Ana səhifə

Für Trauernde und Verzagte


Yüklə 0.78 Mb.
səhifə2/11
tarix25.06.2016
ölçüsü0.78 Mb.
1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11

Herr, deine Gnade währt ewig

Wie dieses Wort Ruhe und Befreiung von Furcht in uns


wirkt!

»Ach«, seufzt ein bekümmertes Herz, »ich fürchte, ich


werde zwischen hier und dem Himmel in viele Sünden fal-
len.« Wohl magst du diese Furcht haben. Aber du kannst
sie überwinden, wenn du in deinem Herzen sagst: »Deine
Gnade, o Herr, währt ewig« (Psalm 138,8). Das Blut der
Versöhnung wird nie seine Kraft verlieren, und deshalb
wird die Gnade nicht aufhören. »Und wenn jemand sün-
digt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus
Christus, der gerecht ist.«

Deine Sünden zwischen hier und dem Himmel sollen dir
vergehen werden, darum verbanne die Furcht vor der Verdam-
mung aus deinem Herzen!

Doch da kommt eine andere Furcht: »Ich sehe nicht, wie


ich vollkommen gemacht werden kann. Meine Natur ist so

schlecht, und ich kann das aufrührerische Fleisch nicht


dem Gesetz Gottes unterwerfen.«

Die Antwort auf diese Klage ist dieselbe: »Seine Gnade


währt ewig«: Er wird dich tragen und dir vergeben. Nie-
mand als ein Gott könnte solche Geduld - grenzenlos! -
mit dir haben; aber der Herr ist Gott und nicht ein Mensch.

Einige von Gottes Kindern sind die wunderlichsten


Menschen, die je in der Welt waren, und es muß die freie
Gnade sein, die sie wählte, denn von Natur sind sie keines-
wegs anziehend. Es war schwere Arbeit, selbst für Moses,
mit ihnen Geduld zu haben. Obwohl er der sanftmütigste
Mann war, war er doch einmal voll Zorn über sie und
schrie: »Hört, ihr Ungehorsamen!« Aber ihr Gott hatte
kein so zorniges Wort für sie; er war geduldig und trug sie
vierzig Jahre lang durch die Wüste.

Er will auch Geduld mit dir haben, weil seine Barmher-


zigkeit ewig währt. Er hat dich glauben gelehrt, aber erin-
nere dich: Wie langsam hast du gelernt!

Ein Mann hat fünfundzwanzig Jahre lang Glauben ge-


lernt und ist noch ein Ungläubiger. Zweifel stören häufig
seine Zuversicht, aber sein Herr hat immer noch Geduld
mit seinem Unglauben und fährt fort, ihn geduldig zu leh-
ren.

Einer, der Liebe gelehrt worden ist, befindet sich immer


noch in der untersten Klasse; aber der Herr hat sehr viel
Geduld mit ihm; er will und wird ihn noch milde, rück-
sichtsvoll und liebreich machen - laßt uns hoffen, daß dies
bald der Fall sein wird, um seinetwillen und noch mehr um
seiner Brüder willen, die er so rauh behandelt.

Viele von Gottes Kindern lernen sehr langsam; ich sel-


ber bin ungelehriger als irgendeiner, und andere Lehrer
würden längst die Geduld mit mir verloren haben, aber
»der Herr wird's für mich vollenden, denn seine Gnade
währt ewig«.

Zwischen hier und dem Himmel werden manche durch


sehr viel Trübsal zu gehen haben, und einige von uns, die
berufen sind, täglich andere leiden zu sehen, haben viel

Mitgefühl und sagen darum mit viel Teilnahme: Laßt euch


nicht grauen vor jenen Schmerzen und Leiden, die über eu-
ren armen zitternden Körper kommen mögen, »denn seine
Gnade währt ewig«.

Zwischen hier und dem Himmel wirst du vielleicht oft


Mangel fürchten. Du hast keine sehr große Summe auf der
Bank; du hast auch keine sehr große Summe in deiner Ta-
sche, und zuweilen bist du arbeitslos und weißt kaum, wie
es weitergehen soll; laß dies dein Trost sein: »Seine Gnade
währt ewig.« »Wenn wir aber Nahrung und Kleidung ha-
ben, so wollen wir uns daran genügen lassen«, denn »der
Herr hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen und nicht von
dir weichen.«

Alle Ströme mögen vertrocknen, aber der Bach Krith


wird fortfließen; und selbst wenn dieses auserwählte Flüß-
chen vertrocknen sollte - der Herr hat eine Witwe in Zar-
path, die dich ernähren wird, obgleich sie selbst nichts hat
als eine Handvoll Mehl und ein wenig öl im Krug; so sollt
ihr beide davon leben, bis die Teuerung vorüber ist.

Dem Erben des Himmels soll es nicht am Brot der Erde
mangeln, so lange Gott lebt, denn es steht geschrieben: »Hoffe
auf den Herrn und tue Gutes; so sollst du in dem Lande woh-
nen, und wahrlich, du sollst gespeist werden.« - »Ergibt allem
Fleisch seine Speise, denn seine Güte währt ewiglich.« - »Iß
dein Brot mit Freuden!« (Psalm 37,3; 136,27; Pred. 9,7)

In Gottes Hand

//

Zuletzt wird, falls der rierr nicht vorher kommt, die Stun-


de des Todes kommen, die von vielen ungemein gefürchtet
wird. Ihr werdet allen zeitlichen Dingen Lebewohl sagen,
und dann wird die ewige Gnade Gottes euer reicher Trost
sein. Ein großer Teil eurer Furcht vor dem Tode ist müßig.

Ein mir bekannter Mann Gottes fürchtete immer den


Tod, aber er hätte sich diese Bangigkeit sparen können,
denn er schlief eines Abends in anscheinend trefflicher Ge-

sundheit ein und starb im Schlaf. Er konnte nichts vom


Sterben gewußt haben, denn auf seinem Antlitz waren
keine Zeichen des Schmerzes oder des Kampfes, und es
war auch keine Ursache da zu glauben, daß er aufgewacht
sei, ehe er seine Augen mitten unter den Cherubim
öffnete.

Ich will mich selber und alle meine zeitlichen Angelegen-
heiten, alle meine Befürchtungen, alle meine Beschäftigun-
gen, mein Leben, mein Sterben, alles in die Hand Gottes legen,
und da will ich es lassen.

Ich will ihm mein Alles anvertrauen. Jetzt will ich ihm


vertrauen, und ich will es bis zum Ende tun und meinen
Weg mit der ruhigen Zuversicht gehen: »Er wird's für mich
vollenden, denn seine Gnade währt ewig.«

Einer unserer Evangelisten sprach einmal von Neube-


kehrten als von Leuten, die eine weite Reise mit der Eisen-
bahn machen wollen, aber die Fahrkarte nur für eine klei-
ne Strecke nehmen und dann beim Weiterreisen immer
wieder eilen müssen, um neue Fahrkarten zu holen.
»Aber«, sagte er, »es gibt andere Gläubige, die es besser
verstehen und gleich von Anfang an eine Karte für die gan-
ze Reise nehmen, was viel klüger ist.« So vertrauen einige
dem Herrn, daß er sie ein Vierteljahr lang bewahren, und
andere, daß er es einen Monat lang tun werde; aber als ich
zum Glauben an Christus Jesus kam, da vertraute ich dar-
auf, daß er mich bis ans Ende erretten werde. Ich suchte
und erhielt ein vollendetes Heil, das meine Freude und
Hoffnung in diesem Augenblick ist. Ich nahm eine Fahr-
karte für den ganzen Weg und habe noch keine neue nötig
gehabt.

Zuweilen habe ich gedacht, daß ich es nötig hätte; aber


wenn ich zum Schalter eilte, gab man mir meine alte zu-
rück - die, welche ich verloren hatte, und ich wußte, daß
sie es war, denn sie trug den Stempel: »Wer da glaubt und
getauft wird, der wird selig werden.«

Der Gläubige wird zuerst selig durch Glauben, und er

soll es bis zuletzt werden. Nimm von ganzem Herzen die
göttliche Verheißung an: »Ich will dich nicht verlassen noch
versäumen.« Bitte um das lebendige Wasser, das in dir ein
Brunnen des Wassers werden wird, das in das ewige Leben
quillt.

Sauge das Mark aus diesem Spruch: »Wer an mich glaubt,
der hat« - »hat«: jetzt und dann - »das ewige Leben« - nicht
Leben eine Zeitlang, sondern das ewige Leben, so gewiß er an
Christus glaubt.

»Verlaß nicht das Werk deiner Hände!«

Ich finde, das ist ein sehr rührendes Gebet: »Herr, du hast


das Werk an mir begonnen; fahre fort und beende es, denn
wenn du es nicht tust, so wird es niemals beendet werden.
Wenn du es verläßt, bleibt es ungetan, und ich bin zugrun-
de gerichtet. Verlaß nicht das Werk deiner Hände!«

Es ist ein Gebet, wie es der Ton hinauf senden könnte,


wenn er auf des Töpfers Scheibe gedreht wird. Der Töpfer
wendet all seine Geschicklichkeit an. Er bildet seine Form,
schon könnt ihr etwas von dem sehen, was es sein wird, die
Form tritt noch nicht vollkommen hervor, aber ihr könnt
sie erraten. Doch gesetzt, der Töpfer hielte das Rad an,
nähme den Ton in die Hand und würfe ihn in die Masse zu-
rück, so würde das Gefäß nie vollendet; denn es kann sich
nicht selbst vollenden. Es hat keine Macht, sich irgendwie
zu formen/und darum würde es, wenn es vernünftiger Ton
wäre und sprechen könnte, bitten: »Verlasse nicht das
Werk deiner Hände. Bleibe an dem, was du begonnen
hast!«

Dies ist ein Gebet, das du und ich wohl vor Gott bringen
können, dessen Werk wir sind:
»O Gott, wenn ich nur einen
kleinen Glauben habe, so gabst du ihn mir doch. Bitte gib mir
mehr! Wenn du mir nur ein Verlangen nach dir gegeben hast,
so ist dies Verlangen doch eine göttliche Schöpfung: Sieh es an,
ich bitte dich, und erfülle es!«

Dies ist ein mächtiger Grund für unseren gnädigen


Gott.

Er hat dir jetzt Hunger und Durst nach ihm selber gege-


ben, und es würden grausame Gaben sein, wenn er den
Hunger und Durst nicht stillte.
Gott kennt dich

Das allwissende Auge Gottes sieht jede Sünde und jede


Neigung zur Sünde in dem Herzen jedes Menschen; des-
halb wußte er, als er sein Werk begann, alles, was erforder-
lich sein würde, um es zu vollenden. Er schickte sich nicht
an, den Teufel in dir zu bekämpfen, um zu entdecken, daß
er nicht stark genug für ihn wäre. O nein, er kennt die
Macht deiner bösen Natur, die Macht deines heftigen
Temperaments, die Macht deiner hartnäckigen Selbstlie-
be, die Macht deines herrischen Stolzes, die Macht jedes
Eigensinns. Er kennt all dies. Nichts kann ihn überraschen,
und darum sei versichert: Da er begonnen hat, dich zu er-
retten, wird er seine Absicht ausführen. Sein Arm ist nicht
zu kurz und sein Herz ist nicht entmutigt; du kannst zu
ihm aus der tiefsten Tiefe schreien und ganz sicher sein,
daß er selbst da sein Werk ausführen kann und wird, denn
er wird das Werk seiner Hände nicht verlassen.

Geh also zu ihm im Gebet! Flehe mächtig! Das Gebet ist


der Kanal, durch den du den Segen erhälst. öffne die
Schleusen und laß den Strom in dein Herz fließen.

Jedesmal, wenn du meinst, du würdest in Stücke zerbro-


chen wie ein armer irdener Topf, dann rufe zu ihm: »Herr,
verlaß nicht das Werk deiner Hände. Oh, verlaß mich
nicht, denn ich trage die Spuren deiner Hände in mir; sei
geduldig mit diesem rauhen Ton und arbeite an mir, bis du
mich zu einem Gefäß der Ehre gemacht hast, das du ge-
brauchen kannst!«

Vertraue dem Herrn Jesus in allen Dingen! Nicht nur halb-
wegs, sondern befiehl dich in allen Dingen seiner ewigen Hut


an, denn er kann dich ohne Fehler »vor das Angesicht seiner
Herrlichkeit« stellen, »unsträflich mit Freuden«.

Wenn du dem göttlichen Herrn vertraut hast, daß er


dich behüten werde, falls du dich selbst behütest, so geh
darüber hinaus und vertraue ihm, daß er dich behüten
werde, damit du dich selbst behütest.

Wenn du gesagt hast: »Ich glaube, daß er mir treu sein


wird, falls ich ihm treu bin«, so geh weiter, denn dabei
kannst du nicht stehen bleiben. Vertraue ihm, daß er dich
treu machen wird.

Laß die Angel, um die sich alles dreht, nicht in dir sein,


sondern lege das ganze Gewicht und die ganze Last auf den
Herrn Jesus.

Wenn du irgendein »wenn« oder »aber« im Blick auf dein
ewiges Heil zurückbehältst, so wird es ein Dorn in deinem
Kissen und eine Schlange in deiner Ferse sein.

Wenn du der Eckstein und die Hauptstütze deines eige-


nen Heils bist, so bist du ein verlorener Mann.

Wenn du dich noch auf deine eigene Wachsamkeit oder


Beständigkeit oder irgend etwas anderes von dir verläßt, so
sage ich dir: Gib das alles auf und befiehl jetzt - in einer
Tat, über die du dich freuen wirst, so lange du lebst - ein
für allemal deine ganze Zukunft - Zeit und Ewigkeit - in
die durchbohrte Hand dessen, der sagt, daß er den Seinen
das ewige Leben gebe, daß sie nie umkommen sollen und
daß niemand sie aus seiner Hand reißen werde.

In diesem Einen möchte ich, daß du so wärst wie ich,


denn ich habe keinen Schatten von Hoffnung außer in dem
Herrn Jesus - weder im Blick auf meine Begnadigung oder
meine Ausdauer, meine neue Geburt oder schließlich mei-
ne Vollkommenheit. Ich muß wissen, was im Tode aus mir
werden wird, und was aus mir werden wird, wenn ich in
der Ewigkeit wieder lebe; und wenn ich nicht einen weit-
reichenden Glauben haben könnte, der sich über die
furchtbare Kluft schwingt, die diese Welt von der nächsten

trennt, so würde meine Religion mir nur geringen Trost


gewähren.

Aber nun lege ich mein ganzes Selbst, meine Seele, mei-


nen Leib, meine Verpflichtungen, meine voraussichtlichen
Leiden, meine künftigen Trübsale, meine Arbeiten - alles,
was mich betrifft, in dieselbe Hand, die mich erkaufte, als
sie an das Kreuz genagelt war. Er soll mich behüten, sonst
werde ich nie behütet werden. Ein für allemal lege ich mei-
ne ewigen Angelegenheiten bei ihm nieder und überlasse
sie ihm, dessen Ehre es ist, das sicher zu bewahren, was
ihm anbefohlen ist.

Er ist fähig, mich zu behüten, und ich bin damit fertig.


Ich händige ihm mein Alles aus.

Tu dasselbe, und wenn du es getan hast, sei guten Muts.

Wer sein Geld auf die Bank bringt, läßt es da. Er geht
nicht nach einer Viertelstunde zurück und fragt:

»Herr Kassierer, haben Sie mein Geld sicher verwahrt?«

»Ja, mein Herr.«

»Nun, ich will es sehen.«

Die Leute würden mit einem solchen Mann nicht gern
zu tun haben, denn er hat kein Vertrauen und wird ihnen
mehr Mühe als Gewinn bringen.

Gib dein Alles Jesus hin und laß es da. Laß es für immer


da angelegt sein. Bediene dich der Zinsen und laß sie dir
zur gegenwärtigen Freude dienen, aber laß dein Alles bei
ihm und sing mit mir:

Ich folge Gott, ich will ihn ganz vergnügen,


Die Gnade soll im Herzen endlich siegen:
Ich gebe mich, Gott soll hinfort allein
Und unbedingt mein Herr und Meister sein.

Ach nimm mich hin, du Langmut ohne Maße,


Ergreif mich wohl, daß ich dich nie verlasse;
Herr, rede nur, ich geb begierig acht,
Führ, wie du willst, ich bin in deiner Macht.

Gerhard Tersteegen

Als gar nichts zu finden war, was den armen entflohe-
nen Sklaven Schutz hätte bieten können, als vor ihnen das
Rote Meer rauschte, an beiden Seiten von Bergen einge-
schlossen, hinter sich die mächtigen Feinde, als gar kein
Ausweg da zu sein schien, gab es noch einen Weg, der nicht
verschlossen war. Es war die königliche Landstraße, die
hinauf zum Throne führt, der Weg zu ihrem Gott. Deshalb
betrat Mose sofort diesen Weg. Er schrie zum Herrn. Ihr
wißt, wie er auf Gottes Befehl den Stab aufhob und ihn
übers Meer reckte, wie darauf die Fluten sich teilten und
die Kinder Israels trocknen Fußes durchs Rote Meer gin-
gen, wie aber Pharao mit seinen Heeren von den Wellen
des Meeres begraben wurde. In diesem Sinne ist noch jetzt
Gott die Zuflucht der Seinen.
Die stets sich bewährende Zuflucht des Volkes Gottes in
der Wüste war das Gebet. Mose, der Mittler und Vertreter,
wandte sich immer wieder an den Allerhöchsten, zuzeiten
in großer Angst vor Gott auf dem Angesichte liegend, zu
andren Zeiten die Spitze des Berges ersteigend, um dort
den Herrn anzuflehen.

Der gute Hirte

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich


zum frischen Wasser.

Er erquicket meine Seele.

Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens
willen.

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich


kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab
trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner


Feinde.

Du salbest mein Haupt mit öl und schenkest mir voll


ein.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Le-


ben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn im-
merdar.
(der 23. Psalm - zum Auswendiglernen)

Du bist bei mir


»Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, furchte ich
kein Unglück; denn du bist bei mir; dein Stecken und
Stab trösten mich« (Psalm 23,4).

»Auch wenn ich schon wandere im Tal des Todes-


schattens, fürchte ich kein Unheil; denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab, sie trösten mich« (Elberfelder
Übersetzung).
Ich hatte diesen Spruch beiseitegelegt, ich wollte diese
köstliche Verheißung aufbewahren und aufsparen, bis ich
an den Jordan käme, und hoffte, daß ich dann in meinen
letzten Stunden seine Süße würde genießen dürfen. Aber
neulich brauchte ich dieses himmlische Brot sofort. Wollte
Gott, daß jeder Gläubige, der belastet und niedergedrückt
ist, ihn so kostbar fände, wie ich ihn für meine Seele gefun-
den habe, als vor einigen Tagen ein Sturm um mich heulte.

Dieser Spruch läßt sich ohne Zweifel sehr gut auf die Si-


tuation eines Gläubigen anwenden, wenn es mit ihm zum
Sterben geht. Aber sicher ist das nicht seine einzige Bedeu-
tung. Er ist unaussprechlich tröstlich für die Sterbenden;
aber er ist auch für die Lebenden da. Die Worte stehen im
Präsens: »Auch wenn ich wandere -eben jetzt - im finstern
Tal, bist du, o Gott, bei mir, dein Stecken und Stab trösten
mich.« David lag nicht im Sterben; der Psalm ist voll von
glücklichem, friedlichem Leben auf grünen Auen am fri-
schen Wasser. Und wenn sich eine Wolke auf ihn herabge-
lassen und er das Gefühl hat, als drohe ihm der Tod, so
hofft er dennoch, daß Gutes und Barmherzigkeit ihm sein
Leben lang folgen werden.

Dies Lied soll alle Tage unseres Lebens zu unseren Sai-


ten-Instrumenten gesungen werden. Deshalb laßt es uns
jetzt anstimmen.

Der Pfad und das Tal der Todesschatten

Stell dir eine enge Schlucht vor, etwa einen engen Paß in


den Hochalpen, wo die Felsen zum Himmel aufgetürmt
scheinen und das Sonnenlicht oben wie durch eine enge
Spalte gesehen wird. Leiden werden zuweilen so aufge-
häuft, Stapel auf Stapel, und die Straße ist ein schreckli-
cher Hohlweg, den der Pilger auf seiner Wanderung zum
Himmel nach dem Ratschluß des Ewigen gehen muß.
Durch solchen traurigen Paß geht manches Kind Gottes in
diesem Augenblick.

Der Weg ist überaus dunkel in diesem Tal der Todes-


schatten; der Tod ist schrecklich, und sein Schatten ist kalt
und macht das Mark frieren. Ich habe unter Felsen gestan-
den, die eine grauenhafte, feuchte Kälte verbreiteten, daß
ich des Todes Schauer in mir fühlte. Und so fühlt der
Mensch, der sich in solcher Seelennot befindet; daß er
nicht leben kann und nicht einmal zu leben wünscht, wenn
er es könnte. Seine Lebensfreude gleicht der Sonne wäh-
rend einer Sonnenfinsternis. In dem kalten Schmerz kau-
ert der Mensch sich nieder und schaudert unter der eisigen
Berührung des Zweifels, fühlt sich fiebrig und erschreckt
und ist wie von Sinnen.

Einige der Jüngeren wissen, wie ich hoffe, nichts von


diesem Dunkel. Wünscht euch nicht, es zu kennen. Seid
fröhlich, so lange ihr könnt. Singt, so lange ihr dürft. Seid
Lerchen und steigt in die Höhe und singt, während ihr
euch erhebt.

Aber es gibt Gotteskinder, die nicht viel von der Lerche


an sich haben; sie gleichen mehr den Eulen: Sie sitzen allein
und schweigen, oder wenn sie ihren Mund öffnen, so sto-
ßen sie einen traurigen Schrei aus.

Diese Traurigen bedürfen aller freundlichen Teilnahme.


Sogar von denen, die heiter und fröhlich sind, gehen man-
che zuweilen durch diese furchtbare Schlucht, wo ihre Le-
benstemperatur unter Null sinkt.

Weise Brüder sagen, man sollte diesen Gefühlen der

Niedergeschlagenheit nicht nachgeben. Ganz recht. Aber
vielleicht werden sie, wenn ihr Kopf so müde ist wie mei-
ner, sich nicht tapferer verhalten als ich.

Sie sagen, verzagte Leute seien zu tadeln. Ich weiß, aber


sie sind auch zu bemitleiden. Und vielleicht würden die,
welche so hart urteilen, bei eigener Niedergeschlagenheit
es grausam finden, zu tadeln, wo Trost so sehr nötig wäre.

Es gibt Erfahrungen im Leben der Gotteskinder, die voll


geistlicher Finsternis sind. Ich bin fast überzeugt, daß die
am höchsten begnadigten Diener Gottes mehr Zeiten der
Dunkelheit haben als andere. Abraham überfällt Schrek-
ken und große Finsternis, bevor Gott den Bund mit ihm
schließt (1. Mose, 15,17f.). Jesus wurde vom Geist in die
Wüste geführt, und doch war er wiederum, ehe er sein Le-
ben beschloß, »betrübt bis an den Tod« (Matth. 26,38). Die-
se notwendige Betrübnis ist für die Gläubigen eine schwar-
ze Folie, auf der der Glanz der ewigen Liebe und Treue stär-
ker hervortritt.

Gelobt sei Gott für Berge der Freude und Täler des Friedens
und Gärten der Wonne - aber es gibt ein Tal des Todesschat-
tens, und die meisten von uns sind durch sein entsetzliches
Dunkel hindurchgegangen.

Überdies gibt es Stellen auf unserm Lebensweg, die


nicht nur dunkel, sondern auch gefährlich sind, Stellen im
Tal des Todesschattens, wo jeder Busch einen Gegner ver-
birgt, wo Versuchungen aus dem Boden hervorspringen
wie die feurigen Schlangen aus dem Wüstensand.

Wenn du berufen wirst, durch diese gefährliche


Schlucht zu wandern - was willst du tun?

Nun, sprich: »Ich fürchte kein Unglück, denn du bist bei


mir, dein Stecken und Stab trösten mich.«
Keine Angst!

Du kannst ganz getrost sein, wenn du vielen Prüfungen


und Versuchungen ausgesetzt wirst, und brauchst dir kei-

nen leichteren Pfad zu wünschen, denn es kann sein, daß


du jetzt wach und sicherer bist als die, die gemächlich da
sitzen und dabei Gefahr laufen, in Trägheit und Gleichgül-
tigkeit zu versinken. Ich bin deshalb vor offner Gefahr
nicht bange. Und wenn eine finstere Schlucht zwischen dir
und dem Himmel ist, mußt du nicht mutlos werden.

Ein Mensch kann mutig gegen etwas angehen, was er


kennt; aber ein Übel, das er nicht kennt, macht ihn nahezu
kampfunfähig. Er weiß nicht, welcher Art das Leben ist,
und doch überkommt ihn ein seltsames, alle Freuden abtö-
tendes Gefühl. Er kann nicht die Größe seines Verlustes im
Geschäft übersehen, aber er fürchtet, daß sein ganzes Ver-
mögen dahin ist. Er weiß nicht, wie die Krankheit seines
Kindes enden wird, aber der Tod scheint zu drohen.

Alles ist Erwartung und Vermutung, und das Übel der


Übel ist die Ungewißheit. Das, was Belsazar bei der Schrift
an der Wand erschreckte, war ohne Zweifel, daß er die
Hand sehen konnte, aber nicht den Arm und die Gestalt,
wozu diese Hand gehörte.

So erleben wir zuweilen, daß wir unsere Lage und Got-


tes Führungen nicht mehr verstehen. Unsere Versuchung
ist einem Wirbelsturm zu vergleichen. Wir wissen nicht,
von welcher Seite der Orkan daher peitscht, wir werden
hin und her geworfen.

Was sollen wir tun, wenn diese geheimnisvollen An-


fechtungen über uns kommen, die wir nicht einmal be-
schreiben können?

Wir müssen tun - und Gott helfe uns, daß wir es tun -,


was dieser fromme Mann tat, der in dem Frieden und der
Zuversicht seines Glaubens weiterging und sang: Ja, »wenn
ich schon wandere durch das Tal, das beschattet ist von den
geheimnisvollen Flügeln des Todes, und wenn ich meinen
Weg nicht kenne und nicht verstehen kann, will ich doch
kein Übel fürchten, denn du bist bei mir. Du kennst den
Weg, den ich nehme. Du hast den Faden dieses Labyrinths,
und du willst mich hindurchführen. Warum sollte ich mich
denn fürchten? Dein Stecken und Stab trösten mich«.

Dunkel, Gefahr, Unsicherheit verschwinden, wenn der
Glaube seine himmlische Lampe entzündet, in der das goldne
Öl der Verheißung brennt.

1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11


Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©atelim.com 2016
rəhbərliyinə müraciət