Ana səhifə

Für Trauernde und Verzagte


Yüklə 0.78 Mb.
səhifə9/11
tarix25.06.2016
ölçüsü0.78 Mb.
1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11

Verraten

Jetzt wußten die Apostel, daß der Herr von ihnen wegge-


hen würde, daß sie wie Schafe ohne den Hirten gelassen
werden würden. Dies war für sie eine Quelle des Schrek-
kens und der Traurigkeit. Was würde aus ihnen werden?
Wenn sich die Schriftgelehrten und Pharisäer um sie sam-
melten, was sollten sie ihnen antworten?

Wehe dem Evangelium des Heils, wenn Jesus nicht mit


uns ist! Dies war ein bitterer Schmerz; und etwas von die-
sem Gefühl zuckt oft durch unsere Herzen. Mein Herz ist
traurig, wenn ich unsere religiösen Zustände betrachte. Es
steht geschrieben: »In den letzten Tagen werden Spötter
kommen«; und sie sind gekommen - wenn doch der Herr
selber hier wäre! Daß er seine Rechte ausstreckte und uns
wiederum die Pfingstwunder sehen ließe zur Verwirrung
seiner Gegner und zur Freude aller seine Freunde! Fast
zweitausend Jahre sind dahin gerollt, seit er ging, und die
Nacht ist dunkel, und es ist kein Zeichen der Morgendäm-
merung da. Wir wissen, daß er bei uns ist im geistlichen
Sinne; wenn wir ihn doch in der Herrlichkeit seiner Macht
hätten!

Aber die Jünger fühlten einen weiteren Schmerz, näm-


lich den, daß er von einem unter ihnen verraten werden
würde. Die Zwölf waren erwählt, aber einer von ihnen war
ein Teufel und verkaufte seinen Herrn. Das durchbohrte
das Herz der Treuen: »... des Menschen Sohn wird verra-
ten«. Er wird nicht öffentlich verhaftet, sondern verkauft
für dreißig Silberlinge von einem, dem er seine kleine Bar-
schaft anvertraut hatte. Das schnitt ihnen ins Herz, eben

wie dem Meister selber; denn unser Herr fühlte tief die


Verräterei seines Freundes.

Von diesem bitteren Wasser müssen auch die Treuen


heute trinken; denn was sehen wir gegenwärtig? Männer,
die für Prediger des Evangeliums gelten, deren Hauptge-
schäft es aber zu sein scheint, unsern heiligen Glauben zu
untergraben und die Wahrheiten niederzureißen, die in
der christlichen Kirche angenommen werden. Einige von
ihnen predigen, als wenn sie nicht von Gott verordnet wä-
ren, sondern vom Teufel, und nicht von dem Heiligen Gei-
ste gesalbt, sondern von dem Geiste des Unglaubens. Un-
ter dem Banner des »fortgeschrittenen Denkens« führen
sie Krieg gegen jene ewigen Wahrheiten, für welche Be-
kenner kämpften und Märtyrer bluteten und durch welche
die Heiligen vergangener Jahrhunderte in ihrer Todes-
stunde gestärkt worden sind.

Es sind nicht Feinde; dann würden wir es tragen und


darauf antworten können. Wenn der offene Ungläubige
die Inspiration der Bibel angreift, so laßt ihn das tun. Wir
leben in einem freien Land, laßt ihn sprechen.

Aber wenn ein Mann auf unsre Kanzel steigt, das Heili-


ge Buch aufschlägt und leugnet, was von Gott eingegeben
ist - was tut er da? Wie erlaubt ihm sein Gewissen, ein
Amt anzunehmen und sich zu einem Hirten zu machen,
wo er ein Wolf ist? Den zu einem Weingärtner zu machen,
der mit seiner Axt die Wurzeln der Weinstöcke zerhaut, ist
eine unbegreifliche Torheit der Gemeinden, ein Dolch für
jedes gläubige Herz.

Noch ein Schmerz kam dazu; denn einer von ihnen soll-


te, obwohl er doch aufrichtig und treu war, in dieser Nacht
seinen Herrn verleugnen: Petrus, in vieler Hinsicht der
Führer der kleinen Schar.

Dies ist in der Tat ein bitterer Trank, den die, welche die


Kirche Gottes lieben, sehr oft trinken müssen, wenn sie se-
hen, daß Gläubige, von denen sie nicht anders glauben
können, als daß sie Jünger Jesu Christi sind, durch Versu-
chung, durch Menschenfurcht oder die Mode der Zeit fort-

gerissen werden, so daß sie Christus und sein Evangelium


der Sache nach verleugnen.
Deshalb scheint es mir eine sehr passende Stunde, die
Treuen zu den süßen Wassern unseres Textes zu führen und
sie trinken zu heißen, bis jede Spur der Bitterkeit aus ihrem
Mund verschwunden ist; denn der Meister spricht eben zu ih-
nen: »Euer Herz erschrecke nicht! Ihr glaubt an Gott, glaubt
auch an mich.«

Glaube mir!

In diesem wundervollen Text deutet unser Herr uns das


wahre Mittel des Trostes in jeder Unruhe, in jedem Schrek-
ken, jeder Bestürzung an: »Laßt euer Herz nicht unruhig
sein - glaubt! Wer das Wort in der Bibel nachliest, wird se-
hen, daß diese Vorschrift wiederholt wird. Er sagt am An-
fang des elften Verses: »Glaubt mir« und dann im zweiten
Satz wieder. »Glaubt mir!« Als ich versuchte, in den Sinn
dieses heiligen Ausspruches einzudringen, war mir, als
hörte ich Jesus an meiner Seite dreimal zu mir sprechen:
Glaube mir! Glaube mir! Glaube mir! Er sagt es zu den El-
fen, die bei ihm waren, als ob es sehr nötig wäre, sie zum
Glauben an ihn anzutreiben.

Es gibt keine andere Heilung für ein unruhiges, bestürz-


tes Herz. Wenn du an Jesus glaubst und noch unruhig bist,
so glaube an ihn noch völliger und herzlicher. Wenn das
noch nicht die Verwirrung deines Gemüts wegnehmen
sollte, so glaube noch mehr an ihn und fahre fort, es mit
wachsender Einfachheit und Kraft zu tun. Betrachte dies
als die einzige Arznei für die Krankheit der Furcht und Un-
ruhe. Jesus schreibt vor: »Glaube, glaube, glaube an mich!«

Glaube nicht nur an gewisse Lehren, sondern an Jesus sel-
ber - an ihn, der fähig ist, jede Verheißung zu erfüllen, die er
gegeben hat. Glaubt an ihn, wie ihr an Gott glaubt.


An wen glauben wir?
Man ist zeitweise geneigt gewesen, es für leichter zu hal-
ten, an Jesus zu glauben, als an Gott, aber das ist ein Ge-
danke geistlicher Unreife; reifere Gläubige finden das
nicht. Wir kommen dahin, an Gott zu glauben als etwas
Selbstverständliches; der Glaube an Jesus erfordert ein zu-
sätzliches Vertrauen.

Ich glaube an Gottes Macht in der Schöpfung: Er kann


machen, was er will, und gestalten, was er gemacht hat. Ich
glaube an seine Macht in der Vorsehung, daß er seine ewi-
gen Ratschlüsse ausführen kann unter den Heeren des
Himmels und unter den Bewohnern dieser niederen Welt.
Ich glaube, daß Gott alle Dinge möglich sind.

Gerade in dieser Weise soll ich an Jesus glauben, daß er


ebenso allmächtig ist wie der Gott, von dem alle Kräfte der
Natur kommen; und daß er ebenso gewiß seine Ziele voll-
enden wird. Wenn wir uns auf den Heiland verlassen mit
dem unbedingten Glauben, mit dem jeder Rechtgesinnte
an Gott glaubt, so geben wir unserm Herrn nur das, was er
mit Recht beansprucht. Er ist treu und wahrhaftig, und sei-
ne Macht kann seine Verheißung ausführen; laßt uns ihm
vertrauen, so wird vollkommener Friede in unsere Herzen
einziehen.

Die Jünger wußten, daß der Herr die Erde und damit


auch sie verlassen würde, so daß sie ihn nicht sehen und
seine Stimme nicht hören würden. Was denn? Ist es nicht
so mit Gott, an den wir glauben? »Kein Mensch hat Gott je
gesehen« - und doch glaubst du an den unsichtbaren Gott,
der alle Dinge wirkt und alle Dinge erhält. So glaube auch
an den abwesenden und unsichtbaren Christus, daß er
noch so mächtig ist wie damals, als er auf den Wellen ging
oder die Brote vervielfältigte oder die Kranken heilte oder
die Toten auferweckte.

Glaube ihm, so werden dich Schmerz und Kummer flie-


hen.

Heimkehr zum Vater

Unser Herr fügte hinzu, daß er, obwohl er von ihnen ginge,


nur zum Hause seines Vater ginge. Gott ist überall gegen-
wärtig, aber wie er auf Erden einen Ort hatte, wo er sich
besonders offenbarte, so gibt es noch eine Stätte, wo er sich
in eigentümlicher Weise enthüllt. Der Tempel war ein Bild
jener unvergleichlichen Wohnung Gottes, die kein Auge
gesehen hat; wir nennen sie den Himmel, das Gezelt Got-
tes, die Heimat der heiligen Engel und jener reinen Geister,
die in seiner unmittelbaren Gegenwart weilen. Im Him-
mel, kann man sagen, hat Gott seine besondere Wohnung,
und Jesus ging dahin, um bei seiner Rückkehr mit all der
Ehre empfangen zu werden, die ihn nach vollendetem
Dienste erwartete. Er ging heim wie ein Sohn, der in das
Haus seines Vaters zurückkehrt, das er in Geschäften sei-
nes Vaters verlassen hatte. Er sollte bei dem Vater sein in
vollkommener Ruhe und erhaben über die Angriffe der
Gottlosen - dort, wo er niemals wieder leiden oder sterben
sollte; er war im Begriff, die Herrlichkeit wieder anzuneh-
men, die er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war.

Hätten sie dies wirklich verstanden, würden sie auch


des Heilands Worte verstanden haben: »Wenn ihr mich
liebtet, so würdet ihr euch freuen, daß ich gesagt habe: Ich
gehe zum Vater.«

Nun ist sein Werk und sein Kampf vollendet; er ist be-


lohnt für sein Leben unter den Menschen als Mensch. Alle
Schmach, welche sein Werk nötig machte, ist nun verloren
in dem Glänze seiner Mittler-Herrschaft.

Die Menschen mögen noch so sehr über ihn spotten -


sie können ihm keinen Strahl seiner Herrlichkeit rauben!

Sie mögen ihn verwerfen - der Herr, der allmächtige


Gott, hat ihn gekrönt.

Sie mögen sein Dasein leugnen - er lebt!

Sie mögen aufrührerisch schreien: »Lasset uns zerreißen
seine Bande und von uns werfen seine Seile« - der Herr hat
sich auf seinen heiligen Berg Zion gesetzt, und niemand

kann ihn jemals von seinem Thron stoßen. Hallelujah!

Darum laßt eure Herzen nicht unruhig werden bei dem
Lärm des Streites und der Lästerung und des Scheltens die-
ser bösen Zeit - der Herr bleibt König ewiglich.

Die Jünger folgen

Unser Herr gab seinen Jüngern zu verstehen, daß ihm sehr


viele zu des Vaters Haus folgen würden. Nicht nur, daß er
selbst dorthin ging; die »vielen Wohnungen«, von denen er
spricht, sind nicht gebaut, um leer zu stehen. Gott tut
nichts vergeblich; deshalb ist es natürlich zu folgern, daß
eine unzählbare Menge diese vielen Wohnungen einneh-
men wird.

Dies war ein großer Trost für die Jünger, weil sie ohne


Zweifel fürchteten: Wenn ihr Herr abwesend sei, würde
sein Reich untergehen. Wie konnten Bekehrte da sein,
wenn er gekreuzigt würde? Wie konnten sie hoffen - arme
Wesen, die sie waren -, ein Reich der Gerechtigkeit auf Er-
den aufzurichten? Wie konnten sie die Menge, die er mit
seinem Blut erkauft hatte, ihm zuführen, wenn sein sieg-
reicher Arm nicht mehr sie führte?

Der Herr Jesus sagt ihnen: Ich gehe, aber ich werde der


Führer einer großen Menge sein, die in den bereiteten
Stätten wohnen soll.

Es macht also wenig aus, daß die Menschen gegen das


Evangelium kämpfen, denn der Herr kennt die Seinen,
und er hat eine Menge, die er heimbringen wird. Ob sie
auch heute nur ein kleines Überbleibsel scheinen, so wird
er doch die vielen Wohnungen füllen. Der gottlose Un-
glaube der Menschen ist ihre eigene Verdammung; aber Je-
sus verliert nicht den Lohn seines Leidens, ob alle Teufel in
der Hölle und Ungläubigen auf der Erde sich wider ihn ver-
bündeten.

Er erdultete den Kreuzestod und sandte uns nach seiner
Auferstehung den heiligenden Geist, damit wir für jene Stätte
tauglich gemacht würden, die er für uns bereitete. Und so hat


er uns die Stätte bereitet: indem er aus dem Torweg die Sünde
hinwegnahm, welche den Eingang versperrte.

Ich denke indes, daß noch ein besonderer Sinn in diesen


Worten liegt außer dem, daß er den Himmel für uns berei-
tet. Ich glaube, unser Herr Jesus meinte, daß für unsern
ganzen Menschen sich eine Stätte finden würde. Beachtet
das Wort »eine Stätte«. Wir sind geneigt, neblige Vorstel-
lungen von dem Erbteil derer zu hegen, welche die Aufer-
stehung von den Toten erlangen. »Der Himmel ist ein Zu-
stand«, sagt jemand. Ja, gewiß, er ist ein Zustand; aber er ist
auch eine Stätte, und in der Zukunft wird er noch be-
stimmter eine Stätte sein. Beachtet, daß unser Herr in ei-
nem Leib hinweg ging; nicht als ein körperloser Geist, son-
dern als einer, der mit seinen Jüngern gegessen hatte und
dessen Leib von ihnen berührt worden war. Sein Leib be-
durfte einer »Stätte«, und er ist hingegangen, eine solche
auch für uns zu bereiten, nicht für uns als reine Geister, wie
wir eine Zeitlang sein werden, sondern so, wie wir schließ-
lich sein sollen - Leib und Seele und Geist.
Die totale Erlösung

Wenn ein Kind Gottes stirbt - wohin geht sein Geist? Wir


werden von dem inspirierten Apostel belehrt: ». .. außer
dem Leibe, daheim bei dem Herrn.« Aber das ist eine geist-
liche Sache, und etwas bleibt noch übrig. Mein Geist ist
nicht mein ganzes Selbst, denn ich bin gelehrt, meinen
Leib als einen wertvollen Teil meines vollständigen Selbst
zu betrachten - als Tempel Gottes. Der Herr Jesus erlöste
nicht nur meinen Geist, sondern auch meinen Leib, und
folglich beabsichtigt er, eine »Stätte« zu haben, wo ich, die-
se Persönlichkeit, die hier ist, in der Ganzheit meiner Indi-
vidualität auf ewig sein kann.

Jesus will eine Stätte haben für die ganze Menschheit


seiner Erwählten, damit sie seien, wo er ist und wie er ist.
Unser schließlicher Aufenthalt wird ein Zustand der Selig-

keit sein, aber er muß auch eine »Stätte« sein, die für un-


sere auferstandenen Leiber passend ist. Er ist deshalb nicht
ein Wolkenland, ein luftiges Etwas, ungreifbar und traum-
artig. O nein, er wird ebenso wirklich ein Ort sein, wie die-
se Erde ein Ort ist.

Jesus sprach zu Martha: »Dein Bruder soll auferstehen«;


er brauchte nicht zu sagen: »Deines Bruders Geist soll un-
sterblich leben«; er sprach: »Dein Bruder soll auferstehen«,
sein Leib soll aus dem Grabe hervorkommen.

So mochten die Herzen der Apostel getröstet werden,


als sie hörten, was ihr Herr nach seinem Hingang tun
wollte.
Die Wiederkehr des Herrn

Der nächste Trost war die Verheißung seiner sicheren


Rückkehr: »Wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten,
so will ich wiederkommen.«

Hört also: Jesus kommt wieder. In derselben Weise, wie


er hinauffuhr, wird er wiederkommen, d. h. wirklich,
buchstäblich und in leiblicher Gestalt.

Hier ist der Trost; daß er kommen wird, persönlich


kommen wird, um uns hinaufzunehmen. Er wird nicht ei-
nen Engel, kein Heer von Cherubim senden, sondern der
Herr selber wird kommen. Es soll unser Hochzeitstag sein,
und der glorreiche Bräutigam wird in Person kommen.
Wenn die Braut für ihren Ehemann bereit ist, wird er dann
nicht kommen und sie in sein Haus holen? Unser Heiland
dachte an den glücklichen Tag seines endgültigen Sieges,
und er will auch die Gedanken seines Volkes dahin lenken;
aber sie vergessen seine Zukunft.

Der Herr soll kommen; laßt unsere Herzen sich freuen


auf diesen Tag der Tage! Seine Feinde können sein Kom-
men nicht aufhalten. »Laßt euer Herz nicht bestürzt, nicht
unruhig sein.« Sie mögen ihn hassen, aber sie können ihn
nicht hindern; sie können seine herrliche Wiederkehr nicht
zurückhalten, nicht einen Augenblick lang.

Und wenn er kommt und die Seinen zu sich nimmt, um


sie auf ewig dahin zu bringen, wo er ist, damit sie bei ihm
sind - o Freude! Freude! Freude! Können wir jetzt nicht ein
für allemal jede Furcht aufgeben in der Aussicht auf die
endlose Seligkeit, die uns erwartet?

»Wohin ich gehe, das wißt ihr« - der Herr spricht mit


seinen Jüngern, als wüßten sie von all seinem Tun und Las-
sen. Er ist ja auch nicht an einen unbekannten, fremden
Ort gegangen. Er ist nur heimgegangen, »>zu eures Vaters
Haus<, zu der Wohnung, dahin ihr bald kommen werdet,
und ich gehe, um sie bereit zu machen, euch eurer ganzen
Natur nach aufzunehmen. Ich gehe an einen herrlichen
Ort, den noch kein Auge gesehen, aber mein Geist wird es
euch offenbaren. Ihr wißt, wohin ich gehe, und den Weg
wißt ihr auch - durch Leiden und Tod, durch Sühne und
Gerechtigkeit: Das ist der Weg zum Himmel auch für euch,
und ihr werdet alles in mir finden, denn: >Ich bin der Weg<.«

Der Weg ist nicht das Ende! Christus am Kreuz, Christus
im Grabe ist nicht das Ende, sondern der Weg. Dies ist der
Weg für uns sowohl wie für unsern Herrn. Er konnte seine
Krone nicht anders als durch das Kreuz erreichen und sei-
ne Herrlichkeit als Mittler nur durch den Tod; aber nach-
dem dieser Weg einmal in ihm, in seiner Person gemacht
ist, ist er für alle offen, die an ihn glauben.

So weißt du, wohin unser Herr gegangen ist, und du


weißt den Weg. Fasse deshalb Mut, denn der Weg ist nicht
weit.

Deshalb wollen wir nicht den Mut verlieren durch die


Leiden der Zeit.

Vom Frieden


»Solches habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir
Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid ge-
trost, ich habe die Welt überwunden« (Johannes 16,33).

Diese köstliche Stelle findet sich am Schluß der letzten


Predigt unseres Herrn, ehe er zu seinem Vater ging. Eine
wunderbare Fülle ist in dieser letzten Predigt; sie ist eins
mit seinem letzten Gebet, und das erhebt sich über alle an-
dern Bitten der Menschen. Obwohl diese Abschiedsrede
nur einen kleinen Raum in der Heiligen Schrift einnimmt,
sind die Gedanken, die sie anregt, so reich, daß man Bü-
cher über Bücher darüber schreiben könnte. Unser Herr
brauchte nur einen Augenblick, um einige Sätze zu spre-
chen; aber wir werden eine Lebenszeit brauchen, sie zu ver-
stehen.

Vielleicht werden wir einige dieser Aussprüche nie ver-


stehen, bis wir alles Kindliche abgetan und das volle Maß
in Christus Jesus erreicht haben.

Beachte, wie außerordentlich praktisch unser Herr Jesus


predigt. Du findest in seinen Reden keinen einzigen Satz,
der um des Effektes willen gesprochen ist. Nie legt er ein
hübsches Stückchen ein, um die Menschen sehen zu las-
sen, wie poetisch er sein könne. Er schweift nie ab. Er woll-
te das, was er meinte, den Hörern deutlich machen, und
sprach stets mit dem einen Wunsch, daß die Wahrheit ins
Herz dringe und an den Hörern gesegnet werde: »Solches
habe ich zu euch geredet, daß ihr in mir Frieden habt.«

Alles, was er sagte, sollte also die Herzen seiner Jünger


mit Frieden erfüllen; aber er wußte, daß sie nur geringe Fä-
higkeiten zum Verstehen hatten, und deshalb sagt er ihnen
in seiner unendlichen Milde, was er mit seinen Worten be-
absichtigte.

Er ist unser Friede; er kam, ihn zu bringen, und er ließ


ihn zurück, als er fortging. Selbst bevor er sein Lebenswerk

anfing, wurde von ihm verkündet, daß er käme, »Frieden


auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens« zu brin-
gen; und ehe er hinaufgenommen wurde, gehörten diese
zu seinen letzten Worten: »Den Frieden lasse ich euch,
meinen Frieden gebe ich euch.«
Der Frieden des Gläubigen in Christus

Jesus sagt: ».. . daß ihr in mir Frieden habt.« Es ist einer


sorgfältigen Beachtung wert, daß in Jesus selbst stets Frie-
den war. Er hatte Frieden. Wenn er nicht selbst Frieden ge-
habt hätte, könnten wir nicht Frieden in ihm haben. Was
für eine heilige Ruhe lag über unserem göttlichen Meister!
Lest sein Leben durch, und ihr werdet jeden seiner Charak-
terzüge vollkommen finden; in der Kunst des Friedens war
er ein Meister.

Wahrlich, er faßte seine Seele in Geduld. Niemals be-


gegnete einem Mann mehr, was ihn stören mußte, aber
niemals ließ sich ein Mann weniger stören. Er ließ sich
nicht ablenken von irgend etwas, was er beschlossen hatte,
und war nie aufgeregt oder entmutigt, denn sein Geist war
nicht von dieser veränderlichen Welt. Die Menschen
mochten ihm entgegen sein, aber er erduldete großen Wi-
derspruch der Sünder mit wunderbarer Langmut. Wenn
seine eifrigen und törichten Jünger ihn vorwärts drängen
oder zurückhalten wollten, ließ er sich weder in der einen
noch in der anderen Richtung durch sie bewegen; er ging
stetig weiter, denn seine Seele blieb in Gott, gab Gott die
Ehre und ruhte in der ewigen Macht und Gottheit, die er
stets an seiner Seite wußte.

Dieses, daß er die Gegenwart des Vaters fühlte und


nicht nur gelegentlich mit Gott sprach, sondern bei ihm
war - daß er nicht zu Gott seine Zuflucht nahm als einem
Notbehelf im Unglück, sondern zu allen Zeiten bei Gott
blieb - dies war es, was ihn mit ununterbrochenem Frieden
erfüllte.

Der Hintergrund des Lebens Christi ist die Allgegenwart
des Vaters. Selbst Gethsemane konnte ihm diesen Frieden
nicht nehmen. Bedeckt mit blutigem Schweiß, ruft er immer
noch: »Nicht wie ich will, sondern wie du willst!« Als seine
Seele betrübt war bis zum Tode, wußte er doch, wo sein Vater
ist, und hielt an ihm fest. So steht er zu Gott, selbst als dieser
die Sünde der Menschen auf ihn legt.

Christus ist selber der tiefe Quell eines endlosen Frie-


dens, und darum können wir verstehen, weshalb wir im-
mer Frieden in ihm finden. Wer ruhig und gelassen sein
kann, hat zuweilen eine ganz erschreckte Gesellschaft ru-
hig gemacht. Ein Paulus, auf dem sinkenden Schiff ste-
hend, rettet alle vom Verderben durch die Majestät seines
unerschütterlichen Mutes; und Christus verwandelt eine
ganze Horde von Feiglingen in ein Heer von Helden. Sein
Frieden haucht Frieden in unsere schwankenden Gemüter.
Damit alle seine Jünger Frieden haben

Er freut sich, die Seinen fest, ruhig, glücklich zu sehen. Ich


denke nicht, daß es ihm sehr gefällt, wenn Leute denken,
daß große Frömmigkeit sich nur durch Rasen und Toben
zeigen kann. Jesus hatte nie vor, uns an den Rand des
Wahnsinns zu treiben. Sein Heiliger Geist ist kein Rabe
oder Adler, sondern eine Taube; seine heiligen Einflüsse
sind mächtig und darum stille.

Die Schwäche eilt, tobt, schreit. Die Stärke bewegt sich mit
der ihr eigenen umsichtigen Ruhe undßhrt ihr Vorhaben aus.
Zu denen, die denken, daß die Heiligen Wahnsinnige sein soll-
ten, sagt Jesus: »Friede! Friede!«

Andererseits sind wir gewiß, daß unser Herr Jesus nicht


wünscht, daß seine Jünger niedergeschlagen sind. Einigen
scheint die passende Farbe für Frömmigkeit grau oder
schwarzbraun oder volle Trauer. Aber die Heiligen sind in
weißes Leinen gekleidet. Der Heiland wünscht nicht, daß

seine Jünger durch die Welt gehen wie durch ein Dämmer-


licht von Traurigkeit, wo sie furchtsam flüstern wegen der
zukünftigen Gerichte und alle Freude unterdrücken wegen
der Übel, von denen sie umgeben sind. Nein, Jesus
wünscht, daß wir alle in ihm glücklich seien, ruhig und voll
Frieden wie er selber.

Wir sollen also ein großartiges Leben führen. Wir haben


einen großen Helfer, der bereit ist, uns zu helfen, wenn wir
ihm nur glauben wollen. Deshalb brauchen wir keine
Trompete zu blasen, ehe wir beginnen, und wir brauchen
nicht viel Wesens zu machen, wenn wir im Dienst sind;
brauchen aber auch nicht auf dem Boden zu liegen, als wä-
ren wir um unseres himmlischen Berufes willen die elen-
desten aller Menschen. »Der Herr der Heerscharen ist mit
uns, der Gott Jakobs ist unsere Zuflucht«; wir gehen mit
Gott durch das Leben in jener heiligen Ruhe, die der Stärke
entspringt.

Wenn wir von Christus die Kunst des Friedens lernten,


würden wir nicht so häufig obenauf und so bald wieder un-
ten sein, heute überfließend und morgen leer, jetzt rasch
und dann langsam, übermäßig fröhlich und im nächsten
Augenblick so unnötigerweise niedergeschlagen. Wir soll-
ten nicht wie Wellen sein, sondern fest wie Sterne, nicht
wie Distelwolle ein Spiel jedes Windes, sondern wie jener
Granitfels, der den Stürmen der Jahrtausende trotzt.

»Solches habe ich mit euch geredet, daß ihr in mir Frie-


den habt.«

Man muß das vorgehende Kapitel lesen und beachten,


was unser Herr sagte, um seinen Jüngern Frieden zu geben,
denn das gleiche wird uns Frieden geben. Und was sagte er,
damit sie Frieden hätten? Er sagte ihnen, daß Trübsale
über sie kommen würden. »Sie werden euch aus der Syn-
agoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, daß, wer euch
tötet, wird meinen, er tue Gott einen Dienst.«

Eine Art, Frieden zu gewinnen, ist die, daß uns Leiden


verheißen sind, daß Leiden in den Bund einbezogen sind,
daß Verfolgungen und Übelwollen einer ungöttlichen Welt

Übel sind, die wir erdulden müssen. Sie sind uns eben da-


durch verbürgt, daß wir von dem »Weibessamen« sind,
dem in die Ferse gestochen werden muß (1. Mose 3,15).

Deshalb erwarte Leiden, wie du Wolken und Regen in


unserem Klima erwartest. Wer hier wohnt, kann nicht das
Klima Indiens erwarten, kann sich nicht über Winter und
Frost beklagen, denn diese sind ein Teil unseres Erbes.

Wenn schwere Verfolgungen und Trübsal über dich


kommen, so sind sie deutliche Zeichen des Verderbens
über jene, durch welche die Verfolgungen kommen; aber
für dich werden sie deutliche Zeichen der Wahrheit des
Wortes Gottes sein und davon, daß du wahrhaft Nachfol-
ger des verfolgten Herrn bist, der dir sagt: »Haben sie mich
verfolgt, sie werden dich auch verfolgen.«

Mache dich also vertraut mit dem Leiden. Wundere dich,
wenn es nicht kommt; und wenn es kommt, so sprich: »Ach!
du hist ein alter Bekannter von mir.« Man kann das Kreuz tra-
gen, his man so daran gewöhnt ist, daß man sich fast unbe-
haglich ohne dasselbefinden würde. Der Herr hat einige sei-
ner Kinder gelehrt, das Kreuz zu lieben.

1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11


Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©atelim.com 2016
rəhbərliyinə müraciət