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Ludwig Büchner Kraft und Stoff


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Der Himmel


Die Welt regiert sich selbst nach ewigen Gesetzen.

Cotta
Jeder Schulknabe weiß heute, daß der Himmel keine über die Erde hergestülpte Glocke ist, sondern daß wir bei seiner Betrachtung in einen unermeßlichen leeren Raum ohne Anfang und Ende hineinblicken, in welchem nur an einzelnen zerstreuten und fast unendlich weit voneinander entfernten beschränkten Orten sogenannten Weltinseln oder Gruppen von Weltkörpern die ungeheure Öde unterbrechen. Aus einer formlosen Dunstmasse müssen sich durch Entstehung einzelner um sich selbst rotierender Punkte jene einzelnen Weltkörper und Sonnensysteme gebildet und allmählich zu runden, kompakten Massen verdichtet haben. Diese Massen sind in einer steten Bewegung im Weltraum, einer Bewegung, welche sich aufs mannigfaltigste kombiniert und kompliziert, aber doch in allen ihren Äußerungen und Modifikationen nur Folge eines einzigen allgemein geltenden Naturgesetzes, des Gesetzes der Anziehung ist. Diesem Gesetze, welches dem Stoff inhärent ist und an jedem Teilchen desselben unter unsern Augen beobachtet werden kann, folgen alle jene noch so großen oder kleinen Weltkörper ohne Widerstreben und ohne eine noch so geringe Abweichung, welche eine willkürliche Ausnahme begründen würde. Mit mathematischer Schärfe und Gewißheit lassen sich alle diese Bewegungen erkennen, bestimmen, vorhersagen. Soweit das Fernrohr des Menschen reicht und imstande war, die Gesetze des Himmels zu erkennen - und man hat dieses auf Billionen und Trillionen Meilen weit vermocht - begegnete man stets nur diesem einen Gesetze, derselben mechanischen Anordnung, derselben mathematischen Formel, den nämlichen der Berechnung unterliegenden Vorgängen. Nirgends aber zeigte sich die Spur eines mit Willkür begabten Fingers, welcher den Himmel geordnet und den Erden oder Kometen ihre Bahnen angewiesen hätte. »Ich habe den Himmel überall durchsucht«, sagte der große Astronom Lalande, »und nirgends die Spur Gottes gefunden.« Und als der Kaiser Napoleon den berühmten Astronomen Laplace fragte, warum in seinen System der himmlischen Mechanik nirgends von Gott die Rede sei, antwortete derselbe: »Sir, je n'avais pas besoin de cette hypothèse!« - Je weiter die Astronomie in ihrer Kenntnis von den Gesetzen und Vorgängen des Himmels voranschritt, um so weiter drängte sie die Idee oder die Annahme einer übernatürlichen Einwirkung zurück, um so leichter wurde es ihr, die Entstehung und Bewegung der Weltkörper auf die einfachsten, durch den Stoff selbst möglich gemachten Vorgänge zurückzuführen. Die Anziehung der kleinsten Teilchen ballte die Weltkörper zusammen, und die Gesetze der Anziehung in Verbindung mit ihrer ersten Bewegung bewirkten die Art ihrer gegenseitigen Umdrehung, welche wir heute an ihnen bemerken. Freilich wollen manche, an diesem Punkt angelangt, wiederum den ersten Bewegungsstoß nicht in der Materie selbst suchen, sondern ihr von einem überirdischen Finger herleiten, welcher gewissermaßen in dem allgemeinen Weltbrei gerührt und der Materie damit ihre Bewegung verliehen habe. Aber auch dieser unendlich weit entfernten Position vermag sich die persönliche Schöpferkraft nicht zu halten. Die ewige Materie mußte auch einer ewigen Bewegung teilhaftig sein. Warum sie gerade zu einer bestimmten Zeit jene bestimmte Art der Bewegung annahm, bleibt vorerst allerdings unserer näheren Einsicht verschlossen, aber die wissenschaftliche Forschung steht noch nicht an ihrem Ende, und es ist nicht unmöglich, daß sie auch noch über den Zeitpunkt der ersten Entstehung der einzelnen Weltkörper hinaus ihre Leuchte trage. Soviel Recht haben wir aber, nach Analogie des bis jetzt Erforschten zu sagen, daß auch jene Vorgänge keine Ausnahme von den allgemeinen, dem Stoff inhärenten Gesetzen gemacht haben können und daß in diesem selbst die Ursache zu jener bestimmten Art der Bewegung gelegen haben muß. Wir haben um so mehr hierzu das Recht, als die vielen Unregelmäßigkeiten, Zufälligkeiten und Zweckmäßigkeiten und Zweckwidrigkeiten in der Anordnung des Weltganzen und der einzelnen Weltkörper untereinander auch ganz direkt Gedanken an eine persönliche Tätigkeit bei jener Anordnung ausschließen. Wenn es einer persönlichen Schöpferkraft darauf ankam, Welten und Wohnplätze für Tiere und Menschen zu schaffen, warum alsdann jener ungeheure, wüste, leere, nutzlose Weltraum, in dem nur hie und da einzelne Sonnen und Erden als fast verschwindende Pünktchen schwimmen? Warum sind die andern Planeten unseres Sonnensystems nicht so eingerichtet, daß sie ebenfalls von Menschen bewohnt werden können? Warum ist der Mond ohne Wasser und Atmosphäre und darum jeder organischen Entwicklung feindlich? Wozu die Unregelmäßigkeiten und ungeheuren Verschiedenheiten in der Größe und Entfernung der einzelnen Planeten unseres Sonnensystems? Warum fehlt hier jede Ordnung, jede Symmetrie, jede Schönheit? Warum sind alle Vergleichungen, Analogien, Spekulationen, welche man auf die Zahl und Bildung der Planeten baute, zuschanden geworden? - Weil das zufällige Begegnen der Elemente keine höhere Ordnung kennt und weil ein zertrümmerter Stein nicht in Stücke von regelmäßiger Gestalt und Zahl auseinanderfliegt. Warum schrieb die Schöpferkraft nicht ihren Namen mit Zügen von Sternen an den Himmel? Warum gab sie den Weltkörpersystemen nicht eine Anordnung, aus welcher ihre Absicht und Ansicht unzweifelhaft erkannt werden müßte? - In der Stellung und den Verhältnissen Erde zur Sonne, Mond und Sternen wollen beschränkte Geister die zweckmäßige Fürsorge des Himmels erblicken. Aber sie bedenken nicht, daß die Folge und Ursache verwechseln und daß wir eben nicht oder anders organisiert wären, wenn die Schiefe der Ekliptik eine andere oder nicht vorhanden wäre. Jene oben gestellten Fragen ließen sich beliebig vermehren, aber ihre Vermehrung würde nichts an dem Resultate ändern, daß die empirische Naturforschung, wo sie auch sucht, nirgends die Spur supranaturalistischer Einwirkungen in Raum oder Zeit zu finden vermag.

Schöpfungsperioden der Erde


Ein Geschlecht vergeht, das andere

kommt, die Erde aber bleibt ewig.



Bibel
Über die Enstehungs- und allmähliche Fortbildungsgeschichte der Erde haben die Forschungen der Geologie ein höchst interessantes und wichtiges Licht verbreitet. Aus den Steinen und Schichten der Erdoberfläche und aus den in ihnen gefundenen Resten und Trümmern organischer Wesen, von denen dieselbe früher bewohnt war, lasen die Geologen, wie aus einer alten Geschichtschronik, die Geschichte der Erde. In dieser Geschichte nun fand man die deutlichen Zeichen höchst gewaltiger und in einzelnen Abschnitten aufeinander folgender Erdrevolutionen, bald durch die Kräfte des Feuers, bald durch die des Wassers, bald durch das Zusammenwirken beider hervorgebracht. Diese Umwälzungen gaben durch das anscheinend Plötzliche und Gewaltsame ihres Eintritts der orthodoxen Richtung in der Naturforschung einen willkommenen Vorwand, an das Dasein übernatürlicher Kräfte zu appellieren, durch deren Anstoß oder Veranlassung jene Revolutionen hervorgebracht sein sollten, um die Erde durch allmähliche Übergänge einer Gestaltung für gewisse Zwecke entgegenzuführen; es sollte eine fortgesetzte periodenweise Schöpfung mit jedesmaligen neuer Erschaffung organischer Wesen und Geschlechter stattgefunden haben, es sollte die Bibel recht haben, welche erzählt, daß Gott eine Sündflut über die Erde geschickt habe, um das in Sünden versunkene menschliche Geschlecht zu verderben und ein neues an seine Stelle treten zu lassen. Es sollte Gott mit eigner Hand bald Gebirge aufgerichtet, bald Meere geebnet, bald Organismen geschaffen haben. Alle diese Ideen nun von dem Wirken unmittelbarer und übernatürlicher Kräfte in der Entwicklungsgeschichte der Erde haben sich im Angesichte einer kühleren Betrachtung als Illusionen gezeigt, und die neuere Entwicklung der geologischen Wissenschaften hat einen Triumph über jene Idee gefeiert, indem sie erkannte, daß die ganze wissenschaftliche Anschauungsweise der Erdenentwicklung, welche ihr zugrunde lag, eine unrichtige sei. So sehr es auch auf den ersten Anblick den Anschein haben mag, als müßten die Veränderungen, deren Spuren wir an der Erdoberfläche wahrnehmen, plötzlichen und allgemeinen gewaltsamen Erdrevolutionen ihren Ursprung verdanken, so sehr lehrte doch im Gegenteil eine reifere Überlegung und Beobachtung, daß der größte Teil dieser Veränderungen nichts anders als die Folge einer allmählichen und langsamen, aber durch ungeheure Zeiträume sich bewegenden Aktion natürlicher Kräfte ist - einer Aktion, deren fortdauernde Wirkungen wir tagtäglich noch in unserer nächsten Umgebung zu beobachten imstande sind, aber wegen der Kürze der Zeit in so unendlich verkleinertem Maßstabe, daß uns diese Wirkungen nicht auffallend werden. »Denn die Erde«, sagt Burmeister, »ist lediglich durch Kräfte erzeugt, welche wir noch heute selbst in entsprechender Stärke an ihr tätig finden; sie ist nie wesentlich gewaltsameren oder überhaupt anderen Entwicklungskatastrophen unterworfen gewesen; dagegen ist der Zeitraum, in welchem die Umänderung erfolgte, ein ganz unmeßbarer usw. Das Ungeheure und Überraschende des irdischen Ausbildungsprozesses liegt nur in der immensen Zeitdauer, innerhalb welcher er erfolgte usw.« Ein Tropfen Wasser höhlt einen Stein aus. So können anscheinend sehr schwache und kaum bemerkliche Kräfte durch die Länge der Zeit unglaubliche und anscheinend wunderbare Wirkungen erzeugen. Wie die Wasserfälle des Niagara ihr Flußbett durch eine Tausende von Jahren dauernde Arrosion stundenweit nach rückwärts ausgewaschen haben, und zwar durch feste Felsen hindurch, ist bekannt. Fortwährend verwandelt sich unsere Erde vor unsern Augen wie früher; fortwährend entstehen Erdschichten, brennen Vulkane, zerreißen Erdbeben den Boden, entstehen und versinken Inseln, tritt das Meer vom festen Boden zurück und überschwemmt andere Strecken. Wir nun sehen heute alle diese langsamen und lokalen Wirkungen, welche Milliarden von Jahren hervorgebracht haben, in einem Gesamtbilde vereinigt und können uns daher des Gedankens nicht erwehren, hier müßten unmittelbare Eingriffe geschehen sein, während uns nur natürliche Kräfte umgeben. Eben die ganze Wissenschaft von den Entwicklungsverhältnissen der Erde ist ja an sich schon der gewaltige Sieg über jede Art von außerweltlichem Autoritätsglauben. Gestützt auf die Kenntnis der uns umgebenden Natur und der sie beherrschenden Kräfte war diese Wissenschaft imstande, die Geschichte des Geschehens bis in unendliche Zeiträume rückwärts mit annähernder Genauigkeit, oft mit Gewißheit, zu verfolgen und zu bestimmen. Dabei hat sie nachgewiesen, daß überall und jederzeit in dieser Geschichte nur diejenigen Stoffe und Naturkräfte tätig waren, von denen wir heute noch umgeben sind. Nirgends stieß man auf einen Punkt, an dem man genötigt gewesen wäre, der wissenschaftlichen Forschung Halt zu gebieten und den Eingriff übernatürlicher Kräfte zu substituieren, und nirgends und niemals wird dieses geschehen! Überall konnte man aus der Kombination natürlicher Verhältnisse die Möglichkeit der sichtbaren Effekte nachweisen oder sich vorstellen; überall fand man dieselben Gesetze, dieselbe Regel, denselben Stoff! »Die geschichtliche Forschung (über die Entstehungsgeschichte der Erde) hat den Beweis geführt, daß Sonst und Jetzt auf ganz gleicher Basis ruhen; daß die Vergangenheit in ähnlicher Weise sich aufgewickelt hat, wie die Gegenwart weiterrollt, und daß die Kräfte, welche auf unserer Erde wirksam gewesen sind, von jeher dieselben blieben« (Burmeister). Somit bedarf es für einen aufgeklärten Verstand auch nicht mehr jener gewaltigen Hand, welche von außen hereingreifend die glühenden Geister des Erdinnern zu einem plötzlichen Tumult aufrührt, welche die Gewässer als Sündflut über die Erde stürzt und den ganzen Bau, wie weichen Ton, zu ihren Zwecken zurechtknetet. - Welche Abenteuerlichkeit und Ungereimtheit der Vorstellung liegt überdem darin, von einer schaffenden Kraft zu reden, welche die Erde und ihre Bewohner durch einzelne Übergangsstufen und ungeheure Zeiträume hindurch zu stets entwickelteren Formen geführt habe, um sie am Ende zu einem passenden Wohnplatz für das zuletzt auftretende Glied der Schöpfung, für das höchst organisierte Tier, für den Menschen, werden zu lassen! Kann eine willkürliche und mit der vollkommensten Macht ausgerüstete Kraft solcher Anstrengungen bedürfen, um ihren Zweck zu erreichen? Kann sie nicht unmittelbar und ohne Zögern tun und schaffen, was ihr gut und nützlich scheint? Warum bedarf sie der Umwege und Sonderbarkeiten? Nur die natürlichen Schwierigkeiten, welche der Stoff bei der allmählichen und unbewußten Kombination seiner Teile und der Gestaltung seiner Formen findet, können uns das Eigentümliche jener Entstehungsgeschichte der organischen und unorganischen Welt erklären.

Von der Größe der Zeiträume, welche die Erde bedurfte, um ihre heutige Gestalt zu erlangen, kann man sich einen ungefähren oder annähernden Begriff machen, wenn man an die Berechnung denkt, welche die Geologen für einzelne Phasen derselben, namentlich für die Bildung der einzelnen Erdschichten, gemacht haben. Die Bildung der sogenannten Steinkohlenschicht allein erforderte nach einigen Berechnungen neun Millionen Jahre, und bis die ursprünglich glühende Erde von einem Temperaturgrad von 2000 Graden auf einen solchen von 200 Graden sich abkühlen konnte, müssen nach der Berechnung von Bischof 350 Millionen Jahre verflossen sein. Man weiß, daß ganze Berge und Gebirgsschichten aus den Kieselpanzern mikroskopischer, d.h. mit bloßem Auge unsichtbarer Tierchen, sogenannten Infusorien, bestehen. Welche unendlichen Zeiträume mußten nötig sein, um solche Bildungen entstehen zu lassen! Aus diesen Beispielen, welche wir beliebig vermehren könnten, mag ungefähr die Ausdehnung jener Zeiträume ersichtlich werden. Sie sind imstande, uns noch einen anderweiten Fingerzeig zu geben. Im Verein mit den maßlosen Entfernungen, welche die Astronomen im Weltall ausgerechnet haben und vor denen sich unsere Phantasie zu verwirren beginnt, deuten diese fast unendlichen Zeiträume auf die Notwendigkeit, die Unbeschränktheit von Zeit und Raum anzuerkennen, auf Ewigkeit und Unendlichkeit. »Die Erde, als materielle Existenz, ist in der Tat unendlich; nur die Veränderungen, welche sie erlitten hat, lassen sich nach endlichen, d.h. zeitlichen, Abschnitten einigermaßen bestimmen.« (Burmeister) Sollten die Begriffe der Religion, welche jederzeit Gott als ewig und unendlich bezeichneten, in ihrer Konsequenz etwas voraus haben vor den Anschauungen der Wissenschaft? Sollte jene finstere Pfaffenwut, welche die Ewigkeit der Höllenstrafen erfand, an Kühnheit des Gedankens die Naturforschung übertreffen? »Was man auch reden mag vom Untergange der Welt, es ist alles ebenso vag wie die Sage vom Anfang, welche der kindliche Sinn der Völker sich ausgedacht hat; die Erde und die Welt sind ewig, denn zum Wesen der Materie gehört auch diese Qualität. Aber sie ist nicht unveränderlich, und darum, weil sie veränderlich erscheint, hält der kurzsichtige menschliche Blick, den wissenschaftliche Forschungen noch nicht aufgeklärt haben, sie auch für endlich und vergänglich« (Burmeister).


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