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Ein Essay über den Aussatz


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Im späten Hebräisch hat Pora noch dazu die Bedeutung "Ausschreitungen Begehen, Pogrome Veranstalten" bekommen, was vielleicht daher rührt, daß der Par´oh (80-200-70-5), der bei uns Farao genannt wird, der Herrscher von Mizrajim (40-90-200-10-40) -- das ist das ringsum eingeschlossen Sein in der Form -- auch Parah zu lesen ist: "Sie wird wild". Im Eingeschlossen-Sein in einer Form, die sich nicht verwandeln darf, weil die Gesetze des Landes jede Verwandlung bei Todesstrafe verbieten, wird die Seele immer mehr in die Enge getrieben und um desto wilder, je mehr sie ihre frühere Gestalt abwerfen will wie die Schlange ihre zu eng gewordene Haut; und dasselbe geschieht auch bei der Unterwerfung der Frau, die auf einen bestimmten Verhaltens-Kodex fixiert wird. Und wie zur Verhöhnung des Weibes beansprucht der Herrscher auch noch einen weiblichen Titel. Da wird sie schließlich so wahnsinnig "wild", daß sie das Männliche, und das heißt die Erinnerung, auslöschen möchte, ertränken in den Wassern der Zeiten – die Erinnerung selbst die an die eigene Vorzeit, an den eigenen Anfang, wo sie noch wahrhaftig und frei war. In der Gestalt der "Unbefleckten Madonna", dieser fixen Idee von der weiblichen "Reinheit", implodierte ihre zivilisierte Verwahrlosung gleichsam, und regelmäßig explodiert die unterdrückte Triebenergie in den Pogromen an Juden, Hexen und Negern und allen Arten von "Wilden", die sich der herrschenden Normgestalt nicht anpassen mochten und denen man sexuelle und andere Exzesse vorwarf. Nur erleichtern die Pogrome im Namen der "Reinheit" ihre Veranstalter nicht, und hinterher ist ihr Elend noch größer.

Vom Kohen jedoch (diesem geheimen Verräter der männlichen Sache, diesem feigen Überläufer zum Feind, der die Verachtung verdient und den Haß der gewöhnlichen Männer, welche die Zewa´oth zu ignorieren bemüht sind) wird das Wunder der Lenkung des Männlichen und der Erinnerung in die Hände gegeben der Frau. Zur Lenkung der Eifersucht wird sie damit befähigt, und diese hat sie nicht nur in der Hand, sie ist sie gar selber! Minchah (40-50-8-5), gewöhnlich mit „Speiseopfer“ übersetzt, obwohl das Wort weder von Speise noch von Opfer erzählt, ist außer der Lenkung auch noch die Beruhigung, Minchath haSikaron daher auch die „Beruhigung des Männlichen“ und Minchath K´naoth Hi auch: "die Beruhigung der Eifersucht ist Sie". Eine ungeheuer große Vollmacht und Verantworung ist ihr damit gegeben. Wenn die Erinnerung nicht mehr ertränkt und verdrängt werden muß, sondern aufgenommen wird ins Gedächtnis, dann hat die Frau auch wieder die Handlungs-Freiheit, den Mann zu beruhigen. K´naoth ist auch Ken-Oth (100-50-1-400) zu lesen, „Nest des Du-Wunders“ – und dieses Nest ist in ihr, ist sie selber – und wenn er damit übereinstimmt, ist er es auch.

Gebe der "Herr", daß die Frau sich eingesteht, diese Vollmacht schon insgeheim zu besitzen. Der Kohen, das ist ihr eigener innerer "Priester", der Mann, der ihr vollkommen vertraut, was sie auch tun mag -- ein utopischer Mann, ein Traum-Mann auch er, der solange Fantom bleibt, bis sie ihm erlaubt, sich leibhaftig zu zeigen -- giebt das Du-Wunder des Männlichen in ihre Hände, wodurch ihrer beider Erinnerung an alles Vergangene und an den Ursprung herauf kommt. Aber sie bestimmt es, sie selber, unsere weltliche Seite, in welche Richtung die Eifersucht geht -- in die Richtung des vereinzelten Mannes auf seinem einsamen Gipfel, der diese Welt nur scheinbar beherrscht, oder in die Richtung auf das Gedächtnis des Ganzen Leibes, zu dem Alle Wesen gehören, auch die niedrigsten noch.
Es zersetzen sich nicht nur die "Einzeller" und "Individuen", es zersetzen sich auch Völker und Gemeinschaften mit ihren Formen der Organisation, und alle Epochen werden dem Zerfall preisgegeben. Aber damit treten sie in die Erinnerung ein, und im Gedächtnis sind all ihre Schätze zu finden. Und wir ergänzen hier noch, daß außer den Heiligen Wassern und dem Staub vom Boden der Wohnung der Kohen ein drittes Ingredienz den "Wassern der Verdammnis" beimischt auf die Empfehlung des "Herrn": wechathaw Ath ha´Eloth ha´Elah haKohen baSsepär umachah El Meji haMorim -- "und das Du-Wunder der Göttinnen, die Göttin, schreibt wer wie sie ist hinein in die Zahl, und er löscht aus den Gott der bitteren Wasser" (Num. 5,23). Das wird für gewöhnlich in etwa so übersetzt: "und der Priester soll diese Verfluchungen in ein Buch hinein schreiben und sie in die Wasser der Bitterkeit wischen" -- so als ob er mit dieser Geste die "Verfluchungen" in den Leib der Frau bannen wollte. Wir kennen den Pseudo-Priester nun schon zur Genüge und wissen ihn zu unterscheiden vom Kohen, und es ist uns nicht mehr möglich, ha´Aloth ha´eläh als "diese Verfluchungen" zu lesen, ohne darin ha´Eloth ha´Elah zu sehen, "die Göttinnen der Göttin". Und wie könnte deren Du-Wunder weggewischt werden? Machah (40-8-5) heißt "Abwischen, Wegwischen, Auslöschen, Vertilgen" und bezieht sich nicht auf sie, sondern auf den "Gott der bitteren Wasser", das heißt auf die Kraft, der Frau schaden zu können.

Diese Kraft bricht der Kohen, was in Mirjam offenbar wird, in Mirjam, der Mutter, und in Mirjam, der Geliebten. Auf die "Göttinnen der Göttin", auf die "Anziehungskräfte der weiblichen Gotteskraft" bezieht sich das Schreiben des Kohen, und es geschieht baSsepär, "in der Zahl". Wie aber könnte das Wunder der Vielfalt, in der die Einzige Göttin zu erscheinen beliebt, die Göttinnen und Kräfte der Welt, jemals der Zahl faßbar sein? Eben dadurch daß sie immer erzählt, und wenn sie ein Buch ist, dann das des Lebens, die Thorah – und wenn wir wie sie sind, ein Kohen, dann haben wir die Göttinnen der Göttin auch schon in unser Lebensbuch eingeschrieben, in unser Herz.

Das Erstaunliche an der Thorah besteht darin, daß die Auffassung der hebräischen Zeichen als Zahlen zeitlich erst lange nach ihrer Niederschrift aufkam, so daß den Verfassern nicht bewußt gewesen sein konnte, welche Zahlen (und damit Erzählungen) ihre ohnehin schon so vieldeutigen Wörter ergaben. Ha´Eloth ha´Elah ist in der Zahl 477 dasselbe wie Esch we´Anan, "Feuer und Wolke", wodurch die vielfältige weibliche Kraft Feuer und Wasser bewohnt. Das Feuer kennt keine Form, die fest wäre, es ist immer in Regung und verwandelt auch alles, was es verzehrt, in Asche und Rauch, und das Wasser ist fest nur im Eis, bis es schmilzt. Die Wolke ist seine feinste sichtbare Form, die sich an der Grenze des Unsichtbaren verkörpert, am leichtesten wandelbar ist sie von allen Gestalten und bringt den erlösenden Regen mit sich. Von Feuer und Wolke hören wir sagen (in Ex. 14,24): wajehi be´Aschmoräth haBokär wajaschkef Jehowuah El Machanäh Mizrajim be´Amud Esch we´Anan wajahom Machanäh Mizrajim -- "und es geschieht in der Nachtwache der Frühe, und es widerspiegelt das Wesen des Seins den Gott der Neigung von Mizrajim im Bestand von Feuer und Wolke, und er verwirrt die Neigung von Mizrajim".

Die Neigung von Mizrajim ist das sich Klammern an die scheinbar feste und von der Verwandlung ausgeschlossene Gestalt, und sie führt zur Verfolgung der entwichenen Iwrim ("Hebräer"), die vorüber und hinüber gehen. Sie wird aber vom Bestehen von Feuer und Wolke gekippt, die beide den raschen Gestaltwechsel zeigen. Der Untergang der Verfolger im Jam-Ssuf, im Meer der Schwelle, offenbart bloß, was Mizrajim (40-90-200-10-40) immer schon war, Zor (90-200), die Gestalt, eingeschlossen von Majim (40-10-40), den Gewässern der Zeiten. Und was sie den Iwrim antaten, als sie deren Erinnerung bei jeder Ankunft ertränkten, das war sie mit sich selbst gleich zu machen und den Durchgang auch in ihnen zu sperren – ein Ding der Unmöglichkeit, es mußte mißlingen.


Der Kehrwert von ha´Eloth ha´Elah ist 1111, die Eins auf allen vier Ebenen, und wenn die Einer, die Zehner und die Hunderter die drei Dimensionen der Zeit widerspiegeln, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, dann sind die Tausender deren vierte, die hier nur geahnt werden kann. Der Summenwert (477+1111) ist derselbe wie der von ke´Ow me´Äräz -- "wie ein Totengeist aus der Erde" -- von dem wir (bei Jes. 29,4) Folgendes hören: weschofalth me´Äräz thedaberi ume´Ofar thischach Imrathech wehajah ke´Ow me´Äräz Kolech ume´Ofar Imrathech thezafzef -- "und du wirst erniedrigt, aus der Erde sprichst du, und aus dem Staub läßt du deine Rede hinsinken, und wie ein Totengeist aus der Erde ist deine Stimme, und aus dem Staube pfeift deine Rede".

Diese Worte sind ihrer grammatischen Form nach gerichtet an eine Frau, die (in Vers 1)) Ariel (1-200-10-1-30) genannt wird, was soviel heißt wie "Löwe der Kraft" oder "mein Licht ist Gott" und ein Attribut von Jerusalem ist -- jede Stadt aber ist weiblich seit alters, ist eine Frau. Ihre Vernichtung und ewige Rettung wird hier profezeit, und aus allem ist zu entnehmen, daß sich die weibliche Kraft voll und ganz an der Grenze zum Jenseits entfaltet, gerade weil sie so diesseitig ist und so vergänglich und alles in ihre Verwandlung herein nimmt. Darum ist uns auch gesagt: Hosa ean däsäte epi täs Gäs dedemena en Urano, kai hosa ean lysäte epi täs Gäs estai lelymena en Urano – "Was ihr nun bindet auf Erden, das ist gebunden im Himmel, und was ihr löset auf Erden, das ist im Himmel gelöst" (Matth. 18,18). Wie zu Beginn der zweiten Schöpfungsgeschichte ist die Erde vor die Himmel gerückt, denn unser Weg auf der viel verachteten und geschändeten Erde entscheidet, wie unser Himmel aussieht. Und so mancher wird wohl entsetzt sein, wenn er sich in seinem Wahn, "in den Himmel zu kommen" durch Befolgung einer Norm, in seiner eigenen Spezial-Hölle findet.

Ke´Ow me´Äräz -- "wie ein Totengeist aus der Erde" -- das ist auch zu lesen: "den Schmerz aus der Erde empfindend". Ow (1-6-2), der „Totengeist“ oder die Kunst, ihn zu beschwören, kommt aus der Wurzel Aw (1-2), „Vater“, der Ew gelesen die „Knospe“ auch ist, der neue Trieb, und somit der Sohn. Es ist der verborgene Vater, der alles mitleidet, denn Ka´aw (20-1-2), „Schmerz Empfinden, Leiden“, ist ke´Aw gelesen „dem Vater gemäß (ihm entsprechend)“. Und er empfindet auch den Schmerz der Mutter Erde, den Schmerz ihrer Wehen. Mirjam (40-200-10-40), der Name Maria, vom Wort her das „Bitternis-Meer“, unterscheidet sich dadurch von Mizrajim, daß sie Zadeji, den Angelhaken, die Neunzig, weggab und nicht mehr selber die Angelnde ist, sondern gleichsam der Fisch, der als Menschin sich angeln läßt von den Göttern – und dabei doch die dritte Erscheinung der Neunzig (die 290) verkörpert. Und in der Verehrung der "Schwarzen Madonna" hat auch der Weiße Mann einen Teil seiner Schuld zu sühnen versucht. Aber wenn er berücksichtigen würde, daß Mirjam nicht nur die "Mutter des Herrn" ist, sondern auch die aus Magdalah, die heimlich Geliebte, dann würde es ihm viel besser ergehen, und er könnte ihre Stimme vernehmen: Schechorah Ani wenawah B´noth Jeruschalajim ke´Ohalej Kedar k´Irjoth Schlomoh -- "eine Schwarze bin ich (die Schwärze des Ich) und hold, ihr Töchter von Jerusalem, wie Zelte der Trübung, wie Zitternde um die Vergeltung" (Hoh. 1,5).

Könnte das etwa heißen, noch betrübt sei ihr Wandern, solange das Schwarze in ihr nicht insgesamt verehrt wird --- und sie noch zitterte in ihrem Mitleid mit denen, welche die Vergeltung befürchten? Schalom, "Friede", kommt zweimal vor in dieser Lied-Strofe, zuerst in Jeruschalajim -- "seinem Entwurf des Friedens" (und zwar des Friedens auf beiden Seiten, diesseits und jenseits, wie die Endung besagt) und dann in Schilumah, der weiblichen Form von Schalom, die auch Schlomoh zu lesen ist, der Name des Sohnes von Dawid und Bath-Schäwa (bei uns Salomon). Auf dem Grund seiner Seele ruht die Sünde der Ältern, die Verführung des "Geliebten" durch die "Tochter der Sieben" -- und sie erwacht, da er die Nachfolge antritt und seinen Bruder Adoni-Jahu ermordet (1.Kön. 2,13-25). Adoni-Jahu bedeutet „meine Basis ist das Wesen des Seins“, aber das Weibliche in Gestalt seiner Mutter beherrscht den jüngeren Bruder so sehr, daß er zuletzt seinen "Tausend Frauen" anheim fällt und das Eine verliert, das ihn einigen könnte in ihrem Frieden.

Was ihm fehlt ist die Rache der Frau, ihre Vergeltung, denn auch sein Harem ist nur ein luxuriös kaschiertes Gefängnis für sie. Schalam heißt "Friedlich-, Heil-, Unversehrt-Werden und -Sein", aber Schilem gesprochen "Vergelten, Ersatz Leisten, eine Schuld Begleichen, Wiederherstellen". Wenn der Rachedurst der Frau nicht gestillt wird in der Wiederherstellung ihrer Unversehrtheit, dann wehe dem Manne! sein Reich zerfällt in zwei Teile, die beide dem Untergang geweiht sind. Das Nordreich als Gleichnis des Leibes wird von Aschur (Assyrien) verschlungen, von der „Glückseeligkeit“, die der Pascha in seinem Harem empfindet, und das Südreich nachher von Bawäl (Babylon) überwältigt, das ist die „Verwirrung“ im Geiste, die infolge der Spaltung eintrat.
Wer aber nach all den Katastrofen keine Angst mehr hat vor der Tiefe, aus der sein Bewußtsein ersteht, und wer vor der Schwarzen Pforte, dem Nichts in sich selber, nicht mehr zurückschreckt, der ist so weit, daß ihm der Kohen das Wunder der Berührung, die abbricht, in seine Welt der Sieben Tage hineinschließt. Und obwohl äußerlich scheinbar noch die gleiche, hat sie sich innerlich doch gründlich verwandelt, und die Anwesenheit des Kindes wird spürbar. Jede neue Preisgabe bringt auch die Erinnerungen an die früheren mit sich, denn insgesamt will sie erkannt sein, und wir werfen ein Blick zurück auf dem Weg. Beim ersten Mal hieß es: "und wenn die Mutter Klarheit geworden ist ihrem Sohn, sie selbst in der Haut seines Fleisches (in seiner Botschaft Erwachen), und tiefer das Nichts ihres Anblickes ist als das Bewußtsein, und sich ihre Pforte dem Einen zuliebe verwandelt hat für den Sohn, so soll der Kohen das Wunder der Berührung Sieben Tage einschließen" (Lev. 13,4).

Egal wie wir es drehen und wenden, wenn es eingeschlossen ist, dann ist es darin, wenn aber ausgeschlossen, dann ist es durch seine Ausgeschlossenheit noch mehr darin, denn es ist dann exclusiv und folglich am meisten begehrt. Hier wird diese Welt dadurch verwandelt, daß ihre, der Mutter Pforte, durch die der Sohn herein trat, sich für ihn verwandelt -- es wird aber nicht gesagt wie, denn auch dies gehört nicht an die Öffentlichkeit, es spielt sich insgeheim ab und geht niemand was an. Nur daß sich der Mutter Schooß für ihn verwandelt, das wird gefordert. Der gleiche soll er nicht bleiben für ihn, welcher der einzige für ihn war, da er durch ihn herein kam, das heißt: vor dem Inzest soll er sich hüten. Die Geliebte aber bewohnt alle Töchter so wie der Gott mit dem Namen alle Götter bewohnt und das Wesen des Seins alle Wesen -- und sie ist ihre innerste Stimme, die der Geliebte vernimmt.

Beim zweiten Mal, das dem ersten Mal unmittelbar folgt, weil es da nicht erfaßt werden konnte, hören wir: "und es sieht ihn der Kohen am siebenten Tage, und siehe! die Berührung bewohnt seine Quellen, zum Einen hin hat sich die Berührung im Bewußtsein gebreitet, und ausliefern soll ihn der Kohen Sieben Anderen Tagen" (Vers 5). Das setzt voraus, daß die Berührung beim ersten Mal nicht Stand halten konnte, und Amod (70-40-4) bedeutet außerdem noch; "Stehen, Bestehen, Stehen-Bleiben, zum Stillstand Kommen, Aufhören, Bleiben, Bewohnen". Unser Unvermögen am Anfang brauchen wir uns nicht als persönliches Versagen vorzuwerfen, denn wer vermöchte auf Anhieb der Tiefe ihres Anblicks Stand halten, dieser Mutter, von der wir uns doch ein Bild gemacht hatten, das uns so nachhaltig prägte? In der Haut seines eigenen Fleisches will die schwarze Madonna zur Klarheit werden für ihren Sohn, und in dieser Klärung wird er auf verborgene Weise empfänglich und zur Mutter des Kindes, das der "Herr" in ihm zeugt. Unvermeidlich übersteigt dies unser Fassungsvermögen, und lange Tage leben wir gleichsam nur in einem Traum von den Dingen.

Und wieder müssen wir an den Traum des Farao denken, der den Jossef noch nicht kannte (und der ihn wieder vergaß, hat auch nicht mehr geträumt) -- an die Sieben schönen Kühe, die gesundes Fleisch haben und weiden im Riedgras (Gen. 41,2). Doch ist ein Bangen in ihnen oder um sie und ihre Schönheit herum. Wird sie Stand halten können, wo Nichts hat Bestand in der Welt und selbst die Quellen versiegen? Schon sind da die Sieben häßlichen Kühe, die dünnes Fleisch haben und sich neben die vorigen stellen und sie verzehren, ohne dicker zu werden. Die Par´oth Jefoth Mar´äh uWrijoth Bossar -- "der Wahrnehmung schöne Früchte und die Schöpfungen der Botschaft des Fleisches" -- werden verzehrt von den Par´oth ra´oth Mar´äh weDakoth Bossar -- "der Wahrnehmung freundlichen Früchten und den Feinheiten der Botschaft des Fleisches". So übersetzt wird das, was zuvor stark und schöpferisch war, freundlich und fein -- und wirklich könnte sich unsere Liebe im Alter verwandeln.

Auch hier begegnet uns Dak, und zwar in der weiblichen Mehrzahl Dakoth, die "Feinen" und "Zarten" und "Leisen", die als "Hauchdünne" verächtlich erscheinen nur dem, der noch den letzten Durchgang in die Andere Welt, die feinste Pore in seiner Haut zuschließen muß und in sich selber erstickt, weil er im "Bösen" den "Freund" nicht erkennt. Tatsächlich ist dies uns allen geschehen, und wir haben zum zweiten Male versagt, denn sonst hätte es kein drittes Mal mehr geben müssen. Schon damit ist unser erneutes Versagen vergeben, wenn wir nur unsere Schuldigkeit sehen: die leisen Töne, die wir überhörten, die zarten Andeutungen, die wir übersahen, die feinen Mitteilungen der Haut und des Fleisches, die wir nicht wahrnehmen wollten, weil wir die Kraft zur Ausbreitung der Berührung bis zu dem Einen nicht hatten -- oder wieder verloren und nur durch grobe Verweise des Schicksals darauf aufmerksam werden. Auch dieses Versagen haben wir nicht persönlich zu nehmen in dem Sinn, daß wir ganz allein bloß davon Betroffene wären, wir teilen es ja mit allen, denn hier wird unser aller Geschichte erzählt.

Der dritte Fall der Einschließung in die Sieben Tage hinein lautet so: "und die Mutter, es nimmt sie wahr wer wie sie ist, und siehe da! das Nichts in ihr ist das Tor für den Sohn, und demütiger ist ihr Nichts als das Bewußtsein, und sie wird dunkel, so soll wer wie sie ist ihn Sieben Tagen ausliefern" (Vers 21). Wieder ist wie beim ersten Male die Mutter die zentrale Gestalt, auf sie fällt der Blick des Kohen und nicht wie beim zweiten Mal auf den Sohn. Mit ihr zusammen tritt auch das Nichts wieder auf, das beim zweiten Male nicht da war, weswegen es auch nicht stillhalten konnte und die Quellen wieder zum Fließen brachte. Die Pforte wird zum Sohn hin geöffnet und die Mutter erniedrigt -- weil sie als persönliche Mutter vor der göttlichen zurück treten muß – und Ajin bah, das "Nichts in ihr", wird zu Ajinänah, "ihrem Nichts", das hier weiblich wird. Die Endung, die dem Ajin (1-10-50) hinzugefügt wird, ist Nah (50-5), in der Zahl die Summe der ersten zehn Zahlen (1+2+3+4+ ... +10=55). Hat sie diesen Wert angenommen, so überragt ihre Nichtigkeit, obwohl tief unter dem Bewußtsein befindlich, dieses bei weitem, "und sie wird dunkel"; weHi chehoh -- "und sie ermattet, sie verliert ihren Glanz" -- das heißt sie verdunkelt sich selber, und sie wird zum Nichts für den Sohn, um ihn aus ihrem Bann zu entlassen.

Ben, der "Sohn", steht ganz allgemein für das Kind mit seiner jenseitig-schöpferischen Potenz, in jedem Menschen wächst sie heran und will in dieser Welt wirksam werden. Das Verhältnis von Mutter und Kind gleicht dem Verhältnis des Künstlers zu seinem Werk, er ist die Mutter, die es vom verborgenen Vater empfing, und sein Werk ist die Frucht der Begegnung. Und viele verderben ihr Werk, weil sie es nicht von sich ablösen können; umgekehrt aber wird das Kind seine Mutter niemals verleugnen, auch wenn sie vergessen wurde. Die anonymen Meister von früher (oder nur dem Namen nach bekannten wie zum Beispiel noch Mathis Grünwald) sprechen durch ihre Werke viel freier zu uns als die biografisch durchleuchteten der neueren Zeit (besonders wenn der "Genie-Kult" sich wie ätzender Dunst auf sie gelegt hat). Und wir brauchen uns bloß vorzustellen, was die Leute aus dem Lebenswerk Jesu gemacht haben würden, wären ihnen seine dunklen Zeiten bekannt (die aberwitzigen Versuche einiger selbsternannter Profeten in dieser Richtung sind so schmählich, daß wir sie besser vergessen).

Das nächste Mal der Auslieferung in die Sieben Tage hinein ist das vierte: "und die Mutter, es nimmt sie wahr wer wie sie ist, und siehe da! das Nichts in der Klarheit ist das Tor für den Sohn, und demütiger ist ihr Nichts als das Bewußtsein, und sie wird dunkel, so soll wer wie sie ist ihn Sieben Tagen ausliefern" (Vers 26). Das ist, wir sahen es schon, eine fast exakte Wiederholung des dritten Males, und zum dritten Mal blickt der Kohen hin auf die Mutter. Nach der ersten Anschauung der Mutter hat er den Sohn erblickt (in der zweiten Aussetzung), aber sein Blick auf die Mutter war nicht tief genug und die Ablösung des Sohnes von ihr noch nicht erreicht. Hinter der eigenen Mutter muß wer wie die Zewa´oth ist die Mirjam sehen und hinter ihr noch die nichtswürdige Chanah. Und an der Stelle von Ajin bah, dem "Nichts in ihr", steht jetzt Ajin baBahäräth, das Nichts in aller Deutlichikeit, das "Nichts in der Klarheit". Im Hebräischen wird das Bedingungswort "Wenn" ganz genauso wie die "Mutter" geschrieben (Aläf-Mem, 1-40), und in ihrem Verblassen, in ihrer Verdunklung, macht sie dem Sohn den Weg abermals frei wie der schöpferische Mensch seinem Werk.

Wenn ein Werk ohne seinen Erschaffer nicht wirkt, dann war es nichts wert, und wenn wir zu sehr das Bedingende anstarren, dann gerät uns das Unbedingte aus dem Blickfeld, und unsere Klarheit ist nur scheinbar. Von den Autobiografien und Selbstporträts will ich nicht reden, da sie bis auf sehr seltene Ausnahmen weder das Material noch die Zeit wert sind, die sie kosten. Klar ist jedenfalls, daß die Schwarze Madonna dem Verborgenen Vater viel näher steht als die Weiße, und unter den Kausalitäten der erklärbaren Welt giebt es das Akausale, das auch "Zufall" genannt wird und Gesetzen gehorcht, die sich nur dem Intuitiven erschließen.

Als "Sohn" muß der Mensch das Dunkel und die Schatten der Mutter in sich selber aufspüren, von denen er am tiefsten geprägt worden ist, da sie ja offiziell nicht eksistieren. Ajin-bah (1-10-50/ 2-5), das "Nichtige in ihr", erlaubt es ihm, denn es ist in der Zahl dasselbe wie Chajim (8-10-10-40), "Leben" diesseits und jenseits. Bah (2-5), "in ihr und durch sie und mit ihrer Hilfe", ist mit Ben (2-50) sehr verwandt, und der ist auch zu verstehen "in ihnen, durch sie und mit ihrer Hilfe", was sich nicht auf die weibliche Einzahl, sondern auf die weibliche Vielzahl bezieht. Nur wenn er "polygam" wird und die "Monogamie" als Inzestwunsch entlarvt, kann er die Vielheit der Mutter erkennen und muß sie nicht mehr so einseitig sehen. Mit Hilfe der weiblichen Vielfalt kann er die Mutter und durch sie sich selber und alles Weibliche in sich und außer sich mit erlösen, indem er seinem Namen gerecht wird: "der in der Fünfzig". Ist er das Werk eines Schöpfers, das in die Welt unter bestimmten Bedingungen kam, so erweist er sich als "erbaulich" (denn von ihm kommt Banah, 2-50-5, das „Erbauen“, das auch „zum Sohn hin“ bedeutet). Aber immer bedarf er dazu der Tochter als der von der Mutter abgetrennten Frau, denn sie bewohnt das zu Erbauende schon (Bath, 2-400, "Tochter", ist in Bajith, 2-10-400, "Haus", enthalten).

Ajin bah, das "Nichts in ihr" oder die "Insel der Fünfzig in ihr", ist der leere Raum, um den das Haus der Welt gebaut ist, und ohne ihn hätte es keinen Platz für Bewohner. Auch in Ajin baBahäräth ist es vorhanden, dem "Nichts in der Klarheit", der "Insel der Fünfzig in der Erklärung". Und die vierte Aussetzung unterscheidet sich von der dritten nur durch das Hinzukommen der drei Zeichen Bejith, Rejisch und Thaw (2,200,400), die zusammen die Zahl von miBajith umiChuz, "von Drinnen und Draußen", ergeben. Wezipitho Otho Sahow tahor miBajith und miChuz -- "und du sollst erspähen, das Du-Wunder sein, reine Hingabe von Innen und Außen" (Ex. 25,11). Die Fähigkeit, Wesen und Dinge von innen und außen zu sehen, ist nur der lauteren Hingabe möglich, denn dieselbe liegt Allem zugrunde. Jede Absicht trübt sie sofort, und wenn es wieder heißt: "und sie wird dunkel" -- weHi chehoh – so auch darum, weil unser normales Bewußtsein hier nur Unheil anrichtet, indem es nach einer vollständigen und ihm faßbaren Erklärung verlangt. Die aber ist nicht einmal "innerweltlich" zu geben, da die Welt sehr viel mehr ist als ihre Erscheinung, und solange sich das Bewußtsein erhaben dünkt über das "Nichtige in ihr", greift es zu kurz.

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