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Für Trauernde und Verzagte


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Zerschlagen

Manche Leute reden sehr leichtfertig von Davids Sünde


(lies 2. Samuel 11 und 12) und gebrauchen sie als eine Ent-
schuldigung für ihren eigenen unbeständigen Wandel. Ich
wünschte, diese Leute blickten auch auf Davids Buße,
denn wenn seine Sünde schändlich war, so war auch sein
Schmerz über sie von der bittersten Art; und die Leiden,
die ihn züchtigten, waren überaus schwer: Von diesem Tag
an hinkte der Mann, dessen Wege »liebliche Wege« und
dessen Steige »Friede« gewesen waren, und ging einen Pfad
von Trübsalen, der kaum seinesgleichen hat.

Kinder Gottes können nicht billig sündigen. Ungläubige


mögen sündigen, und in diesem Leben mag ihnen alles

glücken, vielleicht durch ihre Sünden glücken. Aber die,


welche Gott lieb hat, werden den Weg der Übertretung im-
mer hart finden; ihre Torheiten werden sie den Frieden ih-
res Herzens, ihren gegenwärtigen Trost kosten und ihnen
nahezu auch ihre Seelen, so daß sie selig werden »wie
durchs Feuer«.

David hatte gesündigt, und eine Zeitlang war die Sünde


angenehm, und alle begleitenden Umstände schienen so
günstig, als könnte er der Strafe entgehen. Er hatte auf ge-
schickte Weise sein Verbrechen geheimgehalten und dann
mit entsetzlicher List den Tod des hintergangenen Ehe-
mannes Uria bewirkt. Jeder Umstand schien den Monar-
chen zu begünstigen. Sein Gewissen schlief, seine Leiden-
schaften tobten, sein Herz war Gott entfremdet, in seiner
Frömmigkeit war tiefste Ebbe. Vielleicht redete er sich so-
gar ein, daß sein Ehebruch, der bei andern eine große Sün-
de gewesen wäre, bei ihm entschuldbar sei, weil er als
Herrscher nach morgenländischen Vorstellungen fast ab-
solute Gewalt über seine Untertanen hatte.

Es ist so leicht, sich einzureden, daß das, was die Sitte uns
einräumt, auch Recht sei.

Aber weil David ein Mann nach dem Herzen Gottes


war, konnte seine Ruhe in der Sünde nicht lange andauern;
der Herr störte diese Ruhe. Er schickte seinen Propheten
Nathan, der dem König ein Gleichnis mit einer persönli-
chen Anwendung vorträgt. Nun wird das Rechtsgefühl in
dem König geweckt. Die Erkenntnis der Sünde zerstört wie
ein Blitz die Mauern seiner Freude und seines Friedens.
David zittert vor Gott, den er in seinem Herzen liebt, aber
eine Zeitlang vergessen hat. Er geht in seine Kammer,
trauernd und klagend vor dem Herrn, und ihm folgt die
Zuchtrute. Durch den rauhen Nordwind des Sündenge-
fühls verderben alle seine Freuden, ihm wird elend, man
hört sein Seufzen und Ächzen im Palast, und wo eben noch
seiner Harfe die Melodien der Liebeslieder entströmten,
wird nichts gehört als traurige, klagende Buße.

Auch du, geängstigter König, dein Lager wird mit dei-


nen Tränen genetzt und dein Brot bitter durch Kummer,
und du magst dich mit Recht mit einem vergleichen, dem
alle Knochen zerschlagen wurden.
Der Schmerz ist groß

Weil der Schmerz eines gebrochenen Knochens foltert und


den Verletzten nicht schlafen und nicht ruhen läßt, deshalb
hütet euch, Gläubige, die ihr eben jetzt von der Süßigkeit
der Sünde versucht werdet, und denkt an den Wermut und
die Galle, die sich in der Hefe finden werden. Wenn ihr die
sanften Schmeicheleien der Sünde so angenehm für das
Fleisch findet und im Begriff seid, ihren Lockungen zu fol-
gen, denkt daran, daß die samtene Pfote der Sünde eine
reißende Klaue verbirgt.

Ich kenne keinen, der über seine zerbrochenen Knochen


gelacht hätte, bevor sie wieder heil waren. So ist auch ech-
ter Schmerz über die Sünde keine Sentimentalität. Ich ha-
be Menschen unter dem Gefühl der Schuld fast von Sinnen
kommen sehen; man mußte furchten, daß sie geisteskrank
würden. Ja, einige von uns haben es selbst so gefühlt und
bezeugen, daß, wenn alle Arten leiblicher Schmerzen auf
uns gehäuft werden könnten, wir eher diese ertragen woll-
ten als die Last der Sünde. Deshalb glaubt mir: Die Sünde
auf dem Gewissen ist schlimmer als der Leib auf der Folter.
Selbst die Flammen des Scheiterhaufens können freudig
erduldet werden; aber das Brennen eines Gewissens, das
von Gott angerührt wird, ist unerträglich. Viele haben die-
se Seelenangst erlebt, haben sie Monat um Monat erdul-
det. Aber zuletzt haben sie Ruhe gefunden; denn es gibt
Trost in diesem Elend, trotz dieses großen Leids noch Hoff-
nung. David sagt: »Die Knochen, die DU zerschlagen hast.«
Wie? Zerschlug Gott diese Knochen? Dann geschah es
nicht durch Zufall, sondern mit Absicht? Dann kann der,
der verwundet, auch wieder verbinden, und wenn es ihm

in seiner Weisheit gefallen hat zu zerbrechen, so wird es


ihm in seiner Barmherzigkeit gefallen zu heilen:

Der Herr tötet und macht lebendig. Der Herr verwundet
und heilt (3. Mose 32,39). Niemand außer ihm kann es tun.
Wem der Schmerz ein Haß auf die Sünde ist, der verlasse sich
darauf. Der Teufel gab nicht diesen Schmerz, und die eigene
Natur erzeugte ihn auch nicht; es ist ein vom Himmel gegebe-
ner Schmerz, und wenn er seinen Zweck erfüllt hat, so wird er
vom Himmel weggenommen werden. Denn die Gebeine sol-
len geheilt werden, ja, und sie sollen sich noch freuen.

Alle, die jetzt geistliche Gesundheit und Freude genie-


ßen, mögen Sorge tragen, sie nicht zu verlieren.

Wer nicht mehr so in Gottes Nähe lebt wie früher, möge


umkehren, ehe Schlimmeres folgt.

Wer fast verzweifelt, den ermutigen wir, denn sein Zu-


stand kann nicht schlimmer sein als der Davids, und der
Gott, der ihn errettete, kann auch heute Verzweifelte er-
retten. Laßt keinen in Verzweiflung zurück, sondern helft
ihnen mit dem Psalmisten sich in demütiger Hoffnung zu
erheben und sich dem Heilmittel zuzuwenden.
Das Heilmittel

Der Psalmist legte sich nicht verdrießlich und verzagt nie-


der, er wandte sich im Gebet an seinen züchtigenden Gott.
Er versuchte es nicht mit guten Werken; er kehrte sich so,
wie er war, allein zu Gott. Er warf sein Vertrauen auf Gott
nicht weg. Er glaubte noch, daß im Himmel Macht sei, ihn
zu erretten, und darum erhob er in demütigem Glauben
seine Stimme zu dem Höchsten in diesen Worten: »Laß
mich hören Freude und Wonne.«

Das ist bemerkenswert: David glaubte, es gäbe noch


Freude und Wonne für einen solchen, wie er war. Bemer-
kenswert auch das Wort, das diesem vorangeht: »Entsün-
dige mich mit Ysop, daß ich rein werde; wasche mich, daß
ich schneeweiß werde.« Hier ist der Schlüssel für seine

Hoffnung: Er glaubte, es gibt Vergebung, und diese Verge-


bung wird ihm Freude und Wonne zurückgeben; er ver-
traute darauf, daß Gott vergeben kann, daß er vollständig
vergeben kann, daß er schon die Mittel zur Vergebung be-
reit hält; denn darauf deutet er hin mit dem Ysop: »Wasche
mich, so werde ich weißer denn Schnee sein. Denn bei dir
ist die Vergebung, daß man dich fürchte.«

Wie groß deine Sünde auch sein mag, ob als Sünder oder als
gefallener Christ - Gottes Erbarmen ist immer größer! Denn
so groß kann deine Schuld gar nicht sein, daß das vergossene
Blut seines lieben Sohnes nicht längst dafür gesühnt hätte.
Wenn du auch gegen Licht und Erkenntnis gesündigt und, so
weit du es konntest, den Herrn wiederum gekreuzigt und ihm
offene Schmach angetan hast, so kann Gott doch, ohne gegen
seine Gerechtigkeit oder seine Heiligkeit zu handeln, das sil-
berne Zepter gegen dich ausstrecken und dir vergeben, ja auch
dir, und er kann das in diesem Augenblick tun. Glaube dies,
glaube dies jetzt, denn es ist wahr.

David wußte, daß diese Freude und Wonne ihm zuteil


werden müsse durch Hören. Beachte, daß er sagt: »Laß mich
hören Freude und Wonne.« Er erwartet nicht, dies durch
Tun zu erlangen, auch nicht bloß durch Beten, sicherlich
nicht durch Fühlen, sondern durch Hören.

»Du hast nicht Lust an Opfern«, sagt David, »ich wollte


dir es sonst wohl geben«, und sein wahrhaft evangelisches
Gebet fährt fort: »Laß mich hören«, denn das ist der Punkt
der Heilung. Das Hören, das David meinte, war ein innerli-
ches und geistliches, und er bittet darum. Meint er denn:
Herr, sende mir einen Propheten? Da war Nathan, da war
Gad; Israel war in jenen Tagen nicht ohne Propheten. Er
bittet aber auch nicht um einen Prediger. Nein, sondern:
»Laß mich hören!«

War sein Ohr taub geworden? Im Geistlichen vielleicht.


Er hörte das Wort des Trostes, aber er hörte es nicht auf
rechte Weise. Er war verstört, seine Seele wurde vom
Sturm gerüttelt, das Gewissen quälte ihn, die Drohungen

des Gesetzes donnerten in sein Ohr, so daß er, als das tröst-


liche Wort kam: »So hat auch der Herr deine Sünde wegge-
nommen, du wirst nicht sterben«, gar nicht begriff, daß es
ihm galt. Deshalb bittet er um das hörende Ohr.

»Herr, reinige mein Ohr! Oh, gib meinem armen Herzen
die Kraft, diese lossprechenden
Worte zu ergreifen, damit ich
nicht sei wie diejenigen, welche Ohren haben und nicht hören,
Augen haben und nicht sehen und nicht verstehen.«

Eines meiner ernstlichsten Gebete ist, daß Gott alle in-


wendig hörend machen wolle, besonders die, welche ver-
zagt sind und sich nicht trösten lassen wollen. Ich schlage
den Traurigen vor, dieses Gebet selbst zu beten, und ich
bitte Gottes Kinder, sich in der Fürbitte für sie zu vereinen.
Hoffnung

Der Psalmist bittet: »... daß die Gebeine, die du zerschla-


gen hast, fröhlich werden.« Er bittet nicht, daß die Gebeine
still und ruhig werden - das wäre nicht genug. Auch nicht,
daß die Gebeine unempfindlich, gleichgültig, schmerzlos
werden; nein, nein, das würde ihm viel zu wenig gewesen
sein; sondern: »daß die Gebeine, welche du zerschlagen
hast, fröhlich werden.« Er wagt um eine große Gnade, ja,
um die größte zu bitten.

Wenn ein großer Sünder zu einem großen Gott kommt, soll
er, wenn er überhaupt bittet, um große Dinge bitten; denn da
er gar nichts verdient, so muß alles, was ihm zuteil wird, aus
Gnaden sein, und dieselbe Barmherzigkeit, die das Wenige
gibt, kann ebensowohl das Viele geben; darum seid kühn und
tut den Mund weit auf, denn Gott wird ihn füllen.

David meint also, wenn er durch den Glauben fähig ge-


macht wird, Christus zuzuhören, durch dessen Wort er
völlige Vergebung empfängt, dann wird er eine tiefere und
wahrere Freude als vorher haben. An die Stelle des

Schmerzes, den er in den innersten Tiefen seiner Seele


fühlte, werden dann ebenso tiefer Frieden und innerste
Freude treten, die - wie das ganz klare und frische Wasser
eines artesischen Brunnens aus dem Innern der Erde - so
mit heiliger Freude aus dem Herzen emporsteigen werden.
Er wird jetzt wissen, was die Sünde bedeutet, was die
Züchtigung für die Sünde ist, und mehr, als er es je zuvor
geahnt hat, was Barmherzigkeit ist. Und darum wird seine
innerste Seele Gott loben und preisen in einer Weise, wie
sie es nie zuvor konnte. Jene tiefe, schmerzliche und doch
gesegnete Erfahrung von eigener Schwachheit und von der
Macht Gottes zu erretten schenkte ihm eine Herzensfreu-
de, wie nur »zerschlagene Gebeine« sie erleben können.
Der ganze Mensch soll fröhlich werden - das wird die
Barmherzigkeit tun.

Es ist nicht leicht, den ganzen Menschen dahin zu brin-


gen, daß er Gott lobt. Ihr könnt zuweilen Gott in seinem
Haus mit eurem Herzen und auch mit eurer Stimme lo-
ben, aber eure Gedanken werden zu dem kranken Kind
hinschweifen oder zu jenem Schuldner, der nicht bezahlt;
die Saiten sind nicht gestimmt. Aber wenn der Mensch sich
völlig zermalmt vor Gott findet, so richten sich alle seine
Gedanken auf sein Elend; und wenn er Erleichterung emp-
fängt, konzentriert er sich ganz auf die Barmherzigkeit, für
die er Gott mit allen seinen Kräften und ohne irgendeinen
Mißton preist.

An dieser Freude ist etwas Eigentümliches: Sie ist auf ei-


ne besondere Weise demütig, sanft und zart.

Ich muß bekennen, ich höre gern die lauten Posaunen,


und ich kann so laut wie nur einer jauchzen: »Lobt den
Herrn mit Psalter und Harfen, mit hellen, klingenden
Zimbeln.« Aber die sanften Töne der Zither sind oft ein-
dringlicher für mein müdes Ohr. Die sanfte Musik der
»zerschlagenen Gebeine« erinnert uns an die heilige Freu-
de im Herrn, die sanfte und feierliche Musik jener Worte:
»Dich will ich preisen in der großen Gemeinde; ich will
mein Gelübde bezahlen vor denen, die ihn fürchten.« Sie

gleicht dem sanften Dahinfließen jenes silbernen Stromes,


dessen Wasser »die Stadt Gottes fröhlich macht«.

Gott wird angerufen als der Zerbrechende und der Hei-


lende. Nachdem wir schwer geschlagen worden sind und
endlich Trost gefunden haben, denken wir immer größer
vom Herrn als vorher.

Es gab eine Zeit, wo ich die Lehre für das Erste und Aller-
wichtigste hielt, und es gab eine Zeit, wo ich meinte, die innere
Erfahrung sei etwas ungemein Wertvolles. Ich denke auch
heute noch so. Aber vor und über allem ist mir dies: daß meine
Seele ein tiefes Gefühl von Gott hat und eine Sehnsucht, in
täglicher persönlicher Gemeinschaft mit dem Vater und dem
Sohne Jesus Christus zu sein.

Denn dieses Erfülltsein von Gott ist ein „noch köstliche-


rer Weg«. Die Lehre könnte nur ungewürzte Speise sein,
und die Erfahrung kann sich als bloße Einbildung erwei-
sen, aber durch den Glauben mit Gott leben und Christus
mit dem Herzen dienen und des Heiligen Geistes Einwoh-
nen fühlen, das ist Wirklichkeit und Wahrheit. Wenn ein
Mensch solchen Verkehr mit Gott gehabt hat wie David
und solche Barmherzigkeit von ihm empfängt, wird seine
Freude von Gott größer sein, als sie je zuvor gewesen ist.

David setzt seiner Freude nun auch kein Ende. »Daß die


Gebeine fröhlich werden« - ein begnadigter Sünder
braucht in seiner Dankbarkeit niemals innezuhalten. Laßt
deshalb den Herrn diejenigen unter seinem Volke besu-
chen, deren Herz am meisten zerbrochen ist, und ihr Licht
wiederum anzünden, so kann der Teufel es nicht ausbla-
sen; und selbst der Tod, der letzte Feind, kann die heilige
Flamme nicht auslöschen.

Gott wartet darauf, gnädig zu sein. Er kommt heute im


Evangelium dem verlorenen Sohn entgegen, um ihn mit
den Armen der Liebe zu empfangen. Christus kehrt heute
durch sein Wort das Haus, um seinen verlorenen Groschen
zu suchen. Der gute Hirt geht seinem verirrten Schafe
nach.

Oh, sei froh und dankbar, daß du im Lande der Barmher-
zigkeit bist, an dem Ort, wo das Erbarmen Gottes sich sehnt
nach seinen Verirrten!

Komm zu Jesus, komm durch den Glauben und laß dein


Gebet die Worte des Textes sein: »Laß mich hören Freude
und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zer-
schlagen hast.«

Du hast ein Recht auf alles, was in der Bibel steht, und hast


damit einen unvergänglichen Schatz, gefüllt mit unermeß-
lichem Vorrat an Gnade. Sie ist die Himmelsbank, von der
du jederzeit ohne Aufschub und Hindernis abheben
kannst, soviel du brauchst. Nur bringe weiter nichts mit als
Glauben. Bringe soviel Glauben, wie du kannst, und du bist
willkommen zu allem, was in der Bibel ist. Es ist kein einzi-
ges Wort, keine einzige Verheißung darin, die nicht dir gilt.
Laß dich von ihr trösten in den Trübsalstiefen; inmitten der
stürmischen Wogen laß dich durch sie erheitern; wenn
Kummer dich umgibt, laß sie dir als Helfer dienen. Die Bi-
bel ist das Liebeszeichen deines Vaters, deshalb laß sie nie
verschlossen und mit Staub bedeckt sein. Sie steht dir of-
fen, deshalb nutze deine Freiheit.
Mancher braucht mehr, als er einnimmt, verzehrt mehr,
als er einzunehmen hat - aber es gibt keinen Christen, der,
was sein geistliches Einkommen betrifft, sein Guthaben
ausschöpft oder gar überzieht.
»Es sollen wohl Berge weichen, und Hügel hinfallen, aber
meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund
meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein
Erbarmer« (Jes. 54,10). Diese Verheißung gilt auch dir.

Gott hört dich!


»Ich sprach in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen
verstoßen; doch du hörtest die Stimme meines Flehens,
als ich zu dir schrie« (Psalm 31,23).

»Ich zwar dachte in meiner Bestürzung: Ich bin hin-


weggenommen aus deinen Augen; doch du hast die
Stimme meines Flehens gehört, als ich zu dir schrie« (El-
berfelder Übersetzung).

Dieser Text spricht zu denen, die niedergeschlagenen Gei-


stes sind, zu den Söhnen der Verzagtheit und den Töchtern
der Trauer, die an den öden Grenzen der Verzweiflung
wohnen.

Wie der Hirt am frühen Morgen in seiner Herde so-


gleich die kranken Tiere herausfindet und für eine Weile
all seine Kunst und Sorgfalt jenen Schafen zuwendet, die
sie am meisten brauchen, so dürfen wir die Hilfe des Heili-
gen Geistes erwarten, wenn wir uns bemühen zu trösten,
denn das besondere Amt des Heiligen Geistes in der gegen-
wärtigen Weltzeit ist es, der »Tröster« zu sein, der ewig bei
uns bleibt. Er tröstet in einer allgenugsamen und allmäch-
tigen Weise.

Es muß sich bei unserem Text um ein innerliches Leiden


handeln: »Ich sprach in meiner Bestürzung: Ich bin von dei-
nen Augen verstoßen; dennoch hörtest du meines Flehens
Stimme, da ich zu dir schrie.«

Das schwere Herz

Der Mann, der dies schrieb, litt in seinem Herzen, und in


solcher Lage sind heute viele. Ihr Herz ist so schwer, daß es
matt wird, und das Leben ist ihnen eine Last.

Wie kam es dazu? Nun, es gibt viele Ursachen zur


Schwermut. Bei einigen sind die Fenster ihres Hauses sehr
eng, und sie öffnen sich nicht nach Jerusalem hin, sondern
zur Wüste. Im körperlichen Zustand dieser Leute ist etwas

nicht in Ordnung: Das Tauwerk ist lose, sie können den


Mast nicht gut befestigen, und das Schiff arbeitet mühsam
und wenn dazu noch ein Leck im Rumpf ist, braucht man
sich nicht zu verwundern, daß die Wasser bis an die Seele
gehen.

Bei andern Traurigen war es eine schwere Prüfung, durch


die die Niedergeschlagenheit verursacht wurde. Wie wir
von einigen gehört haben, daß ihr Haar in einer einzigen
Nacht vor Kummer grau wurde, so gibt es ohne Zweifel
viele, die in einer einzigen schweren Stunde alt vor
Schmerz werden. Ein Schlag hat den Stengel der Lilie ge-
knickt, und nun welkt sie dahin; eine einzige Berührung
von rauher Hand hat die kostbare Vase zerbrochen.

In einigen Fällen - Gott weiß, in wie vielen - ist es eine


geheime Sünde gewesen, die dem himmlischen Vater nicht
gebeichtet wurde, eine Wunde, die zu eitern begann und
großes Elend erzeugte. Es mag Vermessenheit gewesen
sein oder Stolz des Herzens oder Unzufriedenheit oder
Empörung gegen den Willen Gottes oder eigensinnige Ver-
nachlässigung der Gnadenmittel oder Geringschätzung
der Gemeinschaft und der Freude im Heiligen Geist, und
deshalb mag sich der Herr eine Weile verborgen haben.

Oder kleinere, lang anhaltende und ermüdende Verdrieß-


lichkeiten
mögen den Geist und das Herz ermattet haben.
Unaufhörlicher Widerstand oder auch Vernachlässigung
durch die, die wir lieben, mag zuletzt bewirken, daß der
Geist erschlafft, und dann wird das Leben zur Last.

Auch ein Mangel an Weisheit kann den Schmerz des Lei-


denden vermehren: Ein gesetzlicher Prediger wird es tun
und auch der, welcher die Menschen auffordert, in ihrem
Innern Trost zu suchen und eigene Erfahrungen zum Maß-
stab für alle Kinder Gottes macht. Die Ursachen sind ver-
schieden, aber die Sache selbst ist immer schmerzlich.

Deshalb bitte ich euch, die ihr im Licht wandelt, ver-


fahrt sanft mit euren Brüdern, deren »Gebeine zerschla-
gen« sind, denn auch ihr könnt einmal an gleicher Nieder-
geschlagenheit leiden. Bemüht euch, solche Traurigen zu

trösten. Sie sind keine angenehme Gesellschaft und ma-


chen euch leicht so unglücklich wie sich selber; aber seid
dennoch milde gegen sie, denn der Herr Jesus will, daß ihr
es sein sollt. Gott wacht sehr sorgsam über seine Kinder,
und wenn die kräftigeren Glieder der Familie nicht freund-
lich gegen die Schwachen sind, mag er ihnen vielleicht ihre
Kraft nehmen, so daß sie sogar die Kleinen beneiden, die
sie vorher verachteten.

Ihr macht nie etwas falsch, wenn ihr freundlich gegen


Niedergeschlagene seid.
Warum mißtraust du?

Wenn Gott zu dem Verzweifelnden spräche: »Du hast ge-


wagt, an meiner Barmherzigkeit zu zweifeln und dich für
aufgegeben zu erklären: Bring mir ein einziges Wort aus
meinem Buch, das dir ein Recht dazu gibt« - es gibt keines!
Die ganze Schrift verdammt den Unglauben; der Glaube
ist es, den sie lobt. Sie ist voller Verheißungen für die Sün-
digsten, sie geht bis zu den äußeren Grenzen unserer Not
und ruft: »Er will und kann retten am äußersten Meer, in
tiefster Tiefe, in jeder Not.«

Der Herr Jesus spricht: »Wer zu mir kommt, den will ich


nicht hinausstoßen.«

Aber du sprichst: »Ich weiß, daß keine Hoffnung für


mich ist.«

Nein, du weißt nichts; es ist ein Traum, ein furchtbarer,


und es ist keine Wahrheit darin. Vom Kreuz dringt wie
liebliche Musik der Ruf an dein Ohr:

»Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen


seid; ich will euch erquicken.«

So lange du atmest, brennt die Lampe der Gnade, denn:


»Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von
aller Sünde.«

Deine Idee, Gott hätte dich verworfen, schmälert seine


Ehre. Weißt du nicht, wie barmherzig er ist? Willst du hart
von ihm denken? Rettete er nicht Israel? Tilgte er nicht die

Sünden des Saulus von Tarsus? Hat er nicht erklärt: »So


wahr ich lebe, ich habe keinen Gefallen am Tode des Gott-
losen, sondern daß der Gottlose umkehre von seinem We-
ge und lebe.«? Willst du die Feder aus der Hand des Barm-
herzigen reißen und dein eigenes Todesurteil damit schrei-
ben? Warum gibst du dich so wahnwitzig der Verzweiflung
hin? Weißt du nicht, wie sehr du den Heiligen Geist be-
trübst und wieviel Unehre du Jesus antust?

Alle Schmerzen, die er auf Golgatha ertrug, schmerzen


ihn nicht so wie dieser unfreundliche Gedanke, er könnte
nicht willig sein zu vergeben.

Wie - du hassest deine Sünde, und doch haßt Jesus dich?


Unmöglich!

Was - er könnte dich mit deinem starken Verlangen


nach dem ewigen Leben doch dem Verderben überlassen?
Unmöglich!

Was - du wirfst dich auf seine Barmherzigkeit und


hoffst, das silberne Zepter seiner Gnade anzurühren, und
solltest doch von seinem Antlitz vertrieben sein? Unmög-
lich!

Unter den Verdammten in der Hölle ist kein Mensch,


der sich je auf das Blut Christi verließ, und es wird nie ein
solcher Mensch dort sein.

Himmel und Erde werden vergehen, aber es wird nie gesagt
werden können, Suchende seien verworfen worden, oder die,
welche sich der Bundesgnade Gottes ergaben, seien verstoßen
worden.

Eins möchte ich hier noch einschalten: Dieses Sich-Hin-


geben an die Verzweiflung widerspricht allem, was wir
normalerweise tun, so daß man es auf keine Weise vertei-
digen kann.

Stellen wir uns ein Schiff vor, daß bei einem Zusam-


menstoß zerbrochen ist; es wird bald sinken, die See dringt
wütend ein. Unsere erste Reaktion: Laßt uns eins der Boote
nehmen. Doch dieses Boot läßt sich nicht losmachen - was
nun? Wir eilen zu einem andern. Wir ergreifen einen

Schwimmgürtel, klammern uns an ein Brett an - wir las-


sen kein Mittel unversucht, um uns zu retten. Ein vernünf-
tiger Mensch wirft sich nicht aufs Deck und gibt alles ver-
loren; seine Furcht treibt ihn an, und er gebraucht alle sei-
ne Fähigkeiten mit äußerster Anstrengung.

Oder einer, der eine tödliche Krankheit hat: Seinen


Hausarzt hat er konsultiert, und es wurde nicht besser;
aber er hört von einem andern Arzt und geht sofort zu
ihm. Ja, und wenn man ihm fünfzig Quacksalber empfeh-
len würde, so würde er es lieber mit ihnen versuchen als
sterben.

Doch hier sind Leute, die wissen - und nicht leugnen


können, daß sie es wissen -, daß Christus die erretten
kann, die zu ihm kommen, und doch wollen sie, weil sie
unvernünftigerweise behaupten, daß ihre Sache hoff-
nungslos sei, nicht zu Jesus gehen, sondern ziehen es vor, in
ihren Sünden zu sterben?

Oh, Wahnsinn, Wahnsinn, an dem unendlich Lieben-


den zu zweifeln!
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