rechnen können, sondern werden uns darauf beschränken müssen, den Inlandsfremdenverkehr zu fördern. Wiener und Wienerinnen, ob Arbeiter, Angestellter oder. Geschäftsmann, kommt hinaus in unser schönes Niederösterreich, die Wirte und die Hotels wollen euch Erholung bieten, die wir sonst den Ausländern geboten haben zum Wohle unseres ganzen Landes! (Beifall rechts. )
Abg. STAFFA: Hoher Landtag Der verbrecherische Nazikrieg, der im Jahre 1939 von den braunen Faschisten vom Zaun gebrochen wurde, hat den österreichischen Fremdenverkehr fast total zerstört. Verbindungen, die wir mit allen Ländern der Erde hatten, wurden mit einem Schlag zerrissen und zahlreiche Fäden wurden mit einem einzigen Eingriff zerstört. Wir werden also jetzt, wenn wir auf dem Gebiete des Fremdenverkehrs wieder dahin gelangen wollen, wo wir vor dem Jahre 1938 gestanden sind, ganz von vorne anfangen müssen. Wir werden viele Mühe und jahrelange Arbeit dabei aufzuwenden haben, um, dieses Ziel zu ereichen. Niederösterreich hat im gesamten österreichischen Fremdenverkehr eine ganz besonders hervorragende Rolle gespielt und wenn ich beispielsweise sage, dass im Jahre 1937, also im Jahre des besten österreichischen Fremdenverkehrs, Niederösterreich mit 5,728.000 Fremdenübernachtungen an der Spitze gestanden ist und damit die Fremdenübernachtungen von Wien, die mit 2,960.000 angegeben werden, weitaus überschritten hat, so ist damit der Beweis erbracht, daß Niederösterreich auf diesem Gebiete immer führend gewesen ist. Der Fremdenverkehr in Niederösterreich unterscheidet sich dadurch wesentlich vom Fremdenverkehr in den anderen Bundesländern, daß Niederösterreich in erster Linie ein Fremdenverkehrsland für den innerösterreichischen Verkehr ist. Während beispielsweise von den 2,966.000 Übernachtungen in Wien 2,739.000 auf Ausländerüberachtungen entfallen sind, so ist der Fremdenverkehr in Niederösterreich fast zu 90% von Österreichern bestritten worden, denn es entfallen von den 5,728.000 Übernachtungen nur 485.000 Übernachtungen auf Ausländer. Wenn wir die Situation auf dem Gebiet des Fremdenverkehrs heute betrachten, so müssen wir sagen, daß gerade Niederösterreich das durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse am meisten mitgenommene Gebiet Österreichs ist. Die niederösterreichischen Fremdenverkehrsgebiete sind derart schwer getroffen, daß diese für die Wirtschaft so bedeutungsvollen Gebiete ohne die tatkräftige Unterstützung aller öffentlichen Körperschaften nicht wieder aufgebaut werden können. Wenn wir beispielsweise das Semmeringgebiet, das einst blühendste Fremdenverkehrsgebiet betrachten, so müssen wir feststellen, daß von den dort vor dem Jahre 1938 zur Verfügung gestandenen 3500 Fremdenbetten fast 70% verloren gegangen sind. Wenn wir weiterhin bedenken, daß das obere Schwarzatal, das einst als Eldorado des Fremdenverkehrs für die Touristen angesprochen werden konnte, heute nicht mehr in der Lage ist, seinem einstigen internationalen Ruf gerecht zu werden, und wenn wir ferner daran denken, daß von den früher in Payerbach vorhandenen 170 Fremdenzimmern mit 270 Betten heute nur 40 Zimmer mit 54 Betten benützbar sind, da der Rest durch die Kriegsereignisse vernichtet oder geplündert wurde, und wenn ich schließlich daran erinnere, daß all dieses auch für alle übrigen Fremdenverkehrsorte in Niederösterreich gilt, so können Sie daraus ermessen, welche ungeheure Arbeit notwendig sein wird, um den Fremdenverkehr in Niederösterreich wieder auf eine nennenswerte Stufe zu bringen. Ich habe hier eine Aufstellung über das Gesamterfordernis, das notwendig sein wird, um nur das zu ersetzen, was durch die Kriegsereignisse zugrunde gegangen ist. In Niederösterreich sind allein 3955 Zimmereinrichtungen notwendig, das sind fast zwei Drittel des Gesamtbedarfes unseres Bundesgebietes. 24.266 Matratzen sind in Niederösterreich durch die Kriegsereignisse verloren gegangen, das ist fast die Hälfte des gesamten österreichischen Bedarfes. Außer vielen anderen Kleinigkeiten, wie Kopfpölster, Geschirr, Teller, Eßbesteck usw., haben wir einen Bedarf an 426 Küchenöfen und 232 elektrischen Kochgeräten. Sie sehen also, daß hier ganz gewaltige Aufgaben auf uns warten.

Über die volkswirtschaftliche Bedeutung und die Wichtigkeit des Fremdenverkehrs brauche ich nicht viel zu erzählen. Es genügt nur, auf die Tatsache hinzu weisen, daß der Fremdenverkehr einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist, der uns in Österreich bei der Beschaffung von Auslandsdevisen, die wir so dringend brauchen, zur Verfügung steht. Der Fremdenverkehr ist ein ebenso wichtiges Gebiet wie Handel, Industrie und Gewerbe, er reagiert genau so wie diese auf alle Änderungen in der Wirtschaft und Politik. Es muß daher verlangt werden, daß der Fremdenverkehr, wenn wir auf diesem Gebiet einen dauernden Erfolg erreichen wollen, sorgfältig einer Planung zugeführt werden muß. Es ist notwendig, daß planvoll organisiert und vorgegangen wird. Wenn wir uns ganz primitiv fragen, was verlangen die Menschen, was verlangen die Arbeiter im Sommer, wenn sie auf Urlaub gehen, so ist die Antwort kurz die: In erster Linie erwarten die Menschen, wenn sie auf Urlauf gehen, daß sie reichlich zu essen bekommen, daß sie eine anständige Unterkunft, anständige und gute Fahrtverbindungen, anständige Behandlung und eine den einzelnen Interessen angepaßte schöne Gegend haben. Das ist im, großen und ganzen das Um und Auf des Fremdenverkehrs. Wir müssen bedenken, daß vor einer befriedigenden Lösung des Verkehrs- und Ernährungsproblems mit einem nennenswerten Zuzug von Ausländern auf lange Zeit hinaus nicht gerechnet werden kann, und daß daher der Fremdenverkehr in erster Linie lauf den Inländerverkehr angewiesen sein wird, weshalb vor allem die Österreicher es sein werden, die die Kosten für den Wiederaufbau der Fremdenindustriebetriebe werden bezahlen müssen. Allen, die am Fremdenverkehr interessiert sind, also Gastwirte, Hoteliers und Pensionsinhaber sowie Theater und Sportvereine werden in erster Linie durch Österreicher verdienen. Diese Betriebsinhaber und Unternehmungen werden daher gezwungen sein, sich einmal daran zu gewöhnen, dass sie alle Gäste, ganz gleich, ob sie Ausländer oder Inländer, ob sie reich oder arm sind, gleich zu behandeln und zu bedienen haben. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, wenn es gelingen soll, den Fremdenverkehr in Österreich wieder auf eine anständige Stufe zu bringen.

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