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Notizen zu Vorfahren der Ahnenliste der Geschwister Beyer


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10 Karl Schneider


Karl Schneider absolvierte seinen Militärdienst vom 27.10.1882 bis zum 25.9.1885 beim Rheinischen Jäger Bataillon Nr. 8, zuletzt als Unteroffizier. Während dieser Zeit fand bereits eine vorbereitende Ausbildung für die angestrebte Verwendung als Förster statt. Im Anschluß an den Militärdienst war er vom 26.9.1885 bis zum 25.10.1893 in der "verpflichteten Reserve zum Staatsschutzdienste zur Erdienung der Forstversorgungsansprüche". In dieser Zeit fand offenbar zunächst die eigentliche Forstausbildung statt. Bei seiner Eheschließung 1888 war Karl Schneider Hilfsförster in Rennerod. Er, seine junge Frau, die in Rennerod geborenen Kinder sowie seine verwitete Schwiegermutter lebten bei einer Bauernfamilie zur Miete, da das Forsthaus vom alten Förster bewohnt wurde. - Seine erste selbständige Försterstelle erhielt er nach vorübergehender Verwendung im Gemeindeforstdienst am 1.10.1898. Sein Forsthaus lag in Hof Roda bei Hatzfeld im Rothaargebirge. Es war dies eine abgelegene Försterei, die wenig begehrt war und deshalb offenbar nach Auffassung der Forstverwaltung einem jungen Förster zugemutet werden konnte. Der Umzug nach Hof Roda erfolgte mit einem großen Fuhrwerk. Mutter und Kinder wurden mit der Postkutsche voraus geschickt und warteten in Hatzfeld im Gasthaus, bis der Vater nach einer Woche mit dem Fuhrwerk ankam. Hof Roda bestand lediglich aus einem Gutshof und wenigen Häusern. Marie Schneider erzählte vom etwa sechs Kilometer langen Schulweg nach Hatzfeld, der besonders im Winter sehr hart gewesen sei.
Schon 1899 stellte Karl Schneider ein Gesuch um Versetzung an einen Ort, an dem der Besuch einer weiterführenden Schule möglich sei. Dem Gesuch wurde stattgegeben und Förster Schneider nach Altendiez versetzt. 1913 wurde ihm in Anerkennung seiner guten Leistungen der „Charakter als Hegemeister“
In dem harten Kriegswinter 1916/17 starb er am 18.02.1917 – kriegsbedingt. Er hatte bei Schneeregen zum Holzeinschlag eingesetzte aufsässige russische Kriegsgefangene überwacht, um sie bei der Arbeit zu halten, und kam mit Schüttelfrost heim. Der mehrfach gerufenen einziege Diezer Zivilarzt, stark überfordert, kam erst nach mehreren Tagen, als die Lungenentzündung schon zu weit fortgeschritten war. So blieb Karl Schneider die Nachricht vom Tod seines ältesten Sohnen Adolf, Unteroffizier der Infanterie, erspart, der im Dezember des gleichen Jahres an der Westfront nördlich von St. Quentin fiel. Für seine insgesamt 35 jährige Tätigkeit im Staatsdienst erhielt seine Witwe ein Witwengeld in Höhe von 906 Mark zuzüglich je 181,20 Mark für die beiden heranwachsenden Söhne Wilhelm und Richard.

11 Emma Mackel


Emma Mackel wuchs in Soden auf, wo ihr Vater Lehrer war. Ihr Vater war aufgrund einer Erkrankung, wahrscheinlich einem Gehirntumor, körperlich geschwächt. Schon sehr früh unterstützte Emma daher ihren Vater, indem sie die Unterrichtung der Unterklassen übernahm. Sie kann zu jener Zeit kaum mehr als zwei bis drei Jahre älter als "ihre" Schüler gewesen sein, denn ihr Vater starb, als sie 12 Jahre alt war, nachdem er zuvor noch etwa ein Jahr in der Heilanstalt Eichberg gewesen war. Soden war zu jener Zeit ein größeres Dorf; es bestand allerdings schon Badebetrieb. Emma Mackel erzählte Albrecht Beyer von polnischen Juden, die als Badegäste am Ort waren und in ihrer orthodoxen Tracht die Heiterkeit der Jugend erregten.
Im Ort gab es auch ein Internat, in dem junge Engländerinnen aus gut situierten Familien Deutsch lernen sollten. Mit 16 - 17 Jahren wurde Emma gebeten, im Internat zu verkehren, um diesen Mädchen über den Unterricht hinaus die Gelegenheit zur deutschen Unterhaltung zu geben. Bei den meisten war das Interesse wohl sehr begrenzt, sie genossen in erster Linie die Unabhängigkeit von der elterlichen Aufsicht. Ein Teil der Mädchen muß ausgesprochen arrogant gewesen sein. Es gab jedoch auch einige, die tatsächlich an der Unterhaltung Interesse hatten; mit einzelnen hielt Emma Mackel bis zum 1. Weltkrieg gelegentlichen Briefkontakt.
Über den Besuch eines Lehrerinnenseminars hat Emma nie gesprochen. Es erscheint aber ausgeschlossen, daß sie in Preußen, wozu Nassau zu ihrer Zeit gehörte, ohne eine derartige Ausbildung Lehrerin werden konnte. Jedenfalls fand sie in Möttau bei Weilburg eine Anstellung zur Unterstützung eines alten Lehrers, von dem sie bis ins hohe Alter mit Dankbarkeit und Hochachtung sprach. - Am 19.11.1888 heiratete sie in ihrer Heimatstadt Bad Soden den Förster Karl Hermann Schneider aus Rennerod.

12 Carl Moser v. Filseck und 13 Hilda Clason


Über Carl Moser v. Filseck und Hilda, geb. Clason, existieren ausführliche (60 Seiten) Erinnerungen, die ihr ältester Sohn Rudolf 1965 verfaßt hat. Eine vollständige Wiedergabe würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, so dass ich mich auf die wesentlichsten Lebensstationen beschränke, wohl wissend, dass hierdurch das recht plastische Bild, welches mein Großvater in seiner Arbeit von Carl und Hilda und ihrer Zeit gezeichnet hat, weitgehend verloren geht.
Carl Moser v. Filseck verbrachte seine Kindheit in seiner Heimatstadt Stuttgart und in Berlin, wo sein Vater einige Jahre Stellvertretender Bundesratsbevollmächtigter Württembergs war. In Berlin erhielt er Privatunterricht, nach Rückkehr der Familie nach Stuttgart besuchte er dort das Eberhard-Ludwig-Gymnasium. Daneben erhielt er Reit- und Fechtunterricht und erlernte das Klavierspiel, welches für ihn sein Leben lang eine große Rolle spielte.
Nach Abschluß der Schule unternahm die Familie im Winter 1887/88 eine durch vorherige Lektüre gut vorbereitete dreimonatige Bildungsreise nach Italien, die über Bologna, Florenz und Rom bis Neapel führte. Nach einem Sommersemester an der Universität Genf zur Vervollkommnung der Französischkenntnisse, trat Carl im Herbst 1888 als "Einjährig-Freiwilliger" beim Ulanenregiment 19 in Stuttgart ein. Die Dienstzeit hatte ihm offenbar viel Freude bereitet, zumindest erwog er während seines anschließenden Jurastudiums in Leipzig, Berlin und Tübingen, welches ihm zu trocken war, einige Zeit ernsthaft, die Universität zu verlassen und aktiver, also Berufsoffizier zu werden. Letztlich beendete er jedoch sein Studium 1894 in Tübingen und wurde nach dreijähriger Zeit als Referendar ("Justizreferendär II. Klasse") Assessor oder, wie es damals hieß, Justizreferendär I. Klasse in Stuttgart.
Bereits 1893 hatte Carl auf der Hochzeit eines Freundes Hilda Clason erstmals gesehen, die er in den folgenden Jahren auf verschiedenen Gesellschaften weiter kennen und lieben lernte. Wegen der Umstände um Bankrott und Freitod ihres Vaters waren Carls Eltern zunächst nicht sehr glücklich über die geplante Verbindung; als sie jedoch die tiefe Liebe ihres Sohnes zu Hilda erkannten, stellten sie ihre Bedenken zurück, ohne es jemals zu bereuen. Zu Himmelfahrt (29.5.) 1897 feierten beide Verlobung und am 9.10.1897 wurde das Paar in der Hospitalkirche in Stuttgart getraut. Nach einer sechswöchigen Hochzeitsreise, die über die Riviera und durch die Provence nach Paris führte, zogen Carl und Hilda in die nahe der elterlichen Villa gelegene Wohnung im Haus Blücherstr. 8 ein.
Carl fand seine erste Anstellung im württembergischen Ministerium des Äußeren. Zu seiner eigentlichen dienstlichen Tätigkeit hinzu kam seine Ernennung zum Kammerjunker, später zum Kammerherren. Damit waren er und seine Frau zur Teilnahme an allen Veranstaltungen des Hofes berechtigt und verpflichtet.
1905 bezog die Familie, die durch die Geburten von Rudolf, Richard und Gerda gewachsen war, eine neue Wohnung, die sich über zwei Stockwerke mit je 6 Zimmern erstreckte. Zur Familie gehörten auch eine Köchin, ein Zimmermädchen und eine "Mademoiselle" für die Kinder. Im gleichen Jahr wurde Carl vom Legationssekretär zum Legationsrat befördert und für die drei Sommermonate zur Vertretung des württ. Gesandten nach Berlin entsandt. Offenbar hat er sich in dieser Zeit bewährt, denn im folgenden Jahr wurde er, noch nicht 37 Jahre alt, unter Beförderung zum Geheimen Legationsrat zum Nachfolger des württ. Gesandten in München bestimmt. Neben seinen dienstlichen Leistungen mag hierbei auch der Wunsch des Königs mitbestimmend gewesen sein, hierdurch das Unrecht wiedergutmachen zu wollen, dass Carls Vater bei seinem erzwungenen Abgang als Gesandter und Bundesratsbevollmächtigter in Berlin im Jahr 1893 erdulden mußte.
Der Wechsel nach München brachte für die Familie nicht nur hinsichtlich des geographischen sondern auch hinsichtlich des gesellschaftlichen Umfeldes erhebliche Veränderungen mit sich, standen die Gesandten doch protokollarisch unmittelbar hinter der königlichen Familie. Mein Großvater berichtet in seinen Erinnerungen über die Münchner Zeit, die er ja selbst bewußt miterlebt hat, sehr ausführlich, wobei manches über Leben, Gepflogenheiten und Persönlichkeiten auch über die Familienhistorie hinaus interessant ist. Leider kann auch dieser Abschnitt hier nur sehr verkürzt wiedergegeben werden.
Die Familie bewohnte in München zunächst eine große Wohnung in der damals noch ruhigen und vornehmen Leopoldstraße, in der jeden Mittag unter Vorantritt eines Musikcorps die Residenzwache aufzog und anschließend Platzkonzert war. Für die Gesandtschaftskanzlei waren zusätzlich in einer Nebenstraße Räume angemietet. Die Aufgaben des Gesandten bestanden neben den repräsentativen Verpflichtungen insbesondere in der Berichterstattung über innenpolitische Ereignisse und Angelegenheiten des Hofes. Die tatsächliche Arbeit bestand zu einem wesentlichen Teil darin, täglich zahlreiche, oft zweimal täglich erscheinende Zeitungen durchzuarbeiten. Daneben gehörte auch die Betreuung von Landsleuten teilweise zu den Aufgaben des Gesandten, obwohl es auch einen Konsul gab.
Insbesondere in der winterlichen "Saison" war das Maß der gesellschaftlichen Verpflichtungen erheblich. Mehrmals in der Woche hatten Carl und Hilda zu Diners, Bällen oder sonstigen Veranstaltungen in Gesellschaftstoillete und Frack oder gar großer Kammerherrenuniform zu erscheinen. Am Montag Nachmittag hielt Hilda ihren "jour fixe", zu dem, ohne dass es einer Einladung oder Ankündigung bedurfte, jedermann - oder richtiger jede Dame der Gesellschaft - in stetem Kommen und Gehen ihre Aufwartung machen konnte. Selbstverständlich hatte auch Hilda ihrerseits entsprechende Gegenbesuche zu machen. Neben verschiedenen weniger offiziellen Einladungen zum Frühstück waren jeden Winter vier bis fünf Diners mit jeweils 20, später 24 Personen und im Regelfall 7 Gängen zu geben. - Der Aufwand für die repräsentativen Verpflichtungen war sehr erheblich, weshalb Carl neben seinem Gehalt eine hohe Dienstaufwandsentschädigung erhielt. Hinzu kam, dass die Gesandtschaften als exterritorial galten, so dass Importe, z. B. die meist jährlich zum Hofball aus Paris bestellte Gesellschaftstoilette, Anzüge von einem englischen Schneider, französischer Wein, Cognac und Champagner sowie Zigarren zollfrei und hierdurch wesentlich billiger erworben werden konnten.
Trotz der vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen fanden Carl und Hilda immer auch Zeit für ihre Kinder, überwachten z. B. die Schulaufgaben und das Üben am Klavier, lasen abends vor und unternahmen mit ihnen Spaziergänge und Museumsbesuche. Im September 1908 stürzte Carl bei einer Jagd vom Pferd und zog sich einen komplizierten doppelten Unterschenkelbruch zu, der zwar recht bald verheilte, von dem er jedoch eine leichte Verkürzung des Beines behielt, die ihn zwang Reiten, Tennisspiel und Schlittschuhlaufen aufzugeben. Auch bei seinem Regiment mußte er als Reserveoffizier seinen Abschied nehmen, wobei ihm das Recht verliehen wurde, dessen Uniform weiterhin zu tragen. Ungeachtet des verkürzten Beines war er gut zu Fuß und machte auch weiterhin gerne Radtouren; in späteren Jahren aufgetretene arthritische Beschwerden dürften jedoch auf diesen Unfall und dessen Folgen zurückzuführen sein.
1912 zog die Familie in eine sehr große Wohnung in der Münchner Friedrichstraße, die dann auch die Kanzlei der Gesandtschaft aufnahm. Die Wohnung bot - neben mehr Platz für die herangewachsenen Kindern - die Möglichkeit zu größeren Gesellschaften, deren größte im Winter 1913/14 ein Abendempfang mit etwa 200 Gästen war, darunter das bayerische Königspaar und zahlreiche Mitglieder der königlichen Familie. Im gleichen Winter nahm Carl an dem Antrittsbesuch des bayerischen Königpaares in Stuttgart teil, dem im darauf folgenden Frühjahr der Gegenbesuch des württ. Königspaares folgte. Die Organisation dieses Besuches oblag dem Gesandten, der in diesen Tagen die wohl größte organisatorische Herausforderung seines Lebens zu bewältigen hatte.
Seit Anfang des Jahrhunderts war Carl Ehrenritter des Johanniterordens, 1911 oder 1912 wurde er in Sonnenburg bei Brandenburg auf dem Rittertag vom damaligen Herrenmeister, Prinz Eitel Friedrich von Preußen zum Rechtsritter geschlagen.
Im Sommer 1914 hatte die Familie einen achtwöchigen Urlaub, zunächst in der Nähe von Ostende, dann weiter in der Schweiz geplant. Trotz der in der Luft liegenden Kriegsgefahr wurde diese Reise noch angetreten, wobei man jederzeit zu einem schnellen Aufbruch bereit blieb. Am späteren Vormittag des 29. Juli erhielt Carl ein Telegramm aus Stuttgart, in dem die Rückkehr nach München als angebracht bezeichnet wurde. Sofort wurden Bekannte, mit denen man in jenen Tagen stets in enger Verbindung stand und alle Neuigkeiten austauschte, benachrichtigt und bereits um 14.00 Uhr bestieg die Familie die Kleinbahn noch Ostende. Hier ließ Carl entgegen seiner sonstigen Gewohnheit den Diplomatenpaß spielen und erhielt so trotz des großen allgemeinen Andrangs im letzten durchgehenden Zug über die belgische Grenze nach Deutschland zwei Schlafwagenabteile. Gegen Mittag des folgenden Tages kam die Familie in München an.
Im Haushalt traten gleich mit Kriegsbeginn spürbare Einschränkungen auf. Eine englische "Miss", die seit 1913 den Kindern nach der französischen Sprache nun auch Englisch beibringen sollte, war in jenem Sommer zum Urlaub nach England gefahren, von wo sie natürlich nicht zurückkehrte. Ein Diener wurde eingezogen, ein weiterer, weil er aus dem Elsass stammte und noch die französische Staatsangehörigkeit besaß, interniert. Erst durch energisches Einwirken gelang es Carl, die Entlassung aus der Internierung zu bewirken.
Mit Kriegsbeginn fielen die gesellschaftlichen Verpflichtungen weitgehend fort. Dafür arbeiteten Hilda und ihre Tochter Gerda täglich mehrere Stunden in einer großen Nähstube für Lazarettwäsche, die unter der tätigen Mitwirkung der Königin Marie Therese in den Nibelungensälen der Residenz eingerichtet worden war. Carl ließ sich stets die Namen der in die örtlichen Krankenhäuser und zahlreiche, behelfsmäßig eingerichtete Lazarette eingelieferten Württemberger geben, besuchte sie, teilweise gemeinsam mit Hilda und verteilte dabei kleine Gaben, namentlich Tabakwaren. Daneben wurde eifrig für Liebesgabenpäckchen an die Front gearbeitet, insbesondere gestrickt und Zigaretten gestopft. - Die ab dem zweiten Kriegsjahr schlechter werdende Versorgungslage machte sich auch in den gehobenen Gesellschaftskreisen deutlich bemerkbar, sofern man nicht durch "schwarze" Bezugsquellen seine Speisekammer füllte. Dies aber lehnten Carl und Hilda ab. Obwohl sie durchaus ihre Freude am guten Essen und Trinken hatten, fanden sie sich ebenso selbstverständlich mit den minderwertigen, wenig genussreichen Lebensmitteln jener Zeit ab.
Als letztem großen Ereignis in der "alten Zeit" nahm Carl 1918 an der Feier der Goldenen Hochzeit des bayerischen Königspaars teil. Hierbei wie bei allen Veranstaltungen während des Krieges trug er, dem Ernst der Zeiten angemessen, nicht seine große Kammerherrenuniform sondern seine Uniform als Oberleutnant der Reserve a. D der 19. Ulanen.
Der Umsturz bei Kriegsende stellte Carl vor die Frage, ob er bleiben oder seinen Abschied nehmen solle. Der württ. König hatte bei seiner Abdankung den Wunsch geäußert, dass seine treuen Diener sich nunmehr dem neuen Staat zur Verfügung stellen. Carl selbst war mit 49 Jahren zu alt, um etwas neues anzufangen und zu jung, um sich zur Ruhe zu setzen. So blieb er auf seinem Posten.
Er blieb - selbst natürlich nie überzeugter Demokrat - unter der Regierung Eisner, hielt aus während der Schrecknisse der Münchner Räteregierung, obwohl u. a. württembergische Truppen zur Zerschlagung herannahten, und blieb erst recht danach, als der gemäßigte Sozialdemokrat Blos für geordnete Verhältnisse sorgte. Dieser erkannte ausdrücklich, das Verhalten Carls während der Zeit der "Räterepublik" an und zeigte sich mit dessen Amtsführung und Berichterstattung einverstanden. Ein Bericht aus dieser Zeit "Revolution in Bayern" ist bei der Familie erhalten. Eine Auswahl der Gesandtschaftsberichte der Weimarer Zeit wurde 1971 veröffentlicht. - Auch der ehemalige württ. König hieß ausdrücklich Carls Verbleiben im Amt gut. In jenen Tagen der Münchner Räterepublik war Carls Sohn Rudolf mit zwei Kameraden zur Meldung bei der Königin, die Chef seines Regiments war. Sie wurden anschließend zum Mittagessen eingeladen, wobei der König sich sehr nach den Eltern erkundigte und seiner Sorge Ausdruck gab, sie könnten eventuell als Geiseln gegenüber den württ. Truppen genommen werden.
Die ohnehin nie sehr bedeutenden Akkreditierungen in Darmstadt und Karlsruhe fielen bald nach Kriegsende weg. Die Gesandtschaft in München blieb jedoch, wobei das Bedürfnis der bald bürgerlich-konservativ regierten süddeutschen Länder nach Zusammenhalt gegenüber dem sozialdemokratisch regierten Preußen und die notwendige Abwehr zentralistischer Bestrebungen der Reichsregierung wesentlich dazu beigetragen haben dürften.
Am 11. Oktober 1919 feierte die Familie in München die Hochzeit der Tochter Gerda mit Arnold Freiherr v. Nostitz. Da durch den Wegfall zahlreicher Repräsentationspflichten die Wohnung in der Friedrichstraße ohnehin zu groß geworden war, bezogen Gerda und Arnold einige Zimmer in der Gesandtschaft. - Die Inflation verschlang große Teile, des Vermögens. Nach der Währungsreform wurden die Beamtengehälter sehr knapp bemessen, so dass die Wohnung in der Friedrichstraße zu teuer wurde. Es wurden daher fünf Räume untervermietet. Dennoch konnte am 1.12.1925 die Hochzeit meines Großvaters in großem Kreis in der Wohnung gefeiert werden, nachdem am 9.10.1922 bereits die Silberne Hochzeit, gemeinsam mit der Taufe der Enkelin Margrit dort gefeiert worden war.
Bereits 1931 beschloß der württ. Landtag, seine Gesandtschaft in München zum 31. März 1933 aufzulösen. Die Auflösung hatte mithin nichts mit der Machtübernahme Hitlers zu tun, allerdings wäre sie ohne den entsprechenden Beschluß unter den Nationalsozialisten sicher auch recht bald erfolgt. Carl und Hilda siedelten wieder nach Stuttgart über, wo der nach dem Tod von Carls Mutter Clara, geb. Etzel vermietet gewesene 1. Stock in dieser Zeit frei geworden war. In der darüber liegenden Etage wohnten meine Großeltern, Rudolf Moser v. Filseck und Nora geb. v. Samson-Himmelstjerna mit ihren Kindern, so dass Carl und Hilda statt Gerdas Kindern nun ihre Moser´schen Enkel um sich hatten.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde von Carl und Hilda zunächst begrüßt; insbesondere Carl freute sich, dass die vertrauten Farben schwarz-weiß-rot neben der Hakenkreuzfahne wieder zu Ehren kamen. Beide hofften wohl, dass sich nach den ersten turbulenten Monaten die gemäßigteren Kräfte in der Partei durchsetzen würden. Bald jedoch zeigten sie erhebliche Vorbehalte, insbesondere wegen der kirchenfeindlichen Haltung des Regimes, die ihnen als zwar unauffällige, aber gläubige Christen große Sorge bereitete.
1938 wurde die zunehmend altmodisch und unbequem gewordene Villa Etzel verkauft und ein Haus in der Parlerstr. 10 bezogen. Dies Haus war zwar wesentlich bescheidener, bot aber dennoch sowohl Carl und Hilda als auch Rudolfs Familie und einem zuvor seit Jahren in der ehemaligen Gärtnerwohnung der Villa lebenden Ehepaar Schips ausreichenden Raum. Auch für Gäste waren Zimmer vorhanden, und im Herrenzimmer war es möglich, die beiden Flügel Carls nebeneinander zu stellen. - An dieser Stelle möchte ich kurz auf die Bedeutung der Musik und insbesondere des Klavierspiels in Carls Leben eingehen. Schon früh hatte er Klavierunterricht erhalten und es hierbei für einen Laien recht weit gebracht. In einer Zeit, in der Musik nur im Konzertsaal oder der Oper im Original zu genießen war, spielte der Klavierauszug eine große Rolle. Er bot, abgesehen von wenigen Gramophonplatten, die in schlechter Qualität einzelne Arien o. ä. wiedergeben konnten, die einzige Möglichkeit, die großen Werke der Komponisten zu hause zu genießen. Carl hatte sich nach und nach zahlreiche Werke auf dem Klavier erarbeitet. Das Klavierspiel, sowohl allein, als auch mit anderen vierhändig, das gemeinsame Musizieren mit anderen Instrumentalisten waren ihm jederzeit ein Bedürfnis. Bis zu seinem Tod spielte er täglich Klavier, sofern es die Umstände irgend zuließen.
Nur ein Jahr dauerte das friedliche Leben in der Parlerstraße; dann brach der Krieg aus. Am 12.9.1944, Carls 75 Geburtstag, wurde das Haus von einer Fliegerbombe getroffen und brannte völlig aus. Carl und Hilda befanden sich während des Luftangriffs in einem in der Nähe in den Berg gegrabenen Luftschutzstollen. Nach einigen Tagen bei Nachbarn und einigen Wochen auf dem Nostitz´schen Hof Oberlaubenberg im Allgäu zogen sie nach Göppingen, wo ihre Schwiegertochter Nora, Rudolfs Frau, bereits 1943 nach der Evakuierung der Schulen aus Stuttgart eine kleine Notwohnung gefunden hatte. Trotz aller materieller Verluste und der ungewohnten Enge des ihnen nunmehr zur Verfügung stehenden einen Raumes, klagten sie nie, sondern ertrugen ihr Schicksal in Würde und Bescheidenheit, die ihnen die Achtung und Verehrung vieler Menschen eintrug.
Nach Kriegsende konnten sie einige Zimmer mieten und mit aus einem Nachlass erworbenen Möbeln einigermaßen behaglich einrichten. Am 9.10.1947 hatten sie die Freude, zur Feier ihrer Goldenen Hochzeit alle Kinder und Schwiegerkinder um sich versammeln zu können. Selbst Rudolf, der noch interniert war, hatte hierzu, wenn auch unter anderem Vorwand, Urlaub erhalten. So ist ihnen, bei allen materiellen Verlusten doch der viel schmerzlichere Verlust an Kindern oder Enkeln erspart geblieben.
Am 12.9.1949 feierte Carl, nachdem er im Sommer an heftigen Herzbeschwerden gelitten und zeitweilig im Krankenhaus gelegen hatte, in relativ guter Verfassung seinen 80. Geburtstag, acht Tage darauf, am Vormittag des 20. September, setzte ein Herzschlag seinem Leben ganz plötzlich ein Ende. Hilda lebte noch ein gutes Jahr, in dem sie sich ganz der Familie widmete und half, wo es ihr und ihren Kräften möglich war, insbesondere im Frühjahr 1950, als ihre Schwiegertochter Nora, meine "Omama", wegen einer schweren Erkrankung mehrere Wochen im Krankenhaus lag. Im Spätsommer jenes Jahres freute sie sich, bei einem Besuch in Düsseldorf zu sehen, wie sich ihr jüngster Sohn Richard dort mit seiner Familie eine neue, glückliche Existenz aufgebaut hatte.
Am 3.12.1950 starb Hilda, nach einem am Vortag erlittenen Kreislaufkollaps. Sie wurde, wie schon ein Jahr zuvor ihr Mann, eingeäschert und auf dem Pragfriedhof in Stuttgart im Familiengrab beigesetzt.
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