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Ernst Haeckel Natürliche Schöpfungsgeschichte


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Zweiter Vortrag.


Wissenschaftliche Berechtigung der Descendenztheorie. Schöpfungsgeschichte nach Linné.

(... siehe Inhaltsverzeichniß)

Meine Herren! Der Werth, den jede naturwissenschaftliche Theorie besitzt, wird sowohl durch die Anzahl und das Gewicht der zu erklärenden Gegenstände gemessen, als auch durch die Einfachheit und Allgemeinheit der Ursachen, welche als Erklärungsgründe benutzt werden. Je größer einerseits die Anzahl, je wichtiger die Bedeutung der durch die Theorie zu erklärenden Erscheinungen ist, und je einfacher andrerseits, je allgemeiner die Ursachen sind, welche die Theorie zur Erklärung in Anspruch nimmt, desto höher ist ihr wissenschaftlicher Werth, desto sicherer bedienen wir uns ihrer Leitung, desto mehr sind wir verpflichtet zu ihrer Annahme.

Denken Sie z. B. an diejenige Theorie, welche bisher als der größte Erwerb des menschlichen Geistes galt, an die Gravitationstheorie, welcher der Engländer Newton vor 200 Jahren in seinen mathematischen Principien der Naturphilosophie begründete. Hier finden Sie das zu erklärende Object so groß genommen, als Sie es nur denken können. Er unternahm es, die Bewegungserscheinungen der Planeten und den Bau des Weltgebäudes auf mathematische Gesetze zurückzuführen. Als die höchst einfache Ursache dieser verwickelten Bewegungserscheinungen begründete Newton das Gesetz der Schwere oder der Massenanziehung, dasselbe, welches die Ursache des Falls der Körper, der Adhäsion, der Cohäsion und vieler anderen Erscheinungen ist..



Wenn Sie nun den gleichen Maßstab an die Theorie Darwins anlegen, so müssen Sie zu dem Schluß kommen, daß diese ebenfalls zu den größten Eroberungen des menschlichen Geistes gehört, und daß sie sich unmittelbar neben die Gravitationstheorie Newtons stellen kann. Vielleicht erscheint Ihnen dieser Ausspruch übertrieben oder wenigstens sehr gewagt; ich hoffe Sie aber im Verlauf dieser Vorträge zu überzeugen, daß diese Schätzung nicht zu hoch gegriffen ist. In der vorigen Stunde wurden bereits einige der wichtigsten und allgemeinsten Erscheinungen aus der organischen Natur namhaft gemacht, welche durch Darwins Theorie erklärt werden. Dahin gehören vor Allen die Formveränderungen, welche die individuelle Entwicklung der Organismen begleiten, äußerst mannichfaltige und verwickelte Erscheinungen, welche bisher einer mechanischen Erklärung, d. h. einer Zurückführung auf wirkende Ursachen die größten Schwierigkeiten in den Weg legten. Wir haben die rudimentären Organe erwähnt, jene außerordentlich merkwürdigen Einrichtungen in den Thier- und Pflanzenkörpern, welche keinen Zweck haben, welche jeder teleologischen, jeder nach einem Endzweck des Organismus suchenden Erklärung vollständig widersprechen. Es ließe sich noch eine große Anzahl von anderen Erscheinungen anführen, die nicht minder wichtig sind, die bisher nicht minder räthselhaft erscheinen, und die in der einfachsten Weise durch die von Darwin reformirte Abstammugslehre erklärt werden. Ich erwähne vorläufig noch die Erscheinungen, welche uns die geographische Verbreitung der Thier- und Pflanzenarten auf der Oberfläche unseres Planeten, sowie die geologische Vertheilung der ausgestorbenen und versteinerten Organismen in den verschiedenen Schichten der Erdrinde darbietet. Auch diese wichtigen paläontologischen und geographischen Gesetze, welche wir bisher nur als Thatsachen kannten, werden durch die Abstammungslehre in ihren wirkenden Ursachen erkannt. Dasselbe gilt ferner von allen allgemeinen Gesetzen der vergleichenden Anatomie, insbesondere von dem großen Gesetze der Arbeitstheilung oder Sonderung (Polymorphismus oder Differenzierung), einem Gesetze welches ebenso in der ganzen menschlichen Gesellschaft, wie in der Organisation des einzelnen Thier- und Pflanzenkörpers die wichtigste gestaltende Ursache ist, diejenige Ursache, welche ebenso eine immer größere Mannichfaltigkeit, wie eine fortschreitende Entwickelung der organischen Formen bedingt. In gleicher Weise, wie dieses bisher nur als Thatsache erkannte Gesetz der Arbeitstheilung, wird auch das Gesetz der fortschreitenden Entwickelung, oder das Gesetz des Fortschritts, welches wir ebenso in der Geschichte der Völker, wie in der Geschichte der Thiere und Pflanzen überall wirksam wahrnehmen, in seinem Ursprung durch die Abstammungslehre erklärt. Und wenn Sie endlich Ihre Blicke auf das große Ganze der organischen Natur richten, wenn Sie vergleichend alle einzelnen großen Erscheinungsgruppen dieses ungeheuren Lebensgebietes zusammenfassen, so stellt sich Ihnen dasselbe im Lichte der Abstammungslehre nicht mehr als das künstlich ausgedachte Werk eines planmäßig bauenden Schöpfers dar, sondern als die nothwendige Folge wirkender Ursachen, welche in der chemischen Zusammensetzung der Materie selbst liegen.

Man kann also im weitesten Umfang behaupten, und ich werde diese Behauptung im Verlaufe meiner Vorträge rechtfertigen, daß die Abstammungslehre wie sie durch Darwin ausgebildet wurde der erste Versuch ist, die Gesammheit aller organischen Naturerscheinungen auf ein einziges Gesetz zurückzuführen, eine einzige wirkende Ursache für das unendlich verwickelte Getriebe dieser ganzen reichen Erscheinungswelt aufzufinden. In dieser Beziehung stellt sie sich ebenbürtig Newtons Gravitationstheorie an die Seite.

Aber auch die Erklärungsgründe sind hier nicht minder einfach, wie dort. Es sind nicht neue, bisher unbekannte Eigenschaften des Stoffes, welche Darwin zur Erklärung dieser höchst verwickelten Erscheinungswelt herbeizieht; es sind nicht etwa Endeckungen neuer Verbingungsverhältnisse der Materien, oder neuer Organisationskräfte derselben; sondern es ist lediglich die außerordendlich geistvolle Verbindung, die synthetische Zusammenfassung und denkende Vergleichung einer Anzahl längst bekannter Thatsachen, durch welche Darwin das "heilige Räthsel" der lebendigen Formenwelt löst. Die erste Rolle spielt dabei die Erwägung der Wechselbeziehungen, welche zwischen zwei allgemeinen Eigenschaften der Organismen bestehen, den Eigenschaften der Vererbung und der Anpassung. Lediglich durch Erwägung des Wechselverhältnisses zwischen diesen beiden Lebensthätigkeiten oder physiologischen Funktionen der Organismen, sowie ferner durch Erwägung der gegenseitigen Beziehungen, welche an einem und demselben Ort zusammenlebenden Thiere und Pflanzen nothwendig zu einander besitzen - lediglich durch Würdigung dieser einfachen Thatsachen, und durch die geistvolle Verbindung derselben ist es Darwin möglich geworden, in denselben die wirkenden Ursachen (causae efficientes) für die unendlich verwickelte Gestaltenwelt der organischen Natur zu finden.

Wir sind nun verpflichtet, diese Theorie auf jeden Fall anzunehmen und so lange zu behaupten, bis sich eine bessere findet, die es unternimmt, die gleiche Fülle von Thatsachen ebenso einfach zu erklären. Bisher entbehrten wir einer solchen Theorie vollständig. Zwar war der Grundgedanke nicht neu, daß alle verschiedenen Thier- und Pflanzenformen von einigen wenigen oder sogar von einer einzigen höchst einfachen Grundform abstammen müssen. Dieser Gedanke war längst ausgesprochen und zuerst von Lamarck2) im Anfang unseres Jahrhunderts bestimmt formulirt worden. Allein Lamarck sprach doch eigentlich bloß die Hypothese der gemeinsamen Abstammung aus, ohne sie durch Erläuterung der wirkenden Ursachen zu begründen. Und gerade in dem Nachweis dieser Ursachen liegt der außereordenliche Fortschritt, welchen Darwin über Lamarcks Theorie hinaus gethan hat. Er fand in den physiologischen Vererbungs- und Anpassungseigenschaften der organischen Materie die wahre Ursache jenes genealogischen Verhältnisses auf.

Die Theorie Darwins ist also nicht, wie es seine Gegner häufig darstellen, eine beliebige, aus der Luft gegriffene, bodenlose Hypothese. Es liegt nicht im Belieben der einzelnen Zoologen und Botaniker, ob sie dieselbe als erklärende Theorie annehmen wollen oder nicht. Vielmehr sind sie dazu gezwungen und verpflichtet nach dem allgemeinen, in den Naturwissenschaften überhaupt gültigen Grundsatze, daß wir zur Erklärung der Erscheinungen jede mit den wirklichen Thatsachen vereinbare, wenn auch nur schwach begründete Theorie so lange annehmen und beibehalten müssen, bis sie durch eine bessere ersetzt wird. Wenn wir dies nicht thun, so verzichten wir auf eine wissenschaftliche Erklärung der Erscheinungen, und das ist in der That der Standpunkt, den viele Biologien noch gegenwärtig einnehmen. Sie betrachten das ganze Gebiet der belebten Natur als ein vollkommenes Räthsel und halten die Entstehung der Thier- und Pflanzenarten, die Erscheinungen ihrer Entwickelung und Verwandtschaft für ganz unerklärlich, für ein Wunder.

Diejenigen Gegener Darwins, welche nicht geradezu in dieser Weise auf eine biologische Erklärung verzichten wollen, pflegen freilich zu sagen: "Darwins Lehre von dem gemeinschaftlichen Ursprung der verschiedenartigen Organismen ist nur eine Hypothese; wir stellen ihr eine andere entgegen, die Hypothese, daß die einzelnen Thier- und Pflanzenarten nicht durch Abstammung sich auseinander entwickelt haben, sondern daß sie unabhängig von einander durch ein noch unentdecktes Naturgesetz entstanden sind." So lange aber nicht gezeigt wird, wie diese Entstehung zu denken ist, und was das für ein "Naturgesetz" ist, so lange nicht einmal wahrscheinliche Erklärungsgründe geltend gemacht werden können, welche für eine unabhängige Entstehung der Thier- und Pflanzenarten sprechen, so lange ist diese Gegenhypothese in der That keine Hypothese, sondern eine leere, nichtssagende Redensart. Auch verdient Darwins Theorie nicht den Namen einer Hypothese. Denn eine wissenschaftliche Hypothese ist eine Annahme, welche sich auf unbekannte, bisher noch nicht durch die sinnliche Erfahrung wahrgenommene Eigenschaften oder Bewegungserscheinungen der Naturkörper stützt. Darwins Lehre aber nimmt keine derartigen unbekannten Verhältnisse an; sie gründet sich auf längst anerkannte allgemeine Eigenschaften der Organismen, und es ist, wie bemerkt, die außerordentliche geistvolle, umfassende Verbindung einer Menge bisher vereinzelt dagestandener Erscheinungen, welche dieser Theorie ihren außerordentlich hohen inneren Werth gibt. Wir gelangen durch sie zum ersten Mal in die Lage, für die Gesammtheit aller uns bekannten morphologischen Erscheinungen in der Thier- und Pflanzenwelt eine bewirkende Ursache nachzuweisen; und zwar ist diese wahre Ursache immer eine und dieselbe, nämlich die Wechselwirkung der Anpassung und Vererbung, also ein physiologisches, d. h. ein physikalisch-chemisches oder ein mechanisches Verhältniß. Aus diesen Gründen ist die Annahme der durch Darwin mechanisch begründeten Abstammungslehre für die gesammte Zoologie und Botanik eine zwingende und unabweisbare Nothwendigkeit.

Da nach meiner Ansicht also die unermeßlche Bedeutung von Darwins Lehre darin liegt, daß sie die bisher nicht erklärten organischen Formerscheinungen mechanisch erklärt, so ist es wohl nothwendig, hier gleich noch ein Wort über den vieldeutigen Begriff der Erklärung einzuschalten. Es wird sehr häufig Darwins Theorie entgegengehalten, daß sie allerdings jene Erscheinungen durch die Vererbung und Anpassung vollkommen erkläre, daß dadurch aber nicht diese Eigenschaften der organischen Materie selbst erklärt werden, daß wir nicht zu den letzten Gründen gelangen. Dieser Einwurf ist ganz richtig; allein er gilt in gleicher Weise von allen Erscheinungen. Wir gelangen nirgends zu einer Erkenntniß der letzten Gründe. Bei Erklärung der einfachsten physikalischen oder chemischen Erscheinungen, z. B. bei dem Fallen eines Steins oder bei der Bildung einer chemischen Verbindung gelangen wir durch Auffindung und Feststellung der wirkenden Ursachen, z. B. der Schwerkraft oder der chemischen Verwandtschaft, zu anderen weiter zurückliegenden Erscheinungen, die an und für sich Räthsel sind. Es liegt das in der Beschränktheit oder Relativität unseres Erkenntnißvermögens. Wir dürfen niemals vergessen, daß die menschliche Erkenntnißfähigkeit allerdings absolut beschränkt ist und nur eine relative Ausdehnung besitzt. Sie ist zunächst schon beschränkt durch die Beschaffenheit unserer Sinne und unseres Gehirns.

Ursprünglich stammt alle Erkenntniß aus der sinnlichen Wahrnehmung. Man führt wohl dieser gegenüber die angeborene, a priori entstehende Erkenntniß des Menschen an; indessen werden Sie sehen, daß sich die sogenannte apriorische Erkenntniß durch Darwins Lehre nachweisen läßt als a posteriori erworbene, in ihren letzten Gründen durch die Erfahrungen bedingt. Erkenntnisse, welche ursprünglich auf rein empirischen Wahrnehmungen beruhen, also rein sinnliche Erfahrungen sind, welche aber dann eine Reihe von Generationen hindurch vererbt werden, treten bei der jüngsten Generation scheinbar als unabhängige, angeborene, apriorische auf. Von unseren uralten thierischen Voreltern sind alle sogenannten "Erkenntnisse a priori" ursprünglich a posteriori gefaßt worden und erst durch Vererbung allmählich zu apriorischen geworden. Sie beruhen in letzter Instanz auf Erfahrungen, und wir können durch die Gesetze der Vererbung und Anpassung bestimmt nachweisen, daß in der Art, wie es gewöhnlich geschieht, Erkenntnisse a priori den Erkenntnissen a posteriori nicht entgegen zu stellen sind. Vielmehr ist die sinnliche Erfahrung die ursprüngliche Quelle aller Erkenntnisse. Schon aus diesem Grunde ist alle unsere Wissenschaft nur beschränkt, und niemals vermögen wir die letzten Gründe irgend einer Erscheinung zu erfasssen. Die Schwerkraft und die chemische Verwandtschaft bleiben uns, an und für sich, eben so unbegreiflich, wie die Anpassung und die Vererbung.

Wenn uns nun die Theorie Darwins die Gesammtheit aller vorhin in einem kurzen Ueberblick zusammengefaßten Erscheinungen aus einem einzigen Gesichtspunkt erklärt, wenn sie eine und dieselbe Beschaffenheit des Organismus als die wirkende Ursache nachweist, so leistet sie vorläufig Alles, was wir verlangen können. Außerdem läßt sich aber auch mit gutem Grunde hoffen, daß wir die letzten Gründe, zu welchen Darwin gelangt, nämlich die Eigenschaften der Erblichkeit und der Anpassungsfähigkeit, noch weiter werden erklären lernen, und daß wir z. B. dahin gelangen werden, die Molekularverhältnisse in der Zusammensetzung der Eiweißstoffe als die weiter zurückliegenden, einfachen Gründe jener Erscheinungen aufzudecken. Freilich ist in der nächsten Zukunft hierzu noch keine Aussicht, und wir begnügen uns vorläufig mit jener Zurückführung, wie wir uns in der Newton'schen Theorie mit der Zurückführung der Planetenbewegungen auf die Schwerkraft begnügen. Die Schwerkraft selbst ist uns ebenfalls ein Räthsel, an sich nicht erkennbar.

Bevor wir nun an unsere Hauptaufgabe, an die eingehende Erörterung der Abstammungslehre und der aus ihr sich ergebenden Folgerungen herantreten, lassen Sie uns einen geschichtlichen Rückblick auf die wichtigsten und verbreitetsten von denjenigen Ansichten werfen, welche sich die Menschen vor Darwin über die organische Schöpfung, über die Entstehung der mannigfaltigen Thier- und Pflanzenarten gebildet haben. Es liegt dabei keineswegs in meiner Absicht, Sie mit einem vergleichenden Ueberblick über alle die zahlreichen Schöpfungsdichtungen der verschiedenen Menschen-Arten, -Rassen und -Stämme zu unterhalten. So interessant und lohnend diese Aufgabe, sowohl in ethnographischer als in culturhistorischer Beziehung, auch wäre, so würde uns dieselbe doch hier viel zu weit führen. Auch zeigt die übergroße Mehrzahl aller dieser Schöpfungssagen zu sehr das Gepräge willkürlicher Dichtung, und den Mangel eingehender Naturbetrachtung, als daß dieselben für eine naturwissenschaftliche Behandlung der Schöpfungsgeschichte von Interesse wären. Ich werde daher von den nicht wissenschaftlich begründeten Schöpfungsgeschichten bloß die mosaische hervorheben, wegen des beispiellosen Einflusses, den sie in der abendländischen Culturwelt gewonnen, und dann werde ich sogleich zu den wissenschaftlich formulirten Schöpfungshypothesen übergehen, welche erst nach Beginn des verflossenen Jahrhunderts, mit Linné, ihren Anfang nahmen.

Alle verschiedenen Vorstellungen, welche sich die Menschen jemals von der Entstehung der verschiedenen Thier- und Pflanzenarten gemacht haben, lassen sich füglich in zwei große, entgegengesetzte Gruppen bringen, in natürliche und übernatürliche Schöpfungsgeschichten.

Diese beiden Gruppen entsprechen im Großen und Ganzen den beiden verschiedenen Hauptformen der menschlichen Weltanschauung, welche wir vorher als monistische (einheitliche) und dualistische (zwiespältige) Naturauffassung gegenüber gestellt haben. Die gewöhnliche dualistische oder teleologische (vitale) Weltanschauung muß die organische Natur als das zweckmäßig ausgeführte Product eines planvoll wirkenden Schöpfers ansehen. Sie muß in jeder einzelnen Thier- und Pflanzenart einen "verkörperten Schöpfungsgedanken" erblicken, den materiellen Ausdruck einer zweckmäßig thätigen Endursache oder einer zweckthätigen Ursache (causa finalis). Sie muß nothwendig übernatürliche (nicht mechanische) Vorgänge für die Entstehung der Organismen in Anspruch nehmen. Wir dürfen sie daher mit Recht als übernatürliche Schöpfungsgeschichte bezeichnen. Von allen hierher gehörigen teleologischen Schöpfungsgeschichten gewann diejenige des Moses sich den größten Einfluß, da sie durch so bedeutende Naturforscher, wie Linné, selbst in der Naturwissenschaft allgemeinen Eingang fand. Auch die Schöpfungsansichten von Cuvier und Agassiz, und überhaupt von der großen Mehrzahl der Naturforscher sowohl als der Laien gehören in diese Gruppe.

Die von Darwin ausgebildete Entwickelungstheorie dagegen, welche wir hier als natürliche Schöpfungsgeschichte zu behandeln haben, und welche bereits von Goethe und Lamarck aufgestellt wurde, muß, wenn sie folgerichtig durchgeführt wird, schließlich nothwendig zu der monistischen oder mechanischen (causalen) Weltanschauung hinführen. Im Gegensatz zu jener dualistischen oder teleologischen Naturauffassung betrachtet dieselbe die Formen der organischen Naturkörper, ebenso wie diejenigen der anorganischen, als die nothwendigen Produkte natürlicher Kräfte. Sie erblickt in den einzelnen Thier- und Pflanzenarten nicht verkörperte Gedanken des persönlichen Schöpfers, sondern den zeitweiligen Ausdruck eines mechanischen Entwickelungsganges der Materie, den Ausdruck einer nothwendig wirkenden Ursache oder einer mechanischen Ursache (causa efficiens). Sie braucht also niemals übernatürliche und daher für uns unbegreifliche Eingriffe des Schöpfers in den natürlichen Gang der Dinge zu Hülfe zu rufen. Ihr gehört die Zukunft.

Lassen Sie uns nun zunächst einen Blick auf die wichtigste von allen übernatürlichen Schöpfungsgeschichten werden, diejenige des Moses, wie sie uns durch die alte Geschichts- und Gesetzesurkunde des jüdischen Volkes, durch die Bibel, überliefert worden ist. Bekanntlich ist die mosaische Schöpfungsgeschichte, wie sie im ersten Kapitel der Genesis den Eingang zum alten Testament bildet, in der ganzen jüdischen und christlichen Kulturwelt bis auf den heutigen Tag in allgemeiner Geltung geblieben. Dieser außerordentliche Erfolg erklärt sich nicht allein aus der engen Verbindung derselben mit den jüdischen und christlichen Glaubenslehren, sondern auch aus dem wahrhaft großartigen, einfachen und natürlichen Ideengang, welcher dieselbe durchzieht, und welcher vortheilhaft gegen die bunte Schöpfungsmythologie der meisten anderen Völker des Alterthums absticht. Zuerst schafft Gott der Herr die Erde als anorganischen Weltkörper. Dann scheidet er Licht und Finsterniß, darauf Wasser und Festland. Nun erst ist die Erde für Organismen bewohnbar geworden und es werden zunächst die Pflanzen, später erst die Thiere erschaffen, und zwar von den letzteren zuerst die Bewohner des Wassers und der Luft, später erst die Bewohner des Festlands. Endlich zuletzt von allen Organismen schafft Gott den Menschen, sich selbst zum Ebenbilde und zum Beherrscher der Erde.

Zwei große und wichtige Grundgedanken der natürlichen Entwickelungstheorie treten uns in dieser Schöpfungshypothese des Moses mit überraschender Klarheit und Einfachheit entgegen, der Gedanke der Sonderung oder Differenzirung, und der Gedanke der fortschreitenden Entwicklung oder Vervollkommnung. Obwohl Moses diese großen Gesetze der organischen Entwickelung, die wir später als nothwendige Folgerungen der Abstammungslehre nachweisen werden, als die unmittelbare Bildungsthätigkeit eines gestaltenden Schöpfers ansieht, liegt doch darin der erhabnere Gedanke, einer fortschreitenden Entwickelung und Differenzirung der ursprünglich einfachen Materie vorborgen. Wir können daher dem großartigen Naturverständniß des jüdischen Gesetzgebers und der einfach natürlichen Fassung seiner Schöpfungshypothese unsere gerechte und aufrichtige Bewunderung zollen, ohne darin gradezu eine göttliche Offenbarung zu erblicken. Daß sie dies nicht sein kann, geht einfach schon daraus hervor, daß darin zwei große Grundirrthümer behauptet werden, nämlich erstens der goecentrische Irrthum, daß die Erde der feste Mittelpunkt der ganzen Welt sei, um welchen sich Sonne, Mond und Sterne bewegen; und zweitens der anthropocentrische Irrthum, daß der Mensch das vorbedachte Endziel der irdischen Schöpfung sei, für dessen Dienst die ganze übrige Natur nur geschaffen sei. Der erstere Irrthum wurde durch Kopernikus' Weltsystem im Beginn des sechszehnten, der letztere durch Lamarck's Abstammungslehre im Beginn des neunzehnten Jahrhunderts vernichtet.

Trotzdem durch Kopernikus bereits der geocentrische Irrthum der mosaischen Schöpfungsgeschichte nachgewiesen und damit die Autorität desselben als einer absolut vollkomnenen göttlichen Offenbarung aufgehoben wurde, erhielt sich dieselbe dennoch bis auf den heutigen Tag in solchem Ansehen, daß sie in weiten Kreisen das Haupthinderniß für die Annahme einer natürlichen Entwickelungstheorie bildet. Bekanntlich haben selbst viele Naturforscher noch in unserem Jahrhundert versucht, dieselbe mit den Ergebnissen der neueren Naturwissenschaft, insbesondere der Geologie, in Einklang zu bringen, und z. b. die sieben Schöpfungstage des Moses als sieben große geologische Perioden gedeutet. Indessen sind alle diese künstlichen Deutungen so vollkommen verfehlt, daß sie hier keiner Widerlegung bedürfen. Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Werk, sondern eine Geschichts-, Gesetzes- und Religionsurkunde des jüdischen Volkes, deren außerordentlich hoher Werth dadurch nicht geschmälert wird, daß sie in allen naturwissenschaftlichen Fragen ohne maßgebende Bedeutung und voll von Irrthümern ist.



Wir können nun einen großen Sprung von mehr als drei Jahrtausenden machen, von Moses, welcher ungefähr um das Jahr 1480 vor Christus starb, bis auf Linné, welcher 1707 nach Christus geboren wurde. Während dieses ganzen Zeitraums wurde keine Schöpfungsgeschichte aufgestellt, welche eine bleibende Bedeutung gewann, oder deren Betrachtung an diesem Orte von Interesse wäre. Insbesondere während der letzten 1500 Jahre, als das Christenthum die Weltherrschaft gewann, blieb die mit dessen Glaubenslehren verknüpfte mosaische Schöpfungsgeschichte so allgemein herrschend, daß erst das neunzehnte Jahrhundert sich entschieden dagegen aufzulehnen wagte. Selbst der große schwedische Naturforscher Linné, der Begründer der neueren Naturgeschichte, schloß sich in seinem Natursystem auf das Engste an die Schöpfungsgeschichte des Moses an.

Der außerordentliche Fortschritt, welchen Karl Linné in den sogenannten beschreibenden Naturwissenschaften that, besteht bekanntlich in der Aufstellung eines Sytems der Thier- und Pflanzenarten, welches er in so folgerichtiger und logisch vollendeter Form durchführte, daß es bis auf den heutigen Tag in vielen Beziehungen die Richtschnur für alle folgenden, mit den Formen der Thiere und Pflanzen sich beschäftigenden Naturforscher geblieben ist. Obgleich das System Linné's ein künstliches war, obgleich er für die Klassifikation der Thier- und Pflanzenarten nur einzelne Theile als Eintheilungsgrundlagen hervorsuchte und anwendete, hat dennoch dieses System sich den größten Erfolg errungen, erstens durch seine konsequente Durchführung, und zweitens durch seine ungemein wichtig gewordene Benennungsweise der Naturkörper, auf welche wir hier nothwendig sogleich einen Blick werfen müssen. Nachdem man nämlich vor Linné sich vergeblich abgemüht hatte, in das unendliche Chaos der schon damals bekannten verschiedenen Thier- und Pflanzenformen Licht zu bringen, gelang es Linn&eacate; durch Aufstellung der sogenannten "binären Nomenklatur" mit einem glücklichen Griff diese wichtige und schwierige Aufgabe zu lösen. Die binäre Nomenklatur oder die zweifache Benennung, wie sie Linné zuerst aufstellte, wird noch heutigen Tages ganz allgemein von allen Zoologen und Botanikern angewendet und wird sich unzweifelhaft sehr lange noch in gleicher Geltung erhalten. Sie besteht darin, daß jede Thier- und Pflanzenart mit zwei Namen bezeichnet wird, welche sich ähnlich verhalten, wie Tauf- und Familiennamen der menschlichen Individuen. Der besondere Name, welcher dem menschlichen Taufnamen entspricht, und welcher den Begriff der Art (Species) ausdrückt, dient zur gemeinschaftlichen Bezeichnung aller thierischen oder pflanzlichen Einzelwesen, welche in allen wesentlichen Formeigenschaften sich gleich sind, und sich nur durch ganz untergeordnete Merkmale unterscheiden. Der allgemeinere Name dagegen, welcher dem menschlichen Familiennamen entspricht, und welcher den Begriff der Gattung (Genus) ausdrückt, dient zur gemeinschaftlichen Bezeichnung aller nächst ähnlichen Arten oder Species. Der allgemeinere, umfassende Genusname wird nach Linné's allgemein gültiger Benennungsweise vorangesetzt; der besondere, untergeordnete Speciesname folgt ihm nach. So ist z. B. die Hauskatze Felis domestica, die wilde Katze Felis catus, der Panther Felis pardus, der Jaguar Felis onca, der Tiger Felis tigris, der Löwe Felis leo; alle sechs Raubthierarten sind verschiedene Species eines und desselben Genus: Felis. Oder, um ein Beispiel aus der Pflanzenwelt hinzuzufügen, so heißt nach Linné's Benennung die Fichte Pinus abies, die Tanne Pinus picea, die Lärche Pinus larix, die Pinie Pinus pinea, die Zirbelkiefer Pinus cembra, das Knieholz Pinus mughus, die gewohnliche Kiefer Pinus silvestris; alle sieben Nadelholzarten sind verschiedene Species eines und desselben Genus: Pinus.

Vielleicht scheint Ihnen dieser von Linné herbeigeführte Fortschritt in der praktischen Unterscheidung und Benennung der vielgestaltigen Organismen nur von untergeordneter Wichtigkeit zu sein. Allein in Wirklichkeit war er von der allergrößten Bedeutung, und zwar sowohl in praktischer als in theoretischer Beziehung. Denn es wurde nun erst möglich, die Unmasse der verschiedenartigen organischen Formen nach dem größeren oder geringeren Grade ihrer Aehnlichkeit zusammenzustellen und übersichtlich in das Fachwerk des Systems zu ordnen. Die Registratur dieses Fachwerks mache Linné dadurch noch übersichtlicher, daß er die nächstähnlichen Gattungen (Genera) in sogenannte Ordnungen (Ordines) zusammenstellte, und daß er die nächstähnlichen Ordnungen in noch umfassenderen Hauptabteilungen, den Klassen (Classes) vereinigte. Es zerfiel also zunächst jedes der beiden organischen Reiche nach Linné in eine geringe Anzahl von Klassen; das Pflanzenreich in 24 Klassen, das Thierreich in 6 Klassen. Jede Klasse enthielt wieder mehrere Ordnungen. Jede einzelne Ordnung konnte eine Mehrzahl von Gattungen und jede einzelne Gattung wiederum mehrere Arten enthalten.

Nicht minder bedeutend aber, als der unschätzbare praktische Nutzen, welcher Linné's binäre Nomenclatur sofort für eine übersichtliche systematische Unterscheidung, Benennung, Anordnung und Eintheilung der organischen Formenwelt hatte, war der unberechenbare theoretische Einfluß, welchen dieselbe alsbald auf die gesammte allgemeine Beurtheilung der organischen Formen, und ganz besonders auf die Schöpfungsgeschichte gewann. Noch heute drehen sich alle die wichtigen Grundfragen, die wir vorher kurz erörterten, zuletzt um die Entscheidung der scheinbar sehr abgelegenen und unwichtigen Vorfrage, was denn eigentlich die Art oder Species ist? Noch heute kann der Begriff der organischen Species als der Angelpunkt der ganzen Schöpfungsfrage bezeichnet werden, als der streitige Mittelpunkt, um dessen verschiedene Auffassung sich alle Darwinisten und Antidarwinisten herumschlagen.

Nach der Meinung Darwins und seiner Anhänger sind die verschiedenen Species einer und derselben Gattung von Thieren und Pflanzen weiter nichts, als verschiedenartig entwickelte Abkömmlinge einer und derselben ursprünglichen Stammform. Die verschiedenen vorhin genannten Nadelholzarten würden demnach von einer einzigen ursprünglichen Pinusform abstammen. Ebenso würden alle oben angeführten Katzenarten aus einer einzigen gemeinsamen Felisform ihren Ursprung ableiten, dem Stammvater der ganzen Gattung.Weiterhin müßten dann aber, der Abstammungslehre entsprechend, auch alle verschiedenen Gattungen einer und derselben Ordnung von einer einzigen gemeinsamen Urform abstammen, und ebenso endlich alle Ordnungen einer Klasse von einer einzigen Stammform.

Nach der entgegengesetzten Vorstellung der Gegner Darwins sind dagegen alle Thier- und Pflanzenspecies ganz unabhängig von einander, und nur die Einzelwesen oder Individuen einer jeden Species stammen von einer gemeinsamen Stammform ab. Fragen wir sie nun aber, wie sie sich denn diese ursprünglichen Stammformen der Arten entstanden denken, so antworten sie uns mit einem Sprung ins das Unbegreifliche: "sie sind als solche geschaffen worden."

Linné selbst bestimmte den Begriff der Species bereits in dieser Weise, indem er sagte: "Es gibt soviel verschiedene Arten, als im Anfang verschiedene Formen von dem unendlichen Wesen erschaffen worden sind." ("Species tot sunt diversae, quot diversas formas ab initio creavit infinitum ens.") Er schloß sich also in dieser Beziehung aufs Engste an die mosaische Schöpfungsgeschichte an, welche ja ebenfalls die Pflanzen und Thiere "ein jegliches nach seiner Art" erschaffen werden läßt. Näher hierauf eingehend, meinte Linné, daß ursprünglich von jeder Thier- und Pflanzenart entweder ein einzelnes Individuum oder ein Pärchen geschaffen worden sei; und zwar ein Pärchen, oder wie Moses sagt: "ein Männlein und ein Fräulein" von jenen Arten, welche getrennte Geschlechter haben; für jene Arten dagegen, bei welchen jedes Individuum beiderlei Geschlechtsorgane in sich vereinigt (Hermaphroditen oder Zwitter), wie z. B. die Regenwürmer, die Garten- und Weinbergsschnecken, sowie die große Mehrzahl der Gewächse, meinte Linné sei es hinreichend, wenn ein einzelnes Individuum erschaffen worden sei. Linné schloß sich weiterhin an die mosaische Legende auch in Betreff der Sündfluth an, indem er annahm, daß bei dieser großen allgemeinen Ueberschwemmung alle vorhandenen Organismen ertränkt worden seien, bis auf jene wenigen Individuen von jeder Art (sieben Paar von den Vögeln und von dem reinen Vieh, ein Paar von dem unreinen Vieh), welche in der Arche Noah gerettet und nach beendigter Sündfluth auf dem Ararat an Land gesetzt wurden. Die geographische Schwierigkeit des Zusammenlebens der verchiedensten Thiere und Pflanzen suchte er sich dadurch zu erklären: der Ararat in Armenien, in einem warmen Klima gelegen, und bis über 16,000 Fuß Höhe aufsteigend, vereinigt in sich die Bedingungen für den zeitweiligen gemeinsamen Aufenthalt auch solcher Thiere, die in verschiedenen Zonen leben. Es konnten zunächst also die an das Polarklima gewöhnten Thiere auf den kalten Gebirgsrücken hinaufklettern, und die Bewohner der gemäßigten Zone in der Mitte der Berghöhe sich aufhalten. Von hier aus war die Möglichkeit gegeben, sich über die Erde nach Norden und Süden zu verbreiten.

Es ist wohl kaum nöthig zu bemerken, daß diese Schöpfungshypothese Linné's, welche sich offenbar möglichst eng an den herrschenden Bibelglauben anzuschließen suchte, keiner ernstlichen Widerlegung bedarf. Wenn man die sonstige Klarheit des scharfsinnigen Linné erwägt, darf man vielleicht zweifeln, daß er selbst daran glaubte. Was die gleichzeitige Abstammung aller Individuen einer jeden Species von je einem Elternpaare (oder bei den hermaphroditischen Arten von je einem Stammzwitter betrifft, so ist sie offenbar ganz unhaltbar, denn abgesehen von anderen Gründen, würden schon in den ersten Tagen nach geschehener Schöpfung die wenigen Raubthiere ausgereicht haben, sämmtlichen Pflanzenfressern den Garaus zu machen, wie die pflanzenfressenden Thiere die wenigen Individuen der verschiedenen Pflanzenarten hätten zerstören müssen. Ein solches Gleichgewicht in der Oekonomie der Natur, wie es gegenwärtig existirt, konnte unmöglich stattfinden, wenn von jeder Art nur ein Individuum oder nur ein Paar ursprünglich und gleichzeitig erschaffen wurde.

Wie wenig übrigens Linné auf diese unhaltbare Schöpfungshypothese Gewicht legte, geht unter Anderen daraus hervor, daß er die Bastardzeugung (Hybridismus) als eine Quelle der Entstehung neuer Arten anerkannte. Er nahm an, daß eine große Anzahl von selbstständigen neuen Species auf diesem Wege, durch geschlechtliche Vermischung zweier verschiedener Species, entstanden sei. In der That kommen solche Bastarde (Hybridae) durchaus nicht selten in der Natur vor, und es ist jetzt erwiesen, daß eine große Anzahl von Arten z. B. aus den Gattungen der Brombeere (Rubus), des Wollkrauts (Verbascum), der Weide (Salix), der Distel (Cirsium) Bastarde von verschiedenen Arten dieser Gattungen sind. Ebenso kennen wir Bastarde von Hasen und Kaninchen (zwei Species der Gattung Lepus), ferner Bastarde verschiedener Arten der Hundegattung (Canis) etc., welche sich als selbstständige Arten fortzupflanzen im Stande sind.

Es ist gewiß sehr bemerkenswerth, daß Linné bereits die physiologische (also mechanische) Entstehung von neuen Species auf diesem Wege der Bastardzeugung behauptete. Offenbar steht dieselbe in unvereinbarem Gegensatz mit der übernatürlichen Entstehung der anderen Species durch Schöpfung, welche er der mosaischen Schöpfungsgeschichte gemäß annahm. Die eine Abtheilung der Species würde demnach durch dualistische (teleologische) Schöpfung, die andere durch monistische (mechanische) Entwickelung entstanden sein.

Das große und wohlverdiente Ansehen, welches sich Linné durch seine systematische Klassifikation und durch seine übrigen Verdienste um die Biologie erworben hatte, war offenbar die Ursache, daß auch seine Schöpfungsansichten das ganze vorige Jahrhundert hindurch unangefochten in voller und ganz allgemeiner Geltung blieben. Wenn nicht die ganze systematische Zoologie und Botanik die von Linné eingeführte Unterscheidung, Klassifikation und Benennung der Arten, und den damit verbundenen dogmatischen Speciesbegriff mehr oder minder unverändert beibehalten hätte, würde man nicht begreifen, daß seine Vorstellung von einer selbstständigen Schöpfung der einzelnen Species bis auf den heutigen Tag ihre Herrschaft behaupten konnte. Nur durch die große Autorität Linné's war die Erhaltung seiner Schöpfungshypothese bis auf die unsere Zeit möglich.

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